Volltext Seite (XML)
20Ü3 eine Ansprache, auf welche Herr Odilon Barrot antwortet«. WaS diesen Letzten betrifft, so ist e« unrichtig, daß Herr ThierS ihn beauftragt Häm, das Projekt der Bildung einer ersten Kammer zu studiren. — Das dritte Kriegsgericht hat den Secretair von Bergeret, Salaza, zur Deportation in eine Festung verurtheilt. Das vierte Kriegsgericht verurthcilte gestern in contumaciam einen gewissen Metgö, Delegaten des Centml-Comiti s, ebenfalls zur Deportation in eine Festung. Die FrauMenant, am 16.April als Brandstifterin zum Tode verurtheilt, wurde vor dasselbe Kriegsgericht berufen, um die Entscheidung der Gnaden- Commission zu vernehmen, die ihre Strafe in lebenslängliche Zwangs arbeit umgewandelt hat. — Unter den Personen, welche den Präsidenten ThierS in Trouville in Geschäften besuchen, befindet fich auch der Geheimkämmerer des Papstes. Derselbe soll eine Verständigung wegen der Er nennung der Bischöfe herbeiführen. — Trotzdem in Betreff deS Bazaine'schen ProcesseS nur sehr spärliche Nachrichten in die Oeffentlichkeit gelangen, so nimmt die Sache doch ihren rüstigen Fortgang. Der Hauptpunkt, auf den eS be> her Verhandlung ankommt, lautete dahin, ob in der That der An geklagte rechtzeitig von dem Marsche Mac Mahons gegin Norden unterrichtet gewesen ist oder nicht. Durch die Untersuchung ist nun heranSgestellt, daß in dem Augenblicke, als die CorpScommandcure zum KritiMaty in der Ferme von Grimont zusammentraten, d. h. am 26. August, der Marschall Bazaine allerdings die betreffende Depesche Mac Mahon's in Händen hatte, ihren Empfang jedoch verheimlichte. Sieden Courrere waren von Mac Mahon an Bazaine abgeschickt worden, von denen rs dreien glückte, durch die preußischen Linien hindurch zu schlüpfen und bis zum Lommandanten der Armee von Metz zu ge langen. Einer derselben ist ermittelt, vom Jnstructionscichter General de Riviere vernommen worden und wird auch vor dem Kriegsgericht auSsagen. Ferner soll die Untersuchung da« Ergebniß geliefert haben, daß Bazaine mit dem Feinde Einverständnisse unterhielt, doch scheinen diese letzteren'Angaben noch sehr der Bestätigung zu bedürfen Um die large und detaillirte Untersuchung zu beschleunigen, hat General de Rwiöre einen Thrrl seiner Geschäfte dem Obersten Coste übertragen Ueber den Termin, an welchem die Sitzungen deS Kriegsgerichts be ginnen sollen, verlautet noch immer nichts Zuverlässiges. Aus Lyon wird gemeldet: „In der Affaire der Rue Grolöe wurde Bouvord zu zwei Monaten Gefängniß und 50 Franken Buße verurtheilt. Acht andere Angeklagte erhielten zweiwöchige Gefängnißhast." Grotzbritaunten. London, 10. August. (Wellenbrecher.) Heute findet an der Südküste Englands die Einweihung eine- großen nationalen Unter nehmens statt. Um die Mittagszeit wird der englische Thronfolger den Wellenbrecher zu Portland.für vollendet erklären. Dreiundzwanzig Jahre hat man gebraucht, dieses großartige Werk zu vollenden. In Angriff genommen wurde der Bau im Jahre 1849 in Folge eines CommisfionsberichteS vom Jahre 1844, in welchem die Errichtung von Wellenbrechern zuerst in Dover, dann in Portland und schließlich in Seaford für nöihig erklärt wurde. Die Werke bei Dover, die einen Ankerplatz von 520 Acre? sichern sollten, sind noch unvollendet, die von Seaford, zur Sicherung von 300 Acre?, sind wegen der großen damit verknüpften Kosten kaum angesangen worden, die Werke von Portland für 1200 AcreS find vollendet. Die Kosten für dieses letztere Rics nwerk waren auf 600.000 Lstr. veranschlagt, schwollen jedoch, trotz der Verwendung von Gefangenen zur Arbeit, auf mehr als 1.200,000 Lstr. an. Die Dimensionen dieflS BamS find kolossal, ob wohl sie denen des Wellenbrechers von Plymouth nachstehen. Die Länge desselben vom Strande biS zum Fort am äußersten Nordostende beträgt 1z englische Meile. In einer Entfernung von 1500 Fuß vom Strande ist eine 150" breit« Oeffnung, die Schiffen der größten Art gestattet, ohne irgend welche Schwierigkeit zu pasfiren. Der Bau er streckt sich ferner von dem Nordostende der Insel Portland über einen Raum von 2^ englischen Meilen und schützt eine« Ankerplatz von vier Quadratmeilen. Der erste Wellenbrecher, der den modernen Ansprüchen genügte, wurde in Cherbourg mit großem Aufwande an Kosten und Arbeit errichtet, und nachdem nicht weniger al- zehn aufeinander folgende Regierungen daran gearbeitet hatten, vor vierzehn Jahren von Napo leon III. für vollendet erklärt. SHaute«. Madrid, 9. Aug. Die „Gaceta" vom 8. meldet: „Die Lolonne unter Oberst Lieutenant Del Campo stieß in der Nähe von Monsenny mit den vereinigten Banden von SaballS und Guin zusammen und vertrieb sie auS allen ihren Stellungen. Während deS Kampfe» stieß zu den Truppen plötzlich die Colonne unter Oberst Nolera. wo durch die Aufständischen zur Flucht gezwungen wurden." — Ferner veröffentlicht daS amtliche Blatt den Wortlaut deS zwischen Spanien und Brasilien abgeschlossenen Vertrage« zur Auslieferung flüchtiger Verbrecher. — Man liest im „Tiempo" vom 8.: ,.Jn da» Militair-Gefängniß von San Francisco wurde ein Nordamerikaner eingebracht, der sich für einen Civil-Jngenieur auSgiebt und in San Sebastian unter dem Verdachte der Theilnahme an dem Attentate der Calle del Arsenal verhaftet worden war." — Dasselbe Blatt bringt folgende Nachrichten über den Stand der Jnsurrection: „Die Banden von RosaS und Gardito wurden gestern von der Municipal- garde von Valgrado (Provinz Leon) geschlagen. Die Carlisten, welche sich nach Portugal begeben hatten, ungefähr 200 an der Zahl, haben einen Versuch gemacht, wieder die Grenze zu überschreiten, wurden jrdoch von den portugiesischen Behörden an der Ausführung ihres Plane» verhindert. Eine Colonne von Jägern von Segorbe und Mij-Soldaten, die einen Waffentransport eScortirten, wurde gestern von den Rebellen zwischen Mondragon und Vergara angegriffen. Die Carlisten wurden mit Verlust von einigen Leuten zurückgeschlagen. Heute früh verließen mit einem Eilzuge einige Truppen Vittoria in ter Richtung von Saragossa." K u tz l a u d. St. Petersburg, 10. August. Die officielle Zeitung für Turkestan meldet au« Kaschgar, daß die an den Beherrscher von Djliychor, Jakub-Bek, abgeschickt« Gesandtschaft ihren Zweck erreicht lade. Nach langen Verhandlungen hat Jakub-Bek am 21. Mai seine Einwilligung zu allen von dem General-Gouverneur von Turkestan aufgestellten Bestimmungen gegeben, und ist dadurch ein völlige HandelS- reihnt zwischen Rußland und Ost-Turkestan hergestellt worden. — 1U Aug. In der Commission für die allgemeine Wehrpflicht wurde Betreffs der Gesetzgebung über daS Princip der Landwehr und die Organisation derselben durch Provinzial-Institutionen die Fr^ge angeregt, die Landwehr für Alle obligatorisch zu machen, sogar für ausgediente MilitairS. — Die Cholera ist gleich der Blättern- Epidemie im Abnehmer, begriffen. — Die Stadt Moskau wird bei der GroßjähUgkeitSerklärung des Fürsten Milan von Serbien durch den Geschichtsforscher Pogodine vertreten sein, der dem Fürsten außer seinen Glückwünschen auch, nach russischer Sitte, Brot und Salz darbringen wird. Asien. Mit der indischen Post sind folgende weitere Nachrichten au» Ostasien angelangt: Auf Formosa wurden eine Anzahl Schiffbrüchiger ermordet. Der Hafen von Hainan ist dem fremden Verkehr noch nicht wieder eröffnet; auch sind daselbst Unruhen auSgebrochen. Der Vice könig von Canton will alle Handel--Verbindungen mit Macao ver bieten, wenn die Wackboote von dem dortigen Gouverneur nicht wieder auf ihre früheren Plätze zugelassen werden. In Tien-tsin herrschen viele Krankheiten unter den Einwohnern. Afrika. Während der egyptische Minister der auswärtigen Angelegenheiten in Konstantinopel verweilt, sangen die englischen Blätter an, sich leb haft über den abyssinisch-egyptischen Conflict zu beunruhigen, obgleich «S gerade Engländer sind, welche der Ausdehnung der vice- königlichen Macht den meisten Vorschub leisten. So ist ein englischer Ingenieur, John Fowler, mit der Tracirung jener großartigen Eisen bahn betraut, mittelst welcher der Khedive Assuan (am ersten Nilkatarakt) mit Lhartum (am sechsten Nilkatarakt) verbinden will, in gerader Linie eine Entfernung von 130 deutschen Meilen. Die Bahnlinie würde die Sehne de- großen Bogen» darstellen, welchen der Nil bei Assuan beginnt. Von Chartum auS soll der kolossale Eisenbahnbau östlich und westlich verlängert werden, nach Osten in da» Gebiet von Sennaar, daS Thal deS blauen Nil erschließend, nach Westen bi- in die Gegend von Darfur und Kordofan. Diese großartigen Ideen bezeugen, wenigsten» deutlich, mit welchen Plänen fich der Khedive trägt, aber e» ist dabei nicht zu verkenne«, in wie hohem Grade dieselben der Civilisation zu