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N L8V. Areiberger ««zelger und Tageblatt. Vette S. Nach den Berichten, welche ouS Fürstenried kommen, ist der Zustand de« nunmehrigen König» von Baiern, Otto I., «in sehr beklagenSwerthrr. Seit einer Woche soll der be- jammerSwerthe Fürst üngstlich den Genuß von Speise und Trank vermeiden und sich scheu in die Ecken seines Zimmers drücken. Die Proklamation deS neuen König» durch den Reichsherold war für vorgestern Nachmittag um 2 Uhr ange- sagt. Schon war derselbe mit seinem Gefolge von Hoftrom- petern und dem Paukenschläger in der Hofreitschule bereit, die Pferde zum Ausritte durch München zu besteigen, als plötzlich eine Gegenordre diese Zeremonie sistirte. Diese Ordre erregte um so größere» Aufsehen, al» nach der Verfassung dem Bolle auf den öffentlichen Plätzen der Residenz ein Regierung»wechsel dnrch den Reich-Herold verkündet werden muß. König Otto, der zweite Sohn Maximilian'» II. und jüngere Bruder Ludwig'S II, galt für einen der geistvollsten und liebens würdigsten Prinzen der Wittrlbach'schen Dynastie. Er ward bald der Liebling d«S Münchener Publikum», das dem ebenso schönen wie liebenswürdigen jungen Prinzen lebhafte Zuneigung «ntgrgenbrachte. Zeitig widmet, er sich der militärischen Lauf bahn, wachte die Feldzüge 1866 und 1870/71 mit und erwarb sich daS Eiserne Kreuz. In Folge einer Lebenkführung, welcher der zarte Körper de« Prinzen nicht gewachsen war, verfiel aber bald nach dem Feldzuge seine Gesundheit und eine krank hafte Bigotterie begann sich an ihm zu zeigen. Oft sah man ihn in später Abendstunde vor der Statue der Klater ckolo- rooa in dem HerzogSspital knien und inbrünstig beten Einst der lebenslustige junge Man», verfiel er jetzt in tiefe Melancholie. Stundenlang saß er brütend in seinem Zimmer über einem Buch, ohne auch nur eine Zeile zu lesen, stierte vor sich hm und schrak oft ohne Grund zusammen. Man konnte sich nicht mehr täuschen, er zeigte deutlich« Spuren von partieller GeisteS- zerrüttung. Man konstatirte religiöse Monomanie. Man über wacht« ihn streng und suchte öffentlich« Austritte zu vermeiden Da lenkte mit einem Male ein peinlicher Austritt die Aufmerk samkeit von ganz München auf den unglücklichen Prinzen. ES war am FrohnleichnamStog 1873. Der König hatte seine Theilnahme wegen Ableben- seines Oheim», deS preußischen Prinzen Adalbert, absagrn lassen. Prinz Otto war bereits unter Bewachung in Nymphenburg internirt. Er hörte dort gewöhnlich in der Kirche der Englischen Fräulein die Messe. Plötzlich gelang eS ihm, zu entkommen. Er suhr nach München und begab sich in die Domkirche. Während der Erzbischof daS Hochamt zelebrirte, bestieg Prinz Otto, der bisher ruhig im Presbyterium gesessen hatte, die Kanzel und sagte mit lauter Stimme da» Oouüteor. Die Aufregung war ungeheuer. Zwei Kanonici eilten auf einen Wink deS Erzbischofs Scherr auf die Kanzel und machten dem Prinzen klar, daß ein Laie in der Kirche nicht daS Wort ergreifen dürfe. Es gelang ihnen, den Prinzen von seinem Vorsatz abzubringen. Er wurde in einen Wagen gebracht und nach Nymphenburg geführt. Dies war daS letzte öffentliche Debüt deS Prinzen Otto. — Derselbe ist sehr reich ; seit dem am 16. August 187b erfolgten Tode deS Großoheims Prinz Karl (1866 süddeutschen Höchstkommandirenden) genoß er die äußerst stattlichen Einkünste des von Max Josef I gestifteten bairischen Sekundogenitur-VermögenS; bei der Natur seines Leidens konnte auf ihn von den Einkünften nur wenig verwendet werden und mit den großen Bezügen der Zivilliste wird daS angehäuste Vermögen für die Tilgung der von Ludwig II. hinterlassenen Schulden eintreten können. Das Eekundogenitur-Vermögen selber resp. dessen Genuß fällt dafür an die nächstverwandte Linie Luitpold. Um dasselbe ist übrigen- schon einmal zwischen dieser und dem jetzigen König Otto ein Prozeß geführt worden. Nach dem Tode deS Prinzen Karl beanspruchte al» nächster Bruder Maximilian II. Prinz Luitpold jenen Zinögenuß; König Maximilian war ober vor dem Prinzen Karl gestorben und somit formulirten die Gerichte da» Sckundogemturvermögen al» einen dem nächsten Agnaten deS jeweilig regierenden Königs zustehenden ZinSgenuß. Bei der Einzrlberathung deS Zolltarifs im österreichi schen Abgeordnetenhaus« ließ gleich die erste Abstimmung er kennen, daß die Hoffnungen der Regierung, bei dieser Verhand lung die mit Ungarn getroffenen Abmachungen durchzubringen, nicht in Ersüllung gehen werden. DaS Abgeordnetenhaus be schloß mit großer Majorität auf Antrag deS czechischen Abge ordneten vr. Kaizl die Erhöhung des Zolles für Melasse aus 1 G. bO Kr., nachdem bereit» der Zollausschuß den Ansatz der Regierungsvorlage mit 2S Kr. auf 1 G. erhöht hatte. Vergebens bat der Regierungrvertreter, v. Baumgartner, da» HauS um die Annahme der Regierungsziffer, vergeben- warnte der stellver tretende Handel-Minister v. Pußwald vor jeder Aenderung der Regierung-Vorlage, welche zu weiteren Aenderungen Thür und Thor öffne, ein großer Theil der Richten stimmte mit der Linken für den Anttag Kaizl, und noch ehe der Pettoleumzoll in Debatte steht, ist bereits die Vereinbarung mit Ungarn durchlöchert. Die Zolltarisklassen Gemüse, Schlachtvieh, andere Thirrr, thierische Produkte, Oele, Getränke, Eßwaarrn, Holz und ebenso Fette (mit dem Amendement Hauber'», wonach ge reinigte» und ungereinigtes Paraffin mit einem Zoll von 6 Gulden belegt wird), sind gestern unverändert angenommen worden. Die in der Tarifpost nicht besonders benannten Fette wurden an den Ausschuß zur schleunigen Berichterstattung zurückgewiesen. Bei der Tarisklasse Holz fand eine Resolution de» Ausschüsse» Annahme, wonach die Regierung aufgefordcrt wird, dahin zu wirken, daß zur Erleichterung deS Grenzverkehr» mit Deutschland die dortigen Holzzölle in den Grenzbezirken entsprechend geregelt werden. Ein Anttag, Werkholz und Sägewaaren mit einem Zoll von 50 Kreuzern zu belegen, wurde abgelehnt. — Der in Wien tagende BinnenschiffsahriS- Kongreß genehmigte gestern eine von dem Regierungsbaumeister Sympher (Berlin) beantragte Resolution, welche die Anlage neuer Kanäle und eine vorlheilhaftere Betriebsorganisation für Wasserstraßen empfiehlt, nebst einer Resolution des Assessors v. Studtnitz (Dresden) aus eine verlößlichere Statistik des Ver kehrs aus den Wasserwegen. Nach dem amtlichen italienischen Choleraberichte sind von Mittwoch Mittag bis Donnerstag Mittag an der Cholera in Venedig 8 Personen erkrankt und zwei gestorben, in Bari 1 Person erkrankt und 1 gestorben. Wie cs scheint, beginnen die Streik Unruhen in Belgien aufs Neue. Die Arbeitseinstellung in Ouaregnon, Jemappes und Flenn ist eine allgemeine und feiern dort über 5000 Arbeiter. 18 Streikende wurden in Quaregnon durch die Gendarmerie verhaftet. Gestern zogen 600 feiernde Arbeiter unter Vorantragung einer rothen Fahne von Quaregnon nach Jemappes, warfen unterwegs bei verschiedenen Fabrik- etablisscmentS die in Schuppen ausbewahrten Werkzeuge in einen Kanal und erstiegen mit Leitern ein Walzwerk, wo sie die Arbeiter zwangen, die Arbeit niederzulegen. Hier wie bei verschiedenen anderen Etablissements trat ihnen die Gendarmerie energisch entgegen, worauf sie flüchteten. Zwei Bataillone Infanterie sind gestern zur Aufrechterhaltung der Ordnung nach Quaregnon, Jemappes und Wasmes abgrgangen. In der Ausweisungs-Kommission deS französischen Senats gab der Minister Freycinet eine Erklärung ab, welche mit der in der Kammer abgegebenen völlig übereinstimmte. Gleichzeitig machte der Minister ausführliche Mittheilungru über die Organisation der orleanistischen Partei. Der Minister Baihaut brachte in der Kammer einen Gesetzentwurf ein, be treffend die Ermächtigung der Panamagesellschaft zur Ausgabe einer Prämienanleihe. Die Kammer genehmigte in der ersten Lesung die neuen Telegraphentarise. — Gestern überreichte der Präsident Grävy den drei neuernannten französischen Kardi- nälen daS Barett. Im Namen der letzteren hielt Kardinal Bernardon eine Ansprache, in welcher er sagte: »Die neue Würde macht uns die Pflichten gegen die Kirche und Frank reich noch heiliger. Als französische Kardinäle werden wir nicht aufhören, zu Gott für Frankreich zu beten. Unsere Lehre wird sein: Gehorsam gegen göttliche und mensch liche Gesetze, sowie Achtung vor den eingesetzten Obrigkeiten." Präsident Grevy dankte für den Ausdruck dieser Gesinnungen, welche die Interessen der Kirche mit den Interessen Frankreichs versöhnen. Der englische Premierminister Gladstone hat sich gestern nach Edinburg begeben, um von dort aus eine Reise nach Midloth'an zu Wahlzwecken anzutreten. In der Jahres versammlung der liberalen Bereinigung von Midlothian ge langte ein Schreiben Lord Rosebery's zur Verlesung, in welchem die Zuversicht ausgesprochen wird, daß die Bereinigung der Wahl Gladstone's trcu bleiben werde. Die Versammlung nahm darauf mit 52 gegen 14 Stimmen eine Resolution an, in welcher die irische Politik Gladstones gebilligt wird. — Große Besorgniß erweckt in London das Schicksal eines Theil» der englischen Grenzkommission in Afghanistan. In Shiranagar ging die Nachricht ein, daß Oberst Lsckhardt und sein Gefolge, welche jüngst von Chitral über Badakshan aufgebrochen waren, um zu der afghanischen Grenzkommission zu stoßen, von Ein- geborncn umzingelt worden seien und weder vorwärts noch rückwärts gehen könnten. Es fehle an Lebensmitteln; das an Lockhardt abgesandte Geld sei ihm nicht zugegangen. Die „Times of India" berichtet sogar, daß Lockhardt mit seiner Eskorte von dem Häuptling von Badakshan gefangen genommm worden sei. Das als Organ des russischen auswärtigen Amtes be kannte „Journal de St. Petersbourg" macht anläßlich der Rede des Fürsten Alexander bei Eröffnung der Kammer in Sofia besonders auf die Ungezwungenheit aufmerksam, mit welcher derselbe über die internationalen Vereinbarungen bezüglich Bulgariens und Ostrumeliens hinweggegangen sei. Man würde begreifen, daß der Fürst diese Stipulationen, nachdem er sie auf seine Weise auslegte oder sie vielmehr verdunkelte, über haupt nicht erwähnt hat, aber er hätte von Serbien doch nicht so reden dürfen, wie er gethan. Bei etwas mehr Weisheit und weniger Selbstgenügsamkeit würde er entweder begriffen haben, daß gcwissc Empfindlichkeiten zu schonen waren, sei eS auch nur im Interesse guter Nachbarschaft, zu deren Pflege Bulgarien allen Anlaß hat Im nordamerikanischen Senate wurde ein Antrag gestellt, den Präsidenten zu ermächtigen, sobald er die Ueber- zeugung gewonnen habe, daß amerikanische Schiffe in fremden Häsen in Ausübung ihrer Handelsprivilegien behindert werden, den Eintritt der Provenienzen dieser Länder in amerikanische Häsen und die Ausübung von Handelsprivilegien seitens der selben zu verbieten. Der Finanzausschuß des nordamerika- nischen Repräsentantenhauses legte seinen Bericht vor, welcher sich gegen die Wiederherstellung der Wollzölle vom Jahre 1867 ausspricht. Es wurde eine Resolution angenommen, in welcher erklärt wird, daß der Kongreß sich jeder Aenderung der Woll zölle widersetze. Aus bewegter Zeit. Roman von O. Bach. S Fortsetzung- Nachdruck verboten. „Aus immer?" fragte sie hastig. Er blickte erregt in das liebliche, von Leidenschaft durch glühte Antlitz der jungen Frau; ihre Hände stürmisch an seine Lippen pressend, murmelte er: „Es ist besser für mich, aber — nein, nein, wir sehen unS wieder, wenn auch nur, um von ' Neuem zu scheiden." Gr stürzte hinaus, Floria sah ihm mit einem wehmüthigen, bitteren Lächeln nach. „ES war der letzte, schwerste Versuch; er ist mißglückt I So fahret hin, ihr Träume einer glücklichen Liebe. ES ist vorbei! Oder sollten meine Worte einen Nachhall in seinem Herzen finden? Vielleicht, vielleicht gelingt es mir dennoch, ihn für mich zu gewinnen." * * * Die Beziehungen zwischen Kurt v. Puttlitz und Mathilde v. Riedenhofer hatten sich in der That gelockert. Riedrnhofer verhielt sich ganz passiv. Er war der Einzige, der sich dem Freunde gegenüber un verändert zeigte und tröstend auf die Zukunft hinwieS, wenn Kurt in bittere Klagen gegen Mathilde auSbrach. „Laß die Zeit walten," pflegte er zu sagen. „Dich und Mathilde trennen die Ereignisse nicht dauernd; sie folgt nur unbewußt der augenblicklichen Strömung." Wenige Tage später hatte der junge Mann eine ernste Unterredung mit Mathilde. Eine kurze Zeit saßen sich Beide einander schweigend gegen über; in Mathildens reizendem Gesichte sprach sie eine fieber hafte Unruhe auS — ihr Busen wogte auf und nieder und die Augen wagten nicht, dem vorwurfsvoll auf sich gehefteten Blick Kurt'S zu begegnen; endlich brach er daS Schweigen, indem er leise begann: „Mathilde, Sie sind nicht mehr die, die sie vor wenigen Wochen mir gegenüber waren. Ich habe nicht nölhig, nach dem Grunde der traurigen Veränderung zu fragen — er liegt nicht in unS selbst, sondern in den Verhält nissen; aber ich frage Sie, ist eS recht, ist es billig, daß Sie — daS Weib, daS Mädchen, das mich vor kurzer Zeit mit dem Geständniß seiner Gegenliebe hoch beglückt, sich von Dingen beeinflussen lassen, dir nichts, nichts mit unserer Liebe zu schaffen haben?" Mathilde erwiderte ihm kurz, daß sie zu sehr Oester- reicherin sei, um einen Gegner ihres Vaterlandes lieben zu können. „Ist daS Ihr letztes Wort, Mathilde?" „Mein letzte»," entgegnete sie mit halb gebrochener Stimme. „Gut denn — scheiden wir," sagte er, indem er ihre schlaff jerabhängende Hand sanft in die seine nahm. „Ich muß den Srund ehren, der unS sür jetzt, Mathilde, trennt. Aber ich c hoffe, daß auch Sie, Mathilde, wenn die Wogen der Leiden schaft sich wieder gelegt, anderen Sinnes werden, und daß unsere Trennung nicht eine ewige bleibt. Ich liebe Dich, Mathilde, mit reinem Feuer und mein Herz bleibt Dir treu, trotz der Bitterkeit, die Du hinringeträufelt, und ich weiß, ich i fühle, daß auch Deine Liebe zu mir siegreich aus dem ChaoS der Gefühle hervorgehen wird. Ich fcheide mit l Schmerzen von Dir! Aber nur Du wirst mein Weib, trotzdem ' und alledem." Mit einer raschen, heftigen Bewegung hatte er Mathilde an sich gepreßt und ihren Mund mit heißen, glühende« Küssen bedeckt; einen Moment lehnte sie halb gebrochen an seiner Brust, dann aber riß sie sich gewaltsam von ihm los, noch ein letzter, hinsterbender Blick traf ihn, dann stürzte sie auf weinend auS dem Zimmer, daS Kurt nach wenigen Minuten ebenfalls mit einem schweren Seufzer verließ. Bald darauf verließ Kurt die Kaiserstadt an der Donau. Der Krieg war unvermeidlich geworden. Puttlitz hatte Ma thilde nicht wieder gesehen. In einem ehrerbietigen Schreiben hatte er sich von der Baronin von Riedenhofer empfohlen. Ein Brieschen an Mathilde war darin eingeschlossen, allein kein Wort der Erwiederung traf ein, und mit schwerem Herzen ! verließ auch er mit seiner Gesandtschaft Wien, in dem er glück liche, wonnereichr Tage verlebt hatte. ° Die Gräfin Rimini war ausgewiesen worden; rin an - Riedenhofer gerichtetes Schreiben hatte ihn nicht mehr in Wien > angettoffen, da er sich bereits zur Armee begeben hatte. Das > von ihr bewohnte HauS stand verödet da und Niemand, außer , der Polizeibehörde, kümmerte sich darum, wohin sie sich mit , ihrem Gemahl gewendet hatte. e Floria von Rimini hatte sich nach ihrer Ausweisung aus r Oesterreich nach Berlin begeben, wo sie Herrn von Bismarck - für ihr Vaterland zu intcressiren suchte. e Ihr Empfinden für Franz von Riedenhofer war ein gar t seltsame» geworden. n Sie liebte ihn, seit sie von Neuem mit ihm verkehrt, heißer, n leidenschaftlicher denn je. Sie wußte auch, daß sein Empfinden sür sie ein heißes. - ein leidenschaftliches geworden war und sein Blut rebellisch u durch die Adern brauste, wenn ihre Hand leise, wie sie es gern that, liebkosend über seine Stirn strich, wenn der duftige pauch ihres Mundes ihn berührte, wenn alte Klänge aus einer chönen Vergangenheit, die sie absichtlich ertönen ließ, sein Ohr und sein Herz trafen. Allein, er hatte es dennoch vermocht, äußerlich ruhig zu erscheinen und das schnellere Athemholen, ein feuriger Blick, ein fast bittendes Lächeln, das um Mitleid zu flehen schien mit einer Qual, zeigte ihr den inneren Sturm an, den sein Pflicht- und Ehrgefühl zu beschwichtigen gewußt. Floria bewunderte die Stärke des jungen Manne»; sie liebte ihn darum nur desto Hecher. Aber ein anderes, der Liebe nur allzu entgegengesetzte» Gesühl vermischte sich mit dieser Empfindung und gesellte sich zu den finsteren Dämonen der Rachsucht und der Parteiwuth, di« in ihrem Herzen ein wildes Spiel trieben. Sie grollte ihm, daß er ihr widerstanden; sie haßte ihn, weil er nicht in die feingelegte Schlinge, die sie so gern um ihn gelegt, gegangen war und dennoch drängte sie Alle» zu ihm hin, dennoch stand das freundlich-schöne Bild des jungen, pflichtgetreuen Manes so rein und hehr vor ihrer Seele, daß kein anderes daneben Platz fand. Ihr war er verloren; sie wußte es, sie fühlte es an dem brennenden Schmerze, der sie bei der Erinnerung an ihn durchwühlte. Sie hatte eS im Augenblicke des Scheiden» an jenem Morgen empfunden, daß er das gefährliche Spiel erkannt hatte, da» sie mit ihm gewagt, und das ihn. den ehrliebrnde« Sol daten, in ein falsches, gefährliches Licht zu stellen gesucht. Und war er ihr verloren — dann, dann war eS besser, er war todt — begraben; dann wollte sie die Kugel segnen, die den jungen Mann tödtete, denn ihr leidenschaftliche» Herz konnte den Gedanken ertragen, ihn sür ewig verloren zu haben, zuckte aber davor zurück, daß er lebend ihr verloren war, daß eme Andere ihn vielleicht besitzen könnte. Floria hatte Berlin nur zu ihrem zeitweiligen Aufenthalte l gewählt. Die schöne Italienerin, die mit seltener Anmuth einen t seltenen Geist verband, sah bald einen großen Kreis in ihrem Salon um sich versammelt. ES war nur eine jener sür Fremde hergestcllten Chambregarnie-Wohnungen, wie man sie zahlreich in Berlin» elegantesten Straßen, besonders in der Behrenstraße, findet, dir die Gräfin Rimini mit ihrem Gemahl ' bewohnte, aber sic war luxuriös und elegant ausgestattrt. Sie hatte gleich im Anfänge ihre» Aufenthalte» in Berlin ) ein ernstes Wort mit ihrem Gemahl gesprochen. S „Ich wünscht, Herr Graf," hatte sie in ihrer eisigen Art e und Weise, wie sie stet» mit ihm verkehrte, wenn sie allein