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Freiberger Anzeiger und Tageblatt : 27.01.1899
- Erscheinungsdatum
- 1899-01-27
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1878454692-189901273
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1878454692-18990127
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1878454692-18990127
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Freiberger Anzeiger und Tageblatt
-
Jahr
1899
-
Monat
1899-01
- Tag 1899-01-27
-
Monat
1899-01
-
Jahr
1899
- Titel
- Freiberger Anzeiger und Tageblatt : 27.01.1899
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Hieber (natlib.): Wenn sich die katholischen Mitglieder des Hauses mit ihren Wählern eins wissen, so wissen auch wir uns mit unseren Wählern einig darin, daß wir den Anträgen nicht zu stimmen sollen. (Widerspruch im Centrum.) Ueber der Einheit der katholischen Kirche steht die Einheit des deutschen Volkes. (Oho! im Centrum.) Zwischen einem modernen sozialen Staate und der Jesuitenorden besteht eine unauSsüllbare Kluft. (Oho! Lebhafter Jesuitengesetzes bezwecken und ihrem Wortlaute nach identisch sind. Zur Begründung erhält das Wort Abg. Graf Hompesch (Ctr.): Die Anträge sind vom Reichstage wiederholt angenommen; trotzdem verlautet vom Bundcsrathe zu dem Bcichlusse kein Wort. Man erfährt nur: „Der Beschluß steht noch aus." Wir müssen aber auf eine Entscheidung dringen. (Sehr wahr! im Centrnm.) Für die Anträge der Abgg. Gras Limburg und Rickert werden wir stimmen, obwohl sie keinen praktischen Werth haben. Wir müssen dem letzten Ausweisungsgejetz ein Ende machen. (Sehr wahr!) ES betrifft den hochverehrten Orden der Gesellschaft Jesu. (Beifall im Centrnm.) Ich hoffe, dieser Reichstag wird den früheren nicht nachstehenwollen; ich hoffe, er wird den Antrag annehmen. (Lebhafter Beifall «m Centrum.) Abg. Rickert (frs. Vgg): Wir beantragen, den Z 2 des Gesetzes als gehässig und verletzend auszuheben, und stimmen der Aeußerung des Abg. Grafen Hompesch zu, daß es Pflicht des Bundesrathes ist, sich zu dem wiederholten Beschlusse des Reichs tages zu äußern. (Beifall.) Abg. Graf Limburg-Stirum (kons.): Wir können dem Anträge des Grafen Hompesch nickt zustimmen aus Besorgniß vor Störungen des konfessionellen Friedens, wenn der Gesell schaft des Ordens der Jesuiten die Niederlassung im deutschen Reiche gestattet würde. Ich habe alle Scheu vor einer Wieder ¬ kehr konfessioneller Streitigkeiten; deshalb haben wir unseren Antrag eingebracht, und zwar um so mehr, als wir der Ansicht sind, daß der Centrumsantrag mehr den Charakter einer Flaggen parade hat. (Widerspruch im Centrum.) Nehmen Sie unseren Antrag an, er enthält daS Mögliche und Ausführbare. (Beifall.) Abg. Fürst Radziwill (Pole): Wir stehen auf dem Boden de- Antrages Gras Hompesch, von dem wir eine Gefährdung beS religiösen Friedens nicht besorgen. Im Gcgcntheil sich darum, ein Unrecht aufzuheben, das im Volke standen wird und nur geeignet ist, Erbitterung zu (Beisall im Centrum.) Abg. Stockmann (ReichSp.): Wir können in berufung der JZucken nicht einunlligen. Nicht als ob wir die evangelische Kirche nicht für stark genug hielten, sich ihren Besin stand zu erhalten, sondern weil wir den religiösen Frieden nicht gesährdet sehen wollen. (Widerspruch im Centrnm.) Deshalb werden nur nicht sür den Antrag Gras Hompesch stimmen. Aber wir können auch nicht sür die anderen Anträge cintrcten. Denn würde der ß 2 gestrichen, so bliebe ein Torso, der keinen Zweck und keinen Werth hat. Der 8 1 hat ohne die im 8 2 gegebenen Kampfesmittel keinen Werth. weniger agitatorisch. Man habe noch nicht genügend Erfahrung und sollte es daher ruhig beim Alten lassen. Den Anträgen Bassermann und Hitze stehe seine Partei sympathisch gegenüber, durch diese werde der soziale Frieden, den auch die konservative Partei ehrlich wolle, gefördert. Abg. Fischbeck (freis. B.) kann in der Ausdehnung der Kompetenz der Gewerbegerichte für die landwirthschaftlichen Arbeiter und das Gesinde keinen Segen für diese erblicken. Den Frauen das aktive Wahlrecht zu gewähren, sei seine Partei bereit, nicht aber das passive Wahlrecht. Ebenso wenig möchten wir die Altersgrenze für das Wahlrecht auf 20 Jahre herabgesetzt wissen. Mit dem Wunsche Trimborns nach Aenderung des WahlmoduS sei er einverstanden. Wir bitten, die Frage einer Kommission zu überweisen. Abg. Bassermann (natlib.) bemerkt, die Gewerbegerichte hätten dahin gewirkt, das Ansehen der Gesetze zu erhöhen. Schon wegen der Konkurrenz klausel müßten auch die Gehilfen zu den Schiedsgerichten zuge zogen werden, um einen unparteiischen Schicdspruch^u ermög lichen. Der Erweiterung der Gewerbegerichte als Einigungs ämter stehe er sympathisch gegenüber. Es sei nicht richtig, daß die Gewerbegerichte nur als Schiedsgerichte auftreten können, wenn sie von beiden Theilen angerufen würden, sie könnten sogar aus eigener Initiative vorgehen. Abg. Bassermann empfiehlt, Hitzes und seinen Antrag anzunehmen. Abg. Werner (Refp.) spricht sich für Kommissionsberathung aus. Nach weiteren Be merkungen der Abgg. Zubeil (Soz.), Jacobsen (Freis.) und Rösicke (wildlib.) erklärt im Schlußwort Abg. Singer (Soz.), die Sozial demokraten würden für den Antrag Bassermann stimmen. Der Antrag Trimborn-Hitze erfülle nicht einmal den Zweck, den das Centrum bei Einbringung desselben gehabt habe. Stumm habe sich in seinem Haffe gegen die Sozialdemokratie in einer voll kommen einseitigen Auffassung der Dinge verfangen. Die Richter aus Arbeiterklassen bei Gewerbegerichten hätten sich als streng unparteiisch bewährt. Man wolle sich keine große Hoffnung aus Mauserung der Sozialdemokratie machen. Die erreichten Vor theile auf sozialem Gebiete dienten nur dazu, die Arbeiterheere zu kräftigen und würden als Abschlagszahlung auf ein Mehr angesehen. Redner glaubt nicht, daß die Sozialdemokratie in absehbarer Zeit zufrieden gestellt werden könnte. Abg. Hitze (Centr.) tritt in einem weiteren Schlußwort nochmals für seinen Antrag ein. Sodann wird der Antrag Bassermann und Ziffer I des Antrages Trimborn, wonach Streitigkeiten zwischen Prinzipalen und Handelsgehilfen bezw. Lehrlingen durch kaufmännische Schieds gerichte entschieden werden sollen, angenommen. Der Rest des Antrages Trimborn und Antrag Agster wird einer 14gliedrigen Kommission überwiesen. Donnerstag Fortsetzung der Etatsberathung. Politische Umschau. Freiberg, den 26. Januar. Deutschland. Das preußische Abgeordnetenhaus behandelte gestern die Interpellation über Ausweisung dänischer Staatsangehöriger aus Nord-Schleswig. Wir heben aus den Verhandlungen nur die Reden der Minister v. d. Recke und Miquel hervor: Minister v. d. Recke führte aus: Es handelt sich hier nicht um eine große Regierungsaktion, sondern nur um eine Verwaltungsmaßregel. So fest gefügt der preußische Staat auch ist, so wird doch in seinen Greuzbezirken ein Kampf gegen deutsche Art und deutsche Sitte geführt, so auch in Nord-Schleswig. Wir werden an den getroffenen Maßnahmen sesthalten, wir werden sie modifiziren, wo es möglich ist, sie eventuell auch verschärfen, und wir erhoffen gute Erfolge davon. Man unterschätzt die Macht der dänischen Agitation, die um so schlimmer ist, da die Agitatoren sich fortgesetzt den Schlingen de- Strafgesetzbuches zu entziehen wissen. Die Sprache der dänischen Agitation ist geradezu ein Skandal. Typisch sind die Aeußerungen des Redak teurs Hanßen in seinem Blatte. Der Abg. Hanßen, denn er ist identisch mit dem Redakteur, schreibt offen: „Einen Krieg mit Dänemark, an dem unsere Söhne im preußischen Heer theil- nehmen würden, würde ich zwar sür ein Unglück halten, aber wenn das Ziel dieses Krieges die Rückkehr Nord-Schleswigs zu Dänemark wäre, würde ich dem nicht entgegentreten. Und weiter: „Ich wünsche nicht, daß Nord-Schleswig bei Deutschland bleibt." Der Minister verl.est noch weitere Aeußerungen der dänisch ge sinnten Presse und weist aus das entwickelte Vereinswesen der dänisch Gesinnten hin, indem namentlich auch darauf hingewirkt werde, die Kinder nach der Konfirmation nach Dänemark zu schicken und die Bevölkerung durch Gründung besonderer dänischer Wirthschastsgenoffenschasten zu scheiden. Von Lehrern werde in der Geschichtsstunde sogar noch besondere Geschichte „Süd-Jüt lands" gelehrt. Neuerdings nun seien Bestrebungen dahin zu Tage getreten, daß die bei uns naturalisirten Dänen alle deutschen Arbeiter entließen und nur dänische engagirten. Dadurch ent standen ordentliche dänische Enclavcn. Dagegen war Abhilfe nöthig, und im Herbste vorigen JahreS wurde dieselbe im Sinne der jetzt ergangenen Maßregeln beschlossen. Daß unter Umständen darin eine Härte liegt, gebe ich zu. Aber auch schon 1885, als Maßnahmen gegen eine polnische Ueberfluthung getroffen wurden, betrafen dieselben auch Leute, die nur objektiv lästig waren, nicht jeden Einzelne auch subjektiv lästig. Ebenso verfährt ja auch Amerika gegen die Paupers. Auch da ist nickt der Einzelne subjektiv lästig, sondern die Gesammtheit objektiv lästig. Es handelt sich eben bei alledem um ein starkes Staatsinteresse, bei dem das Interesse der Einzelnen zurücktreten muß. In Bezug auf den Erfolg unserer Maßnahme haben wir ganz andere Er fahrungen als der Interpellant. Ein Landrath schreibt mir, in seinem Kreise sei noch nie eine solche Ruhe und ein solcher Friede dagewesen wie jetzt. Wir können also dem Oberpräsidenteu nur danken, daß er sich zu solchen Schritten entschlossen bat. Die Staatsregierung billigt seine Maßnahmen vollkommen. Ich füge noch hinzu, daß die Maßnahmen bezüglich der Vormund schaften nicht vom Overpräsidenten stammen. Es handelt sich nicht lim kleinliche Maßnahmen, sondern um Niederhaltung einer frechen Agitation und um Erhaltung des Deutschthums, und darin hoffe ich, wird der Landtag die Regierung unterstützen. (Beifall rechts). — Minister vr. v. Miquel erklärte: Einer auf Gebietsloßreißung gerichteten Agitation müssen wir mit allen Machtmitteln entgegen treten. In Frankreich hat Minister Bourgois mit Rücksicht auf die Agitation in Nizza einfach in der Kammer durchgesctzt, dag jedes in fremder Sprache geschriebene Blatt, welches in Frank reich erscheint, als Auslandsblatt gilt. Die Kammer stimmte ein- müthig zu und ein paar Tage darauf war der „Jl Pinsicro" in Nizza todt, hier dagegen macht man wegen der Ausweisungen aus der Maus einen Elephanten. In keinem anderen Staate, bei keiner anderen Nation könne das passiren. (Stürmischer Beifall rechts.) Wir haben vielleicht gemeinsame Interessen und Beziehungen mit Dänemark und hoffen mit demselben, wenn erst die alten Wunden vernarbt sind, in Frieden und Freundschaft zu leben. Hoffentlich werden diese Verhandlungen tue Lage nach Innen und Außen klären und zeigen: Wir Deutschen sind, Bon den selbstverständlichen Ausnahmen, Welfen, Polen und Elsässern, abgesehen, ließen nur die Sozialdemokraten durch Abg. BloS erklären, daß sie geschloffen für die Anträge eintreten würden, da sie prinzipielle Gegner jeder Ausnahmegesetzgebung seien und da für den Bestand und das Wohlergehen des Staates die Gesellschaft der Scharfmacher weit gefährlicher sei als die Gesellschaft Jesu. Freilich versäumte auch Blos diese gute Ge legenheit nicht, dem Centrum einige wohlgezielte Seitenhiebe zu Versetzen, indem er sich unter lebhafter Heiterkeit des ganzen Hause- theilnahmSvoll nach den Bedingungen des „Tausch geschäftes" mit der Regierung erkundigte. Herr Lieber, der das Schlußwort hatte, machte jedoch gute Miene zum bösen Spiel, er ist vor Allem Realpolitiker, und da er wußte, daß der Antrag ohne Hilfe der Sozialdemokraten aussichtslos war, zog er heute die Krallen ein und wies der äußersten Linken daS Sammet- pfötcken vor. Er sprach ihr sogar formell und feierlich seinen Dank dafür auS, „daß sie trotz aller sonstigen Gegensätzlichkeit von Anfang an bis heute das Interesse der Freiheit und Gerechtigkeit einstimmig unterstützt habe." Gegen den ausgesprochenen Ver dacht, Tauschgeschäfte zu betreiben, verwahrte er seine Partei ohne besondere Schärfe nach links nur mit dem Hinweis darauf, daß sie nationale Forderungen stets ohne Gegenleistung bewilligt habe, eine Behauptung, die allerdings infolge eines Singerschen Zwischenrufes stürmische Heiterkeit entfesselte. Einen ganz andern Ton schlug Lieber gegen die Nationalliberalen an, wovon wir schon gesprochen, und — gegen die Regierung. Die Bundes- rathStiscke waren nämlich in schneidendem Gegensätze zu dem Hause selbst völlig leer, und der Redner rügte das äußerst scharf als eine unerhörte Rücksichtslosigkeit. Aller Augen wandten sich auf den gestrengen Präsidenten Ballestrem, aber siehe da, er blieb stumm! Der Centrumsantrag wurde schließlich gegen die beiden konservativen Parteien, die Nationalliberalen, die frei sinnige Bereinigung und einige Abgeordnete der beiden Bolksparteien angenommen; gegen die milderen Anträge stimmten nur einige Konservative, die Hälfte der Reichspartei und der größere Theil der Nationalliberalen. Damit war da- Interesse des Hauses vollständig erschöpft. Fluchtähnlich leerten sich Saal und Tribünen, die bis dahin ganz „schwarz" auSgrsehen hatten, als der Präsident den sozialdemo kratischen Antrag betr. die Gewerbegerichte zur Weiterbernthung stellte. Den größeren und interesfantelen Theil der Debatte hat ,ja schon der vorige Schwerinstag gebracht. Aus der heutigen Diskussion ist nur hervorzuhehen, daß Bassermann (nl.) wieder in bemerkenSwerth sozialsreundlichem Sinne sprach, daß Zubeil (soz.) und Rösicke (lib.) ihren scharfen Feldzug gegen Frei Herrn v. Stumm (Rp.) fortsctzten, aber diesmal ohne Antwort blieben, da der Angegriffene nicht mehr da war und daß Singer (soz.) programmatisch erklärte, seine Partei erstrebe die sozialen Ver besserungen, um die ihr folgenden Arbeiterheere tüchtiger und energischer zu machen, und werde Alles, was sie auf diesem Ge biete den herrschenden Klaffen abringe, stets nur als Abschlags zahlung betrachten. Damit wollten die Sozialdemokraten offiziell bekunden, daß sie auch bei allen ihren praktischen Gegenwarts bestrebungen immer ihr Ziel im Auge behalten und auf dasselbe hinarbeiten. Die Anträge aus Einsetzung kaufmännischer Schiedsgerichte werden im Plenum zur zweiten Berathung ge langen; dir übrigen Theile wurden einstimmig einer besonderen Kommission überwiesen. jenigen Sätze davon zu bezeichnen, welche gegen die Moral ver stoßen. (Beisall im Centrum.) Für das Vorgehen des Herrn Hieber-Cannstatt fehlt mir jeder parlamentarische Ausdruck, wie auch dafür, daß er den Herrn Reichskanzler, der fein Amt mit einer Absage der kulturkämpferischen Gelüste angetreten hat, hier zum Zeugen ausruft. Auch Gras Paul Hompesch legt ausdrücklich dafür Zeugniß ab, daß die Jesuiten zu einer tadellosen Moral erzogen werden. Die Rede des Abg. Hieber-Cannstatt beweist, daß die Nationalliberalen bei den letzten Wahlen nicht nur ein lucram cessans, sondern auch ein äamnnm emergens erfahren haben. Herr Abg. Stockmann mußte eigentlich nach seinen Aus führungen zu dem Schluffe kommen: Nur herein mit den Jesuiten, auf zum Kampfe! Isis Gotteswcrk, so wirds bestehen! Aber man muß von seiner Rede anch sagen: „vesinit in pisccm mutier tormo8» superns! (Große Heiterkeit.) Dem Abg. Grasen Limburg-Stirum sind wir dankbar sür die Großherzigkeit, zu bekennen: das Gesetz war seiner Zeit eine Ungerechtigkeit. Die Sache ist sür uns auch nur eine Frage der Gerechtigkeit und des Wohles des deutschen Vaterlandes. (Beifall im Centrum.) Kein Wort ist hart genug, was der Schelle des Präsidenten entgehen möchte, das das Verhalten des hohen Bundesraths bezeichnen könnte. (Lebhafte! Beifall.) Es wird parlamentarisch sein, zu sagen, die Leerheit der Tische des Bundesrathes gegenüber einem wiederholt gefaßten Beschlusse des Reichstages ist eine Rücksichts losigkeit gegenüber dem Reichstage, die nicht scharf genug gerügt werden kann. (Lebhafter Beifall im Centrum.) Damit ist die erste Lesung beendet. Eine Kommissionsberathung ist nicht beantragt. Es findet sofort die zweite Lesung statt. Die drei Paragraphen des Antrages Hompesch stehen zugleich zur Debatte. Abg. Vr. Sattler (nat.-lib.): Wer den Frieden der Konfessionen will, der muß die Anträge ablehnen; diesen Frieden würden die Jesuiten ernstlich gefährden. Abg. vr. Stockmann wirft dem Abg. vr. Lieber vor, daß er seine Worte verdreht habe. (Der Präsident bezeichnet diesen Ausspruch als unparla- mentarifa,.) Herr Lieber habe den Grafen Hoensbroech citirt und damit dessen Worten eine besondere Bedeutung beigelegt. Dieser selbe Gras HoeuSbroech aber lege dar, daß der Haß gegen die Reformation und den Wittenberger Reformator in den Jesuclcn fortlevc. Abg. Gras Bernstorf f-Uelzen (Welse) will auch als Protestant den Jesuiten ihr Recht gewähren; ihr Kampf gegen den Protestantismus ist ein Kampf der Geister. Abg. von Roon bemerkt, er habe bei seinen Worten fein evangelisches Bewußtsein im Sinne gehabt und nicht das des Grafen Bernstorff. Es folgte die Abstimmung. Der Antrag Hompesch wird angenommen gegen die Stimmen der National-Liberalen, der beiden konservativen Parteien, eines Theils der freisinnigen Volkspartei (Abg. Richter war nicht anwesend), der freisinnigen Vereinigung und einiger Antisemiten. Ebenso wird sodann der Antrag Gras Limburg-Rickertangenommen gegen die Stimmen der National-Liberalen mit vereinzelten Ausnahmen, der Reichspartei mit vereinzelten Ausnahmen und einzelner Konservativen. Es folgt die Berathung des Antrages Agster, betr. Errich tung von obligatorischenGewerbegerichten. Abg. Jacobskötter (kons.) führt aus, der ganze Antrag sei mehr oder Im Einzelnen wird berichtet: Erster Gegenstand der Tagesordnung ist die erste, event. zweite Berathung der die Aushebung, bezw. Abänderung d«S Jesuitengesetzes beabsichtigenden Anträge. Es sind dies 1. der Antrag des Abg. Gras Hompesch und Gen., betr. völlige Aufhebung des Gesetzes, d. h. des NiederlaffungsverbotS (8 1) und der Möglichkeit der Ausweisung ausländischer, bezw. der Wohnsitzanweisung sür inländische Jesuiten (8 2), 2. und 3. der Antrag des Abg. Rickert und Gen. und des Abg. Gras Limburg- Stirum und Gen., welche beide nur die Aufhebung des 8 2 des Widerspruch im Centrum.) In der Schweiz läßt man auch die Jesuiten nicht zu, weil man dadurch den Sozialdemokraten Wasser auf die Mühle schaffen würde. (Wachsende Unruh«, Widerspruch im Centrum.) Die Zulassung der Jesuiten würde für die Moral des deutschen Volkes bis ins innerste Mark vergiftend wirken. (Stürmische Unterbrechung und Widerspruch im Centrum. Präsident Graf Ballestrem: Ich bitte, den Redner nicht zu unter brechen.) Abg. vr. Hieber (fortfahrend): Dahin haben sich selbst angesehene katholische Gelehrte ausgesprochen wie Bischof Wessen- berg. (Gelächter im Centrum.) Deshalb werden wir unS hüten, sür den Antrag Graf Hompesch zu stimmen. Aber auch den anderen Anträgen werden wir nicht beitreten. Die Aushebung des 8 2 ergäbe eine I«c imperfecta. Die Katholiken betrachten eine Aushebung des 8 2 lediglich als Abschlagszahlung, das Drängen nach mehr würde damit nicht aufhören, sondern nur neue Nahrung erfahren. Das Abbröckeln am Gesetz hätte be gonnen und wurde die Agitation lediglich fördern. Worin wir allein mit den Antragstellern übereinstimmen, ist der Wunsch, daß der Bundesrath zu dem Anträge Stellung nehmen und ein deutliches entschiedenes „Niemals" ihm entgegensetzen möge. (Lebhafter Widerspruch im Centrum. Beifall bei den National- liberalen.) Abg. Delsor (Els.-Lothr.): Wir Elsaß-Lothringer stimmen dem Antrag« Graf Hompesch zu. Bei unS kann man es nicht begreifen, daß ein derartiges Gesetz noch foribestehen kann. Da her kommt auch die Mißstimmung in weiten Kreisen von Elsaß- Lothringen. (Beifall im Centrum.) Abg. Gras Roon (kons.): Einige meiner politischen Freunde stimmen mit mir darin überein, daß wir keinem der Anträge beitretcn können. Die Gründe dafür hat Herr Stockmann in überzeugender Weise zum Ausdruck gebracht. Abg. Blos (Soz.-Dem.): Die Töne, welche der Abg. Hieber angeschlagen hat, finden hier keinen Widerhall, das wird er wohl gemerkt haben. (Beifall im Centrum.) Wir werden für den Antrag Hompesch stimmen, weil wir für Freiheit aus allen Ge bieten und gegen Ausnahmegesetze sind. Die Ansicht von der Staatsgesährlichkeit der Jesuiten ist doch eine antiquirte, viel richtiger wäre es, die Gesellschaft der Scharfmacher als staats gefährlich zu behandeln. Unsere Furchtlosigkeit wegen der Jesuiten erwächst aus dem Umstande, daß Deutschland sich in einen Jn- dustriestäat verwandelt; in solchen Staaten haben religiöse Ge- ellfchasten und Priesterherrschast keinen Boden sür ihre Wirksam keit. Es ist übrigens sehr bemerkenSwerth, daß diesmal von Tauschgeschäften des Centrums nicht die Rede ist. Abg. vr. Lieber (Ctr.): Wenn wir diesmal nicht nöthig haben, zu sagen: „Tauschgeschäfte sind ausgeschlossen", so hängt dies damit zusammen, daß das Centrum in den letzten Jahren unwiderleglich dargethan hat, daß eS nationale Ausgaben zu er- üllen durchaus gern bereit ist. (Beisall im Centrum.) Mit »ein Herrn Abg. vr. Hieber-Cannstatt — wegen deS Gleichklanges der Namen lege ich Werth aus diesen Zusatz zur Unterscheidung Heiterkeeit) — hätte ich mich kaum zu beschäftigen, denn er hat mr „Olle Kamellen" vorgebracht, wenn man sich nicht draußen im Lande wundern könnte, daß wir nichts dazu sagen. Er hat sich auf die Schweiz berufen. Es >st bezeichnend, daß er dies thut. EmLand, in demFrauen- und Königsmörder frei herumlausen dürfen, ist kein klassisches Beispiel für die Fern Haltung der Jesuiten. Herr vr. Hieber-Cannstatt nennt die Jesuiten einen Kampsorden. Ja, ist denn der evangelische Bund eine FriedenSgeselljchast? (Lebhafte Zustimmung im Centrum.) Im Anfang der 70er Jahre sind die Angriffe des Herrn Hieber-Cannstatt viel ausführlicher und mit weit mehr Gelehrsamkeit vorge'ragen worden! Er hat sich auch auf die Urtheile von Päpsten berufen. Ich lege hier ein Buch aus den Tisch deS Hauses nieder, in welchem alle Lehr sätze der Jefuiten, welche von Päpsten verworfen worden sind, verzeichnet sind. Ich ersuche Herrn Hieber-Cannstatt, mir die- 22 Freiberger ««zeige» «»d Tageblatt. Seite S. — 27. Aanuar. L8SS.
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