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Freiberger Anzeiger und Tageblatt : 28.03.1899
- Erscheinungsdatum
- 1899-03-28
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1878454692-189903284
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1878454692-18990328
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1878454692-18990328
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Freiberger Anzeiger und Tageblatt
-
Jahr
1899
-
Monat
1899-03
- Tag 1899-03-28
-
Monat
1899-03
-
Jahr
1899
- Titel
- Freiberger Anzeiger und Tageblatt : 28.03.1899
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Freiberger Anzeiger «nd Tageblatt. Seite 2. — 28. Milrz 18SV 72 Dem Bekenntniß nach waren, soweit darüber Mit- Amenka. Zu den auch für mich das Heil für Zeit und Ewigkeit! theilungen gemacht sind, 300 evangelisch, 24 katholisch, 88 isra elitisch, dem Familienstande nach 374 ledig, 36 verheirathet, 3 verwittwet. Als Studienfächer waren genannt (von einzelnen Kombinationen abgesehen) bei 159 Geschichte und Philosophie, bei 92 Kunst und Literatur, bei 72 neuere Sprachen, bei 48 Naturwissenschaften und Mathematik, bei 14 Medizin, bei 3 Zahn heilkunde, bei 13 Rechts- und Staatswissensichasten, bei 9 Theo logie, bei 4 alte Sprachen. Als Stand dos Vaters waren in 133 Fällen akademische Berufsarten, in 17 Offfziersstand, in 13 Lehrerstand, in 23 mittlerer und unterer Boamtenstand, in 3 Künstlerberuf, in 144 Kaufmannsstand, in 24 landwirthschaftlicher Beruf, in 33 sonstige gewerbliche Berufsarlen angegeben. Da demWorte „ultramontan" etwas OdioseS anhaftet, will das Centrum, das immer mehr zur „gutgesinnten" Regierungs partei avanciren möchte, dieses Wort nicht mehr auf sich ange wendet sehen. Die ultramontane „Germania" meint, daß diese Bezeichnung, die aus der Kulturkampszeit herrührt, heute nicht mehr angebracht ist, zumal in einem amtlichen Schrisstücke nicht. Die „Germania" erinnert daran, daß Minister von Köller den Ausdruck „ultramontan" sofort rectificirte, als die offiziöse „Berl. Corr." ihn gebraucht hatte. Mögen die Offiziösen die Centrums empfindungen schonen, wir Anderen werden das überaus bezeich nende Wort aus der Zeit der Bismarck-Gegnerschaft des Centrums schon aus historischen Gründen beibehalten, denn thatsächlich trifft eS auf die politischen Ideale des Centrums, trotz dessen angeb licher RegierungSsreundlichkeit, auch heute noch zu. Man braucht nur den Blick auf Posen und Oberschlesien zu werfen. Am 4. April wird von Genua aus wieder ein Beamter für das Syndikat zur wirthschaftlichen Erschließung der Provinz Shantung die Ausreise antreten. Dem Regierungs-Baumeister Meyer aus Harzburg, bisher Hilfsarbeiter bei der Eisenbahn direktion Kattowitz O.-Schl., ist vom Minister ein dreijähriger Urlaub bewilligt worden, um die ausführlichen Vorarbeiten und den Bau der geplanten Eisenbahn von Tsintau nach dem Hwangho auszuführen. Oesterreich. Aus Wien, 25. März wird gemeldet: Heute sand hier der von der Schönererpartei veranstaltete deutsche VolkStag statt, der starken Besuch, auch aus der Provinz, auswics. Vertreten war auch München. Abg. Wolf sagte in der Begrüßungsrede, die Versammlung gelte vor Allem dem Andenken Bismarcks. Die Rednertribüne war mit der Bismarck büste geschmückt. Der evangelische Pfarrer Antonius trat vor dieselbe hin unter dem Jubel der Menge und hielt die Gedenk rede auf Bismarck. Redner kennzeichnete Bismarck als deutschen Besitz der Templerkolonie, des Aussätzigen-Asyls, des syrische» Waisenhauses — entbehrte noch klarer, rechtlicher Stellung uud war für gewisse Fälle gefährdet. Nun ist durch Vermittelung der deutschen Botschaft in Konstantinopel ein kaiserlich osmanischer Firman in sichere Aussicht gestellt, durch den für die Zukunft eine solide Rechtsbasis gewonnen wird. Genannter Besitz soll auf den Namen des deutschen Reiches eingetragen werden. In der Erlöserkirche wird allsonntäglich um halb 10 Uhr Gottesdienst gehalten, zu dem sich auch Landeseingeborene, Griechen uud Russen einfinden. Nur ist leider die Akustik der Kirche sehr ungünstig, besonders wenn sie schwach besetzt ist. Am Altar wird der Geistliche fast gar nicht verstanden, etwas besser von der Kanzel, wenn sich die Gemeinde dicht um sie schaart. Den Grund des Uebelstandes sucht man in der hohen Kuppel über dem Hinteren Theil des Schiffs der Kliche. Ob Abhülfe möglich, ist zu be zweifeln. Auch die Wirkung der Orgel leidet unter dem Wieder hall. Vor dem kaiserlichen Disziplinarhofe kam am Sonnabend die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Ur- -theil deS DiSziplinargerichtshoses Hannover zur Verhandlung, durch das der Postschaffner Friedrich Wolf in Braunschweig nur zur Strafversetzung und Kürzung des Ge haltes um ein Achtel verurtheilt worden ist. Die Staatsanwaltschaft beantragte Entlastung auS dem Dienste. Wolf hotte am 26. Juni vorigen Jahres bei der Reichstags-Stichwahl zwischen dem sozialdemokratischen Abgeordneten Blos und dem nationalliberalen Kandidaten Viereck im Wahllokale in Uniform mit zwei Sozialdemokraten zusammengesefsen und sich mit ihnen unterhalten. Der Oberreichsanwalt vertrat die Berufung nicht, da nur festgestellt sei, daß Wolf aus Lässigkeit, nicht aber mit Bewußtsein seine Dienstpflicht, die ihm Zurückhaltung auferlegte, verletzt habe, uud da insbesondere nicht sestgestellt sei, daß er agitatorisch und demonstrativ für die sozialdemokratische Partei evangelischen Christen und rief: „Lasset uns evangelische Christen werden!" lBeffallsturm. Rufe: Los von Rom!) Redner schloß: „Wir Deutschen fürchten Gott, sonst nichts auf der Welt!" (Brausende Heilrufe. Hütefchwenken.) Schriftleiter Pacher bean tragte eine Entschließung, welche gegen die Slavlsirungsbcstrebungen in Oesterreich Stellung nimmt, für die Erbaltung des deutschen Charakters Wiens und Niederösterreichs eintritt und zu diesem Zwecke die Gründung einer „Deutschen Donauwacht" anregt. Sodann wurden Zustimmungsknndgebungen verlesen, darunter aus Berlin, Hamburg und Nürnberg. Or. Förster schilderte das Vorgehen der christlich-sozialen Partei. Die Versammlung nahm dann eine Entschließung an, die schonungslose Bekämpfung der Christlich-Sozialen verlangt. Abg. Wolf besprach die politische Lage und sagte, dasselbe Strafgericht, das über Grabmeyr herein gebrochen sei, werde über jene Hereinbrechen, die unter der Flagge der deutschen Volkspartei die Deutschen schädigen; er beantragte eine Entschließung, die jedes Entgegenkommen gegenüber der Regierung verurtheilt und dieAufhebung derSprachenverordnungen nebst Vorlage eine-S Sprachengesetzes mit deutscher Staatssprache verlangt. Die Kundgebung bekämpft die Ausarbeitung der gemein samen Forderungen der Deutschen als einen Versuch, der Re gierung entgegenznkommen, und wendet sich gegen den Mißbrauch des Wortes: „Gemeinbürgschaft." Die Kundgebung enthält schließlich einen Absatz gegen den tz 14. Der Regierungsvertreter ließ aber »ich: die Abstimmung über diesen Absatz zu, wogegen die Versammlung protestirte. Bemerkenswerth ist, daß, als ein Redner das Wort „Alldeutschland" gebrauchte, der Regierungs vertreter bei Wiederholung des Wortes mit Auflösung der Ver sammlung drohte. Schließlich wurden Drahtgrüße verlesen, darunter einer der deutsch-nationalen Hochschüler in Berlin. Als ein Drahtgruß des Schriftstellers Polzer mit den Worten beginnend: „Auf! Los von Rom!" verlesen wurde, untersagte der Regierungsvertreter die weitere Verlesung. Der Volkstag schloß mit der Absingung der „Wacht am Rhein". Jtattei». AuS Rom, 25. März, wird geschrieben: Die Kräfte deS Papstes nehmen einer Meldung der „Ag. Hav." zufolge Kundgebungen bemerkt der „Reichsbote": Wir freuen uns dieses herrlichen Drpefchenwcchsels und insbesondere auch der Worte des Königs von Sachsen: „Dein Glaube ist auch mein Glaube." Aber was wird man im Vatikan dazu sagen ? Wie schön wäre es, wenn alle Katholiken so sprächen und eine wirtliche Glaubensgemein schaft zwischen Katholiken und.Evangelischen in Deutschland sich anbahnte. Aber der alte römische Störenfried mit semen Bann flüchen, Jndexverboten u. a., der die evangelische Kirche als Gist charaktcrisirt, läßt es dazu nicht kommen; Trennung, Scheidung, Absonderung der Katholiken von den Evangelischen ist dort Parole, und so wird durch diese Romanen der Riß, der durch die deutsche Nation geht, immer offen gehalten; ohne diese romanischen Einflüsse wäre Deutschland längst wieder zur kirch lichen Einheit gelangt. AuS Jerusalem schreibt man der „Köln. Ztg.*: Wenn auch der Gewinn, den man von dem Besuch des deutschen Kaiserpaares in Jerusalem erwartet, erst Zeit zum Ausreisen braucht, so find doch auch jetzt schon segensreiche Folgen bemerk bar. Wir wollen gar nicht reden von der angenehm empfundenen Förderung des öffentlichen Wohles durch die Bauten und Wege- verbesterungen, welche die türkische Regierung aus Anlaß des kaiserlichen Besuches hat vornehmen lassen, wir wollen nur be rühren, was uns Deutsche angeht. Eine wesentliche Steigerung ersuhr vor Allem der deutsch-nationale Patriotismus. Zwar waren wir hier immer patriotisch. Aber dadurch, daß uns das Vaterland in unserm Kaiser gleichsam personifizirt entgegen getreten ist, und zwar in so glänzender, männlich thatkräftigcr, charaktervoller und zugleich freundlich theilnehmender, wohl wollender Gestalt, fühlten wir uns in unsern Gefühlen freudig gehoben und fügten uns mit klarerem Bewußtsein, daß wir allen Grund haben, uns dessen dankbar zu freuen, was wir an Kaiser und Reich haben. Das merkte man sehr wohl, als wir uns am 27. Januar in dem großen Saale der Templergemeinde zahlreich zur Feier von Kaisers Geburtstag vereinigten. Ein Zug von freudiger Begeisterung ging durch alle Reden und Kundgebungen hindurch. Zum praktischen Ausdruck kam diese vaterländische Ge sinnung dadurch, daß nicht viel später hier ein deutscher Flvttcu- verein gegründet wurde. (Wir haben s. Zt. darüber berichtet. D. R.) Neben diesem idealen Erfolge fehlt eS auch nicht an materiellen. Der deutsche Grundbesitz in Jerusalem — so der von Tag zu Tag zu; ebenso ist die Nahrungsausnahme gut. Die geistige Regsamkeit hält an. Im Vatikan werden die ungünstigen Nachrichten für falsch erklärt. Heute Vormittag celebrirte der Papst die Messe und hielt sich dabei ohne Unterstützung aufrecht. Wahrscheinlich wird er an einem der ersten Sonntage nach Ostern in der Peterskirche amtiren. Die Doktoren Mazzoni und Lapponi besuchten heute den Papst und waren mit seinem Befinden sehr zufrieden. Mazzoni wird erst am Mittwoch seinen nächsten Besuch machen. Frankreich. Präsident Loubet, ein Gegner der Todes strafe, hat den jugendlichen Mörder Schneider begnadigt. Als der Bertheidiger, Me. Henri Robert, im Elysöe vorsprach, meinte Herr Loubet, es handle sich um die Begnadigung eines jungen, zum Tode verurthcilten Soldaten, zu besten Gunsten Frau Severine einen rührenden Artikel veröffentlicht hatte. Herr Loubet versprach auch diese Angelegenheit mit besonderer Fürsorge zu prüfen. Auch sonst bricht er mit den Traditionen seines Vorgängers im Elysse. Er Hut die Untersuchung gegen die Schreier, die ihn beim Einzug in Paris beschimpften, niederschlagen lassen; 250 Personen werden dadurch straffrei. Ferner hat ihm die Polizei die Couplets vorgelegt, die in den Tingeltangel von Montmartre gegen ihn gesungen werden; in einem derselben wird er als „kanawa I" geschildert. Loubet ließ den Sängern die Couplets zurückgeben, ohne Strafantrag zu stellen. Er hat damit mehr bewirkt, als wenn er die Sänger hätte verfolgen lasten: es wird jetzt nichts mehr gegen ihn gesungen. Die durch die Gesetze vom 25. Juli 1893 und vom 29. Juni 1894 vorgesehene Ausgestaltung der Artillerie kann nun- mehs als vollendet angesehen werden, wenn auch noch nicht sämmtliche Batterieen der Feldartillerie mit dem neuen Feld geschütz ausgerüstet sind. Die französische Artillerie umfaßt dem nach jetzt 105 Fußbattcrieen, die auf 18 Bataillone vertheilt und zur Vertheidiguug der Festungen, zum Dienst in den Belagerungs- ParkS und -Trains, sowie zur Küstenvertheidigung u. s. w. bestimmt sind; ferner 430 fahrende, 52 reitende und 14Gebirgs- batterieen, die zusammen in 40 Regimenter formirt sind, sodaß auf jedes Armeecorps zwei Regimenter entfallen. Außerdem stehen außerhalb des Mutterlandes 7 Fußbattcrieen und zwölf- fahrende Batterieen, die der 19. Artilleriebrigade in Vincennes zugetheilt sind, aber in keinem besonderen Regimentsverbande stehen. Einschließlich der Fußartillerie verfügt Frankreich mithin über 620 Batterieen. Von den 430 fahrenden Batterieen sind 390 mit dem neuen Schnellfeuergeschütz ausgerüstet, während die übrigen 40 Batterieen die kurze 120mm-Feldkanone, also ein schweres Geschütz, führen. Dieselben sind nur unbedeutend schwerer als die 90mm-Kanonen, sodaß sie wie diese mit sechs Pferden bespannt sind; sie sollen bei den Manövern 1897 in ununterbrochenem Trabe 13lcm zurückgelegt haben, eine Leistung, die sich freilich nur im Frieden ermöglichen läßt, wo Protzen und Munitionswagen nicht mit der kriegsmäßigen Schießausrüstung versehen sind. Frau Dreyfus war nicht wohl berathen, als sie an den Kassationshof das Verlangen richtete, die Räthe Crspon, Lepelletier und Petit von der bevorstehenden Berathung der ver einigten drei Kammern über die Revisionsangelegenheit auszu schließen, weil sie in einem früheren Abschnitt diefer Angelegen heit sich gegen die Revision ausgesprochen haben. Es war vor auszusehen, daß der Kassationshof auf dieses Ansinnen nicht ein gehen werde, denn derselbe Vorwurf der Voreingenommenheit, den Frau Dreyfus gegen jene drei Räthe erhebt, wird von den Revisionsgegnern gegen die Räthe Löw, Bard und Manau er hoben und er könnte bald in diesem, bald in jenem Sinne nach und nach gegen jedes einzelne Mitglied des Kassationshofes erhoben werden; es wird kaum einen unter den Kassationsräthen geben, dem nicht eine Aeußerung über die „Affaire" nachzuweisen wäre, aus der ein geschickter Advokat unschwer einen Beweis für Voreingenommenheit zurecht machen könnte. Der Vorstoß der Frau Dreyfus gegen jene drei Richter ist mißglückt, das erste Mal, daß die vereinigten Kammern des höchsten Gerichtshofs eine Abstimmung über eine mit der „Affaire" zusammenhängende Angelegenheit vorzunehmen hatten, ist das Ergebniß derart, daß die Revisionsgegner in Jubel ausbrechen; das ist insofern un berechtigt, als der Antrag der Frau Dreyfus mit der eigentlichen Rcvisionsfrage nichts zu thun hatte, ist aber deswegen sehr wohl begreiflich, weil jede Schlappe der Revisionspartei die „Impon derabilien", die gerade in Angelegenheiten wie die Dreyfusrevision eine so wichtige Rolle spielen, zum Vortheil der Revisionsgegner verschiebt. Im vorliegenden Falle ist die Besorgniß nicht von der Hand zu weisen, daß Generalstaatsanwalt Manau, der die Zulassung des Gesuchs der Frau Dreyfus beantragt hat, damit in eine schiefe Stellung gerathen ist; bei seiner revisionsfreund lichen Haltung kann das üble Rückwirkungen auf die Revlsions- frage selbst ausübcn. Uebcr die Aufnahme des Beschlusses der vereinigten Kammern durch die Presse und einige mit der Nevisionsbewegung zusammen hängende Vorgänge wird der „Voss. Zeit." gemeldet: Paris, 25. März. Die nationalistische Presse feiert das Urtheil, das daS Ausschließungsgesuch der Frau Dreyfus verwirft, als großen Sieg. „Eaulvis" schreibt: „Es ist nunmehr festgestellt, daß Brisson die Wiederaufnahme gegen das Gutachlen des Prüfungs- ausfchusfes cingcleitet hat. Welchen Anregungen folgte er, als er die furchtbare Erregung hervorrief, die seit einem Jahr unser Land so tief aufwühlt? Was Manau betrifft, so haben wir gar nicht mehr das Herz, seine Ausschließung zu verlangen; der arme Mensch hat der Sache, die zu vertheidigen man ihn beauftragt hatte, sonderbar gedient; wir verdanken ihm die Kenntniß eines Schriftstücks, das das Vorwort der Angelegenheit war und allem Anschein nach auch ihr Schlußwort sein wird. Das gestrige Urtheil verdammt endgiltig Brisson und Manau und erleichtert das Gewissen der ehrlichen Leute". „Eclair" sagt: „Manau ist von den vereinigten Senaten geschlagen worden, bei denen er nicht niehr die Gefälligkeit findet, die das Ansehn des Strafsenats vernichtet hat. Auf frischer That der Voreingenommenheit und offenbaren Jrrthums ertappt, wurde Manau verurtheilt; der andere Verurtheilte ist Brisson; indem er sich über das Gutachten des Prüfungsausschusses hinwegsetzte, beging er einen wahren Verrath. DaS gestrige Urtheil zeigt, daß in den vereinigten Senaten ein neuer Geist herrscht. Wir sind endlich auf dem Wege zur Lösung, die den Treibereien ein Ende machen wird, welche für die Ehre und das Vermögen des Landes nur zu lange ge dauert haben." Ter französische Radfahrerverein beschloß unter der Maffeu- austrittsdrohuug seiner Offiziermitglicder die Ausschließung seines bisherigen Ehrenvorsitzenden Zola. China. Die Gegensätze, welche zwischen England und Rußland in den ostasiatischen Fragen aufgctaucht waren, können dank der entgegenkommenden Haltung deS Zaren als be seitigt gelten. Einem Londoner Telegramm zufolge erklärt der Daily Graphit, die Niutschwang-Frage sei dauernd geregelt zur Munizipalverwaltung fortfällt und die Befugnisse eineS OberrichterS, wenn ein solcher überhaupt noch nothwendig sein sollte, genauer festgelegt werden. Einer in den Zeitungen viel besprochenen Auftheilung der Samoagruppe unter die drei Bertragsmächte können wir nicht daS Wort reden. Politische Umschau. Freiberg, den 27. März. Deutschland. Dem „Reichsanzeiger" nach gelangten vom 1. April 1898 bis Ende Februar 1899 folgende Einnahmen an .Zöllen und gemeinsamen Verbrauchssteuern zur Anschreibung: Zölle 469853341 Mk. (gegen denselben Zeitraum des Vorjahres mehr 33169070 Mk.), Tabaksteuer 11433 506 Mk. (— 122806 Mk.), Zuckersteuer und Zuschlag zu derselben 96 495730 Mk. (ft- 10991101 Mk.), Salzsteuer 4498675 Mk. (4- 180310Mk.) Maischbottich- und Branntweinmaterialsteuer 18937846 Mk. (4- 1430479 Mk.), Verbrauchsabgabe von Branntwein und Zu schlag zu derselben 111797967 Mk. (— 703031 Mk.), Brenn- Zteuer 172347 Mk. (— 323720 Mk.), Brausteuer 28397271 Mk. (Z- 374101 Ml.), Uebergangsabgabe von Bier 3600298 Mk. (-f- 45630 Mk.), Stempelsteuer a. für Werthpapiere 16812063 Mk. (Z- 367371 Mk.), d. für Kauf- und sonstige Anschaffungsgeschäfte 12279335 Mk. (— 315530Mk.), Wechsel stempelsteuer 10039639 Mk. (4- 978742 Mk.), Post- und Tele graphenverwaltung 217109797 Mk. (-j-(22 797 370 Mk.), Reichs eisenbahnverwaltung 72916000 Mk. (-t- 390400 Mk.). Eine Entscheidung von prinzipieller Bedeutung hat der Kaiser kürzlich getroffen, indem er der Stadt Stettin, die von einem reichen Mitbürger die Summe von 300000 Mk. zum Zweck der Errichtung eineS MusenmS geerbt hatte, die Ge nehmigung zum Antritt dieser Erbschaft mit dem Hinweis darauf versagt hat, daß der Verstorbene eine Anzahl von hilfsbedürftigen Verwandten in seinem Testament unberücksichtigt gelaffen habe. Diese Entscheidung steht im Zusammenhang mit einer vor Kurzem erlassenen Kabinettsordre, nach welcher unter allen Umständen von den erbenden Kommunen für eine reichliche Abfindung der Verwandten deS Erblassers Sorge getragen werden solle, ehe die testamentarischen Bestimmungen in Kraft träten. Im Sonntagsblatte berichteten wir von dem Austausch folgender Grüße zwischen dem Kaiser und dem König von Sachsen nach der Einweihung der Erlöserkirche zu Jerusalem: „Kaiser Wilhelm drahtete: „Du wirst Dich freuen mit mir, daß ich heute an heiliger Stätte die Erlöserkirche eingeweiht habe. Mein Glaube ruht allein auf Jesum Christum, welcher ist der Erlöser und der Heiland der Welt!" Die Antwort König Alberts lautete: „Dein Glaube ist mein Glaube, denn in Christo ruht eingetreten sei. Die Freiheit der politischen Anschauungen und die Freiheit der Wahl dürften keinem Staatsbürger beschränkt werden. Der DiSziplinarhuf erkannte im Einklänge hiermit auf Verwerfung der Berufung. In der Verhandlung vor dem DiSziplinarhof für nichtrichter liche Beamte in Berlin wurt < Professor HanS Delbrück auf di« vom Kultusminister gegen ihn erhobene Anklage zu einem Verweis und 500 Mark Gelty itrafe, sowie in die Kosten des Ver fahrens verurtheilt, mit der i Begründung, daß die Form seiner absprechenden Kritik der Ausweisungen aus dem nördlichen Schleswig die einem Staatsbeamten gezogene Grenze überschreite. Der Vertreter der Anklage hatde die strafweise Versetzung Delbrücks in ein anderes Amt von gleiche m Range ohne Ersatz der Umzugs kosten beantragt. Die Verhandlu ng fand ebenso wie die Urtheils- verkündigung unter Ausschluß d« r Oeffentlichkeit statt. Wie aus Aenßerungen eines Regierungsvertreters in der Petitions-Kommission des preußischen Abgeordnetenhauses zu entnehmen ist, sind die beim Reiche schwebenden Verhandlungen wegen Zulassung der Frauen zu den medizinischen Prüfungen, sowie zu den Prüfungen der Zahnärzte und Apotheker dem Abschlusse nahe gerückt. Die überwiegende Mehr heit der Bundesstaaten hat sich dafür ausgesprochen, daß den Bewerberinnen, welche auf Grund dos Gymnasialreifezeugnisses, zwar nicht als immatrikulirte Studentinn en, aber als Hospitantinnen einen ordnungsmäßigen Studiengang zurückgelegt haben, vor behaltlich der Erfüllung aller sonstige« für Männer bestehenden Erfordernisse die Zulassung nickst zu untersagen sei. Eine ent sprechende Vorlage an den Bundesrath ist in Vorbereitung. Die Zahl der zum Hören von Vorlesungen zugelassencn Frauen betrug im letzten Wintersemester an den preußischen Universitäten 414, welche sich aus die einzelnen Universitäten wie folgt ver theilen: Berlin 238, Bonn 26, BreSlau 32, Göttingen 26, Greifswald 17, Halle 15, Kiel 17, Königsberg 33, Marburg 10, Münster 0. Der Regierungskonnmissar theilte hierüber noch folgende Einzelheiten mit. Nur 22 der Zugelaffenen gehörten dem Alter unter 20 Jahren an, 250 nxaren zwischen 20 und 30, 142 über 30 Jahre alt. 276 besaßen die Reichsangehörigkeit. Von den Ausländerinnen entfielen 59 auf Rußland, 50 auf
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