Volltext Seite (XML)
111 dem höflicheren Verhalten der Schutzleute dem Publicum gegenüber in ihrer besseren Organisation gesucht. Der Minister bei Innern hiel eine Vermehrung der Schutzmannschaft für durchaus nothwendig und glaubte, daß von der Vermehrung, die in dem einzelnen Schutzmann ein Gefühl der Stärke hervorbringe, erst die Würde und Höflichkeit abhänge, daß durch die größere Anzahl auch daS bessere Verhalten be dingt sein werde. Mit Bezug auf einige gestern und heute aus gesprochene Wünscht stellte der Minister die Veröffentlichung der Unter- suchungen über daS Unglück bei Gelegenheit deS Zapfenstreiches in AuSficht. Die von der StaatSregierung beantragte Vermehrung um 274,350 Thlr. wurde bewilligt, desgleichen ohne Debatte die Positionen für die Poltzeiverwaltung in den Provinzen. — Bei Cap. 101 (Straf anstalts-Verwaltung) monirte Abg. Or. Techow daS äußerst geringe Gehalt einer großen Zahl von Lehrern, welches zum Unterhalt einer Familie nicht auSreiche und geringer sei, als ein einigermaßen fähiger Maurergeselle mit Leichtigkeit erwerben könne. Er stellte den Antrag: „die StaatSregierung aufzufordern, in dem nächsten Etat auf eine Gr- haltSverbesserung dieser Lehrer Bedacht zu nehmen." Der Antrag wurde an die Budget-Commission gewiesen. — Cap. 101 ward genehmigt, darunter auch der DiSpofitionSfond für daS Ministerium mit 49,000 Thaler, deSgl. Cap. 102 und 103, womit die ordentlichen Ausgaben erledigt waren. Bei den einmaligen und außerordentlichen Ausgaben, Tit. 3, beantragte die Regierung die Bewilligung einer Summe von 20,500 Thlr. zum Ankauf eines Dienstgebäudes für daS LandrathSamt deS Kreise» Störmarn. Dieselbe ward mit geringer Majorität genehmigt. — Cs folgte noch der Etat der Domainen- Verwaltung, doch stellte sich bei einer Abstimmung heraus, daß daS HauS nicht mehr beschlußfähig war und schloß deshalb der Präsident um 5 Uhr die Sitzung. Malchin, 9. Januar. In der gestrigen Sitzung deS Land tages verlas Pogge-Gevezin ein Dictamen bezüglich der fort und fort sich mehrenden Auswanderung. Der hierdurch hervorgerufene Nachtheil sti für Mecklenburg stärker, als für die übrigen deutschen Länder, weil daS Land weniger bevölkert sei. Nach Schluß der De batte wurde der engere Ausschuß beauftragt Vorträge an die Regier ungen zu erlassen. Eine hitzige Debatte veranlaßte ein Dictamen del Baron v. Stenglin-Bkckendorf, worin er die Landschaft ermahnte, von ihrer ablehnenden Stellung gegenüber den VerfassungSmodificationen zurückzutreten; sie möchte nicht experimentiren und de^n liberalen Ideen huldigen, wodurch man in daS Lager der Socialdemokratie geführt werde. (Große Unruhe in der Landschaft) Baron v. Stenglin fuhr aber noch mit lauter Stimme fort: „Männlicher würde e» sein, wenn" — nun war eS aber au», und v. Stenglin mußte schweigen, oder war doch nicht mehr zu hören. Brückner-Neubrandenburg: Die- sei beleidigend. Da» Dictamen dürfe nicht weiter verlesen werden. Groh mann-Dömitz: Die Landschaft wisse allein, wa» sie zu thun habe. Mangel an Männlichkeit sei ihr vorgeworfen. (Wieder große Unter brechung, weil Alle zugleich sprachen.) Landr. v. Rieben: Die Ideen deS BaronS v Stenglin trügen doch einen patriotischen Charakter. Landr. Graf v. Bernstorff mißbilligte v. Stengltn'S Dictamen und gerieth mit Landr. v. Rieben in Differenz. Endlich trat die Landschaft ab und v. Stenglin wurde von der Ritterschaft bedeutet, sein Dictamen zurückjuziehen, wa» er auch endlich that. Darauf trat die Landschaft wieder ein und gab einen Protest gegen da» Dictamen zu Protocoll, womit die Sache erledigt war? Stuttgart, 10. Januar. Das Amtsblatt deS Ministeriums deS Innern veröffentlicht einen Erlaß an die Oderämter, wonach mit Rück sicht darauf, daß nach einer Mittheilung deS ReichScanzler-Amt- in Ausführung des § 11 deS ReichSgesetzeS vom 4. December 1871, betr die Ausprägung von ReichSgoldmünzen, nunmehr allmählich mit dem Einzug der groben Stlbermünzen deS GuldensystemS vor- gegangen werden soll, die KörperschaftScassen angewiesen werden sollen, die bet ihnen vorhandenen oder eingehenden Zweiguldenstücke nicht wieder auszugeben, sondern bei ihren Steuerablieserungen — die Orts- steuereinbringer an die Amt-pfleger, letztere an die StaatShauptcaffe, — etnzusenden. Straßburg, 9. Januar. Von den etwa 4500 Optionen, welche in unserem Stadtkreise abgegeben wurden, find bis jetzt gegen 2000 als ungiltig erklärt worden, da die betreffenden Optanten ihr Domicil zum Theil gar nicht verlegt haben, zum Theil wieder aus Frankreich zurückgekehrt find. Die Zurückgekommenen ergehen fich auf den Bureaux in allen möglichen Verwünschungen über die Treulosigkeit der französischen Regierung, und find glücklich darüber, daß ihrem ferneren Aufenthalte nichts im Wege steht. Viele von den Aus gewanderten, die infolge ihrer Geschäftslosigkeit in Frankreich"— haupt sächlich in Algier — ihre Baarschaft oder ihr Vermögen eingebüßr habenj wandten fich flehend an die deutsche Gesandtschaft und an die deutschen Consulate um Unterstützung zur Rückkehr, die ihnen in den meisten Fällen denn auch gewährt worden ist. Oesterreich. Wien, 10. Januar. Der Kaiser hat fich gestern Abend auf einige Tage nach Ofen begeben, wo die Kaiserin von Gödöllö ein« getroffen ist. Prag, 9. Januar. (D. I.) Die schreienden Uebelstände, welche sich hier in Bezug auf die öffentliche Gesundheitspflege von Jahr zu Jahr in höherem Grade fühlbar machen, haben den Statthalter veranlaßt, endlich energisch auf die Abstellung dieser Gebrechen zu dringen, und da seiner bezüglichen Aufforderung von Seite unserer c^echischen Stadtväter nicht in entsprechendem Maße Folge geleistet wurde, die nothwendigen Abhilfemaßregeln auf Kosten der Stadt per sönlich inS Werk setzen zu lassen. Namentlich wurde durch Organe der Polizei in den am Meisten vernachlässigten Stadttheilen eine gründliche Canalsäuberung veranlaßt, bei welcher Gelegenheit fich die sträfliche Indolenz der städtischen Organe in ihrer ganzen Größe zeigte. Ein großer Hauptcanal war durch 12 Jahre gar nicht gereinigt worden, so daß die Ursache deS ungewöhnlich heftigen Auftreten» von Epidemieen in dem betreffenden Stadttheil nun vollständig klar wurde. Merk würdiger Weise ist die» gerade jene? Viertel, wo die meisten ver fassungstreuen Cavaliere — Fürst Carlos Auersperg, Fürst Fürstenberg, Graf Ernst Waldstein re. — ihre PalaiS haben. Und trotzdem hatten die Herren der Stadtverwaltung noch den Muth, gestern eine Depu tation an den Statthalter zu senden, um sich über die getroffenen Maßregeln zu beschweren. Baron Koller hielt aber mit der Wahrheit nicht hinter dem Berge, sondern sagte den Vertretern der Commun ganz offen seine Meinung über da» derzeitige Stadtregiment im Allgemeinen und über die öffentliche SanitätSpsiegr insbesondere. Pesth, 10. Januar. Der nominelle Verfasser einer kürzlich er schienenen S c an d a l b ro ch ü re: „Croatien auf der Marterbank" veröffentlicht im „Pesther Lloyd" zwei Erklärungen, welche dahin lauten, daß die Koryphäen der kroatischen Nationalen, die Herren Voncsina, Krczivoy, MrazovicS und MiSkatovics, intellektuelle Urheber aller in der Brochüre enthaltenen Verleumdungen und Mitarbeiter der Brochüre seien und daß angeblich Bischof Stroßmayer die Druckkosten bestritten; ferner, daß daS Promemoria über den Aufenthalt der Eichen Skrej- schowSky und Oliva in Agram über Initiative der genannten Natio nalen und unter ähnlichen Verhältnissen zu Stande gekommen sei. Der Verfasser dieser Erklärungen und vermeintliche Autor jener Bro schüre selbst (er heißt SinkovicS und war Beamter bei der Finanz- direction in Agram) sei für das Herleihen seine- Namen» reichlich be- zahlt und außerdem, gegen besondere Entlohnung von Herrn Mrazo- vicS, auch als Spion verwendet worden. Bisher liegen nur unklare Mittheilungen über diesen neuen Skandal vor, indessen ist wohl anzu nehmen, daß derselbe in Ungarn, mehr aber noch in dem dreieinigen König- reiche, eine vollständige Explosion von Entrüstungen zur Folge haben werde. Der „Pesther Lloyd" sagt: Die kroatische Frage habe nach den eben erwähnten Vorgängen aufgehört, eine politische Frage zu sein, und stelle sich als sittlicher Krebsschaden dar, gegen welchen e- kein poli tisches Heilmittel gebe. ES sei daher nicht zu verwundern, wenn in maßgebenden Kreisen der Gedanke rege werde, ob e» nicht gerathen sei, an die Spitze der kroatischen Verwaltung eine, wenn auch nicht kroatische, Persönlichkeit zu berufen, die Vertrauen genug besitze, um einerseits neue Elemente an den öffentlichen Dienst heranzuziehen und andererseits eine Situation vorzubereiten, welche eine Wiederaufnahme der politischen Unterhandlungen günstiger erscheinen lassen. Die „Re form" sagt: In der kroatischen Frage stehen der ungarischen Regierung schwere Tage bevor. Die Arbeiten der Regnicolar-Deputation müssen schnell abgeschlossen werden. Wir müssen wissen, woran wir mit den Croaten sind, ob ein Ausgleich möglich ist oder nicht. Jedenfalls möge die Deputation arbeiten, denn ehe diese ihre Arbeit nicht beendet hat, kann die Regierung nichts thun. — Dem Neutraer Bischof, welcher die bischöflichen Herrschafts güter auf 24 Jahre um 75,000 fl. und 1000 Ducaten verpachten wollte, wurde selbe» unter Androhung von EuratelSverhängung, An-