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Amtsblatt für dir königlichen nnd städtischen Behörden zu Freiberg und Brand. Verantwortlicher Redakteur: Julius Brau» in Freiberg. Inserate «erden LtrBormiNug l t Nhr angmono calc «erden ot» «ormm.-g II uhr angenom- FHLH/» und betrügt der Prci« für di; gespalten; Zeile D XFHlH oder deren Raum IS Pf. v 66. andcm Ta«. Preia dterlrljährü« S Marl LS ! zdeeimonatuch I M. SV Pf. und einmrmaüich 7b men - ... zg fdabrllava »r'Mini jedrm Wochentag Nachmitt. S Uhr fü: den , 7"-" o Sonnabend, den 20. März. BeMAy^ md Tageblatt. Das türkisch - bulgarische Abkommen ! Der von dem Fürsten Alexander von Bulgarien noch in letzter Stunde erhobene Anspruch auf ein unbegrenztes Generalgouverneur - Mandat für die türkische Provinz Ost- rumelien ist die Ursache, daß sich die Ratifikation der türkisch-bulgarischen Uebereinkunst verzögert. Für die meisten europäischen Staatsmänner, welche die sofortige Unter zeichnung des betreffenden Abkommens erwarteten und davon endlich eine Entscheidung der seit dem Berliner Kongreß hin und her schwankenden ostrumelischen Angelegenheit er hofft hatten, ist diese plötzliche Weigerung des Fürsten Alexander eine sehr peinliche Ueberraschung. Die Sache schien im besten Gange. Das ursprüngliche Abkommen wurde von der Pforte am 2. Februar den Mächten mit- getheilt, am 4. März aber mittelst eines neuen Rund schreibens durch die Bemerkung ergänzt, daß die Pforte in die von einzelnen Mächten gewünschte Abänderung gewilligt habe, in dem Vertrage den Namen des derzeitigen Fürsten von Bulgarien wegzulaffen und, um alle Schwierigkeiten zu beseitigen, festzusetzen, daß die Statthalterschaft von Ost- rumelien dem Fürsten von Bulgarien gemäß Artikel 17 des Berliner Vertrages übertragen werde. Gegen diese Fassung des türkisch - bulgarischen Abkommens, wonach er nur auf fünf Jahre zum Statthalter ernannt wird, erhob Fürst Alexander, wie man jetzt übereinstimmend berichtet, aus solgenden Gründen Einspruch: „Nachdem die Pforte einmal darein gewilligt hat, daß die Statthalterschaft von Ost- rumelicu einen unzertrennlichen Bestandtheil seiner erblichen Fürstenwürde bilde, ist es ein offenbarer Widerspruch, die erstere auf Zeit und Kündigung zu setzen. Dadurch würde nicht Ostrumelien an das Fürstenthum Bulgarien, sondem dieses an Ostrumelien fallen und wäre die Staatsform beider Länder nicht mehr eine erbliche Monarchie, sondern eine doppelte Provinz mit einem absetzbaren Gouverneur." Fürst Alexander erklärte außerdem, in eine Streichung seines Namens aus dem ursprünglichen Vertrage nur unter der Voraussetzung zu willigen, daß die Pforte die Statthalter schaft von Ostrumelien als erblichen und unablösbaren Theil der bulgarischen Fürstenwürde anerkenne. Da damit die Pforte sich so leicht nicht einverstanden erklären wird und die Mehrheit der europäischen Mächte wenig Neigung zeigt, die Bestimmungen des Berliner Ver trages durch eine vollständige bulgarisch-ostrumelische Union zerstören zu lassen, ist durch das Verlangen des Fürsten Alexander der so wünschenswerthe Abschluß der ostrumeli schen Fraye abermals vertagt. Der Fürst von Bulgarien hat sich nicht nur als tapferer Soldat und begabter Feld herr, sondern auch als ein sehr maßvoller und gewandter Staatsmann bewährt. Entweder ist er bei seinem jetzigen auffallenden Verhalten seines Erfolges im Voraus sicher oder er handelt unter einenr Druck der öffentlichen Meinung in Bulgarien und Ostrumelien, dessen Folgen er zu scheuen Ursache hat. Das Letztere ist das Wahrscheinlichere, weil die Ostrumelier, nachdem sie an den Siegen über die Serben einen so hervorragenden Antheil genommen haben, sich nicht wieder unter das Türkenjoch bringen lassen wollen, selbst wenn dasselbe ihnen von demselben Feldherrn auferlegt wird, der sie in jenen siegreichen Schlachten führte. Während sie nach den errungenen Erfolgen eine vollständige Unab hängigkeit von den Türken erhofft hatten, sollen sie Be wohner einer nur durch eine Personal-Union mit Bulgarien verbundenen türkischen Provinz bleiben. Um diese Ab hängigkeit noch fühlbarer zu machen, soll der Fürst von Bulgarien nur ein Generalgouverneur auf Kündigung werden und seine Statthalterschaft sich alle fünf Jahre auf'i Neue bestätigen lassen. Die dadurch erzeugte Gährung im Volke war so groß, daß Fürst Alexander es für gerathen hielt, selbst rasch nach Philippopel zu reisen und den dortigen einflußreichsten Persönlichkeiten zu beweisen, daß er bei dem mit der Pforte getroffenen vorläufigen Abkommen nicht auf persönlichen Vortheil, sondern auf einen von den europäischen Mächten annehmbar befundenen Abschluß Ge wicht tzelegt habe. Da der Fürst bald nach seiner Rückkehr nach Sofia gegen die Begrenzung seines Statthalter- Mandats auf fünf Jahre protestirte und den Minister Zanoff zurückrief, der den Türken zu viel Zugeständnisse Macht hatte, läßt sich annehmen, daß er dies den Ost- rumeliern versprechen mußte. Einen sonderbaren Eindruck macht cs, daß nicht etwa die Pforte, sondern Rußland dem Fürsten Alexander wegen seiner Weigerung bittere Vorwürfe zuschleudert. Das be kannte Organ des russischen auswärtigen Amtes, das „Journal de St. Petersbourg" schreibt, man hätte von dem ersten Urheber der Unruhen im Orient, welcher glücklich sein müßte, ungeschädigt aus denselben hervorzugehen, keinerlei Schwierigkeiten mehr erwarten sollen. Was würden Belgrad und Athen sagen, wenn man es dem Fürsten Alexander gestatte'.?, das Abkommen anzufechten. Das russische ministerielle Organ bemerkt ferner ausdrücklich, daß die Mächte mit den ernsten Vorstellungen einverstanden sind, welche ihre Vertreter in Folge der verzögerten Ratifi kation des Vertrages in Sofia erhoben haben. Bon jeder anderen Seite würde man einen solchen dem Bulgaren- sürsten gemachten Vorwurf unter den obwaltenden Um ständen gerechtfertigt finden. Dem russischen Ministerium des Auswärtigen kann es aber unmöglich unbekannt sein, wer den Fürsten Alexander erst in die Nothlage brachte, die Feder wieder wegzuwerfen, mit der er eben das ihm versönlich gar nicht so unvortheilhafte Abkommen mit der Pforte unterzeichnen wollte. Wer anders als Rußland hat denn den türkischen Minister Said Pascha veranlaßt, aus dem ursprünglichen Entwurf den Namen des Fürsten Alexander zu streichen? Ist es wirklich nur pure Ver leumdung, daß es russische Agenten waren, welche den Ost- rumeliern vorpredigten, Alexander habe sie verrathen und an die Türkei verkauft, weder an sie noch an die Zukunft gedacht? Warum stellt denn der Zar nicht die militärische Ehre des Helden von Slivnitza wieder her, indem er seinen Namen wiü>er in die Rangliste des russischen Heeres ein tragen läßt? , Fürst Alexander weiß genau, daß er von Rußland kein Wohlwollen zu erwarten hat, während es ihm immerhin glücken kann, die Mächte und die Pforte zu überzeugen, daß nur dann der Frieden auf der Balkanhalbinsel gesichert ist, wenn Bulgarien und Ostrumelien unter seinem Szepter vereinigt einen Staat bilden, der ebenso unabhängig von Rußland wie von dem Sultan ist. Wenn irgend eine Macht ein Interesse daran hat, die Wunden der Balkan völker offen zu erhalten, so ist es die russische, dagegen ist es im Interesse Deutschlands, Oesterreichs, Englands, Frankreichs und auch der Pforte, daß jene Wunden endlich vollkommen heilen. Die mitteleuropäischen Mächte haben reilich manchen Grund, es nicht mit Rußland zu verderben; es ist aber sehr bemerkenswerth, daß gerade neuerdings die offiziöse „Köln. Ztg." die verwandten und bekannten Schützlinge des russischen Hofes, die Prinzen von Orleans, als Prätendenten anfeindet, welche Deutschland niemals auf dem Throne Frankreichs sehen mag. Der englischen Protektion ist Fürst Alexander vollkommen sicher. Findet der Letztere für das Abkommen mit der Pforte eine Form, welche keine allzugroße Abweichung von dem Berliner Vertrage enthält, dem jeweiligen Fürsten von Bulgarien aber die Statthalterschaft von Ostrumelien auf Lebenszeit und ohne weitere Bestätigung des Sultans sichert, so werden die Mächte schließlich nicht allzuviel dagegen ein wenden und Rußland die feste Gestaltung der Dinge am Balkan nicht länger hindern können. Für den Sultan entstände daraus kein Nachtheil, da seine Herrschaft in Ostrumelien auch in den letzten Jahren weder eine feste noch eine besonders einträgliche war und allzuschroffer Widerstand gegen die Unabhängigkeitsgelüste der Balkan völker nur den Zeitpunkt beschleunigen kann, wo die ganze abendländische Herrlichkeit der Pforte zusammenbricht. Daß dieser Zusammenbruch sich aufschieben aber nicht ganz vermeiden läßt, ist Allen klar; auf den Trümmern sollen aber einst keine russischen Provinzen, sondern eine Reihe unabhängiger Staaten entstehen, welche der germani schen und romanischen Kultur zugänglich bleiben. Tagesschau. Freiberg, den 19. März. Der deutsche Reichstag genehmigte gestern in zweiter Lesung den Gesetzentwurf über die Erhebung einer Schifffahrts abgabe auf der Unterwescr und ging dann zur zweiten Lesung des Zuckersteuergesctzes über. Gleichzeitig wurden die beiden ersten Paragraphen der Kommissionsbeschlüsse (Höhe der Steuer auf Rüben und Melasse, sowie Höhe der Export bonifikation) zur Debatte gestellt. Es lagen hierzu eine Reihe von Anträgen vor von den Abgg. Graf Stolberg-Rastenburg und von Puttkamcr-Plauth, welche eine andere Festsetzung der Exportbonifikation wollen, von den Abgg. Pfafferott und Götz von Olenhusen, welche außerdem eine Steuer vom inländischen Konsum Vorschlägen, vom Abg. Rohland, welcher eine vom 1. August 1886 bis 31. Juli 1889 von 1,60 Mark über 1,40 Ml. bis 1,20 Mk. vermindernde Rübensteuer und eben falls anders als die Kommissionsvorschläge sich abstufende Exportvergütungssätze beantragte, sowie endlich von den Abg. vr. Müller (Sangerhausen) und v. Wedell-Malchow, die nicht die Melasse, sondern die Füllmassen einer besonderen Steuer unterwerfen wollten. Staatssekretär von Burchard er klärte, die Kommissionsbeschlüsse würden aus materiellen und örmellen Gründen die Zustimmung der verbündeten Regie rungen nicht finden, welche besonders gegen die Melasse- Besteuerung Bedenken hegen. Eine Reform der Zuckersteuer ei durchaus nothwendig und gebe es mehrere Wege, um zum Ziele zu gelangen, sowohl den von der Regierung durch Er höhung der Rübeustmer und Erhöhung der Ausfuhrvergiitung, wie auch den von dem Abg. Grafen Stolberg vorgeschlagenen durch Erhöhung der Rübensteuer und Herabsetzung der Aus- suhrvergütung. Von finanziellen Gesichtspunkten aus sei natürlich die Fabrikatsteuer vorzuziehen, indessen für die deutschen Verhältnisse scheine nur die Materialsteuer ge eignet. Abg. Rohland befürwortete seinen Antrag auf Herabminderung der Steuer, wodurch sich die Erträge nicht vermindern, sondern vielmehr vermehren würden. Tsbg. von Wedell-Malchow erklärte den Antrag deS Abg. Rohland für den prinzipiell richtigsten; er würde dafür stimmen, wenn nicht schwere finanzielle Bedenken entgegen ständen. Ec sei mit der Kommission für die Besteuerung der Melasse und halte dieselbe nicht für undurchführbar. Abg. Lohren sah in dem Kommissionsantrage einen durchaus an nehmbaren Bermittelungsvorschlag und bedauerte die ablehnende Haltung der Regierung. Der Bundcskommissar Boccius vertheidigte die Regierungsvorlage gegen die von den Vor rednern erhobenen Einwendungen. Graf Stolberg konnte den von der Negierung vocgeschlagenen Weg der Steuerreform nicht für den zweckmäßigsten halten und trat für seinen Antrag ein, der einen Bermittelungsvorschlag enthalte. Abg. Buhl sprach für den Antrag des Abg. Grafen Stolberg, trat aber im Uebrigen für die Vorschläge der Kommission ein. Staats minister Lucius bedauerte, daß die Anträge der Regierung o wenig Anklang gefunden hätten und befürwortete dieselben nochmals vom landwirthschaftlichen Standpunkte aus. Die Steuer sei nothwendig und lasse sich gerade im jetzigen Mo ment besonders günstig bewirken. Anlangcnd die Art der Be teuerung, so stehe er aus dem Standpunkt der Rohsteuer, denn n dieser sei System; eine Besteuerung der Melasse cinzuführen, ei technisch unmöglich. Abg. Heine trat für die Fabrikat- iesteuerung ein und schilderte die traurige Lage der Arbeiter in der Zuckerindustrie, denen von den gewährten Begünstigungen nichts zufließe. Abg. Härle sprach für den Antrag des Abg. Rohland, Abg. Struckmann sprach für die Regierungsvor- iagc. Der letztere Redner meinte, man dürfe von dem be- tehcnden System der Besteuerung nicht abgehen, um nicht Existenzen, die sich auf Grund des bestehenden Steuer- ystems aufgebaut hätten, zu vernichten. Aus demselben Grunde ei er auch gegen das Branntwein-Monopol, wodurch ebenfalls viele Existenzen vernichtet würden. Hierauf vertagte sich das Haus. — In der Rechnungskommission des deut - chen Reich tages ist die Frage aufgeworfen worden, ob sür eine Kabinetsordre Sr. Majestät des Kaisers die Gegen zeichnung des Reichskanzlers erforderlich oder diejenige des preußischen Kriegsministers ausreichend sei. In einem Falle, wo es sich um eine Ausgabe für das preußische Kontingent handelte, sowie in einem Falle bei den Rechnungen für 1882/83 hatte die Oberrechnungskammer letztere für genügend erachtet. Die Mehrheit der Kommission beschloß jedoch, die Gegenzeich nung des Reichskanzlers zu verlangen. Die Reichstagskom mission genehmigte den Gesetzentwurf über die Unzulässigkeit der Psändung von Eisenbahnbetriebsmitteln mit der Maßgabe, daß das Gesetz bereits Anfangs Juni in Kraft tritt. Das preußische Abgeordnetenhaus erledigte gestern die zweite Lesung des Etats durchweg nach den Be schlüssen der Kommission und «ahm das Etatsgesetz mit folgenden Summen an: Ausgabe 1 262 628 821 Mk. und Extraordinarium 36 637 621 M. Die Anleihe wurde auf 8 563000 M. verringert. — Die Stadtverordneten Berlins nahmen gestern mit großer Mehrheit den Magistratsantrag an, für die Vorarbeiten der für 1888 in Berlin zu ver anstaltenden nationalen Industrie- und Gewerbe - Ausstellung 30000 Mark zu bewilligen. — Fast einstimmig beschloß die Stadtverordnctenschaft Braunschweigs, die Burg Danke rode der Hofintendantur für de« Hofstaat des Prinzen Albrecht ohne jede Entschädigung zu überlasten. — Großes Aufsehen erregt in Berlin die von der „Nordd. Allg Ztg." gebrachte Zusammenstellung aller Mittheilungen größerer Zeitungen über die Zunahme des Chauvinismus m Frankreich. Es scheint, daß