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- und Tageblatt. Amtsblatt für die königlichen nnd städtischen Behörden zu Freiberg nnd Brand. Verantwortlicher Redakteur: Julius Braun iu Freiberg. I Inserate werden bis Bormittag n Uhr angenom- I FH LH HO ß LZ. 8 andern Tag. Preis vtencliährlich - Mark -S Ps, u VÜttNlttl). Äkü 2^. «im und beträgt der Preis für die gespaltene Zeile I 1 L/I-. »v zweimonatlich 1 M. b« Ps. und einmonatlich 75 Ps. s oder deren Raum 1ü Ps. I Den Konfirmanden zum ^almensonntag. Lon W. z Hiemer. Liu rruker Tag bricht heutr an. Der Dich zu Jesu führet, Er leite Dich zur Tugendbahn, Wo Dein Herz sei gezierrt Mit Gottesfurcht und Frömmigkeit ; Auch Ehr' und Dank sei Gott geweiht; Das ik sein Wohlgefallen. Der palmentag er lehret Dich O Jugend! auswärts schauen, Wie Gott getreu und väterlich. Drum sollst Du ihm vertranrn. Wenn Dich einmal iu dieser Welt Der Stnrm dann tobend überfällt, So sollst Du nicht vertagen! Gott bleibe stets Dein bester Hort Im Leben und im Sterben. Das wahre Licht ist Kottes Wort, Ao wirst Du einst ererben Das himmlisch theure Paradies, Wo Fried und Eintracht ewig ik Und Herrlichkeit ohn Lude! vergiß auch nie das Vaterhaus, Wo wahre Liebe blühte, Wenn Du auch lebst im Wrltgebrans: Dank Gott für feine Güte, Daß er, der treue Hirt nnd Herr, Dir Deine Lieben bis hierher Defchützt und wohlerhalteu. So, LrdenPilgrr, wandle nun Durchs Leben dis jum Lode, Lern' nur deu Willen Gottes thun Halt' heilig die Gebote; Dies wird dem Herrn gefällig sei«, Er mach auch Dich von Sünden rein Damit Du ewig lebest! Die Woche. Ein Festtagszauber lag auf den letzten Tagen, denn der Geburtstag unseres von Gott so reich begnadeten deutschen Kaisers erweckt stets einen so freudigen Nach hall, daß noch lange nachher die dem greisen Monarchen dargebrachten Glückwünsche und seine stets so herzlichen Dankesworte bei allen Vaterlandsfreunden innige Theil- nahme erwecken. Wohl fehlte diesmal dem Feste der sonstige Frühlingsglanz, aber die herannahende Osterzeit ruft auch ohne diesen als die Zeit der Schulentlassungen und des Uebergangs so vieler Jünglinge und Jungfrauen aus dem Kindesalter in das praktische Leben in den meisten Familien eine erhobene Stimmung hervor. Die drei parla mentarischen Körperschaften, der deutsche Reichstag, das preußische Herrenhaus und das preußische Abgeordneten haus, welche gleichzeitig in der deutschen Reichshauptstadl Monate hindurch tagten und die Ausdauer und Opfer- Willigkeit vieler Volksvertreter auf eine oft schwere Probe stellte» haben ihre Osterferien begonnen. Die meisten Reichs- tagsabgeordncten sind in froher Stimmung und zufrieden mit den positiven Leistungen der Volksvertretung in den Schooß ihrer Familien zurückgekehrt. Sie sind meistens noch voll von den tiefen Eindrücken des fünftägigen Kampfes um die Dampfer-Subventionen und ganz in derjenigen Gemüthsverfassung, die sich für die bevorstehende Feier des Bismarck-Jubiläums eignet. Zu diesem nationalen Feste rüstet man sich im ganzen Reiche mit seltener Einmüthig- keit, nachdem die Resultate der „Bismarck-Spende" sich als groß genug erwiesen, um außer dem Ankauf des Stamm gutes Schönhausen auch noch denjenigen nationalen und wohlthätigen Zwecken gerecht werden zu können, welche viele süddeutsche Geber im Auge hatten. An Auszeichnungen wird cs an diesem Tage dem deutschen Kanzler nicht fehlen. Die in diesen erfolgte Verleihung des erblichen Adelsstandes an den Staatssekretär des Reichspostamtes vr. Stephan (aus Anlaß der Wiederkehr des Tages, an welchem vor zehn Jahren der Weltpostverein gegründet wurde) hat wiederum gezeigt, wie unser Kaiser treue Dienste zu belohnen weiß. Äußer dem von Werner'schen Bild, mit welchem der Kaiser den Fürsten Bismarck an seinem Ehrentage erfreuen will, soll der Monarch auch eine weitere Ueberraschung beabsichtigen, die in einer Standeserhöhung des Grafen Herbert Bismarck bestehen dürfte. Ebenso läßt es das deutsche Volk nicht bei der Millionen-Spende bewenden, sondern wird seinen Dank für den bedeutenden Mann, der ihm seinen großen Auserstehungstag herbei- sührie, auch noch sonst auf mannigfache Weise bekunden. Die Einsendung von Gratulationen hat bei dem Reichs kanzler schon jetzt begonnen. Wie sich bereits übersehen läßt, wird eine außerordentlich große Anzahl von Abordnungen an dem Festtag erscheinen. Em förmlicher Empfang ist nicht beabsichtigt, vielmehr wird m zwangloser Weise bei einem „Frühschoppen", der von 12 bis 4 Uhr dauern wird, der Fürst den Gratulanten gegenübertreten. Auch für die Deputation, welche die Ehrengabe überbringt, ist ein anderer Empfang nicht vorgesehen. Allmählich scheinen die stürmischen Szenen im öster reichischen Abgeordnetenhaus«: ähnlich wie in dem kroati schen Landtag zu einer ständigen Einrichtung zu werden. Besonders bewegt war die Sitzung, in welcher nach drei tägigem erbitterten Wortgefecht die Entscheidung über dieNord- bahnvorlage erfolgte. Durch den betr. Regierungs-Entwurf wird der Aktiengesellschaft, welche die Kaiser-Ferdinand- Nordbahn besitzt, eine neue auf 54 Jahre sich erstreckende Konzession ertheilt. Gegen diese Erneuerung hat sich aber seit mehreren Monaten in der Presse und der Oeffentlichkeit ein starker Widerspruch bemerkbar gemacht, weil man in diesem Privilegium eine ungerechtfertigte Begünstigung der Börse und überdies eine schädliche Abweichung von der neuerdings eingeschlagenen Politik des Staatsbetriebes er blickte. In Folge dessen herrschte gegen diese Vorlage auf allen Seiten eine gewisse Abneigung und es war sehr frag lich, ob die Regierung mit derselben durchdringen würde. Man hatte erwartet, daß die unter dem Kommando des Grafen Coronim stehende deutsch-klerikale Gruppe der Rechten, ohne welche die Majorität sich als solche nicht zu behaupten vermag, der Negierung den Dienst auskündigen werde. Als dann trotzdem das Abgeordnetenhaus mit einer Mehrheit von 25 Stimmen beschloß, in die Spezial debatte über den vom Eisenbahn-Ausschusse vorgelegten Gesetzentwurf cinzutreten und damit sich im Prinzip für die Ertheilung einer Konzession an die Nordbahn auf Grund lage des zwischen der Gesellschaft und der Regierung abgeschlos senen Uebereinkommens aussprach, kam es zu einem wüthen- den Skandale, der wesentlich von dem die Tribünen besetzt haltenden Anhang des Abg. ». Schönerer ausging. Die vom Präsidenten angeordnele Räumung der Galerien konnte bei dem geleisteten Widerstande nur mit Hilfe mehrerer handfester Feuerwehrmänner bewerkstelligt werden. Am Donnerstag nahm die Diskussion über die Anberaumung der nächsten Sitzung wiederum eine so erbitterte Wendung, daß die deutsch-liberalen Abgeordneten demonstrativ den Saal verließen. Offenbar verschärfen sich dle Parteigegen sätze in Oesterreich von Tag zu Tage. Die akademische Jugend Italiens ist in voller Gährung, seit die Behörden verschiedene gegen Oesterreub gemünzte Demonstrationen der Studenten verhinderte. Die Univer sitäten von Turin, Padua, Pavia und Palermo sind bereits geschlossen; der Hochschule in Modena steht ein gleiches Schicksal bevor. Die Universität von Bologna schickt drei ihrer Professoren nach Rom, um Einspruch gegen das Auf treten der Verwaltungs- und Polizeibehörden zu thun. In Pisa und Genua ist die Ruhe ebenfalls gestört; die Studenten von Neapel erklärten sich mit den Kommilitonen von Turin für solidarisch und die akademische Jugend Roms beschloß, keine Vorlesungen mehr zu besuchen, bis die den Studirenden von Turin widerfahrenden Unbilden gesühnt seien. Es ist nicht abzusehen, wie das die italie nische Regierung bewerkstelligen kann, ohne in Berlin und Wien großes Mißfallen zu erregen. In der belgischen Hauptstadt bereitet man sich vor, den 50jährigen Geburtstag des Königs Leopold II am 9. April in festlichster Weise zu begehen und erwartet an diesem Tage eine neue Bestimmung über die Regierungs form des von dem König von Belgien begründeten neuen Kongo-Staates. Der -letztere scheint einen Theil seines Gebietes einer zu gründenden großen Handelsgesellschaft überlassen zu wollen. Diese neue Kompagnie würde z» ihrem Betriebe eine Eisenbahn bauen und Länder über wiesen erhalten, welche nicht nur dem Ackerbau günstig, sondern womöglich auch durch Bergbau nutzbringend gemacht werden könnten. Natürlich würde diese Kompagnie kein Monopol besitzen, keine Souveränetätsrechte genießen und nur ihr Verwaltungs-Personal ernennen. In Brüssel ist mit Hinblick auf dieses Projekt von einer durch das Haus Bleichröder vermittelten Anleihe von 100 Millionen die Rede. Ueber die glückliche Beendigung der Wahlgesctzdebatte herrscht unter den Anhängern der französischen Re gierung eine sehr begreifliche Freude, weil die Wahlart des Listenskrutiniums durch Gambetta früher vergeblich erstrebt wurde. Wenn der Minister Ferry glücklicher war und das Gesetz durchbrachte, so geschah dies, weil die Monarchisten inzwischen zu der Ansicht gelangten, daß das Listenskrutinium auch ihren Kandidaten Vorthcile bringen könnte. Die Bestimmung, daß die Neuwahlen innerhalb 60 Tagen vor dem Ablaufe des gesetzlichen Mandates der Kammer statt finden sollen, ist mit ausdrücklicher Zustimmung Ferrys in das Gesetz ausgenommen worden, der dadurch freie Hand erhält, die Wahlen vom 16. August bis 14. Oktober vor zunehmen. Die Freude des Ministers über den bei der Wahlreform errungenen Erfolg ist durch eine Hiobsbotschaft aus Ostasien vergällt worden, da General Nögricr von der Nordgrenze Tonkins meldete, er habe bei Dongdang nach dreitägigem Gefecht vor der Uebermacht der Chinesen zurückiveichen müssen. Ter Verlust der Franzosen wird auf 200 Mann angegeben, jedoch bestritt der Minister Ferry die in der französischen Kammer aufgetauchte Behauptung, daß Geschütze von dem Feinde genommen wurden und be zeichnete die erlittene Schlappe als eine solche, welche die wackeren französischen Truppen bald wieder auswctzen würden.