Volltext Seite (XML)
2122 PAPIER-ZEITUNG Nr. 60/1910 nötigten, die Preise zu ermäßigen. ... .Im übrigen habe der Verband sogar seinen Mitgliedern gestattet, einen Nachlaß auf die nach dem 1. April 1920 erhobenen Preisaufschläge zu gewähren.“ Hiergegen nimmt nun das Berliner Tageblatt in folgenden Sätzen Stellung: „Wenn ein Fabrikant die Preise ermäßigen will, ist es selbst verständlich, daß er einen Preisabschlag nur in der Höhe vornehmen wird, den er für nötig erachtet und den er in der Lage ist, zu tragen. Der Fabrikant wird sich wohl schwerlich von seinen Abnehmern derart beeinflussen lassen, daß er die Preise über seine finanziellen Kräfte hinaus herabsetzt, zumal er sich wohl stets bewußt bleiben wird, daß eine rechtliche Verpflichtung zu einer Preisherabsetzung in den allermeisten Fällen nicht besteht. Der Verband zwingt aber den Unternehmer gegen dessen eigenes Interesse, gegen das Inter esse der Arbeiter und gegen das Interesse der Verorancher die Preise zu halten. Jeder Kaufmann wird zu Betriebseinstellungen oder -ein- Schränkungen erst dann schreiten, wenn eine Möglichkeit ,den Betrieb in früherem Umfange fortzuführen, nicht mehr besteht. Wie es in der eingangs erwähnten Zuschrift heißt, konnte der Einsender neue Aufträge erhalten, wenn er die Preise für die in Nota habende Ware herabsetzen würde. Durch das kurzsichtige Verhalten des Verbandes ist ihm dies aber unmöglich .gemacht. Es wird also nach Auslieferung der alten Bestellungen in diesem Falle nichts anderes übrig bleiben, als 'den Betrieb zu schließen, wodurch eine mehr oder weniger große Anzahl von Arbeitnehmern arbeitslos wird. Was die von dem Verbände betonte Vertragstreue anbetrifft,, so ist nicht zu sehen, auf welcher Seite ein Bruch des Kaufvertrages vorliegen soll, wenn auf Grund gütlicher Vereinbarung beider Kontrahenten der Vertrag abgeändert wird. Ein Grund zum Einschreiten des Ver bandes liegt doch erst dann vor, wenn der Abnehmer als der wirt schaftlich stärkere dem Verkäufer, eine unbillige Forderung auf- zwingt. Wenn ein Fabrikant seine Preise für laufende Aufträge ermäßigt, so tut er das nur, wenn er in den Zeiten der Hochkon junktur soviel verdient hat.*... daß er einen Verlust ertragen kann. — In normalen Zeiten ist es gerechtfertigt, wenn eine Preisherab setzung für bestellte Warp vom Verbände verboten wird, aoer außer ordentliche Zeiten, wie die heutigen, erfordern außerordentliche Maß nahmen. Eine solche ist die Herabsetzung der Preise für in Nota habende Aufträge in erträglichen Grenzen, die vom Verbände fest zusetzen wären.“ Auch für das Papierfach wäre in ähnlich liegenden Fällen gütliche Uebereinkunft anzuraten, und dem entgegenstehende Verabredungen (in Berlin z. B. der sogenannte Diuckereischutz) müßten aufgehoben oder doch gemildert werden. Wie die zahlreichen Schiedsprüche der Papier-Zeitung zeigen, wissen die Fachleute heute auch besseres zu tun, als sich in langwierige rechtliche Streitereien einzulassen * * e Uns schreibt zur Lage ein Berliner Mitarbeiter: Bei sinkenden Preisen möchte der Käufer deren Fallen beschleunigen, der Liefe rant es verzögern oder gar verhindern. Der erstere schränkt seine Käufe aufs äußerste ein, der Liefe rant versucht vielleicht durch Produktionseinschränkungen zum Ziel zu kommen oder sein großes Lager durch die Krisis zu schleppen. Aber der künstlich zurückgehaltene Bedarf setzt eines Tages mit erneuter Kraft ein. Produktionseinschränkungen vermindern durch die damit verbundenen Arbeiterentlassungen weiter die Kauf kraft, große Lagervorräte werden stets auf die Preise drücken. Mit solchen Mitteln ist also ein dauernder Einfluß auf die Preisbildung nicht zu gewinnen. Preisrückgänge in fast allen Waren sind jetzt internationale Erscheinung, man sollte daher meinen, daß auch der inländische Papiermarkt hiervon keine Ausnahme machen kann. Die Anzeichen, die in unserem Fach für einen Preisabbau sprechen, sind noch sehr vereinzelt; an einen Preissturz, den manche erwarteten, ist vollends nicht zu denken. • Es hat den Anschein, daß die Wareneingänge bei den Papier großhandlungen in den letzten Wochen sehr stark waren. Fabriken lieferten plötzlich Posten, die vor langer Zeit unter ganz andern Verhältnissen aufgegeben waren, und um die man zuvor monatelang vergeblich gemahnt hatte. Aus .Fabrikantenkteisen hörte man Beschwerden, daß sich jetzt hier und‘da Großhandlungen ihren Abnahmeverpflichtungen zu entziehen trachten. Es muß festge- stert werden, daß die Großhandlungen ihren Abnahmeverpflich tungen jedenfalls viel prompter nachkommen, als ehedem die Lieferungen der Fabriken erfolgten. Der Verbraucher in Berlin und sicher auch überall sonst im’ Reiche, hält mit Käufen sehr zurück und erzählt seinen Lieferanten täglich Wunderdinge von billigen Angeboten.' Man kann aber in diesem Sinne noch nicht von einem Billigerwerden des Papieres sprechen, wenn Firmen gezwungen sind, einige Lagerposten unter Preis abzustoßen, weil sie Geld brauchen, um ihren Verpflichtungen nachkommen zu können. Bis jetzt sind jedenfalls die Konventionspreise der Fabriken noch unverändert, on mit Recht, ka nn hier nicht nachgeprüft werden. Dieser Monat brachte sogar in einigen Sorten noch weitere Erhöh ungen, So in den leichtesten Zellulosepapieren und in Packzellulo.se. Der Tiefstand des Berliner Geschäftes scheint überwunden zu sein, schon gehen wieder zahlreicher nicht nur Anfragen sondern auch Aufträge ein. Verein der Zellstoff* und Papier-Chemiker Zum Mitgliederverzeichnis Als Mitglied meldete sich: Herr Ing. Dotzel, Köthen, Anhalt, Wallstr. 43/44. Adressenänderungen Herr Ing. Carl Mattles, bisher Bergwerk Jessenitz i. Mecklenberg, ist jetzt Fabrikdirektor der Papierfabrik Oberweistritz G. m. b. H. in Oberweistritz, Schlesien. Herr Direktor E. Kietzl, bisher Ra ttimau, ist jetzt in den Böhmisch- Krumauer Maschinenpapierfabriken von Ignaz Spiro Söhne in Pötschmiilile, Oesterreich angestellt. Betriebskosten von Unterwind-Gebläsen Von Oberingenieur L. Schmitt Die heutige schlechte Beschaffenheit der Brennstoffe (wie Fein waschberge, Kohlenschlamm, Klaubeberge, Koksasche, Grus usw.) zwingt den Kesselbesitzer irgendetwas zu unternehmen, um eine bessere Verbrennung zu erzielen. Zu diesem Zwecke werden jetzt hauptsächlich Unterwindfeuerungen eingebaut. Es fragt sich nur, welchem System der Vorzug zu geben ist, bezw. welches am wirt- schaftslichsten arbeitet. Unterwindfeuerung wird angelegt, um, wie Schon vorher ge- Sagt, eine bessere Verbrennung des Brennstoffes zu erzielen. Dieses kann aber nur durch kräftiges Anblasen des Feuers erreicht werden. Wenn man heute ein Kesselhaus betritt und läßt sich vom Heizer zeigen, wie weit der Rauchschieber geöffnet ist, so wird man stets feststellen können, daß derselbe 30 bis 50 cm weit aufgezogen ist, während derselbe normal alleräußerst 15 bis 20 cm geöffnet sein soll. Der Heizer ist aber gezwungen, den Rauchschieber soweit zu öffnen, um den nötigen Zug zu erreichen, bezw. die nötigen Luft- mengen der Feuerung zuzuführen. Die Folge davon ist, daß bei dieser übermäßig großen Rauschieberöffnung die Heizgase mit einer großen Geschwindigkeit die Heizzüge durchlaufen und mit einer hohen Temperatur (300 —400 °) in den Schornstein entweichen. Zum, Auftrieb im Schornstein selbst genügt vollkommen eine Wärme- temperatur der Heizgase von 150—200 °. Alles was darüber ist, ist Verlust, besonders wenn ein Economiser fehlt. Diesem Uebel stand abzuhelfen, ist Zweck der Unterwindfeuerung. Statt, daß der Zug durch weites Oeffnen des Rauchschiebers erzielt wird, baut man eine Unterwindfeuerung ein und wird hiermit erreichen, daß der Rauchschieber auf normaler Höhe geschlossen' werden kann, und die Heizgase fast voll im Kessel selbst ausgenützi werden. Nun gibt es drei Arten von Unterwindfeuerungen und zwar: 1. Dampfstrahlapparat 2. Exhaustorbetrieb (Ventilator) 3. Unmittelbarer Antrieb des Gebläses durch Dampfturbinen (Propellergebläse) Dampfstrahlgebläse haben sonst alle Vorzüge, die man von einer guten Unterwindfeuerung verlangt, jedoch ist hierbei der enorme Dampfverbrauch (4 —15v. H. der gesamten Dampferzeu gung) und die großen Umbaukosten der Roste in Betracht zu ziehen. Exhaustorbetrieb (Ventilator) arbeitet bedeutend wirtschaft licher als das Dampfstrahlgebläse (Dampfverbrauch 1 —5 v. H. der gesamten Dampferzeugung) auch fallen die teueren Rostumbau- kesten fort, dagegen sind andere Nachteile zu beachten und zwar Antrieb durch Transmission oder Elektromotor, dieses (bedingt eine schlechte Regulierfähigkeit des Exhaustorbetrieb es. Der Exhaustor liefert stets eine bestimmte Luftmenge, der Größe des zu speisenden Kessels entsprechend; wenn nun weniger Dampf ge braucht wird und das Feuer nicht & hoch gehalten werden soll, so wird die Luft durch Drosselklappen abgewürgt. Di Folge davon ist, daß eine große Luftpressung in den Zuführungsrohren entsteht, und statt, daß der Exhaustor nun leichter arbeitet, verbraucht er noch mehr Kraft als bei Vollbetrieb. Der Hauptnachteil dürfte jedoch der sein, daß kalte trockene Luft zugeführt wird, wodurch die unterste Kohlenschicht stark auf den Rosten anbackt, welches einen vorzeitigen Verschleiß der Roste mit sich bringt. Unmittelbarer Antrieb des Gebläses durch Dampfturbine (Pro pellergebläse), dieses Gebläse dürfte heute alle Vorteile für sich in Anspruch nehmen (Dampfverbrauch 0,15— 0.5 v. H. der gesamten Dampferzeugung). Die Wirkung dieses Gebläses ist, daß der Dampf direkt einem kleinen Dampfturbinchen zugeführt wird, auf dessen Laufradwelle gleichzeitig ein kleiner Propeller, entsprechend der Größe der zu liefernden Luftmenge angebracht ist. Hierbei kommen die langen Rohrleitungen in Fortfall, und der Dampf wird sofort den Zuführungsrohren beigemengt, dieses hat den Vorteil, daß die zugeführte Luft bereits, bevor sie die Roste berührt, an gewärmt und stark wasserhältig ist, welches ein Anbacken des Brenn stoffes ausschließt. Außerdem hat es der Heizer mittels Regulier- ventile (Tourenveränderung) des Dampfturbinchens in der Hand, jede gewünschte I.uftmenge zuzuführen. Bei der Einfachheit der. 'ganzen Anlage dürften sich die Einbaukosten auch gegenüber an deren Systemen am billigsten stellen. Im nachfolgenden soll eine Vergleichstabelle die'Wirtschaftlichkeit , der drei Gebläsearten ver-