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— 77 uns bald wieder be- Sache willen war der Streit entstanden, aber Rede schlanker, blander Mann, wir grossen klugen und etwas traurigen Augen. war er einst ein flotter und schneidiger es nicht. Es ist Ralph hat mir wie ich stand eins, Vielleicht Student Ralph wird suchen." „Das ist was anderes. et- er- schrciben. Am liebsten wäre ich immer bei Dir I seiner Studienzeit, ward er von zwei Jüngeren gewesen. Und dann, — Du warst so gut zu mir., als Sekundant gebeten. Um einer geringfügigen Alle Glückseligkeit wich aus seiner Seele. Es wurde nüchtern und alltäglich in ihm. Es war doch überhaupt selbstverständlich, daß sein Feind ihn nicht töten würde. Niemand lädt gern einen Mord auf sich. Der Zweikampf mußte allerdings stattfinden, das war der Bruder dem Andenken der toten, verlassenen Schwester schuldig; er hatte ihm ja auch gesagt, daß er das in die Hand der Toten gelobt hatte. Solche Schwure hält man, auch wenn Jahre darüber hingehen. Er rief sich die Unterredung mit dem Doktor ins Gedächtnis zurück. Es waren nur wenige Worte gewechselt worden, nur das Allernotwcndigste. Sie hatten sich bald verstanden. Was war dabei auch weiter zu verstehen? Herr v. Gryn schob plötzlich bei sich den Gedanken ein, es war doch Selbstvcrstand, wie hatte er nur seither an ein friedliches Verhandeln mit dem Manne denken können, den er in seiner Familie so schwer getränkt? Und es war ja auch recht und gut so. Wenn er nur treffen wollte! Aber das war's eben: Er traute es diesem Doktor plötzlich nicht mehr zu, nach dem ganzen Eindruck, Er sehnte den Morgen herbei, immer fürchtend, daß nochmals Stimmen der Außenwelt an sein Ohr schlagen könnten, die ihm sei nen Frieden wieder raubten. Er beschloß, nicht mehr zu Bett zu gehen, sondern die Nacht hier zu verbringen, wachend, sinnend, betend und im Herzen diese wunderbare Glückseligkeit. Der Gruß an Ben würde schon noch geschrieben wer den. Die Hauptsache war ja doch, daß er mit seinen Gedanken bei ihm war und für drei betete, die er zurück ließ. Er wurde immer ruhiger. Als er die Uhr schlagen hörte, fiel ihm ein, daß Mitter nacht lange vorüber war. Er halte ein paarmal den Schlag überhört, sein letzter Tag war angebrochen, ohne daß er es bemerkt. Noch fünf kleine Stunden, dann war die Zeit da. Er stellte sich vor, wie alles sein würde. Die Morgenstimmung draußen kalt und feucht-frostig. OhneSonnenschein.dasGras schwer, naß vom Tau, ein paar Krähen flogen mit lautem Gekrächze auf, und in diese Szenerie hinein würde der Schuß fallen. Mit einem Male kam ihm ein Gedanke, der ihn sehr unruhig und nervös machte. Wenn der andere nun in die Luft schoß? In seinem Geldschrank lag die kleine Wafse. Sie blitzte ihm entgegen. Er prüfte, ob alles in Ordnung war. Bor langen Jahren, während Nun noch sie! Und plötzlich kam cs wie ein Hochgefühl über ihn, daß er sie so empfangen konnte, ihr so in die Augen sehen. Mein Gott, er war doch auch nur ein Mensch, und es war ihre Ehre und die ihrer Mutter. Wie hatte Ben gesagt im Sommer? Frauen wissen nicht, was Ehre ist. Aber sic würde es einst wissen. Da, ihr Schritt. Wieder, wie so oft, hatte er bei diesem leichten Auftreten die Vorstellung von dem griechischen Götterboten. So flüchtig und ohne am Boden zu haften; dann ärgerte er sich, daß ihm in dieser Stunde keine anderen Gedanken kamen. Er setzte sich wieder an seinen Schreibtisch. Seit dein Sommer, wo sie immer mit Ben kam, hatte sie das allabendliche Gutcnachtsagen bei beihalten. So streckte sie ihm auch jetzt ihre Hand hin. Er blickte auf. „Gute Nacht, Kind." Wollte sie noch etwas sagen? Ihre Hand lag so unbeweglich in der seinen. Er blickte genauer und sah Tränenspuren. „Nun?" Sie setzte an, brachte aber kein Wort hervor. „Haben wir Abschied genommen? Sie nickte. „Das geht vorüber." Er zog sie zu sich hernieder. „Ich denke, und Gegenrede entfachten die Leidenschaft, und der Haß loderte in Hellen Flammen. Sein Mit sekundant zuckte die Achseln und meinte, da wäre eben nichts zu machen, die seien wie junge Kampf hähne, ohne Blut ginge das nicht. Er war außer sich. Man müsse doch den beiden die Augen öffnen, irgendwo müsse doch noch ein Spalt offen sein für vernünftige Einsicht. Und er hatte nicht geruht und gerastet, bis er sie auseinander brachte. Der eine überließ ihm die Mordwaffe, und seitdem lag sie in ihrem Verschluß. Er stellte den Kasten auf den Tisch. Die Er innerung arbeitete weiter. Wie lange er nicht an die Studienjahre gedacht hatte, und doch waren sic die reichste Zeit des Lebens. Wie wichtig man sich selber war! Den ganzen Tag gleichsam auf Entdeckung nach dem eigenen Ich. Gering und klein war der ganze, große Kosmos gegenüber diesem einen wunderbaren Ding, das sich Ich nannte. Das war allein das eine Wunder, das einzige noch nicht wieder dagcwesene. Wie rein, wie grandios und erhaben waren Lie Empfin dungen, die die Seele durchbrausten oder durch- will dann auch nie wieder fragen." „Nun?" „Hast Du meine Mutter lieb gehabt? Wirklich sehr lieb?" „Ja, Kind, sehr lieb!" Da lehnte sie sich noch einmal an ihn, und dann war sie hinaus. Lieber Vater! Er hörte das leise Geflüsterte, als er schon lange wieder allein saß. den er von seinem Gegner gehabt. Ein mittel großer, schlanker, blonder Mann, mir großen, Anders als andere." „Besser als Dein Onkel?" Er konnte die Frage nicht unterdrücken, obschon er sich sagte, daß sic unschön sei. Sie nickte mit überseligem Gesicht. „Ganz anders, ich kann es eben nicht beschreiben. Wie hast Du mich immer angesehen! Es ist mir oft durch und durch gegangen. Da ist der Gedanke in mir aufgestiegen. Aber ich wagte gar nicht, es auszudenken. Es war ja zu schön." Großer Gott im Himmel, was war das für ein Glück! Was für ein unverdientes, unfaßbares Glück! Er brachte kein Wort hervor. Erika flüsterte weiter: „Und zu denken, daß ich jetzt ein Vaterhaus habe und immer hier bleiben darf. Nicht wahr, Du behältst mich doch jetzt bei Dir, bis, bis " „Gewiß, gewiß." Da sah sie ihn forschend an, und rückte mit ihren beiden Händen sein Gesicht in den Schein der kleinen Lampe. „Vater, wie siehst Du blaß aus! So blaß! Um Gott, Du bist krank. Es hat Dich aufgeregt, ich habe Dich so erregt. Deine Hände sind Ivie Eis." Sie drückte ihre warmen zitterten! Tas Morgenrot hat keine reineren, un getrübteren Farben. Sonnenaufgang der Seele! So würde es auch einst über seinen Sohn kommen, — und dann konnte er seinen Vaier nicht verstehen. Aber die Jahre gingen hin, die Farbenglut erlosch. Mattes, klares, gedämpftes Licht, rein und durchsichtig, je näher dem Mittag; und je weiter der Abend vorrückte, desto weicher und milder wurde der Schein. Mondbeleuchtung, die alles mit einem friedlichen, milchigen Licht umgab und die schroffen und kantigen Umrisse aller Tinge verwischte. Ein seltsamer Schein, ein seltsames Leuchten. Es Ivar das Licht dieses Sommers gewesen, des schönsten Sommers, den er gelebt. Und dieser reine Schein würde im Flackern der Kerzen sein Totcngesicht umspielen. Eine große Glückseligkeit durchzitterte ihn. Er bedeckte das Gesicht mit beiden Händen und seine Tränen flossen. Ihm wurde plötzlich leicht und frei, wie dem Wandervogel, der die Flügel zu einer langen Reise spannt und sich in den weiten Luftraum wirft. Lippen auf seine Finger. „Bitte, » h' zur Ruhe, ich will Dich nicht länger stören." Sie glitt von seinem Schoß herunter. „Gute Nacht." „Gute Nacht, Liebling. Und —" „Und morgen, morgen, Vater, bin ich Teinc zählt " Ihm stockte der Atem, es konnte ja nicht sein! „Was?" „Daß Du, daß Sie — Ich. bring's nicht heraus, sage Du cs " Da zog er das große Mädchen auf seinen Schoß: „Kind, mein Kind!" „Vater!" Nun, war das Wort doch ge fallen. In der elften Stunde! . Wie nahm sie cs auf? Sie schmiegte ihr Gesicht fest an das seine, an ihrer stummen Zärtlichkeit merkte er, das; sie ihm wohl tun wollte, sie küßte ihm die Tränen weg und schlang ihren weichen Arm um sei nen Nacken. „Ich weiß es ja schon lange, ich war gar nicht überrascht." Sein Staunen war groß. „Wie ist das möglich? Wie kamst Du darauf?" „Ich hatte Dich ja so lieb gewonnen, ich kanns nicht be- Tochter." Er konnte nur nicken. „Ja, Liebling, morgen — „Wie wird das schön sein!" Sie eine Träumerin. „Vater, bitte, noch Vm „Granaten-Graben'. Eine seltsame, interessante Aufnahme, die die Kriegführung unserer tapferen Feldgrauen im Schützengraben zeigt. Da der auf unserem Bild sichtbare Graben durch Strauchwerk einen natürlichen Schatz bietet, können die Soldaten ungestört mit allen verfügbaren Mitteln den Feind schädigen. Rechts vorn befindet sich ein Minenwurfapparat und der Soldat dahinter hält eine Minenbombe in der Hand. Im Hintergrund kann man eine auf ein Holzgestell montierte Gewehrgranatc sehen, während die zwei Mann vorn links Handgranaten haben, zum Schleudern in die feindlichen Gräben.