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Freiberger Anzeiger und Tageblatt : 02.06.1896
- Erscheinungsdatum
- 1896-06-02
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1878454692-189606028
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1878454692-18960602
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1878454692-18960602
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Freiberger Anzeiger und Tageblatt
-
Jahr
1896
-
Monat
1896-06
- Tag 1896-06-02
-
Monat
1896-06
-
Jahr
1896
- Titel
- Freiberger Anzeiger und Tageblatt : 02.06.1896
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gefördert, daß die Buden mit Gräben umgeben waren. Die Herandrängenden stürzten in Folge dessen nieder, während die Masse unaufhaltsam nachdränate, Alles unter sich zermalmend. Der Druck war ein so gewaltiger, daß die Bretter der Buden eingedrückt wurden und die Menschen in die Buden hineinstürzten. Ein Gendarm wurde mitsammt seinem Pferde zermalmt. Die inzwischen verstärkte Polizei warf sich nun mit Aufgebot aller Kraft in das Gewühl, um Ordnung herzustellen, und wurde hierin bon dem besonneneren Theil der Menge unterstützt. Auch militärischer Succurs kam zur Stelle und Ambulanzwagen der Hilfsvereine wurden geholt. Aber erst nach einer Stunde war es möglich, die Verwundeten und Todten auf die Wagen zu bringen und fortzuschaffen. Trotz des Unglücks strömte aber die Menge bald wieder zu den Schankzelten. Die Leute wurden weiter mit Speisen bewirthet. Bier aber wurde nicht mehr auS- geschänkt. Alsbald kam das Publikum aus Moskau auf den Festplatz gefahren, auch die Großfürsten, Minister und Gesandte erschienen. Sodann kam der Zar mit seiner Gemahlin. Der Oberpolizeimeister ist verzweifelt, er versuchte einen Selbstmord. Die hauptsächlichste Schuu» an dem Unglück wird den niederen Beamten zuaeschrieben, die mit der Vertheilung der Geschenke be gann, bevor die Polizei sich eingefunden hatte. Die Verunglückten sind der weit überwiegenden Zahl nach Bauern und Slrbeiter. Nur vereinzelte Angehörige anderer Klaffen finden sich unter ihnen. Von den Ausländern, welche anläßlich der KrönungS- feierlichkeiten hierher gereist sind, wurde bei der gestrigen Kata strophe Niemand getödtet oder verwundet. Zur Feststellung der Ursachen der Katastrophe ist eine gerichtliche Voruntersuchung ein geleitet worden. — Die Gerichtsbehörden nahmen heute eine Besichtigung des Ortes der Katastrophe vor. Auf dem Wagankow- kirchhofe liegen 1282 Leichen mit Tüchern bedeckt und nur theil weise in Särgen. Der Anblick ist ein wahrhaft furchtbarer. Die Gesichter und Glieder vieler Getödteten sind so verstümmelt, daß diese nur an den Kleidern erkennbar sind, wo nicht diese ebenfalls völlig zerfetzt wurden. Der Kirchhof ist von weinenden Menschengruppen angefüllt, welche ihre Angehörigen suchen. Immer weitere Massen bewegen sich zu gleichem Zwecke nach dem Kirchhof. Die Polizei hält dort die Ordnung aufrecht. Mehrere Geistliche verrichten Gebete. Von 2 Uhr ab begann die Be erdigung. Moskau, 31. Mai. Der Kaiser und die Kaiserin besuchten heute die Krankenhäuser, in denen die Schwerverwundeten unter gebracht sind. Sowohl der Kaiser wie die Kaiserin richteten an die Darniederliegenden warme Worte des Mitgefühls und Trostes. — Auf Wunsch deS Kaisers fand heute in der Kirche des Kreml- Palais eine Trauerandacht für die gestern Verunglückten statt, welcher der Kaiser, die Kaiserin und alle Mitglieder der kaiser lichen Familie beiwohnten. Vom Kaiser Nikolaus II. erzählt H. v. Merkel in der „Magdeb. Ztg.": Militärische Neigungen sind bei dem Kaiser noch nicht zu Tage getreten, und im russischen Offiziercorps ist man damit nicht zufrieden. Das weiß Zar Nikolaus sehr wohl, und wenn er auf der einen Seite bestrebt ist, den CorpSgeist unter seinen Offizieren zu heben, wie durch ein von ihm reich dotirtes Petersburger Kasino, verbunden mit einem nach deutschem Muster eingerichteten Offiziers-Waarenhaus, so sucht er auf der andern Seite scharf den Hochmuth der Herren Garde-Offiziere zu dämpfen. So hatte sich — es war bald nach dem Tode Kaiser Alexanders — ein Offizier eines vornehmen Kavallerie-RegimentS des furchtbaren Verbrechens schuldig gemacht, die Pferdebahn zu benutzen, was gegen die Traditionen des Regiments verstößt; der Offizier mußte nicht nur viele Hänseleien ertragen, man hielt ihn schließlich auch nicht mehr des Offiziersrockes für würdig und drängte ihn zum Abschied. Das kam dem Kaiser, der damals noch im Petersburger Anitschkoff-Palais residirte, zu Ohren; er benützte eines Abends mit einem seiner Adjutanten — beide Herren in Civil — die Pferdebahn oberhalb der Anitschkoff-Brücke und erließ am folgenden Tage nachstehende „Anfrage" an das betreffende Regiment: „Hierdurch theile ich dem Regiment mit, daß ich am gestrigen Abende die Pferdebahn benutzt habe, und frage an, ob ich noch würdig bin, die Uniform des Regiments weiter zu tragen. Nikolaus." Der betreffende Offizier hatte von da an Ruhe. Transvaal. Ein amtliches Telegramm aus Prätoria theilt mit, daß alle Gefangenen frei gelaffen wurden, mit Ausnahme von vieren, die zum Tode verurthcilt sind und deren Fall später in Erwägung gezogen wird, sowie von Sampson und Davies, die kein Bittgesuch eingereicht haben, deren Fälle nicht berathen worden und in Geldstrafen, im Nichtzahlungsfalle in den fest gesetzten Freiheitsstrafen bestehen. Ebenso bleiben die Ber- bannungsentscheidungen in Kraft, für Diejenigen in der Schwebe belassen, die sich verpflichten, nie wieder in die politischen Ver hältnisse des Transvaal sich einzumischen. Oertliches und Sächsisches. Freiberg, den 1. Juni. — Die Reisepläne der Königsfamilie werden in den nächsten Tagen zur endgiltigen Feststellung gelangen. Bestimmt ist nur, daß die Abreise des Königspaares nach England in der zweiten Hälfte des Juni erfolgt. Königin Carola verläßt Sibyllenort am Sonntag, den 7. Juni, und trifft, wie schon ge meldet, Tags darauf in Schloß Marawetz in Mähren ein. König Albert wird am 13. Juni Sibyllenort verlassen und sich nach Billa Strehlen begeben. Tags darauf gedenkt derselbe eine Huldigung der zum Generalappell ehemaliger Jäger und Schützen erschienen alten Soldaten in Dresden entgegen zu nehmen. Hierauf begeben sich beide Majestäten nach dem englischen Bade.— Prinzessin Mathilde hat sich zu einer länger andauernden Reise nach Frankreich begeben. — König Albert auf der Eisenbahn lautet ein Artikel des „Kamerad", dem wir Folgendes entnehmen: Zum Gebrauch des Königspaares stehen z. Z. im Betriebsmittelpark der säch sischen Staatsbahnverwaltung vier sogenannte „Königl. Salon wagen" und ein „Hofdienstwagen" zur Verfügung. Diese haben gegenwärtig ihren Standort auf dem schlesischen Bahnhofe zu Dresden in dem sogenannten „Königsschuppen", der aber beim nahenden Umbau genannten Bahnhofes fallen wird, um in der Nähe des Altstädter Hauptpersoncnbahnhofes als Neubau zu erstehen. Die vier Salonwagen führen die Nummern 443, 444, 447 und 448, der Hofdienstwagen die Nummer 210. Die Salon wagen Nr. 443 und 444 sind die kleinsten und zugleich ältesten. Sie wurden Beide 1853 von der Vorm. Leipzig-Dresdner Eisen bahn-Compagnie erbaut und in den Jahren 1868 bez. 1874 von der Staatsbahnverwaltung angekauft. Die Anschaffungskosten des Wagens Nr. 443 betrugen 12100 Mk., die des Wagens Nr. 444 14 588 Mk. Beide Wagen haben reich ornamentirte eiserne Außenwände mit dunkelgrünem Anstrich. An jeder Lang seite befinden sich 8 Fenster, an den Enden des Wagens führen seitlich angebrachte eiserne Klapptritte nach dem von den beiden Schmalen aW zugänglichen Innern, welches mit prächtigen aber Madagaskar als Kolonie ohne Weiteres an daS Mutterland gegliedert werden. Die bezüglichen Mittheilunaen lauten: Paris, 30. Mai. Der heute im Elysöe gehaltene Ministerrath beschloß, noch heute in der Deputirteruammer eine Vorlage einzubringen, welche Madagaskar von jetzt ab als französische Kolonie erklärt. Ferner: Baris, 30. Mai. Die Vorlage be treffend die Erklärung Madagaskars zur französischen Kolonie bezweckt, den internationalen Schwierigkeiten ein Ende zu setzen; durch dieselbe wird keinerlei Veränderung (?) in der Regierung und unteren Verwaltung der Insel herbeigeführt. Die französischen Gesetze werden nach der erfolgten Erklärung in Madagaskar zur Anwendung gelangen, jedoch erst nach einer besonderen Ver kündigung demselben. Die Königin behält ihren Titel sonne die mit chrer Stellung verbundenen Vortheile und Ehrenrechte unter der Souveränetät Frankreichs." — Man dars darauf gespannt sein, wie diese Maßnahmen der französischen Regierung in England aufgefaßt werden, wo die Festsetzung Frankreichs auf Madagaskar von Anfang an mit großem Mißtrauen betrachtet wurde. Wie yuS Madrid berichtet wird, besteht der spanische Ober- kommandirende auf Cuba, General Weyler, auf seiner Zurück berufung, Es unterliegt keinem Zweifel, daß er wohl gleich falls von der Aussichtslosigkeit deS Kampfes gegen die Auf ständigen überzeugt ist, ebenso wie es sein Vorgänger Martinez CamPoS war. Nur wenn die Vereinigten Staaten den Auf- ständigen ihre offenkundige Unterstützung entzögen, kann auf die Dauer eine Bewältigung der Bewegung erwartet werden. Das Weylersche Verbot der Ausfuhr von Tabakblättern hat in dieser Beziehung, wie zu erwarten war, inS Schwarze getroffen und die amerikanischen Fabrikanten in Florida und New-Jork, die ja zum größten Theil für die separatistische Sache thätig sind, in eine üble Lage gebracht. Angeblich soll darüber erwogen werden, ob nicht Gegenmaßregeln ergriffen werden können. Um die Dinge nicht auf die Spitze zu treiben, haben die havanneser Fabrikanten einen Wink erhalten, von der geplanten großen Sympathiekundgebung für Weyler Abstand zu nehmen. Der Festjubel der russischen KrönungStage in Moskau ist durch ein entsetzliches Unglück jäh gestört. Bei der Ver theilung von Festgaben entstand am Sonnabend auf dem ChodynSkyfelde ein furchtbares Gedränge der dort angesammelten Volksmenge. Ueber Tausend Menschen sind ge- tödtet oder schwer verletzt. Der offiziöse Draht meldet darüber: Moskau, 30. Mai. Auf dem ChodynSkyfelde bei dem Petrowsky-Palais hatte sich gestern Abend eine Menge von mehreren Hunderttausend angesammelt, um heute an der Vertheilung der Gedenkkrüge und verschiedener Speisen Theil zu nehmen. Als die Vertheilung begann, entstand ein fürchterliches Gedränge, bei welchem zahlreiche Personen erdrückt wurden. Bis Nachmittag 4 Uhr wurde sestgestellt, daß 331 Personen getödtet und 459 Personen verwundet wurden. — Von dem Hofmeister wurde folgendes Telegramm an den „Regierungsboten" gesandt: Der glänzende Verlauf der Krönungsfeierlichkeiten wurde durch einen traurigen Vorfall getrübt. Heute, lange vor Beginn des Volksfestes, drängte eine Menge von mehreren Hunterttausenden so ungestüm zum Platze der Vertheilung der Gaben auf dem Chodynsky-Felde, daß durch die elementare Gewalt Hunderte von Menschen erdrückt wurden. Die Ordnung wurde alsbald her gestellt. In Folge des ersten Andranges der Menge gab es äußerst schmerzlicher Weise zahlreiche Opfer. Die genaue Ziffer wird bekannt gegeben werden. Nach den Berichten der Polizei bis 4 Uhr Nachmittags betrug die Zahl der Todten 331 und die der Verwundeten 459. Der Kaiser ist tief betrübt durch das Vorkommniß und befahl, den Opfern eine Unterstützung zu ge währen, je 1000 Rubel an jede verwaiste Familie zu zahlen und die Begräbnißkosten auf seine Rechnung zu nehmen. Moskau, 30. Mai, Abends 10 Uhr. Wie nunmehr amtlich festgestellt ist, beträgt die Zahl der bei der gemeldeten Katastrophe getödtet«« oder ihren Verletzungen erlegenen Personen 1138. Moskau, 30. Mai- Abends. Nicht nur auS Moskau, sondern auch auS den umliegenden Dorfschaften strömten bereits gestern Abend große Mafien auf das ChodynSki-Feld. Gegen 12 Uhr hatten sich bereits gegen 200 000 Personen angesammelt. Die Menge ließ sich, wie in einem Lager, nieder, zündete Nachtfeuer an und verbrachte die Nacht singend und sich belustigend. Als der Morgen dämmerte, strömten immer grpßere Menschenmaffen herbei. Die Menge wuchs von Minute zu Minute und hatte sich gegen 4 Uhr nahezu verdoppelt. Die speziell anläßlich der Krönung gebildete Polizei, der die Wache oblag, verlangte Ver stärkung durch die ständige Polizei; in Folge dessen trafen gegen 5 Uhr Mannschaften der Kosaken und Polizei ein. Inzwischen hatte die Menge einen bedrohlichen Umfang angenommen und begann gegen die am Rande der Felder errichteten Schaubuden vorzudringen, in denen die Gaben für das Volk aufgespeichert waren; die Menge brach gewaltsam in die Buden ein. In der sechsten Stunde wurde beschlossen, mit der Vertheilung zu be ginnen. Die hundert mit der Vertheilung beauftragten Personen konnten gegenüber der ungestüm andrängenden Menge nicht schnell genug die in Bündel vereinigten Gaben vertheilen; in oen engen Zügen zwischen den Schaubuden entstand ein furcht bares Gedränge, das unter dem Nachdrängen der nach Hundert tausenden zählenden Menge von Augenblick zu Augenblick wuchs und eine schreckliche Zahl von Opfern zur Folge hatte. Man hörte herzzerreißendes Schreien und Seufzen, bis es endlich den Kosaken gelang, einen Theil der Menge vom Platze zu drängen. Viele Tausende kehrten schon zeitig und bis Mittag, von spanischem Schrecken ergriffen, in die Straßen der Stadt zurück. Durch die Straßen der Stadt sah man bis zum späten Nach mittag Wagen der Feuerwehr und Arbeitswagen langsam hin ziehen, die die Leichen nach den Höfen der Hospitäler und die Kranken nach den Hospitälern brachten. Die Verunglückten sind meistens Frauen; auch zahlreiche Kinder sind verunglückt. Die Zahl der schwer Verwundeten wird auf 200 geschätzt. Moskau, 31. Mai. Ueber die Ursachen der gestrigen Katastrophe sind verschiedene Lesarten verbreitet. Man erzählt, das Unglück sei dadurch herbeigeführt, daß die Begleiter der Wagen, auf denen die Gaben nach dem Vertheilungsorte gebracht wurden, auf Bitten der ihnen folgenden nicht eben zahlreichen Personen Bündel unter die Menge warfen, obwohl die Vertheilung erst um 11 Uhr Vormittags beginnen sollte. Wie ein Lauffeuer verbreitete sich dann unter den hunderttausenden auf dem Felde lagernden Menschen die Nachricht, daß die Vertheilung begonnen habe. Sofort erhoben sich die Mafien und stürzten fort in der Richtung auf die Buden, wo die Katastrophe entstand. Ueber die Zahl der Getödteten sind immer noch weitgehende Gerüchte ver breitet, deren Kontrollirung augenblicklich unmöglich ist. Man spricht sogar von 2000 bis 3000. Die Leichen wurden in der Nacht auf den Wagankow-Kixchhof übergeführt, wo sie behufs Feststellung der Persönlichkeit durch die Angehörigen der WytyMMs ausgestellt sind. Die Katastrophe wurde dadurch Holzverkleidungen versehen und mit dunkelgrün« Polst«« garnituren und sonstigem Komfort auSgestattet ist. Die Mbev» gänge (Hinter- und Vorderperron) sind noch off«. Die Heizung der Wagen geschieht mittelst Warmwafleranlage oder durch die Dampfleitung, die Beleuchtung durch Oel, alS Bremsvorrichtung dient die Luftdruckleitung. Beide Salonwagen werden, ihres älteren Systems und der beschränkten Raumverhältniffr hawer, vornehmlich zu kleineren Reisen und JagdauSflügen benutzt. Im Jahre 1885 beschaffte die Staatsbahnverwaltung mit einem Kosten aufwande von 42088 Mk. einen neuen Königl. Salonwagen (Nr. 447). Das Wageninnere umfaßt sechs Abtheilungeni Bon- raum, großer Salon, Retirade, Korridor, kleiner Salon, Raum für daS Begleitpersonal. Beide SalonS können in Schlafzimmer umgewandeü werden. Die innere Ausstattung ist reich und ge diegen, ohne überladen zu sein, doch mit allem erdenklich« Kom fort versehen. Im Jahre 1891 wurde für den Gebrauch der Königlichen Majestäten von der damit beauftragt« BreSlauer Aktiengesellschaft ein neuer Salonwagen erbaut, der die Nummer 448 erhielt. Er läuft auf vier Achs«. Dieses durch seine außer gewöhnlichen Größenverhältniffe imposant wirkende Fahrzeug macht gleichwohl eineq, einfachen schlichten Eindruck. Das reich auSgestattete Innere enthält 11 Abtheilungen: 2 Borräum^ 2 Korridors, 1 Salon, 1 Schlatzimmer, 2 KlosetS und 8 Räume für daS Begleitpersonal. Zwölf Fenster an jeder Seite führ« dem Wagen reichlich Licht zu, der Zugang erfolgt durch die Schmal seiten, von wo aus auch Faltenbälge den Uebergang nach d« Nachbarwagen vermitteln. Die Beleuchtung geschieht durch Oeh- gas und Kerzen, die Setzung mittelst Warmwafieranlage oder Dampfleitung. Die Kosten dieses Salonwagens betrugen 80176 Mark. Zum Vergleich sei angeführt, daß die Anschaffungskost«' für eine der größt« Lokomotiven der sächsischen StaatSbahir« (ohne Tender) rund 58697 Mk., für ein« der größt« Personen wagen I./II. Klaffe 22884 Mk. betragen. Die Wagen werden ent weder in die fahrplanmäßig« Züge eingestellt oder in Hofsonderzüa« befördert. Ein solcher Sonderzug enthält in der Regel außer der Lo komotive einen Zugführerwagen, einen Personmwagen für den Zug begleiter ev. gleichzeitig für daS Gefolge, einen Personmwagen LM. Klasse für das Gefolge, dm Salonwagen für die Allerhöchsten und Höchsten Herrschaften, den etwa weiter nöthigen Personenwagen fiir das Gefolge und den Gepäckwagen. Küchen- und Equipagen wagen werden für gewöhnlich mit vorher oder nachher verkehren den fahrplanmäßigen Zügen befördert. Die Abfertigung der Hofzüge, die auch anderen Monarchen und regierend« Fürstlich keiten gestellt werd«, richtet sich nach besonders erlassen« Be stimmungen, die von dm betheiligtm Dienststellen und Beamt« die größte Aufmerksamkeit, Zuverlässigkeit und Pünktlichkeit fordern. Sobald ein Hofsonderzug bei der Generaldirektton der Staatseisenbahnen bestellt worden ist, stellt die'TranSport-Obev« inspektion besondere Fahrpläne auf, die an die betheiligt« Dienst stellen zu vertheilen sind. Der Fahrplan ist strenge inne « halten, daS BetriebSmatetial ist vor Zusammenstellung deS Hqf- zuges sorgfältig auf tadellose Beschaffenheit zu untersuchen, WS ZugSpersonal hat auS ganz besonders vertrauenswürdig« Wd diensterfahrenen Leuten zu bestehen. Der Hotzug wird in dfr Regel vom Transport-Direktor Winkler begleitet, auf der Loko motive nimmt ein höherer Beamter der Maschinen-Oberinspektton Platz. Alle bei der Abfertigung und Begleitung deS Hotzugttl sonst noch betheiligtm Beamtm erscheinen in guter Uniform mit weißen Handschuhen und angelegt« Dekorationen. Zum Degm wird der Hut oder die rothe Mütze getragen. Die dm Salon wagen bedienenden Schaffner sind besonders ausgesuchte Leute, sie werden im Eisenbahnermunde „Königsschaffner" genannt. Alle Verrichtungen am Zuge und die Beförderung desselben hab« möglichst geräuschlos zu geschehen, auf Zwischenstattonen hab« Lokomotivführer, Wagenrevisoren und Wagenwärter ihre Maschine und die Wagen während des Aufenthaltes genau zu untersuchen. Die Bahnhofsgleise, welche der Hofzug zu durchfahren hat, find mindestens 15 Minuten vor der Ankunft desselben frei zu halt«; alle Rangirbewegungen auf diesem und dm Nebengleisen find einzustellen. Nachdem die Königl. Salonwagen nach beendet« Keise der Allerhöchsten und Höchsten Herrschaften in die Heimath- tation (Dresden) znrückgekehrt sind, werden sie sofort der Betriebs werkstatt zugeführt, um dort einer genauen Revision unterzog« zu werden. Die innere Reinigung liegt den Kgl. Wagenhalle« ob, die zum Kgl. Oberstallamt gehören. Die äußere Reinigung geschieht durch Arbeiter des Dresdner Schlesischen BahnhofeS, die gerfür alljährlich eine Gratifikation vom Oberstallamt «halt«. Auch die „Königsschaffner" erhalten für jede Fahrt ein besonders Douceur, nicht minder die mit dem Ein-, Um- oder Ausladen des Kgl. Gepäcks beauftragten Arbeiter. Bei größeren Reis« ins Ausland begleiten die Salonwagen vom sächsischen Personal nur der Bremswärter und der Wagenhalter. Die Königlich« Majestäten genießen auf allen Linien dm sächsischen Staatsbahnen, zugleich für ihre Gäste, das Gefolge und daS Gepäck, frei« Be- örderung, nicht so die übrigen Mitglieder des Königshauses. Für deren Reisen, wenn sie nicht im Gefolge der Majestäten unter nommen werden, werden gegen Lösung von Fahrkarten 1. Klaffe entweder die Salonwagen der Verwaltung gestellt oder Wagen- abtheilungen in Personenwagen 1. Klaffe reservirt. — Beränderuugen im Departement der Ansitz. Se. Majestät der König bat den Oberlandesgerichtsrach Ober» justizrath Ferdinand Alfred Leonhardt auf sein Ansuchen in d« Ruhestand versetzt, den Landgerichtsdirektor Emil Rudolf Ort mann in Leipzig zum Oberlandesgerichtsrath, den LandgerichtS- rath Heinrich Wilhelm Ludwig Philipp Gottlieb Aböe in Dresden zum Landgerichtsdirektor beim Landgerichte Bautz« und dm Assessor beim Amtsgerichte Dresden vr. Karl Rudolf Heinze zum Amtsrichter bei diesem Gerichte ernannt, sowie genehmig^ daß der Landgerichtsdirektor August Edmund Fuchs in Bautz« an das Landgericht Leipzig versetzt werde. Ferner hat Se. Majestät dem Oberregierungsrath Dietzel bei der Kreishauptmannschast zu Zwickau die nachgesuchte Versetzung in den Ruhestand mit her gesetzlichen Pension und unter Verleihung des Titels und RangeS als Geheimer Regierungsrath bewilligt. — Die feierliche Eröffnung der «usstellung deS sächsischen Handwerks und Knnstgewerdes in Dresden erfolgt am 20. Juni durch Se. Maj. den König. Die Festrede hält Herr Geh. Hofrath Ackermann. — Frachtvergünstigungen. In Zwönitz findet am 7. und 8. Juni d. Js. eine landwirthschaftliche Ausstellung statt, in Mainz in der Zeit vom' 13. bis 21. Juni eine Ausstellung deS Verbandes Deutscher Schlosser-Innungen und in Oeynhausen vom 27. bis 29. Juni eine Geflügel-Ausstellung. Die Generaldirektion der sächsischen Staatsbahnen gewährt für deren Bereich beim Rücktransport der in diesen Orten ausgestellten Thiere bez. Gegenstände die bekannten Vergünstigungen. — Der Sächsische Forftverein hält seine diesjährige Versammlung in der Zeit vom 21. bis 25. Juni in Olbern hau ab. — Bei der städtische« Sparkaffe in Freiberg wurden im Monat Mai d. I. 2137 Einzahlungen im Betrage von
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