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868.3 — Unter den verschiedenen Projekten, welche in der bevorstehen den Session der Nationalversammlung vorgelegt werden sollen, steht obenan die Ernennung eines Vice-Präsidenten der Republik; nachdem Herr Tbiers erklärt hat, daß er in dieser Idee nicht mehr eine persönliche Feindseligkeit gegen seine Gewalt erblicke, steht ihrer Ausführung kein Hinderniß entgegen, zumal da alle Parteien sich zu der Wahl des Hrn. Gwvy einigen würden, der den Titel „Vice-Präsident der Republik und Präsident dec Nationalversammlung" führen würde. Doch das wird in der nächsten Zeit zur Entscheidung kommen müssen. — fCommunistenreste.j Die Kriegsgerichte haben in den letzten Tagen den Or. Regnier, u.-ster der Commune Generalsecretair der Polizeipräfectur, und seinen Plivatseccetnir Raydel wegen Theil- nahme an den Mordthaten und Brandstiftungen des Aufstandes in Abwesenheit zum Tode, den unter dem Namen „Gaillard Sohn" be kannten Barricadenbaumeister Cortös, der jetzt in Carouge bei Genf mit seinem Vater eine Kaffeewirthschaft betreibt, und drei ander- höhere Offiziere der Commune, Namens Belot, Andre und Sarat, ebenfalls in Abwesenheit, zur Deportation nach einem befestigten Platze verurtheilt. Grotzbriranute«. In der englischen Presse tritt neuerdings auch die San Juau- frage in den Vordergrund, zu deren Erledigung bekanntlich die schieds richterliche Entscheidung des deutschen Kaisers angerufen worden ist. Die „Times" schreibt hierüber: „Die Wichtigkeit der San Juan-Frage für uns und unsere Colonien an der parisischen Küste ruht auf der Thatsache, daß die Insel San Juan sowohl aus Rücksichten des Handels als der Politik ein Stützpunkt ist, den es der Mühe lohnt fcstzuhalten. Sie hat einen trefflichen Hafen, welcher, falls er von einer selbst ver- ! bältnißmäßig schwachen britischen Flotte gehalten würde, jede feindliche Flagge von den Küsten der Bancouwers Insel und von British Co lumbia fern halten würde. Die Amerikaner beanspruchen den Canal von Haro, als denjenigen, welchen der Vertrag von 1846 im Auge hatte, wir dagegen behaupten, daß die Meerenge von Rosana gemeint war. Das ist der Angelpunkt des Streites. Der Kaiser hat zu be- stimmen, welcher von den auf den Navigationskarten eingetragenen Canälen am Meisten in Uebereinstimmung ist mit der richtigen Inter pretation des Vertrages von 1846." Die „Italienischen Nachrichten" bestätigen jetzt eine desfallsige Meldung des „Univers", daß die Repräsentanten der italienischen Re gierung auf dem Metercongreß in Paris die Weisung erhalten haben, das betreffende Protokoll nicht zu unterzeichnen, falls es der von der französischen Regierung zum Kongreß geladene Pater Secchi in seiner Eigenschaft als päpstlicher Commrssair unterzeichnen sollte Anbei sei noch erwähnt, , daß nach Mittheilung der Pariser Blätter der genannte Gelehrte sich großer Aufmerksamkeiten von Seiten des Präsidenten der Republik erfreut. Belgien. Brüssel, 20. Oktober. Rer der niugeborenen Prinzessin, Tochter deS Grafen und der Frau Gräfin von Flandern, vertraten Pathenstelle: der Genrralfeldmarschall Kronprinz Albert und die Frau Kronprinzessin Carola von Sachsen; daher die Namen Carola Albertina; Josephine Marie heißt das Kind nach seiner Großmutter, der Frau Fürstin von Hohenzollern-Bigmaringen. Frankreich. Paris, 20. Oktober. „Bien Public" enthält folgende Mit-! thülung: „Man versichert, daß die Nationalversammlung die Initiative ergreifen wird zu einem Anträge, die Minister, welche durch ihren Leichtsinn und ihre blinde Anmaßung das Kriegsunglück Frankreichs hndrigeführt haben, in Anklagestand zu versetzen." — Die Regier- unz läßt gegenwärtig starke Pferdeankäufe machen, angeblich um die Verluste zu decken, welche drr Krieg hnbeigesührt hat. — DaS „Journal officiel" enthält einen Bericht des Kriegs- MinisterS an den Präsidenten über die Neugestaltung des SanitätS - wesens in der französischen Armee. - Der Präsident, der Republik wurde bei seiner Rückkehr nach Versailles feierlich empfangen. Die Behörden begrüßten ihn auf der Eisenbahn und der Gemeinderath im Präsidenten-Palais. Von der Eisenbahn ab gaben Jäg-r und Gensdarmen zu Pferde das Geleit bis zum Palais. Es war das erste Mal, daß der Präsident sich diese Auszeichnung zu Theil werden ließ. Die Straßen, durch welche der Zug kam, waren mit Fahnen geschmückt. — Der Justizminister Dufaure hat an die Präfekten aller De partements ein Rundschreiben gerichtet, worin er ihnen anzeigt, , daß er der deutschen Regierung vor dem 31. Decembee d. I. Mit- tWung von den bis zum 30. September in Frankreich gemachten Optionserklärungrn von Elsässern und Lothringern für die sran°I Msche Nationalität geben müsse. Zu diesem Behufe müßt-n wegen . der erforderlichen Zwischenarbeiten alle Documente vor Ablauf des ! Monats in allen Gemeinden der Departements entgegengenommen sein ' und auf der Canzlei zu Paris spätesten? am 31. Oktober rintreffen. , Der Verzug eine- einzigen TageS könne dir Interessen der Optanten in Gefahr bringen^ und die Verantwortlichkeit für ein so bedauernS- werthes Ergebniß werde nothwendigerweise auf die Urheber dieser Ver zögerung fallen. — Wie daS „Journal des DäbatS" mittheilt, hat der Centralcomitö deS Vereins zur Unterstützung verwundeter Krieger be schlossen, zu Gunsten der auSgewanderten Elsässer und Lothringer die Summe von 20,000 FnS. zu verwenden. ! s Bürgermeister Formänek, Advokat Havelet, Secretair Hevera. DaS Publikum mußte mit Ausnahme von fünf Vertrauensmännern aus dem Saale gewiesen werden. Ein Theil der Angeklagten erklärte offen, der Zweck der Deputationen sei die Terrorisirung der Groß- grundbesitzer gewesen; die bäuerlichen Angeklagten hingegen gaben an, sie seien zufällig oder in Geschäftsangelegenheiten zu den Großgrund, besitzern gekommen. Die Verhandlung endete mit einem Nicht- schuldig, gegen welche« indeß der Staatsanwalt recurrirt. Die Urtheilsbegründung sagt: Die Aufzüge zu den Großgrundbesitzern HorSkyfeld, NachodSky und Cecinkar hatten keinen öffentlichen Charakter Die Theilnehmer wären ohne Abzeichen erschienen, sie seien nicht in Masse, weder zu Fuß noch zu Wagen, sondern zerstreut, auch nicht auf einem und demselben Wege, sondern von verschiedenen Richtungen angekommen. Einzelne hätten überdies ein Alibi nachgewiesen. Nach der Urtheilsverkündigung fand eine Ansammlung auf dem Ringplatze statt, jedoch ohne daßtAuSschreitungm vorfielm." Bozen, 20. October. Der Erzherzog Heinrich, welcher vor einigen Tagen am kaiserlichen Hoflager in Ofen weilte, ist nebst Familie von Kufstein hier eingetroffen und wurde von dem trotz des schlechten WetterS zahlreich anwesenden Publicum freundlich begrüßt Italien. Spanien. Eine in London stattgehabte Versammlung von Inhabern spa nischer Bonds hat sich mit dem von dem spanischen Finanzminister Gomez am 25. September den Cort s vorgelegten Gesetzentwürfe, durch welchen die Convention vom 27. Mai di I. Betreffs Bezahlung der Zinsen ans die öffentliche Schuld Abänderungen erfährt, einver standen erklärt. Es wurde dabei in Erwägung gezogen, daß die Be stimmungen des Abkommens vom 27. Mai im Wesentlichen aufrecht erhalten weiden und die ausländische Schuld, den Erklärungen des spanischen Finanzministers zufolge, von der Steuer befreit bleibt, die dem Staate durch den neuen Gesetzentwurf gewährte Erleichterung aber keinesfalls über 5 Jahre hinaus und nur so lange in Kraft be stehen soll, als es dir Bedürfnisse des Staates erheischen. In Bezug auf den Aufstand zu Ferrol weiß man noch nicht, ab dir Anführer Pozas und Montojo unter den Gefangenen sich be finden; nach den letzten Mittheilungen hatten sich diese Beiden an der Spitze einer zahlreichen Schaar bis'Pnentedeume durchgeschlagen, wo sie jedoch an der starkbesetzten Brücke umkchren mußten und, von der Cavalerie angegriffen, in die Berge versprengt wurden. Eine aus dem Bataillon Segorbe und einer Schwadron Galicia zusammengesetzte Truppenabtheilung, unter dem Beftble des Obersten Mannel Tala- manca, ist ihnen auf den Fersen. Die Zahl der Gefangenen beläuft sich nach einem Berichte der amtlichen Zeitung schon auf 800. Wäh- rmd es den Meuterern und insbesondere ihren Anführern als sehr er schwerender Umstand angerechnet werden muß, daß sie mindestens einen Offizier, der sich ihrem Pronunciamiento widersetzte, erschossen und mehrere verwundet haben, ist andererseits anzuerkennen, daß sie in dem Arsenal keinen erheblichen Schaden angerichtet haben. Der von dem amerikanischen Journale „Herald" nach Cuba entsendete Correspondent Henderson, welcher verhaftet wurde, ist wieder in Freiheit gesetzt worden. Portugal. Die bedenklichen Nachrichten, welche auS Macao eingetroffen sind, sollen sich darauf beziehen, daß die Chinesen einen Angriff auf