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»st, ,. et -i' Verantwortliche Leitung der Redaktion: Georg Burkhardt. A 4 Erscheint jeden Wochentag Abends '/,« Uhr für ^0 Oberen Tag Preis vierteljährlich 1 Mk. 80 i s- * emmonatlich 60 Pfg.; durch die Post 2 Mk. 25' den gd« Pfg-; durch die Post 2 Mk. 25 Pfg' Anzeige zu machen. W L. 23/00 Nr. 2. Königliches Amtsgericht, Abth. I Ass. Stark. Nicolai. Freiberg, am 22. August 1900. L 11/00. No. 40. « visttt ivr. K .W and. Zors. erkarf sie ^ahostk. the inke s Freiberg, den 18. August 1900. L 26/00. Nr. 7. G bonr l LL, «rt, »»»>««< or Stell. ! »g such«, teebel. Königliche- Amtsgericht, Abth. I. Bekannt gemacht durch den Gerichtsjchreiber: Sekr VN- Tageblatt Amtsblatt für die königlichen vnd städtischen Behörden zv Freiberg and Brand HSchstdaM bürg, LM Konkursverfahren. DaS Konkursverfahren über den Nachlaß des verstorbenen Schuhmachermeisters und Schuh- waarengeschSstSinhabers Earl August Andreas in Freiberg wird nach Abhaltung des Schluß« termines hierdurch ausgehoben. Konkursverfahren. Ueber daS Vermögen des Bäckermeisters und Gasthofsbesitzers Ernst Louis Ranft in Freiberg wird heute, am 16. August 1900, Nachmittags 60, Uhr, das Konkursverfahren eröffnet. Der Kaufmann August Straubel in Freiberg wird zum Konkursverwalter ernannt. S3. Jahrgang. —— —— Sonnabend, den 25. August Die Macht der Phrase. .Deutsch sein, heißt eine Sache um ihrer selbst willen thun", saßt Lagarde. Wir haben das Wort immer für ein besonders glückliches und feinsinniges gehalten, weil es einige der bemer- Imlwerthesten politischen Eigenschaften des deutschen Volkes erklärt. Die Deutschen waren nie durch Phrasen zu gewinnen; nur die innige Ueberzeugung von der Nothwendigkeit und Ge rechtigkeit einer Sache vermochte sie zu einer nationalen Unter nehmung zu bewegen. Dann aber machten sie diese Sache auch ganz zu der ihrigen und widmeten sich ihr mit voller Hingabe. So hat sich die deutsche Geschichte in manchen großen Kultur- loerten der Menschheit langsamer entwickelt, als die anderer Völker, aber die Deutschen haben doch schließlich oft das Beste und Entscheidende dazu gethan. Wicleff und Huß hatten schon lange ihre Stimmen erhoben, ehe Luther ihr Werl aufnahm und vollendete. Um so betrübender ist die Wahrnehmung, daß in den letzten Monaten, ja in wenigen Wochen die Phrase auch bei uns über aus üppig ins Kraut geschossen ist. Und doppelt betrübend, daß die deutsche China-Expedition den Anlaß dazu gebildet hat. Wenn bei diesem Unternehmen die nationale Begeisterung sich kraftvoll regt, so kann man dies Aufflammen des nationalen Gefühls in diesen Tagen nur mit Freude begrüßen. Aber die Art, wie sich diese Begeisterung geäußert hat, zeigt uns leider, daß diese Flamme kein kräftiges, Licht und Wärme spendendes Element ist, sondern daß sie nur zu viel vom Strohseuer oder vom bengalischen Feuer an sich hat. Ein Krieg, er mag noch so nothwendig und berechtigt sein, ist doch immer eine bitter ernste Sache, bei der es sich um Tausende von Menschenleben und eine ungeheure Verantwortung für die Zukunft handelt; dieser Krieg aber ist vielfach, man möchte sagen, wie ein Deko rationsschaustück großen Stiles behandelt worden. Wenn bei den zahlreichen Ansprachen, die auf Bahnhöfen u. s. w. an die abreisenden Soldaten gehalten worden sind, die Ehinakrieger schon im Voraus als Helden gepriesen wurden, so müssen wir an die ernste und fromme Art denken, mit der 1870 unsere Männer den größten Ereignissen entgegengingen, und an die demuthsvolle bescheidene Art, mit der der greise König in sei- W klassischen Kriegsdepeschen die gewaltigen errungenen Siege «zählt. Wenn in einem Briefe vom Kriegsschauplätze das Verhalten des „Iltis" als eine That von unerhörter Kühnheit gepriesen wird, so muß man doch, ohne den Braven vom /Ms" auch nur ein Titelchen ihres wohlerworbenen Ruhmes streitig machen zu wollen, daran erinnern, daß die Geschichte der englischen Seekämpfe, daß Abukir und Trafalgar von Tha- ten erzählen, die doch zu einer gewissen Bescheidung in Bezug auf die Charakterisirung solcher Leistungen als unerhörter mahnen sollten. Nun braucht man nicht anzunehmen, daß alle die Worte, du in diesen Wochen gesprochen worden sind, von ihren Urhebern °n nüchterner Betrachtung selbst aufrecht erhalten werden wür den. Es ist die Macht der Phrase, die an sich besonnene Men schen dazu verführt, in einem gewissen Rausche Dinge zu sagen, die ihrer eigentlichen Meinung nicht entsprechen. Die Phrase aber ist ansteckend, wie eine Epidemie, und wie weit diese Krankheit bereits um sich gegrisfen hat, das mag hier an zwei charakteristischen Fällen erörtert werden. In der „Wieslocher Ztg." erläßt ein Unteroffizier des chi nesischen Corps eine Annonce, worin er vor seiner Abreise sei nen Freunden und Bekannten ein Lebewohl zuruft. Er fährt dann fort: „Werde ich dort anlangen, werde ich handeln, wie geschrieben stehet: „Die Rache ist mein, ich will vergelten!" Es kann unerörtert bleiben, was eigentlich sich der Unteroffizier genau bei diesen Worten gedacht, insbesondere, ob er sich wirklich als den Boten und Beauftragten des leben digen Gottes gefühlt hat, der sich in dem strengen Bibelworte Konkursforderungen sind bis zum LS. September 1900 bei dem Gerichte anzumelden. Es wird zur Beschlußfassung über die Beibehaltung des ernannten oder die Wahl eine- anderen Verwalters, sowie über die Bestellung eines GläubigerausschusseS und eintretendea Falles über die in 8 132 der KonkurSordnung bezeichneten Gegenstände auf Sen 14. September 1900, Vormittag- 9^ Uhr, und zur Prüfung der angemeldeten Forderungen auf Ven 19. Oktober 1990, Vormittags 9 /, Uhr, vor dem unterzeichneten Gerichte, Zimmer Nr. 33, Termin anberaumt. Allen Personen, die eine zur Konkursmasse gehörige Sache in Besitz haben oder zur Konkursmasse etwas schuldig sind, wird aufgegeben, nichts au den Gemeinschuldner zu verabfolgen oder zu leisten, auch die Verpflichtung auferlegt, von dem Besitze der Sache und von den Forderungen, für die sie aus der Sache abgesonderte Befriedigung in Anspruch nehmen, dem Konkursverwalter bis zum 19. September 1900 re. an 23. Aua. M geb. >et Sonn»^ i Trauns « die r MD« u Expedimil - g-lang» Abdruck. E* un der AiizE agen kann "A schriste«^ di« Theil °» Die Strafe des Kömgsmörders. Rom, 18. August. Ueber das Vorspiel der That weiß man heute genau so viel wie am ersten Tage. Bresci — wie es neuerdings geschrieben wird — offenbart sich nicht, und so müssen alle Gerüchte über ein Komplot, die bisher so üppig wie Pilze aus der Erde geschossen sind, vorläufig in das Reich der Vermuthungen und Erfindungen verwiesen werden. Es ist Ge wohnheit der italienischen Polizei wie auch des italienischen Publikums, bei allen Verbrechen blutigen Ausganges jeden Tag unzählige Dinge mit unheimlicher Phantasie zu erfinden, sodaß man, durch vielfache Erfahrungen gewitzigt, jetzt für völlig ausgemacht ansehen kann, daß alles, was die Leute hin terher behaupten, vor und während der That wahrgenommen zu haben, in Wirklichkeit nie gesehen worden ist. Um sich zu entlasten, hat die Monzaer Polizei nach Möglichkeit die aben teuerlichsten Gerüchte unterstützt. So hat sie eine ganze Woche lang aus dem Umstande, daß noch ein zweiter Revolver auf dem Platze gefunden wurde, hartnäckig das Märchen vertreten: der Mörder hätte an Ort und Stelle einen Mitschuldigen ge habt, obschon sie schon am Morgen nach der Unlhat wußte, daß der Beßtzer jener Waffe ein Turner war, der sich Zwangsversteigerung. .. I" Grundbuche für Wegefarth Blatt 95 auf den Namen deS verstorbenen Gemeinde- dimns Johann Traugott Fritzsche daselbst eingetragene Hausgrundstück soll am LS. Oktober 1900, Vormittags 10 Uhr, au dn Gerichtsstelle im Wege der Zwangsvollstreckung versteigert werden. .. ?as Grundstück >st nach dem Flurbuche — Hektar 5,4 Ar groß und auf 1200 Mk. — Pf. geschätzt. Dasselbe ist >m Brandkataster unter Nr. 50 L und im Flurbuche unter Nr. 105 s. auf- Mck und bei der Landesimmobiliar-Brandversicherungsanstalt mit 2160 Mk. — Pf. versichert. Auf dem Grundstücke haften 32,50 Steuereinheiten. Die Einsicht der Mittheilungen des Grundbuchamts sowie der übrigen daS Grundstück be treffenden Nachweisungen, insbesondere der Schätzungen, ist Jedem gestattet. auf Befriedigung aus dem Grundstücke sind, soweit sie zur Zeit der Eintragung des am 80. Juli 1900 verlautbarten Versteigerungsvermerkes aus dem Grundbuche nicht ersichtlich wann, spätestens im Versteigerungstermine vor der Aufforderung zur Abgabe von Geboten anzu- mlden und, wenn der Gläubiger widerspricht, glaubhaft zu machen, widrigenfalls die Rechte bei der Feststellung deS geringsten Gebots nicht berücksichtigt und bei der Vertheilung des Ver steigerungserlöses dem Ansprüche des Gläubigers und den übrigen Rechten nachgesetzt werden würden. Diejenigen, die ein der Versteigerung entgegenstehendes Recht haben, werden aufgefordert, dor der Eckheilung des Zuschlags die Aufhebung oder die einstweilige Einstellung des Verfahrens herbeizuführen, widrigenfalls für das Recht der Versteigerungserlös an die Stelle des ver steigecken Gegenstandes treten würde. auch als solcher widerspruchslos zu legitimiren verstand. Die ser hatte seinen Revolver im Aufruhr und in der heillosen Ver wirrung, die zuletzt auf dem Platze herrschte, gerade an jener . Stelle verloren. Das Märchen oer Polizei hatte dann zur Folge, daß dem tobten Könige sehr gegen den Wunsch der Kö nigin die drei Kugeln berausgezogen wurden, um lediglich dar- zuthun, daß alle aus einem einzigen Revolver stammten. Von all' den Nachrichten, die bislang durch die Presse gegangen sind, scheint nur die eine vorläufig ziemlich sicher zu sein, daß der Mordplan thatsächlich in Patterson geschmiedet worden ist, und zwar aus Rache für den vor zwei Jahren einberufenen Kongreß gegen die Anarchistengefahr. Selbst bezüglich des geheimniß vollen Blonden, der vor der That mit Bresci in einer fremden Sprache, die hier eben nur die englische sein könnte, verkehrt haben soll, ist es unmöglich zu entscheiden, ob da Wahrheit oder Dichtung vorliegt. Jedenfalls ist der so interessante Blonde bislang unauffindbar geblieben. Ueber Bresci selbst sagt die eigene Familie aus, daß er in seiner Jugend ein Lamm, der Bürgermeister von Prato dagegen, daß er ein rachsüchtiger Taugenichts gewesen sei. Wer sagt nun hier die Wahrheit? Wie ein Lamm sieht er nicht aus, aber auch nicht wie einer der mordsüchtig Entarteten. In den ersten Tagen der Aufregung sind auch einige Vor schläge zur Wiedereinführung der Todesstrafe gemacht worden. Diese haben gar keine Aussicht auf Erfolg. Dem Italiener ganz allgemein ist die Todesstrafe ein Akt der Barabarei. Er denkt überhaupt bezüglich einer jeden Strafe äußerst empfindsam. Nachdem aber sogar der junge König im ersten Ministerrathe sich aufs Entschiedenste gegen ein jedes Ausnahmegesetz erklärt hat, wird man nicht wieder darauf zurllckkommen. Und der König ist sehr weise mit dieser Erklärung verfahren; denn wie die Dinge nun einmal in Italien liegen, wird er die Sorge für die Sicherheit seiner Person in die eigene Hand nehmen müssen, wenn er vorerst leben bleiben will. Keine andere Maßregel ver mag ihn zu schützen. Wer nun aber glauben möchte, daß die italienischen Strafgesetze einen Königsmörder nicht ausgiebig genug zu strafen verstünden, dem mag Folgendes zur Belehr ung dienen: Bresci wird als Königsmörder zweifellos zu lebensläng licher Gefängnißstrafe verürtheilt werden, von der er die ersten 10 Jahre in Jsolirhaft zu verbringen hat. Dieser Jsolirzellen sind zwei. Der Sträfling hat beide zu passiren. Die erste ist nur 2 Meter lang und kaum 1 Meter breit, und hat an der einen Seite eine etwas geneigte 50 Centimeter breite Pritsche. Nur im Winter wird dem Gefangenen des Nachts eine Decke gereicht. Diese Zelle ist Halbdunkel und stets geschloffen. Durch ein farbiges Glas in der Thür kann er von außen beobachtet werden, er selbst kann aber nichts sehen. Er erhält einmal am Tage Wasser und Brot. Er darf nie sprechen, wenn er nicht bestraft sein will; arbeiten darf er erst recht nicht. Ist seine Führung in diesem Sinne gut gewesen, so bekommt er nach der Probezeit eine etwas größere Zelle, die gewöhnlich das Licht von einem Korridor empfängt, im Uebrigen aber genau so ein- aerichtet ist wie die frühere. Auch hier erhält der Sträfling nur Wasser und Brot. Der einzige Unterschied zur früheren Behandlung besteht darin, daß die Thür während des Tages ein paar Centimeter breit verkettet geöffnet wird. In dieser letzteren Zelle hat der Gefangene zehn Jahre zu verbringen. Während der ganzen Zeit darf er nie sprechen, nie arbeiten; er erhält nie eine Antwort. Gewöhnlich erträgt kein Einziger von den Sträflingen diese Lebensweise; sie sterben vor dem zehnten Jahre oder verfallen in Tobsucht. Alle wollen natürlich sprechen, alsdann stehen ihnen die Zwangsjacke, die Eisen oder das Zwangsbett bevor. Viele schreien, toben, versuchen sich an den Mauern den Kopf einzuschlagen — auch in solchen Fällen werden, nach dem Dafürhalten des Gefängnißdirektors, jene Strafmittel angewendet. en Brauns Ribera. — riedebiir-, 1* >or Wag««,»! t: Buchdruck!« st MauM» tust ess«: Königliches Amtsgericht zu Freiberg, Abth. I Bekannt gemacht durch den Gerichtsschreiber: Sekr MS at MW l Uhr veW n Leide» -alle, BM :SattlewB die Rache vorbehält. Wahrscheinlich ist, daß der Unteroffizier sich bei seinen Worten gar mchts Genaues gedacht hat, sondern daß er, mitgerissen von dem Phrasenstrome, der unser chine sisches Unternehmen überschwemmt, sich an einer volltönenden Phrase berauscht hat. Gerade das aber ist das Charakteristi sche, daß dieser Phrasenrausch den Unteroffizier zu einer Art feierlicher Enunziation oder Programmerklärung hinreißt. Ein Unteroffizier im deutschen Heere hat auf seinem Posten nach des Preutzenkönigs derbem Worte seine verfluchte Pflicht und Schuldigkeit zu thun, weil er von seinem Vorgesetzten dort hin gestellt ist; daß er uns Programme für seine militärischen Leist ungen mittheilt, ist neu, ist im Sinne unserer guten alten Dis ziplin keineswegs erfreulich. Aber man kann mit dem Wieslocher Unteroffizier in der That nicht zu hart ins Gericht gehen, da die Armee leider auch Beispiele von anderen, höher gestellten und verantwortlicheren Personen aufweist, die sich von der Macht der Phrase nicht frei zuhalten wußten: Gelegentlich der Ueberreichung des Marschall stabes durch den Kaiser äußerte der Graf Waldersee, daß, so lange er diesen Stab halten könne, er nie einen Befehl zum Rückzug geben werde. Graf Waldersee weiß so gut und besser als jeher Andere, daß ein Rückzug im militäri schen Sinne nicht nur keine Schande zu sein braucht, sondern eine außerordentliche Leistung sein kann; Friedrichs des Großen und Moreau's Rückzüge sind militärische Ruhmesthaten, er weiß, daß sich in dem großen Kriege von 1870/71 selbst unsere Helden z. B. bei Orleans zurückziehen mußten, und daß cs in vielen Fällen ein ungeheuerer Mißbrauch der militärischen Ver antwortlichkeit, ein frevelhaftes Spiel mit dem Leben von Tau senden wäre, wenn der Rückzug nicht angeordnet würde. Das Alles weiß der Graf, und wir sind fest überzeugt, daß er im ge gebenen Momente auf das einsichtigste und gewissenhafteste da nach handeln würde. So sind auch seine Worte unmöglich an ders, als durch die unwiderstehliche Ansteckung der Phrase zu er klären. Diese Macht der Phrase aber ist eine schwere Gefahr für die sittliche und politische Gesundheit unseres Volkes, und Allen, die mit dem geschriebenen oder gesprochenen Worte an unser Volk sich zu wenden berufen sind, muß gerade im gegebenen Zeit punkte es besonders ans Herz gelegt werden, unsere Aufgaben und Interessen nüchtern und besonnen zu erörtern. Der wahre Patriotismus liegt nicht in schönen Phrasen, sondern in dec Er- kenntniß und der Beförderung dessen, was für unser Volk nütz lich und nothwendig ist. Inserate werden bis Vormittags 1t Uhr angenommen. Preis für die Spallzeile 15 Pfg. Außerhalb des Landgerichtsbezirks 16 Pfg.