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Mr km andern Tng. Prel» vierteljüvrUch - Marr LV »s., zweimonat!,» i M.bV Pf.Mld rtnmonatlich7bM. 41. Jahrgang. Sonnabeuv, de« N. Juni. BergerKMex mö TageMÜ. Amtsblatt für die königlichen nnd Wüschen Behörden zn Freiberg und Brand. Berautworlltcher Redakteur: Iuliu« Braun iu Freiberg. i Jnseraie werdm bis Vormittag 11 Uhr angenom- F»F»FM 8 mm >mb beträgt der Preis für die gespaitme Zeile 10OEW » eder deren Naum 1b Pf. die freudigste Stimmung berscht worden. Daß der Reichskanzler beim Kaiser auch die hervorstechendsten Mo« Tagesschau. Freiberg, den 8. Juni. Der deutsche Kaiser verbrachte gestern einen ziemlich guten Tag, da der Hustenreiz nachgelassen hatte, doch gestattete da- ungünstige Wetter den Aufenthalt im Freien nicht. Zum Vortrage erschienen der Chef des Militärkabinets General von Albedyll, der Kriegsminister Bronsart von Schellendorff und Graf Eulenburg. Der Monarch hat gestern sehr viel und eifrig gearbeitet. Zum Diner waren keine Einladungen ergangen. Zum Thee für gestern Abend war Fürst Anton Radziwill geladen. Or. Mackenzie war gestern Abend 6 Uhr nach Berlin gefahren und kehrte um 10 Uhr nach Potsdam zurück. Da Mackenzie auf Wunsch des Kaiser- vorläufig nicht nach England zurückkehrt, sind die Gattin und die Tochter des englischen ArzteS am 5. Juni in Potsdam eingetroffen und haben dort Wohnung genommen. — Nach den nunmehr getroffenen Bestimmungen wird die Kaiserin Viktoria heute Freitag Abends 10 Uhr in Begleitung der Prinzessin Viktoria ihre bereits seit einiger Zeit beabsichtigte Reise in daS Ueberschwemmungsgebiet nach Westpreußen antreten. Im Gefolge der Kaiserin werden sich die beiden Hofdamen Frl. von Faber du Faur und Gräfin Perponcher, sowie der Kammer herr Exzellenz Graf Seckendorfs und der Hofmarschall Baron von Reischach befinden. — Wie die „Berliner Börsen-Ztg." über die letzte Berathung des Reichskanzlers mit dem Kaiser paare in Erfahrung brachte, war die auswärtige Politik der vornehmste Gegenstand der Erörterungen und hat sich bei dieser Gelegenheit eine so völlige Uebereinstimmung der An schauungen des Kaisers mit denen de- Kanzlers über die Stel lung zu den internationalen Fragen ergeben, daß der Kaiser seiner Anerkennung wiederholt in herzlicher Weise Ausdruck gab. Auch die Kaiserin, welcher der Reichskanzler die Grund sätze, die Deutschlands Stellung markiren, in großen Züg-n Mündel ntedergelegt worden. Von Seiten der Sozialdemo« kraten kandidlrt im 6. Berliner Wahlkreise W. Liebknecht. — Der Großherzog und die Großherzogin von Mecklenburg« Schwerin sind, von Biarritz kommend, in Pari- eingetroffeu. Der früher sehr leidende Großherzog erfreut sich jetzt de» besten Wohlseins. Unter großm Feierlichkeiten wurde vorgestern in Prag die Erzherzogin Margaretha Sophia von Oesterreich als Aeb- tissin de- Damenstiftr» auf dem Hradschin eingesetzt. Dabet erschienen in den Hoflogen der Stiftskirche: die Erzherzöge Ludwig Viktor, Franz Ferdinand d'Este, Erzherzog Ferdinand, Erzherzogin Maria Theresia, Erzherzogin Maria Josepha und Erzherzog Otto. Unter Glockengeläute setzte sich der Festzug aus den inneren Appartements der Hosburg in Bewegung. Dem Erzherzog Karl Ludwig als Jnstallator folgte die Erz herzogin Margaretha Sophia. Dieselbe trug ein geschloffene» schwarze- Brokatkleid mit langer Schleppt und Perlausputz, um den Hals eine Brillant-Rivttzre mit einem Kreuze. DaS Haupthaar wurde an der Stirnseite von einem mit Brillanten besetzten Bandeau gehalten. Der stellvertretende Obersthof meister Graf Jaromir Czernin und die Obersthofmeisterin Gräfin Josephine Czernin geleiteten die Erzherzogin. Die Schleppe der Erzherzogin wurde von dem Edelknaben Grafm Schaffgotsch getragen. Rechts und link» bildeten 6 Trabanten- Leibgarden und 6 Leibgardereiter die Begleitung. Der Jnstalla- tionSakt vollzog sich dem Zeremoniell gemäß. Den Schluß der Feier bildete ein Hochamt, wonach die Erzherzogin« Aebtissin, von den Stiftsdamen begleitet, sich in den mit dem Bildnisse der Königin Christine von Spanien gezierten Salon und von dort in da- mit dem Bildnisse der Kaiserin Maria Theresia und mehrerer Aebtissinnen geschmückte Gesellschafts zimmer deS Stiftes begab. Dort hielt dieselbe kurz Cercle und kehrte hierauf in die Hofburg zurück. Zur Sotrsc waren 21b Einladungen ergangen. — Da die Vorlagen der gemein samen österreichisch-ungarischen Regierung den Delegationen schon in der ersten Sitzung unterbreitet werden sollen und allgemein das Bestreben vorherrscht, die Arbeiten so rasch als möglich zu erledigen, werden die Ausschüsse der ungarischen Delegation schon am Montag mit ihren Berathungen beginnen. Trotzdem dürften die Delegationen ihre Arbeiten kaum vor dem 9. oder 10. Juli beendigen können, da, abgesehen von dem außerordentlichen Kredite, den die Regierung verlangen wird, auch das ordentliche und außerordentliche HeereS-Er- forderniß und der Marine-Etat einige daS Budget für die Zukunft dauernd belastende Erhöhungen veranschlagen werden. Ueber die Entstehung des Bruches zwischen Italien und Zanzibar meldet die „Risorma", der Sultan von Zanzibar habe auf die Ansage eines Schreiben- deS König» von Italien ar ihn in wenig passender Weise erwidert und dies« Beleidigung durch eine längere Weigerung, da- Schreiben entgrgenzunehmen, noch schwerer gemacht. Darauf hin forderte der italienische Konsul Genugthuung. Der Sultan habe sich zwar durch einen General mündlich entschuldigen lasten, der Konsul jedoch ein Entschuldigungsschreiben an den König verhindem, der den rechten Flügel der Konservativen sicher in Harnisch bringen wird. Außerhalb Preußens legte man dieser Frage nur noch eine nebensächliche Bedeutung bei, seitdem das Leibblatt des Kanzlers erklärt hatte, daß dieser letztere nicht beabsichtigt, die Kabinetsfrage zu stellen. Vor Jahren hat einmal Fürst Bismarck mit der ihm eigenen Offenherzigkeit erklärt, daß er nicht mehr an seinen Rücktritt denke, seitdem er gesehen habe, welche Leute sich auf seinen Rücktritt freuen. Die nächsten Wahlen werden sicher beweisen, daß diese persönlichen Gegner des Fürsten Bismarck keinen Boden im deutschen Volke haben, welches in seiner weit überwiegenden Mehrheit nichts sehnlicher wünscht als ein dauerndes und inniges Einverständniß zwischen seinem edlen Kaiser Fried rich und dem so vielfach bewährten großen Staatsmann Bismarck. mente der inneren Politik berührte, ist selbstverständlich. — Den „Berl. Pol. Nachr." zufolge ordnet eine kaiserliche Kabinet»- orde an, daß die Infanterie-Offiziere künftig anstatt des Degen» einen leichte« Säbel mit Stahlscheide und die berittenen In fanterie-Offiziere Hohr Stiefel wie die Dragoner und die Ar tillerie tragen. — Der deutscheRetchskanzler gewährte dem Deutschen Verein für Knaben-Handarbeit eine Beihilfe von 5000 M. aus Reich-Mitteln. Dieser Verein hat sich be kanntlich die Erziehung der deutschen Jugend zur praktischen Arbeit zum Ziel gesetzt, indem er gegenüber der herrschende« einseitigen Ausbildung der Intelligenz auch der Ausbildung der produktiven Seite der Menschermatur daS Wort redet. Die Gründe der Unterstützung fetten- de» Reiches liege« in der volkSwirthschastlichen und sozialen Bedeutung de» Arbeit-« unterricht-, die der Vorstand des Verein-, — bestehend au» den Herrn A. Lammertz-Bremen, C. Grunow-Berlin, vr. Götze- Leipzig, Nöggerath-Htrschberg und von Schruckendorff-Görlitz, — zu Anfang diese» Jahre- in einer eingehende« Denkschrift an da- ReichSamt deS Inner» dargelegt hatte. Di» Aner kennung und Unterstützung dieser Bestrebungen durch di« obersten RetchSbehörden dürfte» denselben bald einen erfreulichen wett«« Aufschwung geben. — In dem sechstenBerltnerWahl- kreise steht nunmehr binnen Kurzem eine Neuwahl für den Reichstag bevor. Nachdem da» Aml-gericht zu Deffa« am 31. Januar die Entmündigung de» bisherigen Abg. Hasenclever ausgesprochen hat, ist von dem für ihn eingesetzten Kurator Anfang diese- Monat- da- ReichStagSmandat für setue« Es ist so gekommen, wie hier vorausgesagt wurde, aber I auSeinandersetzte, war auf das Lebhafteste ergriffen und t« vielleicht behält doch auch die „Voss. Ztg." Recht, welche «« versichert, daß für die kommenden Wahlen zum Landtage ein König!. Erlaß zu erwarten, der im Interesse freier Wahlen die Behörden ernstlich auf ihre Wicht verweist, sich jeder unerlaubten Beeinflussung derselben zu enthalten. Bei dem Verzicht des preußischen Gesammt- ministeriums auf das Gesetzgebungs-Perioden-Gesetz wäre die Nothwendigkeit der Veröffentlichung des fraglichen, an den Minister von Puttkamer gerichteten Erlasses entfallen, der von der öffentlichen Meinung wahrscheinlich als ein Tadel aufgefaßt werden würde. Da die deutsch freisinnigen Wortführer den dringenden Wunsch nach Veröffentlichung jenes Erlasses beständig wiederholen, scheinen dieselben doch das Verbleiben des Ministers von Puttkamer nicht mit so gleichgiltigen Augen anzusehen, als sie sich den Anschein geben. Ein preußisches radikales Blatt schreibt: „An der Entfernung des jetzigen Ministers des Innern haben viel mehr die Mittelparteien ein Interesse und das verräth sich auch bereits in ihren Preßorganen, die den nächsten Wahlen nicht ohne Besorgniß entgegen setzen. Ein gemäßigt liberaler mittelparteilicher Name im preußischen Ministerium würde vielleicht auf einen Theil der bürgerlichen Wählerschaft seine verlockende Wirkung nicht verfehlen." Als Nachfolger des Herrn von Puttkamer ist allerdings in den letzten Tagen mehrfach der ziemlich weit rechts stehende Oberbürgermeister von Frankfurt a. M., vr. Miquel, genannt worden; außerdem sprach man auch von dem Oberbürgermeister von Danzig, Herrn v. Winter, der sich des besonderen Vertrauens des Kaisers erfreut und erst vor Kurzem in Charlottenburg war. Legt Fürst Bis marck besonderen Werth auf das Verbleiben des nun acht Jahre amtirenden Herrn von Puttkamer, so kann es ihm keine besondere Mühe machen, einen Personenwechsel zu Der Ausgang der Minister-Krisis. Der „Reichsanzeiger" veröffentlicht folgendes von dem Kaiser und sämmtlichen preußischen Ministern unterzeichnete Gesetz: „Wir, Friedrich, von Gottes Gnaden König von Preußen rc. verordnen, unter Zustimmung beider Häuser des Landtages, für den Umfang der Monarchie, was folgt: 8 1. An Stelle des Artikels 73 der Verfasfungsurkunde vom 31. Januar 1850 tritt folgende Bestimmung: Artikel 73. Die Legislaturperiode des Hauses der Abgeordneten dauert fünf Jahre. 8 2. Dieses Gesetz tritt mit Ablauf der gegen wärtigen Legislaturperiode des Hauses der Abgeordneten in Kraft. Ürkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem Königlichen Jnsiegel." Die Ueberraschung über diesen Ausgang der Krisis ist eine allge meine, denn erst vor wenigen Tagen veröffentlichte die„Nordd. Allg. Ztg." eine sehr langathmige Auseinandersetzung über die Krise (die doch nach anderen offiziösen Organen gar nicht vorhanden war), wonach das preußische Ministerium lieber aus die Verlängerung der Gesetzgebungs-Perioden in Preußen verzichten als deshalb seinen Rücktritt bewerk stelligen wolle, well der etwaige Nutzen eines solchen Ge setzes zu dem Schaden eines Systamwechsels in keinem Verhältnis stehen würde. In der Hauptsache handle es sich' za doch bei dieser Sache nur um eine von dem preußischen Monarchen nicht* aetheilte Ansicht der Mehrheit des Abgeordnetenhauses twer die Zweckmäßig keit der in Rede stehenden Neuerung. Nach Ansicht der „Nordd. Allgem. Zeitung" lag hierbei für das Mini sterium nur insoweit eine Verpflichtung vor, als eine drei jährige Wahlfrist das Wohl des Staates beeinträchtigen konnte, andererseits aber war die hohe Wichtigkeit der Dauerhaftigkeit der leitenden Grundsätze und der Regierung überhaupt m Anschlag zu bringen. Das Ministerium ziehe es um so mehr vor, stch der Auffassung des Monarchen anzubequemen, als dadurch der Artikel 62 der Verfassung über die unmittelbare Antheilnabme des Königs an der Regierung in das hellste Licht gesetzt wurde. Die „Nordd. Allg. Ztg." rechnete nach diesem Vorgang bestimmt darauf, daß dre Opposition auch für alle künftigen Fälle das königliche Vorrecht unumwunden anerkennen werde. Nach dem bei der jetzigen Frage der Verlängerung der Gesetz gebungs-Perioden die unabhängige Tragweite der königl. Gewalt unter allen parlamentarischen Parteien ganz außer Zweifel gestellt sei, könne man niemals wieder wie im Jahre 1882 eine Bezugnahme auf die Allerhöchste Willens meinung als einen unerlaubten Versuch der Minister be zeichnen, sich selbst mit der Autorität des Herrschers decken zu wollen. Ob dies letztere Ergebniß wirklich ein so hoher Gewinn gewesen wäre, darüber gingen die Meinungen sehr ausein ander.. Die hochkonservative „Kreuzztg." erklärte ganz aus drücklich, sie lege der vermeintlichen Uebereinstimmung aller parlamentarischen Parteien über das Recht der königlichen Initiative gar keine praktische Bedeutung bei. Wenn auch für eine spätere Zukunft jedes selbstbewußte persönliche Eingreifen des Königs der Machtstellung der Krone und der Partei der überzeugten Royalisten zu Gute kommen müsse, werde jetzt die unmittelbare Folge von solchen Maßregeln eine entschiedene Stärkung der freisinnigen Partei sein. Das selbe konservative Blatt bestritt auch, daß die Nichtver- öffentlichuna des in Frage stehenden Gesetzes als eine besondere Niederlage des Ministers von Puttkamer anzu sehen sei, meinte vielmehr, daß nicht dieser Minister allein, sondern das ganze Kabinet von der Angelegenheit betroffen werde. Das war vollkommen richtig, so weit es sich nur umdasGesetzgebungs-Perioden-Gesetzhandelte.deffenScheitern einen einzelnen Minister durchaus nicht zum Rücktritt ver anlassen konnte, wenn das Gesammtministerium erklärte, sich dem Willen des Kaisers Friedrich bereitwillig zu fügen. Das hat das Ministerium gethan, aber die dem Monarchen anläßlich der letzten Konferenz mit dem Kanzler von dem Letzteren gemachten Vorstellungen bewirkten gleich darauf eine Wendung der Dinge, von welcher die „Neue Preuß. Ztg." zuerst eine Ahnung gehabt zu haben scheint. Dieses Blatt schrieb nämlich: „Wir haben Grund, anzunehmen, daß der weitere Verlauf der Angelegenheit unserer Auf fassung Recht geben wird, wahrscheinlich sehr zum Erstaunen der Freisinnigen wie der nach einem Minister-Portefeuille lüsternen nationalliberalen Presse. Wie nun, wenn das Gesetz nun doch ohne das Schreiben des Kaisers an Herrn von Puttkamer veröffentlicht würde? Jedenfalls halten wir die Gefahr eines Wechsels im Ministerium nach jeder Richtung hin zur Zeit für gehoben."