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Nr. 53/1920 PAPIER-ZEIOUNG 1883 Zu diesen Herren kommen noch je 2 Vertreter der vier Wirt schaftszweige (Papier, Pappen-, Zellstoff- und Holzstoff-Industrie), die der Zentralausschuß entsendet. Der bisherige Vorsitzende. Herr Generaldirektor Lehmann (Königsberg) wurde durch Zuruf einstimmig wiedergewählt. Auch die bisherigen Rechnungsprüfer, die Herren Fabrikbesitzer Schulte (Düsseldorf) und Direktor Grothe (Stettin), sowie deren Stellvertreter, die Herren Dr. Rocholl (Mainz-Kostheim) und Steidel (Berlin) wurden einstimmig wiedergewähit . Veber die am 16. und 17. Juni mit den Gewerkschaften ge pflogenen Verhandlungen über einen neuen Rahmentarifvertrag für die Arbeiterschaft berichtete Herr Direktor Naucke (Aschaffenburg) als Mitglied der Tarifkommission eingehend. Im Anschluß hieran wurde die ausführliche Niederschrift über diese Verhandlungen verlesen. Kin neuer Vertrag ist noch nicht endgültig zustande gekommen, vielmehr erklärten die Arbeitnehmer, daß sie die äußersten Vorschläge der Arbeitgeber noch nicht endgültig an nehmen könnten, es müsse vielmehr eine Reichskonferenz der Papierarbeiter einberufen werden, um darüber zu entscheiden. Jedoch erklärten sich sämtliche an der Verhandlung teilnehmenden Arbeitnehmer bereit, für die Annahme der letzten Angebote auf dieser Konferenz einzutreten. Im Einverständnis beider Parteien soll bis zum Abschluß eines neuen Vertrages der bisherige Gesamt- a rb eit sv ertrag auch über den Kündigungstermin (30. Juni d. J.) hinaus in Kraft bleiben. Von den Forderungen der Gewerkschaften wurden bei den Ver- handlungen von Arbeitgeberscite abgelehnt: Die Erhöhung der bisherigen Ueherstundenzuschläge und der Zuschläge, für Sonn- und Feiertagsarbeit, die Bezahlung der Vertretungsarbeit für Beur- aubte wie sonstige I Jeberstunden, die Gewährung eines Zuschlags für regelmäßige Nachtarbeit, die Erhöhung der bisherigen Urlauhs- Zeiten, Forderung des Koalitionszwanges, die Erhöhung des Akkord zuschlags, die Gewährung einer Waschzeit innerhalb der acht stündigen Arbeitszeit, der Fortfall der vierten Ortslohnklasse in den Lohnverträgen und die Vorschläge der Gewerkschaften betref fend Erweiterung des §616 BGB. Zugestanden wurden dagegen: Bezahlung der Sonntagsarbeit in Holzstoff- und Zellstoffabriken wie in den Papierfabriken, die Bezahlung von Veberstunden hei Urlaubsvertretung mit einem ein heitlichen Zuschlag von 25 v. H., Schadloshaltung von Arbeitern, die im Prämienlohn arbeiten, für Ausfälle, an denen sie nicht die Schuld tragen, ferner Bezahlung der Ueberstunden beim Anheizen von Kesseln und Maschinen vor Schichtbeginn mit dem tariflichen Aufschlag und endlich die Bezahlung eines weiteren Werktages bei drei und vier Urlaubstagen und von zwei weiteren Werktagen bei sechs Urlaubstagen. Die Versammlung nahm den Bericht mit großem Interesse entgegen und dankte den Herren der Tarifkommission, insbesondere Herrn Direktor Naucke, für ihre eifrige Arbeit im Interesse des Ver bandes. Das Ergebnis der bisherigen Verhandlungen wurde ein gehend besprochen Für die weiteren Verllandlungen wurde eine Kommission aus den Herren: Generaldirektor Lebmann, Direktor [ost, Direktor Tilly, Dr. Schuchhart, Direktor Naucke, Pott und Dr. Coerper gewählt, zu denen der Geschäftsführer. Dr. Leopold, als Protokollführer hinzutritt. Zu Stellvertretern wurden die Herren: Direktor Clemm, Ebart, Haindl, Dr. Zahnbrecher, Geheimrat Dr. Niethammer. Buchholtz und Dr. Toewe gewählt. Der Vorstand wird ermächtigt, den in der weiteren paritätischen Verhandlung etwa zustande kommenden Vertragsentwurf für den Verband ver bindlich anzuerkennen. Damit würde der neue Vertrag, ohne daß es der Verbindlichkeitserklärung durch das Reichsarbeitsministerium bedürfte, für alle Mitgliedsfirmen Geltung erhalten. Dr. Ld. Erhöhung der Geschmeidigkeit von Leimlösungen Siegbert Schwerin in Berlin-Schöneberg erhielt das DRP 316719 vom 8. Mai 1918 ah in Kl. 22 i auf ein Verfahren zur Erhöhung der Geschmeidigkeit vom Leimlösung bei gleichbleibender Klebkraft. 10 kg guter Lederleim werden in 7 kg Wasser und 10 kg Sulfit- ablauge unter Erwärmung gelöst. Dieser Lösung werden unter stän digem Umrühren 0,8 kg Mineralöl und 3,6 kg Talkum allmählich zugesetzt, wobei man die Erwärmung erhöht. Schließlich setzt man noch 3 kg essigsaure Tonerde von etwa 14 0 Be und 0,1 kg Salz- säure von etwa 1,2 spezifischem Gewicht hinzu und macht nach einiger Zeit die Masse durch Zusatz von2 kg konzentrierter Ammoniak lösung alkalisch. Die Erhitzung wird während der ganzen Zeit nicht unterbrochen und so lange fortgesetzt, bis nach ständigem Umrühren eine sirupartige, streichfertige Mässe entsteht. Man soll dabei etwa drei Viertel der bisherigen Leimmenge sparen. Patentanspruch : Verfahren zur Erhöhung der Geschmeidigkeit von Leimlösung bei gleichbleibender Klebkraft, dadurch gekenn zeichnet, daß man zu einer Mischung von Leimlösung und Sulfit ablauge Mineralöl hinzusetzt und unter Erhitzen und beständigem Umrühren durch Hinzufügen von Talkum o. dgl. die ölige Beschaf fenheit der Masse unter Erhöhung vier Viskosität aufhebt, worauf man durch essigsaure Tonerde das Oel emulgiert und die ent standene schleimig dicke Masse durch Zusatz von Ammoniak ver dünnt und streichfähig macht. Chemische Vorgänge bei der Stoffmahlung im Holländer Vortrag, gehalten von Professor Di. C. G Schwalbe in Eberswalde auf der Hauptversammlung des Vereins der Zellstoff- und Papier- Chemiker und -Ingenieure in Weimar am 6. Mai 1920 Als ich vor etwa 17 Jahren begann, mich näher mit der Papier- und Zellstoff-Chemie zu beschä ftigen, erschien es mir als eine beson ders dankbare Aufgabe, einen Füllstoff von dem spezifischen Ge wicht des Papiers zu finden im Gegensatz zu den spezifisch schwere ren Füllstoffen, wie Kaolin oder gar Blanc fixe. Solcher Füllstoff sollte für undurchsichtige Dünndruckpapiere besonders brauchbar sein. Es gelingt nun mit Hilfe chemischer Zermürbung vermittels Säuren-Ueberfühien von Zellstoffen in Hydrocellulose sehr leicht , ein äußerst feines Zellstoffpulver zu schaffen. Die mit diesem Pulver erzeugten Papiere aber erwiesen sich als außerordentlich stark staubend und daher für Druckzwecke als völlig ungeeignet. Im Jahre 1915 hatte ich Veranlassung, mich dieser weit zurück- liegenden Versuchsarbeit zu erinnern, als mir von der Reichsbank die Aufgabe gestellt wurde, Wertpapiere zu vernichten. Ich empfahl die Zermürbung des Fasermaterials vermittels Salzsäure, ein Verfahren, daß seither bei der Reichsbank im Gebrauch ist. Im gleichen Jahre arbeitete ich im Auftrage des Henn Ministers für Landwirtschaft, Domänen und Forsten und der Heeresverwaltung Oberbefehlshaber Ost über die Nutzbarmachung von Zellstoff und Holz für Futterzwecke. Es gelang, durch Anwendung der schon erwähnten Reaktion, aus den genannten Materialien Produkte her- zustellen, denen die ursprüngliche Verfilzbarkeit der Ansgangsmate- rialien vollständig abging, so daß die damals so besonders gefürch tete Verfilzung des Futterstoffes im Verdauungskanal des Tieres ausgeschlossen war. Die zermürbten Zellstoffe zeigten eine sehr gute Ausnützung als Futtermaterial. Anfang 1916 erschienen jedoch die Preise für derartiges Futter noch unerschwinglich hoch. Auf Veranlassung der Heeresverwaltung Oberbefehlshaber Ost habe ich da s Verfahrenauf Holzmehl übertragen. Es wurde ein Futtermaterial erhalten, das etwa den Futterwert eines guten Strohes besaß. Man war damals der Anschauung, daß eine möglichst feine Verteilung der Futterstoffe für die Verdauung notwendig oder günstig sei. Infolgedessen wurde auch versucht, die an und für sich schon weit gehend verteilten zermürbten Zellstoffc und Holzmehle, die aber unter dem Mikroskop immer noch deutliche Faserbruchstücke er kennen ließen, noch weiter zu zerkleinern durch Behandeln dieser Materialien im Holländer oder Kollergang. Bei diesen Versuchen zeigte es sich nun überraschenderweise, daß nach ganz kurzer Zeit unter bestimmten Bedingungen das zermürbte Material in einen Schleim übergeht. Die Verfütterung dieses Schleims ist seiner zeit leider nicht durchgeführt worden. Da er für Futterzwecke also nicht in Frage kam, habe ich versucht, ihn für die Herstellung von dichten, festen Papier c i sowie von hoi nartigen Massen nutzbar zu machen. Die mit Herrn Dr. Schulz begonnene wissenschaftliche Be arbeitung dieser Zellstoffschleime ließ sich während der Kriegsjahre begreiflicherweise nur wenig fördern. Ich konnte dies erst im wesent lichen im Jahre 191 9. zusammen mit meinem derzeitigen Assistenten, Herrn Dr. Becker, durchführen Die Untersuchung ergab, daß es sich bei der Einwirkung von Säure auf Pflanzenstoffe um die Ent stehung von Hydrozellulosen bezw. Cellulosedextrinen handelt, die durch eine chemische Veränderung des Ausgangsmaterials, durch Ansteigen des Reduktionsvermögens, gekennzeichnet ist. Diese Zellulosedextrine und Hydrozellulosen gehen nun durch mechanische Bearbeitung, durch Druck und Stoß, in Zellstoffschleim über, der seinerseits merkwürdiges Verhalten bei der Trocknung, bezw. Dörrung zeigt. Während lufttrockener Schleim im wasser dampfgesättigten Raum außerordentlich große Mengen von Wasser dampf aufzunehmen vermag, derart, daß das Schleimmaterial mit etwa 30 v. H. Wasser erhalten werden kann, nimmt nach einer kräftigen Trocknung diese Wasseraufnahmefähigkeit jedoch er heblich ab, ist schließlich nicht höher, als man sic bei gewöhnlichen Zellstoffen, die keine Behandlung mit Säure und nachfolgender mechanischer Bearbeitung erfahren haben, findet. Es zeigen also diese Stoffe das Verhalten der irreversiblen Kolloide, d. h. sic gehen, wenn sie durch scharfe Trocknung verändert sind, nicht mehr in den ursprünglichen Zustand zurück. Diese Schleime, die ich im folgenden kurz „Kunstschleime" nennen will, waren nun zu \ ci gleichen mit denjenigen Schleimen, die, wie allbekannt, durch Mahlen von Zellstoffen im Holländer erhalten werden. ..Das Papier wird im Holländer gemacht“, sagt der Papiermacher und will damit ausdrücken, wie außerordentlich wichtig gerade die Mahloperation für die späteren Eigenschaften des Papieres ist. Bei der Schmierigmahlung im Holländer vollziehen sich nun nach herrschender Ansicht im wesentlichen nur mechanische Vor- gänge: Verkürzung der Fasern, Quetschung und in gewissen Fällen Fibrillisierung und schließlich stets Bildung von Schleim, dessen Entstehung durchrein mechanische Einwirkung der Mahlorgane auf das Fasermaterial erklärt wird. Es ist dies besonders der Fall, nachdem durch eine Arbeit von Hans Hofmann im Tollens’schen Laboratorium in Göttingen nachgewiesen schien, daß eine che mische Veränderung des Zellstoffmaterials bei der Mahlung nicht statt hat. Dieses Ergebnis von Hofmann ist aber nur durch eine