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Chemnitzer Anzeiger und Stadtbote : 22.12.1883
- Erscheinungsdatum
- 1883-12-22
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id512382794-188312227
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id512382794-18831222
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-512382794-18831222
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Chemnitzer Anzeiger und Stadtbote
-
Jahr
1883
-
Monat
1883-12
- Tag 1883-12-22
-
Monat
1883-12
-
Jahr
1883
- Titel
- Chemnitzer Anzeiger und Stadtbote : 22.12.1883
- Autor
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ThemuiPer Anzeiger und Stadlbote. -kr. 13V Sonnabend, 22. Decemb«. Seite 3. men; aber auch die übrigen Mitwirtenden zeigten sich, trotz der in der letzten Zeit an sie gestellten bedeutenden Anforderung«» in recht lobenSwerther Weise. So war Frl. Winkler mit gutem Erfolg bemüht, unS da- Bild der Willensschwächen Königin Anna von Eng end zu verkörpern, während Frl. Krauß d«„Abigail" die natürlich herzliche Gestaltung vollkommen zu geben wußte, welche in der diesen Charakter umgebenden verdorbenen Hofluft einen um so wohl- thuend-angenehmeren Eindruck hervorbringt. Eine recht gute Leistung bot Herr Hornau in dem ih« übertragenen „Masham"; wir constatiren dies mit besonderem Vergnügen, indem sich hierin da» redliche Streben deS jungen Darstellers nach größerer Vervollkommnung mit Erfolg offenbart. Kommen wir nochmals auf die beiden Haupt figuren des Stückes zurück, so darf Wohl entschieden behauptet werden, daß sich für die Partie der Herzogin wohl kaum eine berufenere Ver treterin finden dürste, als wir sie in Frau Schindler-Heuser fanden. Da» war in der That in jedem Zuge die herrische, die Geschicke Englands in ihrer Hand haltende Frau, wie sie uns die Geschichte überliefert hat. Und dieser Machtstellung der Hofdame wußte die Darstellerin auch durch den Glanz reichster Toiletten Nachdruck zu verleihen. Herr So «tag befand sich in dem ihm durch seine Rolle aufgedrungenen Hofelemente zwar nicht so recht in seinem eigentlichen Elemente, denn die Elikette legte seinem kaustischen Witz allzustrenge Fessel» an; allein auch sein Bolingbroke athmete da» hervorragende eigenartige Gepräge dieses Künstlers und es war für Freunde echter Schauspielkunst ein Hochgenuß, in beiden Charakteren die mächtigen Vertreter der herrschenden und der nach der Herrschaft strebenden politischen Richtungen mit allen Ränken und diplomatischen Kniffen um den Besitz der Staatsgewalt in meisterhafter Darstellung ringen zu sehen. — Heute Freitag Abend wird Herr Sontag zum letzten Wal« hier auftreten in einer Wiederholung des Lustspiels „Ums Re giment". Morgen Sonnabend beginnen die Aufführungen des „Weih nachtsmärchens". —r. An dem gestern Abend stattgefund-nen Ringkampf be theiligten sich der Bierschrüter, Herr Seidelaus einer hiesigen Brauerei, sowie Herr Matauschewitz, Mitglied des ersten Chemnitzer Kraft- Llubs. Während Erster« nur nach einer längeren Gegenwehr von Herrn Abs geworfen wurde, geschah dasselbe bei Letzterem inner halb weniger Minuten. Wie wir hören, bleibt Herr Abs nur noch bis Montag hier und wird dann nach Paris reisen. — Freunde einer amüsanten Unterhaltung in „schwarzer Kunst" werden auf die heute Freitag und nächsten Sonntag im Waldscblöß- che« stattfindenden zwei Vorstellungen des Zauberkünstlers Mlllini «ufmerksa« gemacht. — Wie wir bereit» früher mittheilten, wird jetzt ein Halb edelstein, Tigerauge (Oroeicivliti,) genannt, vielfach zu Schmucksachen verwendet. Dieser prächtige Stein, der braun gefärbt, und mit gold gelbem oder röthlichem Streifen versehen ist, nimmt sich sowohl in Gold- oder Silberfassung wunderschön aus. Die uns von Herrn Goldarbeit« Arthur Naumann, Holzmarkt 10, II., im Redactions- Bureau vorgelegte Auswahl von Colliers, Armbändern, Brochen und Kreuzen zeigte die Farbenschönheit dieses Steines im vortheilhaftesten Lichte und können wir derartige Schmucksachen als schönstes Weihnachtsgeschenk mit vollem Rechte empfehlen. — In einem Hause der Petersstraße hat im Laufe des nun bald verflossenen Jahres der Tod reiche Ernte gehalten. Nicht Weniger als zehn Opfer hat er gefordert, und zwar sind von den- selbe« neun eines natürlichen Todesjgestorben, während eine Person durch Selbstmord endete. —* In der Maschinenfabrik Germania verunglückte ein Monteur in der Weise, daß, als er den Fahrstuhl aus der 1. Etage »ach dem Parterre führen wollte und sich zu dem Zwecke nach der AuSrückstange in die Bahn des Fahrstuhls beugtes letzterer plötzlich herab, dem Monteur auf die rechte Schulter fiel und dieselbe aus der Kugel herausschlug. —* Borge st ern Abend meldete auf der Polizeiwache ein an der Blankenauerstraße wohnhafter Arbeiter, daß seine Ehefrau gegen die Mittagszeit gedachten Tages ihre zwei jüngsten Kinder, 2 und 4 Jahre alt, in einen Koffer eingeschloffen und die Wohnung dann verlassen habe, ohne zurückgekehrt zu sein. Glücklicherweise habe sein 12jähriger Sohn bald nach dem Weggang seiner Frau die Wohnung betreten, habe Hülferufe der Kinder aus dem Koffer gehört, hierauf «inen Mitbewohner des Hauses sofort zur Hülfe gerufen und sind mit dessen Hülfe die Kinder noch frisch und munter ihrem gefährlichen Gesängniß entnommen worden. — Gestern Abend stellte sich nun die betreffende Mutter freiwillig den Beamten der Kgl. Gefangenanstalt hier, wurde von denselben dem Staatsanwalt zugeführt und da die selbe den Eindruck einer geistig Gestörten machte, zunächst dem Kraukenhause zugeführt. —* Der Besitzer einer an der Zwickauerstraße ge legenen Möbelstoff-Fabrik brachte gestern in Erfahrung, daß ihm von einer in Gablenz wohnhaften ledigen Arbeiterin Garn ge- Johlen worden sei. Die Angeschuldigte wurde gestern Abend beim Verlassen der Fabrik angehalten und in ihrem Handkorb auch eine Quantität verschiedenartiges Garn vorgefunden. Dieselbe war des Diebstahls geständig und gab an, das Garn zu verkaufen beabsichtigt zu haben. Sächliche». — Die Ziehung der 1. Classe der 105. königl. Landeslotterie «folgt am 7. und 8. Januar 1884. Der Loosverkauf hat bereits begonnen. —* Ein Gutsbesitzer in Hartmannsdorf machte gestern Vor mittag die Wahrnehmung, daß ihm von seinem Knechte zwei Säcke Getreide gestohlen und mit nach Chemnitz genommen worden waren. Er depeschirte darüber sofort an die Polizeibehörde und gelang es dies«, den Knecht zu ermitteln und noch im Besitz des gestohlenen Getreides zu finden. — Vieles Aufsehen erregt in politischen Kreisen des Vaterlandes eine vorgestern in Dresden stattgehabte Schöffengerichtsverhandlung, welche die Folge war von Differenzen zwischen Mitgliedern der Fort schrittspartei und zwar den Abgeordneten Curt Starke-Frankenau und Justizrath I)>. Schaffrath-Dresden einerseits und dem Or. mod. Schumann-Dresden andererseits. Letzterer, der bei den Agitationen für die letzten Landtagswahlen nicht auf dem Boden des bekannten Döbelner Compromiffes stand, sondern gegen ein Zusammengehen mit den Rechtslibcralcn war, hatte sich anläßlich diel« Agitation in Briefen an erstgenannte Herren die gröblichsten Beleidigungen zu schulden kommen lassen und wurde deshalb auf die Klage der Beleidigten zu 14 Tagen Gesängniß verurtheilt. Doch wurde auch eine von II,-. Schumann gegen den Abg. Starke eingereichte Widerklage als zu lässig anerkannt, aber gegen letzteren Wegen seiner brieflichen Aeuße rungen im Hinblick auf die vorausgegangene starke Provokation auf nur 20 Mk. Geldstrafe erkannt. — Ein recht menschenfreundlicher Act spielte sich neulich bei einer Schöffengerichtssitzung in Dresden ab. In derselben wurde ein junger Mann deshalb zu 6 Monaten G esängniß verurthei t, weil er seine Wirthin, eine Vermietherin, in schändlicher Weise um den Zins und um den Betrag der ihm täglich gewährten Beköstigung in der Höhe von 88 Mk betrogen hatte. Da die unbemittelte Frau nicht die mindeste Aussicht halt-, zu ihrem schwer vermißten Gelbe zu lammen, riefen die beiden Herren, welche als Schöffen fungirten, nach Schluß der Verhandlung die Frau zur Seite und gewährten ihr ein jeder 44 Mk. au» eigen« Tasche. Freudenthränen benetzten di« ab gehärmten Wangen der hochüberraschten Frau. — Eine elektrische Weichenstellung ist auf dem Zwickau er Bahnhof bereits in Betrieb gesetzt worden, während zwei weitere derartige Anlagen in der Ausführung begriffen sind. Der Erfolg dieser elektrischen Weichenstellung in Bezug auf Sicherheit der die Weichen passtrenden Züge, sowie die Einfachheit deS Betriebes selbst wird ungemein gerühmt. — 20 Monate zur Verdauung. Im Juni d. I. hatte sich im Hotel zum weißen Roß in Marienberg ein gewiss« Herr Arno Weber aus Dresden einlogirt und gab sich als Schauspiel« bezw. Dramaturg aus. Er verstand es, die Marienberger bald so für sich einzunehmen, daß er ihr erklärter Liebling und Gesellschafter wurde. Nachdem er 7 Wochen dort als feiner Herr gelebt, Soiroen entrirt und zuletzt noch ein splendides Abendessen gegeben hatte, ver duftete er, ohne seine Hotelrechnung bezahlt und Abschied genommen zu haben. Dieser böse Streich hat nun sein Nachspiel vor Gericht gefunden, welches dem edlen Spender des Soupers, dessen wirklicher Name Willy Freund ist, 20 Monate Zeit zur Verdauung desselben zudictirt hat. II. Abonnement-Coneert des Stadtmusikchors. Der Geist weihender und erhebender Classicität waltete in den meisten der Darbietungen dieses LonccrtS- Und wie dürfte dies auch anders er wartet werden, da ein Joachim, unter den jetzt lebenden Virtuosen ersten Ranges der vornehmste Vertreter der streng klassischen Musikrichtung, an der Spitze der Aussührenden stand und mit dem Wundergesange seiner Geige die unvergleichlichen und unvergänglichen Schöpfungen der Altmeister der Ton kunst in reinster vollkommenster Gestalt i»S tönende Leben rieft Wir haben nun in verhältnißmäßig kurzen Zeitabschnitten, dank den lobenswerthen Be strebungen unseres Stadtmusikdirectors Herrn Fritz Scheel, dem Publikum möglichst viel Instrumental-Virtuosen von bedeutendstem Rufe vorzuführen, Gelegenheit gehabt, die Heerführer der Violinisten, Sarasate, Wilhelmj und Joachim, bei uns zu hören. Man wurde hingerissen, bezaubert, enthusiasmirt von dem bestrickenden Wohllaut des Spieles des feurigen Südländers, man staunte die titanenhafte, mit wuchtigem Strich und kerniger machtvoller Auf fassung charakterisirte phänomenale Künstlerleistung des großen Wagnerfreundes an, man empfing aber von keinem der Beiden in so überzeug endein Maße den Eindruck edelster elastischer Ruhe und beispielloser Gediegenheit bis zum kleinsten und unbedeutendsten Bestandtheilchen des Kunstwerkes herab, wie von Joachim. Diese rührende Pietät, welche sich alle geistigen und technischen Mcisterqualitäte» der eigenen reich- und hochbegabten Künstlernatur nur zu dem einen lautersten Zwecke dienstbar macht, die unantastbar heilig und ehrwürdig dastehenden Kunstwerke der Meister der Glanzperiode der rein- elastischen Musik in ihrem wahrsten, tiefsten Sinne ohne subjective Zuthat zu ersahen und wiederzageben, bildet den Hauptgrundzug der Leistungen des großen Künstlers. Da ist kein Ueberhasten, kein Ermüden, da erinnert kein Extrem nach irgend welcher Seite an den Künstler, der eben aussührt; da wird mit jeden! Tone die Aufmerksamkeit des Hörers nur aus die Größe und Gewaltigkeit der Kunstschöpsung hingewiesen und die solches wirkende Gestalt des berufenen Interpreten tritt vollständig in den Hintergrund. Das ist wohl der idealste, erhabenste Standpunkt, den ein Virtuos dem Kunstwerk gegenüber einnehmcn kann, und diese Selbstlosigkeit gereicht deshalb auch einem Künstler ersten Ranges, wie Professor Joachim, zur höchsten Ehre Daß Beethovens Violinconcert unter solche» Umständen zu einer unbeschreiblich großartigen und feinfühligen Ausführung gelangte und daß Spohrs Larghetto aus dem 7. Violinconcert. vor Allem aber die gütigst als Ueberstück bewilligte Bach'sche Lhaconue aus der vmoll Sonate für Violine allein mit wahrhaft verblüffender Meisterlichkeit vor dem entzückt lauschenden Auditorium er schienen, darf nach dem Borhergesagtcn als selbstverständlich bezeichnet werden. Höchst charakteristisch erfaßt und durchdrungen von dem heißblütigen Element des Ungarthums gestalteten sich auch die ungarischen Brahms'schen Tänze, nur ist man durch das Originalarrangcmcnt einestheils und seine brillant ausgestattete Bearbeitung für Orchester anderntheils so sehr an den solcher gestalt zu Tage tretenden Charakter dieser Compositionen gewöhnt, daß das Zurücktreten der, Hauplstimmen und Motive enthaltenden Clavierbegleitung zur Solovioline eigenthüinlich berührt. Natürlicherweise machte Joachims Geige diese sich momentan ansdräugende Betrachtung bald vergessen. Der verehrte Künstler wurde vom Publikum auss Begeistertste gefeiert, mit Applaus empfangen nnd nach den Darbietungen wiederholt stürmisch gerufen. Der Vollständigkeit halber geben wir noch einige kurze biographische Notizen über den Besprochenen. Joseph Joachim wurde im Jahre 1831 zu Kittsee bei Preßburg geboren, concertirte bereits mit 7 Jahren öffentlich, ward 1838 Schüler des Wiener Conservatoriums, spielte 1843 schon mit glänzendem Erfolg in Leipzig in einem Concert der Viardot-Garcia, sowie im Gewand hause, setzte dann daselbst unter David seine Studien fort, ward 1859 Concert- meister in Weimar, 1854 königl- Concertmeister und Kammervirtuos in Hannover und wurde 1868 nach Berlin als Director an die neuerrichtcte Hochschule für Musik berufen, wo er jetzt noch weilt und eine segensreicheLchrthätigkeit entfaltet. Um nun auch des zweiten Hauptsactors, unseres Stadtmusikchors zu gedenken, so heben wir gern hervor, daß sich dasselbe sehr brav hielt und unter der befeuernden Leitung seines Dirigenten den möglichsten Grad von Voll kommenheit zu erreichen suchte- Standen die ersten Sätze der Mozart'schen Sinfonie, deren Andante-Satz uns übrigens etwas zu ruhig genommen dünkte, noch mehr »der weniger unter dem Zwange, welchen die Einleitungs nummern hinsichtlich Wärme und Einheitlichkeit des Spiels, sowie namentlich mit Rücksicht aus Stimmungsreinheit in den Streichinstrumenten fast immer unterworfen sind, so kamen dost schon Menuett und Finale zu gesteigert schönem Bortrag, und die darauffolgende Begleitung des Beethoven'schen Violinenconccrtes war künstlerisch so hochstehend, so discret und verständniß- voll, daß wir sie dem Besten beizählen, was unser Stadtorchester leisten kann und geleistet hat. Die Fagottisten thaten sich besonders rühmlich hervor und gebührt ihnen, insonderheit Herrn Höpp alle Anerkennung. Herrn Director Scheel aber höchstes Lob für das feinfühlige Eingehen auf die Intentionen des Solisten. Schwungvoll und geistig belebt gestaltete sich auch die Aus führung der anderen Orchesternummern, gleich vortrefflich die fernere Be gleitung zum Spohr'sche» Solosatz. Das letzte Orchesterstück „Jota Araaonesa" von M.J. Glinka stand zu dem Lharacter eines Abonnementsconcertes, besonders eines so exclusiv elastischen, wohl nur in dem sehr äußerlichen Zusammenhänge, daß es von einem uns an sich sehr werthen Solisten des ersten Abonnemcnts- concertes, Herrn Professor Davidoff aus Petersburg, Herrn Director Scheel empfohlen resp. bei uns importirt wurde. Seinem Werth und Character nach gehörte es in ein Concert, wie das gestrige war, nicht, und würde es auch als Gegenstück zu den Brahms'schen Tänzen weniger eigenthüinlich berührt haben, so muhte sein gewöhnlicher in Instrumentation und Ton mache aus grobknalligen Effect berechneter Inhalt nach einer Bach'schen Lhaconne, nach dem reinsten erhabensten Kunstgenuß, den man sich nur denken kann, geradezu abstoßend wirken- Wir wollen uns das Stück als Schlußnummer eines SinsonieconcerteS gern mit anhören, es wird auch seine Freunde finden und zum Bewundern vielleicht auch das Raffinement übrig lassen, niit welchem die Instrumentation gearbeitet ist. Aber zum gestrigen Concert paßte die Composition, wie die Faust aufs Auge, und wir würden es Herrn Director Scheel nicht verdacht haben, wenn er, eingedenk der weihe vollen Stimmung, welche die allerdings unvorhergesehene Bachzugabe Joachim's zum Gipfelpunkt gesteigert hatte, das letzte Stück einfach cassirt hätte. — Die heikle und wenig dankbare Clavierbegleitung zu den Brahms'schen Tänzen führte Herr Max Seydler bestens durch. — Zum Schluß möge es uns vergönnt sein, einem uns schon von vielen Abonnementsconcertbesuchern kundgegebenen Wunsche Worte zu verleihe». Wäre es Herrn Director Scheel nicht möglich, nachdem nun so viele Jnstrumentalvirtuosen ersten Ranges für Violine, Cello und Clavier hier ausgetreten sind, für das dritte Concert eine tüchtige hervorragende Gesang skrast zu engagiren? Er würde damit ein wohl fast allerseits empfundenes Bedürsniß befriedigen. — >1r. Gerichtshalle. —tr. Strafkammer II vom 19. Decbr. Der Strumpfwirker Johann Gottlieb Gränitz aus Weißbuch b. Zschopau (1825 geboren und bereits vorbestraft) war des Betrugs in zwei Fällen angeklagt und für schuldig erachtet, wurde er zu 5 Monaten Gesängniß verurtheilt. Der Handarbeiter Gustav Adolph Frank aus Niederschlema (24 Jahre alt und gleichfalls schon vorbestraft) hat sich eines schweren Diebstahls schuldig gemacht und deshalb wurde er, jedoch unter Annahme mildernder Umstände, zu 3 Monaten Gesängniß verurtheilt. Der Zwangsarbeiter Friedrich Anton Gerlach aus Frankenberg ("1 Jahre alt und vorbestraft) wurde wegen Verübung einer vorsätzlichen schweren Körperverletzung mit 6 Monaten Gesängniß belegt. Die Cigarrenarbeiterin Emilie Auguste Böhme geb- Dietze aus Gablenz (l844 geboren) war der Bestechung angeklaat. Der Nachtwächter Bergmann in Gablenz hatte vor einiger Zeit Veranlassung, gegen die Ange klagte bei seiner Vorgesetzten Gemeindebehörde eine Anzeige zu erstatten. Am Abend desselben Tages, an welchem Bergmann die Anzeige bereits bewirkt hatte, erschien bei der verehel- Bergmann die Böhme, welche — da ihr die Sache fatal war — Erstere bat, ihren Ehemann zu bestimmen, von der betr. Anzeige abzustchen; gleichzeitig versprach die Böhme, an Bergmann 3 Mk. zahlen zu wollen, wenn er die Anzeige unterlasse. Dieselbe war aber schon erfolgt und als Bergmann von seiner Ehefrau das Anerbieten der Böhme erfahren hatte, erstattete er gegen dieselbe wegen Bestechung eine weitere Anzeize. Die Angeklagte gab nun heute z», der verehel. Bergmann 3 Mark versprochen zu haben, um sie zu bewegen, ihren Ehemann von der fraglichen Anzoige ab zuhalten; Bergmann selbst habe sie das Geld nicht versprochen und auch nicht geben wollen. Dies« Einwand wurde aber von dem Gerichtshöfe für irrelevant erachtet und deshalb erhielt die Böhme wegen Bestechung 10 Mk. Geldstrafe, eventuell 2 Tage Gesängniß und die Kosten des Strafprozesses auferlegt. Der Färber Friedrich Wilhelm Fischer au» Burgstädt, jetzt in Taura wohnhaft (bereits vorbestraft) und der Färber Friedrich Franz Bogel au» Schweizerthal (l8b3 geboren und noch unbestraft) waren angeklagt und zwar Fischer, am Abend de- 19. September d. I. au» dem Garten de» Herrn Commercienrath Kreßner in Schweizetthal einen etwa 45 Pfund schweren Kürbis im Werthe von 2 bis 3 Mk. gestohlen und Bogel, dem Fischer beim Diebstahle dadurch Hilfe geleistet zu haben, daß er Letzterem zur Fortschaffung des KürbseS einen Wagen geliehen und die umfangreiche Frucht mit «ufgeladen hat. Fischer gab zu, den Kürbis an sich genommen und sort- geschasft zu haben, doch leugnete er die Entwendung dieser Frucht au» dem Gemüsegarten der K'schen Besitzung. Er habe den Kürbi» zwei ihm unbe kannten Männern abgejagt, von denen er vermuthe, daß sie ihn aus dem Genlüsegarten geholt haben. Obgleich der Kürbis noch auf dem K'schen Grundstück gelegen, habe er ihn (wenigstens zur Hälfte, denn die andere Hälfte sei ihm unterwegs in's Wasser gefallen) doch mit nach Hause genommen und in Gemeinschaft mit seiner Familie verzehrt. Bogel stellte in Abrede, gewußt zu haben, zu welchem Zwecke Fischer den Wagen damals von ihm lieh. Fischer wurde des einfachen Diebstahls für schuldig erachtet und zu 3 Tagen Gesängniß verurtheilt, während Bogel seine Freisprechung erzielte. — tr. Strafkammer II vom 19. Decbr. Der Oeconomiever- Walter Richard Eduard Franke aus Be lg ern (19 Jahre alt und bisher noch unbestraft) wurde eines ihm beigemeffene» Diebstahls für schuldig er achtet und deshalb zu 5 Monaten Gesängniß verurtheilt. Der Bergarbeiter Johannes Gering aus Wilhelmsthal, der Berg arbeiter Gottlob Heinrich Bauer aus Zsch o rla und Caroline Wilhelmine Weck geb. Schubert au« Oelsnitz waren angeklagt und zwar, Gering und Bauer, in der Nacht zum 23. August d. I. einem Gutsbesitzer B- eine grö ßere Anzahl alte Bauholzstücken und eine Schwarte aus einem umschlossenen Garten gestohlen und zu der Mitangeklagten Weck geschasst zu haben, wäh rend der Weck zur Last fiel, von diesen Holzern in dem Bewußtsein, daß sie gestohlen waren, mehrere zerhackt und als Feuerholz verwendet, sich also der Hehlerei schuldig gemacht zu haben. Es ergab jedoch die Beweisaufnahme für die Schuld der Weck keinen Anhalt und deshalb wurde sie sreigesprochen. Dahingegen wurden Gering und Bauer des ihnen beigemeffenen Diebstahls für schuldig erachtet und verurtheilt: Gering zu 3 Monaten, Bauer dagegen zu nur 1 Monat Gesängniß. Strafkammer II vom 20. Decbr. Der Redacteurder im Berlag von W. Kafemann in Chemnitz erscheinenden „CH. Zeitung", Joachim Martin Hildebrandt in Chemnitz, und der Schlosser Carl Albert Helber da selbst standen heute unter der Anklage der Beamtenbeleidigung. Am 8. Octbr. d. I. Abends ging Helber in Begleitung zweier Arbeitskollegen auf einem Trottoir der äußeren Klostcrstraße Hierselbst. Die drei Personen waren etwas angetrunken und in diesem Zustande stieben sie an verschiedene vorüber gehende Personen. Dies bemerkte ein patrouillirender Schutzmann, welcher die jungen Leute aufforderte, ihm nach der Polizeiwache zu folgen. Da sie dies nicht gutwillig thaten, faßte der Schutzmann den Einen, Schlosser Krö nin g fest, während Helber und der Schlosser Adrian sich aus die Seite drückten. Kröning wurde arretirt. Da aber Helber mit ihm zusammen wohnte- und der Eine ohne den Anderen (sie hatten blos einen Hausschlüssel) nicht in die Wohnung gelangen konnte, ging Erster« in Begleitung des Adrian dem arretirten Kröning bis zur Polizeihmrptwache nach. Kröning betrug sich daselbst renitent und wurde deshalb nach dem Arresthaus abgeführt. In zwischen waren auch Helber und Adrian in die Wachtstube getreten. Letzter« »erlangte ohne Weiteres ein Glas Bier. Dies und der Umstand, daß Adrian und Helber sich ebenso wie Kröning des groben Unfugs schuldig gemacht halten, veranlaßte den wachthabenden Wachtmeister, gegen diese beiden Leute ebenfalls einzuschreiten. Dieselben zeigten sich renitent und deshalb wurden sie auch nach dem Arresthaus nbgeführt. Als die Helber sistirenden Schutz leute mit ihrem Arrestanten im Arresthaus angekommen waren, sagte d« Arresthausinspector zu ihnen: „Das' ist wohl ein Obdachloser?" „Was? Obdachloser!" riek Helber aus und dabei drang er aus den Arresthausinspector ein Dieser aber wehrte in nicht mißzuverstehender Weise Helber von sich ab. Letzterer machte jedoch abermals Miene, aus den Arresthausinspector loszugehen und nun faßte dieser Helber an und stauchte ihn in eine Ecke der Hausflur. Die anwesenden Schutzleute bemühten sich, den Widerspenstige» niederzuhalten und inzwischen wurde ein Bret Herbeigeholt, aus welches Helb« geschnallt wurde, um ihn bequem nach der im oberen Stock deS Ärresthause» be findlichen Zelle tranSportiren zu können. Als Helber am anderen Morgen ent lassen wurde, zeigten sich an ihm, und namentlich am rechten Auge, einige nicht unbedeutende Verletzungen- Dieselben schrieb Helber Mißhandlungen zu, welche er am Abend vorher von den Beamten - erlitten haben will. Helber wandte sich zuerst mit einer Beschwerde an den Polizeiinspector, sodann ließ er sich von Herrn Medicinalrath vr. Flinzer hier ein Attest über seinen Zustand ausstellen und hierauf machte er von dem Vorfälle bei der Staats anwaltschaft Anzeige. Schließlich wendete er sich noch an den Redacteur Hildebrandt, welcher über die Sache in Nr. 238 der „CH. Zeitung" aus Grund der Angaben Helber's berichtete. Durch dieses Referat fühlte sich daS Hiesige Polizeiamt beleidigt, und deshalb stellte die Polizeidirection gegen die Urheber desselben Strafantrag. Die Staatsanwaltschaft stellte auch alsbald die Unter suchung gegen die denuncirten Polizeibeamten ein, da denselben eine Ver schuldung nicht zur Last gelegt werden konnte, und nun nahm sie die Anklage gegen Htldebrandt und Helber in die Hand. (Letzterer wurde bereits am 6. Novbr. d- I. wegen Widerstands und groben Unfug» vom hiesigen Schöffengericht mit 4 Wochen Gesängniß und 1 Tag Hast belegt.) Heute behauptete nun Helber gleichfalls, an Mein Abend von ihm nicht näher be kannten Beamten mißhandelt worden zu sein. Er gab aber andererseits zu, daß er durch lose Reden die Beamten gereizt haben möge. Weiter versicherte er, daß Hildebrandt über den Vorfall genau so berichtet, wie er ihm densel ben geschildert habe. Hildebrandt bestritt, bei Veröffentlichung deS angefoch tenen Artikels in beleidigender Absicht und wider besseres Wissen gehandelt zu haben. Der Zustand, in dem Helber zu ihm gekommen sei und daS ärzt liche Attest hätten in ihm die Ueberzeugung hervorgerusen, daß Helber ihm mit dem, was er erzählte, die Wahrheit gesagt habe- Er habe keinen Grund gehabt, a» der Glaubwürdigkeit Helber's zu zweifeln. Er glaube, in Wahr nehmung berechtigter Interessen gehandelt zu haben und deshalb beantrage er seine Freisprechung. Der Bertheidiger Helber's, Herr vr. Pohl, bean tragte die Freisprechung seines Defendenden, die auch erfolgte, da der Gerichts- Hof anerkannte, daß Helber in Wahrnehmung berechtigter Interessen (8 193 des Strafgesetzbuchs) gehandelt habe. Dahingegen wurde Hildebrandt d« Beamtenbeleidigung, verübt durch die Presse, für schuldig erachtet und zu 1 Monat Gesängniß verurtheilt. Verantwortlicher Redacteur: vr. xdil. O. Müller in Chemnitz. Bericht des Schlacht- und Biehhofes vom SO. Deebr. Auftrieb: 54 Rinder, 246 Landschweinc, 187 Bakonier, 115 Schafe, 279 Kälber. Für Rinder wurden 66—69 Mk- auf lOO Pfd. Fleischgewicht bezahlt. In Rindern war das Geschäft sehr flau- Schweine, Bakonier wurden mit 48 50 Mk., Landschweine mit 54 Mk. 100 Pfd. lebend Gewicht bei 40 Pst». Tara bezahlt. Schafe waren gesucht und wurden für 100 Pfd. lebend Ge wicht 82—:>5 Mk. gezahlt- Für Kälber wurden 32—34 Mk. auf 100 Pfd. lebend Gewicht erzielt. Das Geschäft in Kleinvieh, Schweine, Schafe und Kälber, ging flott und ist der Markt fast vollständig geräumt- Unverkauft blieben am letzten Markt 18 Rinder, 9 Bakonier und 36 Schafe. Vergnügungs-Anzeiger. Freitag, den 21. und Sonnabend, den 22. Decemb«. Mosella. Täglich Künstler-Vorstellung. Ga st Haus zur Linde, großer Saal Täglich Künstler-Vorstellung. Gasthaus zur Bleibe, Bernsbachstraße 18. ff. Biere. Gute Speisen. Angenehmer Aufenthalt. Restaurant z. Plei so. ff. Biere, reichhaltige Speisenkarte. Schöne Lokalitäten. Restaurant zur Handelskammer, Holzmarkt 5. ff. Biere, reichhaltige Speisenkarte. Restaurant Passage. Gute Biere, gewählte reichhaltige Speisenkarte. Vorzüglichen Mittagstisch- — Freitag Abend Pökelschweinsknöchel mit Klößen. Waldschlößchen. Freitag und Sonntag Auftreten des Zauberkünstlers Herrn Millini. Strumpf-Waaren, gut und billig, empfiehlt 08»»8" W »nkv, Schäfers Pafsäge, Laden Nr. 17, Eingang nächst der Langestraße.
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