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741 Zustandekommen einer dergleichen Besserungsanstalt reges Interesse und hingehenden Opfermuth, so werden Erstgenannte gewiß nicht zuruckvleiben. Ueber die in den nächsten Tagen bevorstehenden Verhandlungen wollen wir weiter berichten. Schätzbare Unter lagen sind durch das Entgegenkommen der königl. Gerichtsämter zu Bautzen und Weißenberg erlangt und an genauer Information, wie es andere Gemeinden unseres Vaterlandes angefangen haben, fehlt es nicht. ) Zittau. Das kgl. sächs. Gesetz, die juristischen Personen betr., vom 15. Juni 1868, hatte dem seit dem Jahre 1865 in hiesiger Stadt bestehenden Spar- und Consum-Vereine Veran lassung gegeben, seine Statuten einer Revision zu unterwerfen und den Bestimmungen des neuerlichen Gesetzes anzupassen, und nach den durch dasselbe vorgeschriebenen Vorgängen der gedachte Verein als Consum-Verein zu Zittau durch den im Februar 1889 erfolgten Eintrag in das Genossenschaftsrcgister des hiesigen kgl. Handelsgericht im Bezirksgericht die juristische Persönlichkeit erlangt. Wie bei dergleichen Unternehmungen durchgehends bil den auch hier der Einkauf von Lebensbedürfnissen im Großen und der Verkauf derselben an die Mitglieder des Vereins zu billi gen Preisen, sowie die nutzenbringende, sichere Anlage der Erspar- uifse und Einlagen der Mitglieder in diesem Geschäft oder in anderen genossenschaftlichen Unternehmungen den Gegenstand des Unternehmens. Die Vereins-Organe sind die Generalversammlung, die mindestens zwei Mal im Jahre vom Vorstand einberufen werden muß, der Vorstand und der Aufsichtsrath. Der Vorstand, der alle Mal auf die Dauer eines Kalenderjahres von der Ge neralversammlung zu wählen ist, besteht aus drei Mitgliedern, welche wieder aus dem Kreise der Vereinsgenossen den Cassirer und den Geschäftsführer, die dadurch vollberechtigte Mitglieder des Vorstands werden, wählen. Der Aufsichtsrath, der 9 Mit glieder zählt, wird von der Generalversammlung alljährlich er wählt. Der Vorstand besteht dermalen aus den Kaufleuten Grebel und Tischer und dem Adv. Thiemer >n., das Cassireramt befindet sich in den Händen des Kaufmann Lindner, die Geschäftsführung besorgt Kaufmann During; an der Spitze des Aufsichtsraths steht der Bürgerschullehrer Seeliger. Die Mitgliederzahl ist von 152 pro I. Januar 1869 auf 433 pro 31. Decbr. 1869 angewachsen. Der Verein hat zur Zeit zwei Vcrkaufstellen in der Stadt, und ist die zweite am 15. October 1869 in s Leben getreten. Beim Eintritt in den Verein hat Jeder 5 Neugroschen, die dem Reserve fond zufließen, hiernächst jedes Mitglied zum Betriebsfond fort dauernd wöchentlich mindestens 1 Ngr., bis diese Beiträge die Höhe von 50 Thlr. erreichen, zu zahlen. In Kürze auf den Rechen schaftsbericht für das Jahr 1 868 zurückzukommen, so hatten die Einnahmen für verkaufte Waarey sich auf 1470 Thlr. 8 Ngr. 4 Pf. belaufen, während die Waarenvorräthe ein Activum von 451 Thlr. 13 Ngr. 4 Pf. repräsentirten, die Ausgaben für ange- kaufte Waaren die Summe von 1686 Thlr. 9 Ngr. 1 Pf. be tragen und waren 146 Thlr. 14 Ngr. 3 Pf. für Waaren creditirt geblieben, so daß ein Bruttogewinn von 88 Thlr. 28 Ngr. 4 Pf. daraus resultirt war; nach den Geschäftsbilancen hatten 833 Thlr. 23 Ngr. Activen 814 Thlr. 29 Ngr. 5 Pf. Passiven gegenüber- gestanden, in dessen Folge 18 Thlr. 23 Ngr. 5 Pf. Reingewinn sich hcrausgestellt, welcher dem Reservefond überwiesen worden. Welche bedeutende Fortschritte der Verein im Laufe des Jah res 1869 gemacht, weist die Bilance ultimo December 1869 nach; darnach beziffern sich die Activen auf 6096 Thlr. 8 Ngr. 6 Pf. und diese vertheilcn sich mit 5428 Thlr. 16 Ngr. 1 Pf. auf das Waaren-Conto (Bestand an Waaren), 10 Thlr. 5 Pf auf das Cassa-Conto (Caffenbestand), 344 Thlr. 25 Ngr. 8 Pf auf das Utensilien-Conto (Bestand), 101 Thlr. 15 Ngr. auf das Bau-Conto für Kellerbauten und 211 Thlr. 11 Ngr. 2 Pf. auf außenstehende Forderungen; die Passiva auf 5764 Thlr. 6 Pf, als 1241 Thlr. 29 Ngr. 6 Pf. Beiträge der Mit- glieder, 10 Thlr. 12 Ngr. 7 Pf. Special-Reserve-Conto, 92 Thlr. 4 Ngr. 5 Pf. Neservefond, 104 Thlr. 19 Ngr. Einzahlungsmarken in Umlauf, 11 Thlr. 12 Ngr. Waarenmarken in Umlauf und 4303 Thlr. 12 Ngr. 8 Pf. schuldige Beträge, in dessen Folge der Jahres-Reingewinn pro 1869 sich auf 332 Thlr. 8 Ngr. 2 Pf. herausgestellt hat. Nach dem Beschlusse der letzten Generalver sammlung ist dieser Reingewinn mit 41 Thlr. für Dividende an die 82 ältesten Vereinsmitglieder, mit 114 Thlr. 28 Ngr. 6 Pf. zur Abschreibung vom Utensilien-Conto verwendet, der Rest dem Reservefond überwiesen worden. Von sonst wichtigen Vorkomm nissen im Vereinsjahr 1869 sind mehrere Beschlüsse zu registriren, zunächst der, daß vom 1. April 1869 ab die Gesellschafts-Antheile der Mitglieder (Groschenbeiträge) mit 5 v. H. alljährlich verzinst und an jedem Vierteljahresschluß die Zinsen von jedem vollen Thaler in dem Quittungsbuche gut geschrieben, von Erreichung des Maximal-Gesellschaftsantheils an 50 Thlr. aber vierteljährlich baar ausgezahlt werden; ferner die Ermächtigung des Vorstands und Aufsichtraths, zum Geschäftsbetrieb darlehnsweise Vorschüsse bis 5000 Thlr. (ursprünglich 1000 Thlr.) aufzunehmen (wovon bis zur Höhe von 4303 Thlr. 12 Ngr. 8 Pf. bisher Gebrauch gemacht worden); weiter, daß auf Reklamation vom kgl. Ministe rium entschieden worden, den Consumverein mit Gewerbesteuer zu verschonen; endlich ein Beschluß des Stadtraths, wonach dem oftgcdachten Verein Armenanlage dann nicht angesonnen werden soll, dafern ein Vorstandsmitglied eidlich bestärkt, daß nur an VercinSmitglieder verkauft werde. Zum Schlüsse noch einige De tails, um das Vorwärtsstreben des Vereins im Jahre 1869 zu constntiren. Der obgcdachte Reingewinn an 332 Thlr. 8 Ngr. 2 Pf. vertheilt sich mit 80 Thlr. 5 Ngr. 2 Pf. auf das I. Se mester und mit 252 Thlr. 3 Ngr. auf das II. Semester 1869 ; der Umsatz in Waaren hat im I. Semester 4376 Thlr. 6 Ngr., im II. Semester 10,140 Thlr. 14 Ngr., der Bruttogewinn im I. Semester 432 Thlr. 1 Pf. oder 9,8? ff des Umsatzes, im II. 852 Thlr. 22 Ngr. 4 Pf oder 8,n fj des Umsatzes, der Rein gewinn im I. Semester 80 Thlr. 5 Ngr. 2 Pf. oder i.ss H vom Umsatz, im II. 252 Thlr. 3 Ngr. oder 2,i8Z vom Umsatz, die Gesammtspesen im I. Semester 351 Thlr. 24 Ngr. 9 Pf. oder 8,o r 8 vom Umsatz, im II. 600 Thlr. 19 Ngr. 4 Pf. oder 5,ssjj des Umsatzes betragen. U Dresden, 9. März. Die hiesige national-liberale Partei ließ auch diesmal, wie sie schon früher gethan, den Jahr markt nicht vorüber gehen, ohne eine Versammlung cinzuberufen, an welcher Gäste theilnehmen durften. Gestern Abend fand eine solche Versammlung in Helbig's Etablissement statt, die recht zahl reich besucht war. Auf der Tagesordnung stand der bekannte Lasker'sche Antrag wegen der politischen Haltung Badens, wie er am 24. Februar im Reichstage zu Berlin zur Verhandlung kam. Referent Delbrück führte in einem längeren Vortrage aus, daß durch die ablehnende Haltung des Bundescanzlers, die allerdings der Form nach nicht gerade angenehm gewesen, durch aus kein Bruch zwischen ihm und der national-liberalen Partei eingetreten sei, denn Graf Bismarck habe ausdrücklich erklärt, daß er im Ziele, d. h. in der nationalen Einigung von ganz Deutsch land, mit jener Partei übereinstimme, nur möge man ihm ver trauensvoll die Wahl der Mittel überlassen. Redner gab zu, daß dieser Wunsch seine Berechtigung habe; aber gerade durch den Lasker'schen Antrag sei volle Klarheit zwischen dem Bundescanzler und der Partei der National-Liberalen geschaffen worden, wie dies auch namentlich Seiten der englischen und französischen Presse anerkannt werde. Nichts desto weniger legte der Redner ein be sonderes Gewicht darauf, daß Bismarck sich nur so lange der Unterstützung der national-liberalen Partei versichert halten dürfe, als er ihre nationalen Zwecke nicht aus dem Äuge lasse. Beweis dafür, daß man mit ihm nicht durch Dick und Dünn zu gehen beabsichtige, sei der Umstand, daß sich die Partei nicht nur natio nal, sondern auch liberal nenne und ihre Liberalität niemals ver leugnen werde. Vor der Hand ständen ihr aber die nationalen