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> 38. Jahrgang- » Z' Mittwoch, de« 18. Januar. ltttichrtmjedcu Wochentag N-chmüt. b Uhr für den <mb«n Tag. Preis diertelitu.ru» 2 Mart 2b Pk., V- s. andern Tag. Preis viertehdaruq 2 Mart 2b t zweimonatlich 1 M. b0 Pf. und einmonatüch 7b Amtsblatt für die königlichen und städtischen Behörden zu Freiberg und Brand. Beravtwortlicher Redastearr Julius Braun in Freiberg. reili erger Fnreia^ und Tageblatt Jnferale werden di» Vormittag l 1 Uhr angenom- F»F» a» mm und beträgt der Preis für die gehaltene Zelle H oder deren Raum 1b Pf. Die Branntwein-Monopol-Vorlage. Der jetzt dem deutschen Bundesrath vorliegende Entwurf eines Gesetzes über das Branntwein-Monopol, der in acht Hauptabschnitte mit 88 Paragraphen zerfällt, ist ein sehr umfangreiches Aktenstück, dessen Wiedergabe bei dem hier zugemessenen Raum sich nur im Auszuge ermöglichen läßt. Die den Eingang der Borlage bildenden „allgemeinen Grundlagen" besagen, daß die Herstellung rohen Branntweins der privaten Thätigkeit überlassen bleibt, daß das Reich diesen gcsammten rohen Branntwein von den Herstellern, außer dem aber Branntweine aller Art aus dem Auslande bezieht, die Reinigung des Branntweins, seine weitere Verarbeitung zu alkoholischen Getränken und den Verkauf von Branntwein aller Art übernimmt. Die Verwaltung führt das dem Reichskanzler unterstellte Monopolamt, dessen Vorstand der Kaiser im Ein vernehmen mit dem Bundesrath ernennt. Für den Absatz rm Großen werden von dem Monopolamt Agenten, für den Absatz imKleinen von den Landesregierungen Verschleißer ange stellt. Dieam 1. Oktober 1885jvorhanden gewesenen Brennereien können in Zukunft dieselbe Menge rohen Branntweins wie bisher bereiten, diejenigen Brennereien, welche damals erst in der Herstellung begriffen waren, sollen in Zukunft jährlich zu einer verhältnißmäßig gleich großen Branntwein-Produktion zugelassen werden. Für die einzelnen Brennereien werden die Branntweinmengen, welche sie nach den vorstehenden Grundsätzen zu bereiten befugt sein sollen, seitens der Landes regierung im Einvernehmen mit der Monopolverwaltung feslgestellt. Zur späteren Anlegung neuer Brennereien be darf es besonderer Erlaubniß. In den Brennereien sind nach Anordnung der Steueidehürde mit dem Destillirapparal in fester Verbindung stehende Sammclgesäßc aufzustellen, in welche der gejammte gewonnene Branntwein geleitet wird, sowie alle sonstigen Einrichtungen zu treffen, welche die Steuerbehörde zur Sicherung gegen heimliche Ableitung oder Entnahme von alkoholhaltigen Dämpfen, Lutter oder Branntwein für erforderlich erachtet. Die Kosten für die Anschaffung der Sammelgesäße und der nothwcndig werdenden Kunstschlösser trägt die Monopolverwaltung. Der den Brennereibrsitzern für den abgelieferten Brannt wein zu zahlende Preis wird durch einen jeweilig von dem Bundesrath festzusctzcnden Tarif bestimmt. Die Monopol- Verwaltung stellt aus dem rohen Branntwein gereinigten Branntwein und die dem inländischen Konsum entsprechenden alkoholischen Getränke her. Für den Verkauf gilt als maß gebend, daß bei ordinären Trinlbranntweinen ein Preis von min.estens 2 und höchstens 3 Mark für das Liter reinen Alkohols anzusetzen, der für gewerbliche Zwecke erforderliche Branntwein aber zum Selbstkostenpreise zu verabfolgen ist. Der Verkauf zum inländischen Gebrauche erfolgt ausschließ lich durch die Agenten und Verschleißer, welche die Preise und die Lieferung der Waare in der Originalpackung genau innehalten müssen. Besondere Erleichterungen sind für die Gastwirthe und Kaufleute getroffen. Gastwirthe, Restaurateure, Inhaber von Caföö und Konditoreien, Vorstände von Kasinos, Ressourcen und dergl. können den von der Mouopolver waltung entnommenen Branntwein ohne Beschränkung au die von den Verschleißern innezuhaltendcn Preise verkaufen Personen, welchen die Erlaubniß zum Branntweinausschaw ertheilt ist, ist es gestattet, Trinkbranntwcin aller Art zum Zwecke des sofortigen Genusses untereinander oder mit anderen Stoffen zu mischen und zu verabfolgen. Die Schutzbestimmungen sind in der Vorlage sehr eingehend ge halten, lästige Kontrolen jedoch überall vermieden. Das Gesetz soll am 1. August 1888 in Kraft treten. Die Preise des an diesem Tage von der Monopolverwaltung zu über nehmenden Branniweins werden durch Abschätzung seines Werthes unter Berücksichtigung des bisherigen Marktpreises festgestcllt. Die betheiliglen Gewerb- und Handelstreibender! haben den Bezirkskommissionen auf Erfordern jede ent sprechende Auskunft über den Geschäftsbetrieb wahrheits gemäß zu ertheilen, auch die Geschäftsbücher vorzulegen. Die für die Aufhebung oder Beschränkung der Privatbetriebe vorgesehenen Real- und Personalenffchädigungen sind ziem lich weitgehend. Die Schankwirthe und Kleinhändler mit Branntwein sind aber von der Personalentschüdigung aus geschlossen, wenn sie eine Stelle im Dienste der Monopol verwaltung oder als Branntweinvcrschlcißer erhalten, oder die Annahme eines ihrer bisherigen Lebensstellung ange messenen Postens der bezeichneten Art ohne ausreichen den Grund ablehnen. Die vier Paragraphen der Schlußbestimmungen der Vorlage lauten wörtlich: 85. Der Bundesrath ist befugt, die Bestimmungen dieses Ge- etzes für einzelne an oder außerhalb der Zollgrenze be-> egene Theile des Reichsgebiets zeitweilig oder dauernd I außer Kraft zu setzen. 8 86. Der Reinertrag des Brannt-' wein-Monopols ist den einzelnen Bundesstaaten nach Maßgabe der matrikularmäßigen Bevölkerung, mit welcher ie zum Monopolgebiete gehören, z« überweisen. 8 87. Die Äemcinden sind befugt, im Falle des Bedürfnisses mit Genehmigung der Aufsichtsbehörde für die innerhalb ihres Bezirks zum Konsum gelangenden alkoholischen Getränke Zuschläge bis 50 pCt. des Monopol-Verkaufspreises nach den vom Bundesrath zu bestimmenden Normen zu erheben. Soweit bisher von den Kommunen Abgaben vom Brannt wein erhoben worden sind, kommen dieselben mit dem 1. August 1888 in Wegfall. 8 88. Der gesammte Be trieb der Monopol-Verwaltung ist von der Besteuerung durch Staat und Kommunalverbände ausgeschlossen." Bis jetzt lauten die Urtheile über diese Vorlage durchaus widersprechend. Die liberale „National-Ztg." weist nach, daß es sich dabei um eine Beschlagnahme des Schankgcwinnes für den Staat und eine Verminderung der Schnapsschanlstellen handle, worüber man nicht in Entrüstung zu gcrathen brauche. Ein Vergleich mit dem Tabaksmonopol sei unzulässig, weil das letztere Tausende von kleinen selbständigen Betrieben zerstört hätte, während bei dem Branntwein-Monopol die Inhaber der Schnaps kneipen einfach gegen eine mäßige Entschädigung veranlaßt würden, zu dem Erwerbe zurückzukehrcn, den sie vor der Eröffnung ihrer Schankstätten hatten. Das genannte Blatt hegt aber schwere Bedenken gegen die vorgeschlagene Regelung der Rohspiritus - Fabrikation und den Ankauf ihres PtMllAs durch die Monopol-Verwaltung; besonders fürchtet es im politischen Interesse die Kämpfe um die Preisstellung, welche durch steigende Konjunkturen herauf beschworen werden könnten. Selbstverständlich würde die Verwaltung bei steigenden Preisen sich für das zu entschädigen suchen, was sie bei niedrigen Preisen zugelegt hätte. Die „National-Ztg." gicbt aber zu, daß „den schwer wiegenden Bedenken, die der Mvnopolplan hervorruft, die Vortheile einer Verminderung der Schnapskneipcn, einer wahrscheinlich großen Einnahme-Erhöhung und der Mög lichkeit für die Gemeinden, sich eine solche durch Zuschläge zu verschaffen, gegeuüberstehen." Ganz ähnlich äußert sich die freikonservative „Post", welche die finanziellen und gesundheitlichen Vortheile des Planes rückhaltslos anerkennt, dennoch aber gleichzeitig erklärt, die Monopolisirung der Fabrikation außer der Rohspiritus- Erzeugung enthalte schwerwiegende Eingriffe in den Privat erwerb, wodurch die Schwierigkeiten des Projektes weit größer würden, als durch ein bloßes Großhandels-Monopol. Von anderem Standpunkte aus wird die Vorlage von der deutschfreisinnigen Partei bcurtheilt, welche grundsätzlich für die Erhaltung der Privatunternehmungen und gegen die Vermehrung der Staatsbetriebe eintritt. In diesem Sinne bemerkt die „Vossische Zeitung", der Plan der Negierung übertreffe an konsequenter und rücksichtsloser Durchführung der Monopol-Grundsätze alle bisherigen Befürchtungen. Die „Leipziger Zeitung" bezweifelt aber, daß alle Frei sinnigen so entschieden gegen den Plan gcstimint seien, dessen Vortheile sie als ebenso einleuchtend wie großartig bezeichnet, weshalb das erwähnte Blatt annimmt, daß die Entscheidung nur bei dem Zentrum liege. Wie Windthorst persönlich über die Vorlage denkt, ging aus seiner letzten spöttischen Bemerkung, „man hoffe Wohl die Mittel für den Nord-Ostsee-Kanal aus dem Branntwein-Monopol zu er langen" hinreichend hervor. Im Zentrum sitzen aber zahl reiche Grundbesitzer aus Schlesien, Posen und Süddeutsch land, welche, nach Ansicht der „Leipziger Zeitung", für die den Brennern gebotenen Vortheile nicht unzugänglich sein werden. Für das Monopol spreche außerdem noch das sittliche Interesse der Bekämpfung der Branntweinpest, die direkte Betheiligung der Gemeinden an dem Monopol-Er träge und die Furcht vor dem Tabaks-Monopol, dessen Einführung durch das Branntwein-Monopol überflüssig gemacht wird. In Wirklichkeit lassen sich im Augenblick die Chancen der Vorlage gar nicht übersehen. Ohne heftige parlamentarische Kämpfe wird es bei deren Berathung sicher nicht abgehen, weil das einen Reingewinn von mindestens 300 Millionen Mark in Aussicht stellende Branntwein-Monopol eine politische und finanzielle Stärkung der Reichsgewalt verspricht, welche der Opposition im deutschen Reichstage voraussichtlich allzu bedeutend erscheinen wird. Tagesschau. Freiberg, den 12. Januar. In der deutschen Reichshauptstadt hielten am Sonn abend etwa 700 Korpsstudenten fast aller deutschen Universi täten (nur Rostock blieb unvertreten) einen glänzenden Kommers zu Ehren des Nezierungsjubiläums unsers Kaisers ab. Der Laal des Zoologischen Gartens prangte im reichsten Fest- chmuck. An der Nordwand stand, von einem Flaggenwald umgeben, die Kolossalbüstc des Kaisers; an den Brüstungen der Tribünen aber, von denen die Banner der Berliner Korps herabwehtcn, waren die mit Fahnen versehenen Farbenschilde aller deutschen Korps, nach Universitäten geordnet, angebracht. Vertreten waren insgesammt 68 Korps. Den Vorsitz führte die Berliner „Vandalia", an deren Tafel als Ehrengast der Rektor der Berliner Universität, Professor vr. Kleinert, Platz genommen hatte. Das Fest gipfelte in einem urkrästigen Salamander ans den Kaiser, dem gleichzeitig die Gefühle der Festversammlung in folgendem Telegramm übermittelt wurden: „Die zur nachträglichen Keier des Negierungs-Jubiläums heute im Zoologischen Garten^veriammelten Korpsstudenten bringen Ew. Majestät in tiefster Ehrfurcht und aus dankerfülltem Herzen das unverbrüchliche Gelübde der Treue mit dem Wunsche dar, daß es Ew. Majestät an der Seite der erlauchten Gemahlin beschicken sei, noch recht lange die Geschicke des Vaterlandes zu leiten." In unverkennbar osfiziöscm Auftrage verweist die „Nordd. Allg. Ztg." auf das bei der Anbahnung der Reichssteuerreform 1879 ins Auge gefaßte Ziel, die Finanzbedürsniffe des Reichs aus eigenen Mitteln zu befriedigen, sowie darauf, daß den bisher zustandegckommenen Bruchstücken der Erfolg nicht gefehlt habe. Jedem neuen Versuche der Reichsorgane, die Steuer reform fortzusetzen, sei seitens der Volksvertretung ein „Nein" oder der allgemeine Ruf, vorerst mit der Reform der Zucker- und Branntweinsteuer zu beginnen, entgegengehalten worden. Die Bedürfnisse des Reichs und die Finanzschwierigkeiten der Einzelstaaten seien im Wachsen, allseitig anerkannte Bedürfnisse des Reichs sehe man alljährlich zurückgestellt, die Bevölkerung sehne eine Erleichterung der Gemeinde- und Schullasten herbei. Um eine Festigung des Reichs gegen alle Gefahren zu er reichen, bahne Preußen jetzt die Fortsetzung der Neichssteuer- resorm auf dem Gebiete der Branntweinbesteucrung an, nach dem eine Vorlage über die Zuckcrsteuerreform dem Reichstage bereits unterbreitet wurde. Das offiziöse Blatt erörtert die Hauptgcsichtspunkte der Branntwein-Monopol-Vorlage und schließt: „Es wäre dringend zu wünschen, daß nicht blinder Eifer, Voreingenommenheit und einseitige Parteibestrebungeu die Kritik über den Gesetzentwurf diktiren, welcher bestimmt ist, große Ziele und allseitig anerkannte Bedürfnisse in Reich, Staat und Gemeinde mit großen Mitteln zu erreichen." — Die Budgetkommission des deutschen Reichstages beendete gestern die Berathung des Postetats und genehmigte alle in das Extraordinarium eingestellten zweiten Bauratcn, sowie die ersten Bauratcn für die Postgcbäude in Küstrin, Stettin, Celle, Bingen, Kreuznach, Wismar und Stralsund und 320000 M. zur Erwerbung eines Grundstücks in der Mauerstraße zu Berlin. Die für die Postgebäude in Ludwigslust, Werdau, Allenstein, Brieg, Sondershausen, Landsberg a. d. Warthe ge forderten Bauraten, welche Staatssekretär v. Stephan ebenfalls lebhaftest befürwortete, wurden abgclehnt; zu Grundstücks ankäufen und Bauten für unvorhergesehene Fälle wurden 150000 M. bewilligt. Es würden demnach dem Leiter des deutschen Postwcsens keineswegs die Mittel fehlen, für die postalischen Bedürfnisse Freibergs eine provisorische Abhilfe bis zur Errichtung eines besonderen Reichspostgebäudcs zu schaffen. — Wie ans dem deutschen auswärtigen Amt verlautet, sieht dasselbe die Verhandlungen über die Karolinenfrage noch immer als schwebend an, weil durch den Abbruch der Sitzungen der spanischen Kortes und durch die Ankündigung ihrer Auf lösung der endgiltige Abschluß vertagt ist. Es wird deshalb von Seiten der deutschen Reichsregierung nach diplomatischem Brauche die Veröffentlichung der Verhandlungen bis zum er folgten Abschluß verschoben werden. Ueber das Resultat der letzten österreichisch-ungari schen Ministerkonferenz schreibt der „Pester Lloyd": „Damals, als man eine augenblickliche Zollschutzmaßregel gegen Deutsch land durchführen wollte, wurden einige Artikel auf's Gerathe- wohl herausgerissen und für dieselben eine Zollerhvhung be antragt ; nunmehr hat man es mit einer einheitlichen Arbeit zu thun, die den gesammten Taris umfaßt. Als Richtschnur bei der Feststellung der Zollsätze haben zumeist die Zoll sätze des Deutschen Reiches, sowohl für die Roh produkte wie für Industrie-Artikel, gedient. Die Zölle für Getreide und Mahlprodukte, für Vieh und thierijche Produkte