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dampfcrlinien zu machen, ein Zeichen der Erkältung in den Beziehungen zwischen Deutschland und Italien, sondern bringen auch den Rücktritt des Hauses Bleichröder von dem Syndikat der italienischen Bahnen damit in Beziehung. — Die offiziöse „Agenzia Stesam" widerlegt die Nachricht, daß die Kongo- Expedition des Kapitän Cecchi den Zweck habe, mit den Sultanen Südafrikas Verträge zu stipuliren. Cecchi solle nur eine Handclsinspektion vornehmen und zu diesem Zwecke den Kongo und dessen Nebenflüsse befahren. Was die weitere Meldung angehe, daß in Spezzia eine Landungskompagnie organisirt werde, so handle es sich einfach um die Erhöhung der Mannschaft des Stationsschisfes „Vedetta" in Assab. — Der Papst spendete für die Opfer des Erdbebens in Süd spanien die Summe von 40000 Lire. Nach den neuesten der französischen Regierung aus Tonkin zugegangenen Berichten finden dort jetzt ernste Kämpfe statt. Am 3. d. M. hat General Negrier eine 6000 Mann starke chinesische Truppenabtheilung eine Tagesreise östlich von Chu geschlagen. Am Tage darauf kehrten die Chinesen in einer Stärke von 12000 Mann zurück, um die Offensive zu ergreifen. General Negrier durchbrach ihre Stellungen, obwohl dieselben durch Forts, aus welche» man etagenweise Feuer gab, vertheidigt wurden. Die Chinesen verließen nach heftigem Widerstand ihre sämmtlichen Stellungen unter Zurücklassung von 2 Batterien, Gewehren, Munitionsvorräthen, Lebens mitteln, Fahnen »nd des ganzen Wagenparks. Die Chinesen verloren 600 Todte und zahlreiche Verwundete. Die Franzosen hatten in beiden Gefechten 3 Offiziere leicht verwundet, außer dem 19 Todte und 65 Verwnndcte. Nögrier rückt durch das Thal von Lochnan nach Langson vor. Das Pariser Regierungsorgan „Temps" meldet, die diesseitige Leitung der Operationen in Tonkin werde künftig von den Ministerien des Krieges und der Marine gemeinschaftlich ausgehen. Mehrere Pariser Blätter behaupten dagegen, daß auch der Marine minister Peyron und der Staatssekretär für die Kolonien Faure zurücktreten; das Marine-Portefeuille würde dem Admiral Jaurss und die Kolonien dem Handelsminister zu- getheilt werden. Wie in unterrichteten Kreisen bestätigt wird, dürfte der neue Kriegsminister Lewal in Tonkin eine energischere, den Kammerbeschlüssen entsprechende Aktion entfalten. — Ani Sonntag fand am Grabe Blanquis in Paris eine Kundgebung von etwa 500 Anarchisten statt, bei welcher sehr heftige Reden gegen die Bourgeoisie gehalten wurden. — Der am Montag stattgesundenen Beerdigung der Mutter der Anarchistin Lonise Michel auf dem Kirchhofe Levalois wohnten etiva 3000 Personen bei. Es wurden einige heftige Reden gehalten und Ruse „es lebe die Kommune" vernommen, doch kam es zn keiner Ruhestörung. Nach amtlicher Feststellung der spanische» Behörden sind durch das letzte Erdbeben in Alhama 1300 Häuser zer stört, 302 Personen getödtet und 280 verwundet worden. Tie in der englische» Hauptstadt am Montag ver breitete Nachricht, daß das britische Kanalgefchwader von der Admiralität plötzlich Ordre zum sofortigen Auslaufen erhalten habe, erregte großes Aussehen. Das ministerielle Blatt „Daily News" beeilte sich, die Aufklärung zu bringen, der dem Kanal geschwader ertheilte Befehl sei nichts Außergewöhnliches, es werde mit demselben nur der Urlanbsertheilung an Offiziere und Mannschaften ein Ziel gesetzt. Das Geschwader solle sich nach der Arosabay und sodann nach Vigo, Madeira und Gibraltar begeben. Ferner ließ die Admiralität selbst den Londoner Blättern mitthcilen, die Ordre, sich segelsertig zu halten, sei dem Geschwader schon vor 3 Monaten gegeben worden, damit dasselbe bereits am 7. Januar zu gewöhnlicher Wintcrreisc in^Scc gehe. — Die englische Regierung hat nach Paris und Berlin die Erklärung abgegeben, daß cs ihre Auf gabe gewesen wäre, zur Lösung der Differenz in Egypten eine Konferenz einzuberufen und daß sie nur davon abgesehen habe, weil sie von der Resultatlosigkeit im Voraus überzeugt sei. — Ein Artikel der „Times" spricht sich gegen die Politik der englischen Regierung in Egypten mit Entschiedenheit aus und empfiehlt den Ministern, lieber ihre Entlassung zu geben, als ein gegen das Kabinet gerichtetes Votum des Unterhauses ab zuwarten. — Am Dienstag verstarb plötzlich der Bischof von London. In dem von dem Kaiser von Rußland selbst präsi- dirten letzten Ministerrath ist der von den Gmeralgouvcr- neuren Drentelen und Kochanow gemachte Vorschlag, den Ukas, welcher den Polen in Litthauen, Wolhynien, Podolien und der Ukraine den Erwerb von Großgrundbesitz verbietet, noch mehr zn verschärfen, einstimmig abgelehnt worden. Dieses namentlich mit Hilfe von russischen Grundbesitzern fortwäh rend umgangene Verbot ist eine für den Werth auch des russischen Grundbesitzes in jenen Gebietstheilm sehr drückende nnd deshalb allgemein unpopuläre Maßregel. In der vorgestern wieder eröffneten »ordamcrikatti- schen Repräsentautenkammer wurde beantragt, zu erklären, daß eine Allianz, wie sie dnrch die Verhandlungen der Ber liner Konferenz angezeigt werde, der traditionellen Politik der Vereinigten Staaten widerspreche. In der Resolution wird sodann an den Präsidenten Arthur das Ersuchen gerichtet, der Kammer Aufklärung zu geben über die Ernennung der ameri kanischen Delcgirten zu der Berliner Konferenz, sowie dar über, ob deren Instruktionen irgendwelche Vorbehalte oder Einschränkungen enthielten, oder ob dieselben unbeschränkte Voll macht hätte». Die Resolution verlangt ferner Auskunft über die für den neuen Kongostaat in Aussicht genommene Regie- rungssorm und - fordert den Präsidenten auf, sich auszusprechen, ob die Theilnahme der Delegirten an den Konferenz-Berath- ungen die Vereinigten Staaten nicht etwa hindern würde, sich gegen die Berechtigung, etwaiger Allianzen zu erklären, welche die europäischen Sonveräne in Zukunft eingehen könnten, um auf dem afrikanischen Kontinent Regierungen in der von ihnen für angemessen erachteten Form einzusetzen. —' Die Kriegs schiffe „Lancaster" und „Kearsarge" haben Befehl erhalten, zum Schutze der amerikanischen Interessen an der westafrikani schen Küste zu kreuzen. Lokales nnd Sächsisches. Freiberg, den 7. Januar. — Der Sladtrath veranlaßt den Verlierer eines größeren Geldstücks, das in einem hiesigen Hanse gefunden und der städtischen Behörde übergeben worden ist, sich bei der letzteren zu legitimiren und gegen Erstattung der verlegten Kosten sein Eigenthum wieder in Empfang zu nehmen. — Em reges Leben entfaltete sich gestern Vormittag auf dem großen unteren Krenzteich, aus dessen spiegelglatter Fläche, begleitet von den harmonischen Tönen der Jäger-Kapelle, eisrig dem Vergnügen des Schlittschuhlaufens gehuldigt wurde. Rings um den Teich herum stand ein dichter Kranz von Zuschauern, die sich an dem schönen Schauspiel ergötzten nnd einzelne besonders hervorragende Leistungen dankbar rühmten. Das wackere Musikchor des Jägerbataillons trug durch deu temperamentvollen Vortrag des Schlittschuhtanzcs aus Meyer- beer's „Prophet", des Strauß'schen Traumwalzers, der prächtigen Polka aus dem „Lustigen Krieg" u. f. w. nicht wenig dazu bei, die Freude an dem Eislauf zu erhöhen. Der Kreuz müller, Herr Siegert, hatte weder Mühe noch Kosten gescheut, die Bahn zu reinigen und fahrbar zu machen und in lobenswcrthester Weise dafür Sorge getragen, daß leine Uebersüllung auf der noch nicht allzustarken Eis decke stattfand. Nachmittags war auch der obere Kreuzteich so weit in Stand gesetzt, daß auch auf diesem gefahren unb eine noch weit größere Anzahl von Schlittschuhläufern sich des langentbehrten Vergnügens erfreuen konnte. Die Um gebung der beiden Teiche war bis in die Abendstunden der Schauplatz des fröhlichsten lebhaftesten Treibens. — Der hiesige Zitherverein ist durch den reichen Er trag seines letzthin im Union-Saale abgehaltenen Konzertes in den Stand gesetzt worden, für zwei und zwanzig arme Berg mannskinder eine Christbescherung zu veranstalte», die gestern Nachmittag in Gegenwart vieler Freunde des Vereins im oberen Saale des Schillerschlößchens vor sich ging. Die Kinder standen mit wonnestrahlenden Gesichtern vor dem schön geschmückten Christbaum und den für sie aus den Tafeln auf- gestapclteu reichlichen und nützlichen Gaben nnd falteten un willkürlich die kleinen Hände, als auf einer Schlag- und einer Streichzither das fromme Weihnachtslied: „Stille Nacht, heilige Nacht" ergreifend ertönte. Herr Kaufmann Kirbach dankte hieraus Allen, die durch den zahlreichen Besuch des erwähnten Konzerts dazu beigetragen, daß die Mitglieder des Zither vereins jetzt die Freude hätten, die Wahrheit des Satzes, daß. Geben seliger sei als Nehmen, an sich selbst zu erproben. Der Redner richtete dann noch einige herzliche, ermahnende Worte an die zu beschenkenden Kinder, die nach Verlesung ihrer Namen die Gaben mit schlichtem Tank in Empfang nahmen. — Polizeibcricht. Ani 4. d. M. wurde eine hiesige Zeugarbeiterswittwe zur Haft gebracht, weil dieselbe einem Frauenrock gestohlen hatte und außerdem noch des Diebstahls mehrerer Maskenanzüge dringend verdächtig erschien. — Des gleichen wurde ein hiesiger Bergarbeiter zur Aufbewahrung gebracht, weil er am vergangenen Sylvesterabend aus einer Räucherkammer zwei Speckseiten entwendete, welche er theils verzehrt, theils ausgelassen und an andere Personen verschenkt bezw. verkauft hatte. Der Bruder des Diebes machte sich in sofern der Hehlerei schuldig, als er den gestohlenen Speck mit verstecken und theilweise mit verzehren half. — Gestern Nach mittag wurde ein hier zugereister Schmiedegcselle aus Görlitz zur Haft gebracht, weil derselbe neuerdings wegen Betrugs steckbrieflich verfolgt wurde. — „Seit Eröffnung der Theilstrecke Klostergrab-Moldau der Prag-Duxer Bahn für den Kohlmvcrkehr," so schreibt der „Brüxer Anzeiger", „nimmt der Transport böhmischer Braunkohlen nach dem Auslande einen raschen Aufschwung. Nicht nur die Kohlenwerke des Brüxer Beckens, sondern auch die entfernteren des Aussig-Teplitzcr Gebietes, speziell die Ossegger Schächte Nelson, Fortschritt, Union, Viktoria u. A. befördern zahlreiche Waggons nach der neueröffneten Bahnstrecke. Die Fahrt von Eichwald über das Erzgebirge ist allerdings mit gewissen Schwierigkeiten verbunden, da die Lokomotiven kaum mehr als 10 bis 15 Waggons fortbringen; doch ist die Entfernung von Eichwald bis zur Grenzstation Moldau keine große. Im Januar 1885 soll auch der Frachtenverkehr eröffnet werden, während der Personenverkehr erst inr Juni in Aussicht genommen ist; die Ursache dieser Ver zögerung liegt in dem Unistande, daß der direkte Anschluß auf sächsischer Seite nach dem Knotenpunkte Freiberg i. S. noch nicht fertig gestellt werden konnte. In touristischer Be ziehung giebt man sich gleichfalls den besten Hoffnungen hin, da die neueröffnete Bahn nicht nur die Sommerfrischen Ossegg und Eichwald direkt verbindet, sondern auch vom Auslande Das Fräulein von Birkenwetter Roman von A. Lütcrsburg. <31 Fortsetzung.) Rachdruck verboten. Aber er liebte Helene, nnd nicht etwa, wie er sich cm- zureden gesucht, mit brüderlicher Zuneigung, sondern mit jener Liebe, die vielleicht schon lange Jahre in seinem Herzen ge schlummert hatte und nun plötzlich zum Ausbruch gekommen war, mit einem Gefühl, das, durch Mitleid genährt, einen hohen Grad von Stärke besaß. Und diese Liebe machte ihn argwöhnisch, sie machte ihn eifersüchtig. Der Gedanke, daß Helene einem anderen Manne ihr Herz geschenkt haben könne, brachte ihn außer sich, ohne daß er dadurch zur Erkenntniß dieser Liebe gekommen wäre. Nein, nun wollte er Birkenweiler nicht verlassen, er wollte ihr Thun und Treiben beobachten und ihr gleichzeitig durch ein vollständig verändertes Benehmen zeigen, wie tief er sie verachte. Aber auch der Freiherrin und Margot wollte er sein Unrecht abbitten, besonders die erstere hatte doch gezeigt, daß sie keinen Fehlgriff durch Helenens Erziehung gethan, sondern deren Charakter vollständig durchschaute. Nachdem Arthur noch eine Weile solcher Art getobt hatte, trat eine vollständige Reaktion seiner Gefühle ein, und an Stelle bitterer Vorwürfe, welche er Helene gemacht, kam das Mitleid. Er befand sich in einem schwer zu beschreibenden Zustande und fand nirgends einen Answeg, wohin er auch blickte. Nur eines war ihm klar, nämlich, daß er noch ein paar Tage bleiben müsse, nur vollständigen Ausschluß über die Vorgänge auf Birkenweiler zu erlangen. Arthur Wildeck hatte nicht allein Helene durch die kleine Seitenthür kommen sehen, sondern im .anderen Flügel des Schlaffes fand sich noch eine Zeugin. Auch Margot hatten die Vorgänge des letzten Tages nicht ruhen lassen, auch sie, die sonst bis in den Hellen Morgen hinein zu schlafen pflegte, hatte sich zeitig von ihrem weichen Lager erhoben und blickte dann, da sie, im höchsten Grade gelangweilt, nichts Anderes zu thun wußte, zum Fenster hinaus, gerade früh genug, um Helene unter dem Eingänge des Schlosses verschwinden zu sehen. Sie hatte auch noch Zeit, zu bemerken, daß dieselbe eine weite Tour gemacht haben müsse, um so beschmutzt aus sehen zu können. Ihr erster Gedanke war Arthur, und sic gab denselben auch nicht wieder auf. In ihrem Zorn vergaß sie die War nungen der Mutter und stürzte, noch im Nachtgcwande, aus. der Thür, um der „Schleicherin" entgegenzutrete». Helene aber war schon vorbeigefchlüpft, und während I Margot sie noch erwartete, uni sie mit beleidigenden Vor würfen zu empfange», hatte sie Zeit gesunden, ihre Kleider zu wechseln, um an ihre Arbeit zu gehen. Margot aber über legte inzwischen, daß sie schweigen müsse, um Helene eine desto größere Niederlage zu bereiten. Sie dachte nicht an die Worte der Mutter, sie dachte nur an die Befriedigung ihres Hasses und ihrer Rachsucht. Helene hatte ihr Arthur's Herz geraubt, und doch erkannte sie erst jetzt, Ivie sehr sie den Vetter liebte — eher wollte sie zu Grunde gehen, als Zeuge sein, daß Arthur ihr die Todfeindin vorzog. Helene war in sehr trüber Stimmnng. Das alte Fräu lein war schon seit einigen Wochen nicht unbedenklich erkrankt und ihr Zustand hatte sich in den letzten Tagen verschlimmert. Nun lag die alte Dame allein, denn sie wollte keine fremden Menschen um sich sehe», und Helene, die so gern bei ihr ge wacht und sie verpflegt haben würde, fand wenig Zeit, sich mit ihr zu beschäftigen, daß sie sich nur des Nachts ein paar Stunden losreißen konnte. Tante Karoline wollte ihr diese nächtlichen Wanderungen freilich verwehren, aber das junge Mädchen verstand so sehr zu bitten, daß es Härte gewesen wäre, es abzuweisen. Nachdem nun einmal von zwei Seiten beschlossen war, Helene zu beobachten und zu bewachen, konnte es nicht aus bleiben, daß man sie schon am folgenden Abend uni dieselbe Stunde das Schloß verlassen sah. Arthur stand oben ain Fenster und Margot hinter einem Pfeiler des Portales. Die Letztere hatte sogar noch den Versuch gemacht, ihr zu folgen, aber sie war so furchtsamer Natur, daß sie ihren Vorsatz aufgab, als sie Helene den Weg in den Wald nehmen sah. Nun war aber ihr Entschluß gefaßt, sie wollte die Heuch lerin in Gegenwart von Zeugen kompromittiren und sie zwingen, ihre nächtlichen Ausflüge einzugestehen. Zu diesem Zweck begab sie sich noch zu den Baronessen von Letzdorf, die in einigen Tagen Schloß Birkenweiler verlassen wollten, um mit diesen Rücksprache zu nehmen; sie wnßte ja, daß sie bei denselben ein williges Ohr finden würde, wenn es sich darnm handelte, der „koketten Wirthschaftsmamsell einen Streich zn spielen. Margot sand die beiden Damen noch eifrig bei der Arbeit; sie waren beschäftigt, ihrer Jungfer Anweisungen zur Ver änderung einer Toilette zu geben, und fanden so Mancherlei zu befehlen und zu tadeln, daß das arme junge Mädchen mir mit Mühe die Thränen unterdrückte und froh war, als I Margot ihre Peinigerinnen bat, die Jungfer. für den Abend zu entlassen, da sie ihnen sehr wichtige Mittheilungen zu machen habe. Dann wurde viel heimlich gesprochen und viel gekichert. Unter den Damen herrschte eine iibcrmüthige Laune, und endlich, als sie sich trennten, erhielt die Jungfer den Auftrag, sich nicht zu Bett zu legen, sondern die Tamm um halb vier ilhr zu wecken, indem die älteste Baronesse es nvthig hielt, noch eine Drohung hiiizuzufngen, falls ihre Wünsche nicht pünklich ausgeführt werden würden. Helene hatte indessen keine Ahnung von dem Anschlag, der gegen sie ausgeführt werden sollte. Sic war ja so manche Nacht voi» Schlosse fern gewesen und nur Lotta hatte von ihrer Abwesenheit gewußt — wer fragte auch, wo sie blieb?' Von banger Sorge gepeinigt, eilte sic den wohlbekannten Weg entlang, der Klause zu, und war überglücklich, als sie Tante Karolme außerhalb des Bettes fand. Dieselbe sagte ihr, daß ihr Befinden besser fei und sie einen Boten nach der Stadt zu einem Notar gesandt habe, nm ihren letzten Willen auf zusetze». Helene seufzte tief auf, ihr Herz war von banger Sorge erfüllt. Wenn das alte Fräulein starb — wer blieb ihr dann?' Tante Karoline mochte wohl diese und ähnliche Gedanken in ihren bekümmerten Mienen lesen, »nd ein sanftes Lächeln um spielte ihren Mund. „Ich fühle mich besser, Helene, aber die letzte Krankheit hat mich doch aufmerksam gemacht, daß ich nichts mehr auf schieben, sondern lieber das thun soll, was ich längst hätte thun müssen. Ich wollte so lange warten, Helene, bis Du das Alter erreicht hast, welches Dich frei macht. Ist es Stolz, ist es unversöhnlicher Haß gegen die von Birkenweiler, oder was ist es sonst, ich vermag mir selbst darüber keine Rechenschaft zu geben, aber ich weiß, daß ich es seither als eine Unmöglichkeit betrachtet habe, auch Deinetwegen mit den Schloßbewohnern in Verbindung zu setzen. Diese Gefühle habe ich überwunden — cs muß sein. Ich will nicht, daß Du m diesen drückenden Verhältnissen verbleibst. Wie Du an Reichthum des Wissens Margot von Birkenweiler ohne Zweifel überlegen bist, so wirst Du es auch mit irdischen Schätzen sein, und ich hoffe, daß Tu alsdann dauernd vor jeder weiteren Demüthigung gesichert sein wirst." Helme war erschreckt, keine Spur von Freude oder Ge- nugthuung drückte sich bei diesen Worten der alten Dame in ihrem Antlitze aus. Vor ihr stand ein anderes Bild. Was würde die Frciherrin, was würde Margot sagen, wenn Tante Karoline ihren Vorsatz zur Ausführung brachte. Würde man-