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Nr. 91. — 8. Jahrgang. Der jeden Wochentag Abend (mit Datum des salzenden Tage») zur Versendung gelangend- „Sächsische LanVeS-Anzeiger» mit täglich einem besonderen Unter- baltunzSblatte und mit dem Extrabeiblatt Lustiges Bilderbuch kostet bei den Ausgabe- stellen monatlich 70 PW., bei de»Post-AnL -5 Pf. (1888er ZtgS.-Preisliste Nr. 503s.) Sächsischer Illustr. Kalender des Eiichsischcn Sandbolen. IllustririeS IahreSbuch deSSandeS-klnzrigerS. mit „Chemnitzer Stadt-Anzeiger". Unparteiische tägliche Zeitung für Sachsen und Thüringen. Freitag, 2V. April 1888. «nzelgenpreisdes „Stichs. SandeS-Anzelaers", Raum einer schmalen CorpuSzeile Io Pka. Bevorzugte Stell, (Ispalt. Petitzelle) 80 Pf. BciWiederholung großer AnnoncenRabatL Bei Bestellungen vvn Answärt» wolle man Jnsertionsbetrag (inBriesmarken) beifügen lie 8 Silben EorpnSschrist bilden ca. ILeile.) Allnoncenannahme nur bi» Vormittag Ltcki: MklNii» Wb Buchdnlckerri. Chemnitz. Lheaterstraßr 5 (Fernsprechstelle Nr. 186). Telegr -Adr.: Landes-Anzeiger, Lhemnltz. Mit täglich einem besonderen Unterhaltungsblatt: i. Kleine Botschaft — 2. Sächsischer Erzähler — 3. Sächsische Gerichts-Zeit,mg 4. Sächsisches Allerlei — b. Jllnstrirtes Unterkalt,mgsblatt — 6 Sonntagsblatt — Ertra-Beiblatt: Lustiges Bilderbuch. Amtliche Bekanntmachungen. Im Handelsregister für den Landbezirk des Unterzeichneten Amtsgerichts wurde heute ans Folium 117 verlautbart, daß Herr Albin Robert Lasch auS der Finna Richard Friebel's Nachfolger in Siegmar als Theilhaber ausge schieden und daß der Kaufmann Herr Clemens Richard Biehle in Siegmar in die genannte Firma als Mitinhaber eingetreten ist. Chemnitz, am 17. April 1888. Königliches Amtsgericht. Im Handelsregister für den Landbezirk des Unterzeichneten Amtsgerichts wurde heute auf Folium 285 verlautbart, daß Frau Anna Marie verw. Püsch- mann, geb. Lämmel, in Neukirchen die Firma F. C. Püschmann daselbst aus dem Nachlasse des bisherigen Inhabers derselben zur Fortführung über nommen hat. Chemnitz, den 17. April 1888. Königliches Amtsgericht. Im Handelsregister für den Stadtbezirk de- Unterzeichneten Amtsgerichts wurde heute auf Folium 1773 verlautbart, daß Frau Thekla Minna verehel. Kramer, verw. gew. Striegler, geb. Held, in Chemnitz die Firma Reinhard Striegler daselbst aus dem Nachlasse des bisherige» Inhabers derselben zur Fortführung übernommen hat, künftig aber Reinhard Striegler'S Nachf. prm Iren wird. Chemnitz, den 17. April 1888. Königliches Amtsgericht. -------- Telegraphische Nachrichten. Vom 18. April. London. Aus Odessa wird gemeldet, daß der General- -ouverneur die Ausweisung von viertausend ausländischen Juden aus Cherson angeordnet habe. Kon staut in opel. Die Pforte hat dem französischen Bot schafter mitgetheilt, daß sic die englisch-französischen Gegenvorschläge zur Abänderung der Suezkanal - Convention nicht annehmen könne. Dagegen bemüht sich die Pforte neuerdings, England zur Wieder aufnahme der Unterhandlungen über die mit Wolfs abgeschlossene Convention in Betreff Egyptens zu bewegen, und sie hat sich bereit erklärt, zu diesem Zwecke einen Specialbevollmächtigten nach London zu schicken. Sofia. Der frühere Ministerpräsident Burmow, ein eifriger Zankovist-, reiste in Folge einer Berufung der russischen Regierung nach Petersburg. Charlottenburg, IS. April 11 Uhr S4 Min. Im Befinden des Kaisers ist seit Mitternacht erhebliche Verschlimmerung eingetreten. Politische Rundschau. Chemnitz, den 19. April. Deutsches Reich. Zur Beruhigung der Leser konnten wir durch gestern Nachmittag eingcgangene Telegramme mitthellen, daß die relative Besserung in dein Befinden unseres Kaisers Friedrich angehalten hatte. Wie bei jeder Bronchitis, so auch nahmen in diesem Falle des Abends die Fiebererscheinungen an Stärke zu, und infolge dessen mußte auch vorgestern Abend zwischen 8 und 9 Uhr eine Er höhung der Körpertemperatur cvnstatirt werde». Herr Professor Leyden, der am Dienstag auf besonderen Wunsch der behandelnden Aerzte Abends etwas nach 9 Uhr abermals nach Charlottcnburg ge rufen worden worden war, konnte nach genauer Untersuchung der Lungen feststellen, daß die befürchtete Lungenentzündung nicht eingc- treten sei, und daß auch die Bronchitis keine weiteren Fortschritte gemacht habe. Man hatte guten Grund zu der beruhigenden Annahme, daß die imminente Lebensgefahr, soweit sie von der Bronchitis herrührte, zur Zeit als glücklich überwunden betrachtet werden dürfe. Der Kaiser legte zeitweise, ein gewisses Appetitgefühl an den Tag, welches durch Nahrungsmittel in flüssiger Form, namentlich durch Fleischpepton-Lösungeu in Thee, befriedigt werden konnte. Nach dem vorgestern Abend noch vor dem Eintreffen des Geheimraths Leyden eine Kousultation der behandelnden Aerzte stattgefunde», ist man zu dem Beschluß gekommen, die augenblicklich von dem Kaiser benutzte Canüle durch eine neue zu ersetzen, welche, ähnlich wie die seiner Zeit in San Remo benutzte, eine bedeutend größere Biegung zeigt. Dieselbe soll nicht mit beweglichen Gliedern versehen sei», sondern eine feste Konstruktion besitzen. Um 10 Uhr Morgens fand gestern das erste Konsilium aller an das Krankenlager des Kaisers berufenen Aerzte statt. DaS Ergebniß desselben ward in dem folgenden Bulletin niedergelegt, welches im „Reichs-Anzeiger" erschien: Charlottenburg, den 18. April 1888, Vormittags 10 Uhr. Se. Majestät der Kaiser und König hatten eine ziemlich ruhige Nacht. Im Uebrigen ist, bei andauerndem Fieber, der Zustand Sr. Majestät seit gestern nicht verändert. Morell Mackenzie. Wegner. Krause. T. Mark Hovell. von Bergmann. Leyden. — V«12 Uhr erschien Fürst Bismarck, der im offenen Wage» von Berlin nach Charlottenburg gefahren war. Bei seiner Ankunft vor dem Schlosse ward der Reichskanzler von der harrenden Menge mit lautem Zuruf begrüßt. Fürst Bismarck verweilte eine Stunde im Schlosse, wo er mit dem Kaiser kvnferirte, und fuhr dann nach Berlin zurück. Auch der Obcrceremonienmeister Graf Eulenburg hielt beim Kaiser Vortrag. Der Kaiser zeigte sich um 12-/, Uhr und sodann wieder um 1-/i Uhr am Fenster in der Gencral-Jnterinisuniform und wurde jedesmal von der standhaft den Platz behauptenden Menschenmenge mit jubelnder Freude begrüßt. Das Befinden des Kaisers war bis in die Nachmittagsstunden unverändert. Der Appetit war andauernd gut. — Dagegen veröffentlichte gestern Abend der „Reichsanzeiger" in einer um 9 Uhr veranstalteten Extraausgabe folgendes Bulletin: „Bei dem Kaiser ist heute Abend wieder eine Steigerung des Fiebers und stärkere Beschleunigung der Athmung eingetreten, infolgedessen ist auch das Allgemeinbefinden nicht so gut. Or. Mackenzie rc." — Preußisches Abgeordnetenhaus. Zweite Lesung des Volks schullastengesetzes. Für das Gesetz sprechen die Abg. Tram, Langer Hans, v. Zedlitz; gegen dasselbe die Abg. v. Meyer (Arnswalde), Seyffard, v. Minnigerode. Minister v. Scholz bestreitet, daß eine Verfassungsänderung vorliegc, und bittet tz 1 der Regierungsvorlage anzunehmen. Windthorst behauptet, es liege eine Verfassungsänder ung vor. Einsacher wäre cs, die Besoldungen der Lehrer zu erhöhen und die Mittel zu Schulbauten zu vermehren; dann würden die meinden entlastet, den Lehrern aufgeholsen werden. Minister von Goßler: Die Erhöhung der Besoldungen erleichtert die Gemeinden nicht, tz 1 wird in der Fassung der Commission angenommen. HZ 2 bis 3 werden ohne Debatte angenommen. Bei Becathung des Kompromißantrages Hobrecht und Genossen vertagt sich das Haus Nächste Sitzung: Donnerstag. Fortsetzung und Nothstandsvorlage. — Das gestern zur Ausgabe gelangte Rcichsgesetzblatt enthält das Gesetz betr. die Ausführung der am 9. Septbr. 1886 zu Bern abgeschlossenen Uebereinkunft wegen Bildung eines internationale» Verbandes zum Schutz von Werken der Litteratur und Kunst, wonach die vorbehaltenen Bestimmungen über die Art und Weise der A» Wendung des in Art. 14 der Uebereinkunft enthaltenen Grundsatzes durch kaiserliche Verordnung mit Zustimmung des Bundesrathes ge troffen werden. — Die Arbeiten für Herstellung des deutschen bürgerlichen Gesetzbuches sind noch keineswegs vollständig zum Abschluß gebracht; es erübrigen nach Feststellung der einzelnen Theile bekanntlich noch Uebergaugs- und Ergänzungs-Bestimmungen, welche immerhin den Zusammentritt der Kommission noch verschiedentlich nöthig machen werden. Es sind denn auch in dieser Beziehung eine Reihe Aender- ungen neuerdings getroffen worden. — Die zweite badische Kammer hat den Beschluß ihrer Kom mission ratifizirt und die Kirchenvorlage nicht in der Fassung des Negierungsentwurfes, sondern in der ihr im Ausschuß gegebenen Ge statt mit allen liberalen gegen die ultramontancn und demokratischen' Stimmen genehmigt. Artikel 4, welcher die Aushilfe in geistlichen Nothstnndsdistricten durch Ordenspricster verlangte, ist also gefallen. Im unheimlichen Hanse. Erzählung von Friedrich Berner. Fortsetzung. Nachdruck verboten. „Tausend Dank!" rief Paul leidenschaftlich. „Aber das genügt «ir nicht, von Ihnen nicht! Von Ihnen verlange ich mehr, unend lich viel mehr . . . Nein, ziehen Sie Ihre Hand nicht zurück . . . Janka,. ich liebe Sie!" „Herr von Roland!" „Zürnen Sie mir nicht, Janka! Ich liebe Sie seit dem ersten Schritt, den Sie in dieses Haus thaten!" „Aber ist es jetzt die Zeit zu einer solchen Erklärung? Denken Sie doch an Alles, was wir kaum erst durchlebt haben!" sagte Janka «it sanftem Vorwurf und hoch crröthend. „Was soll's mit der Zeit? Warum ist diese Stunde ungecig- *eter, als «ne andere? Der Rath und die Hülfe, deren ich bedarf, können mir nur aus dem Herzen eines Weibes kommen, das mich liebt. O, gehen Sie nicht fort, hören Sie mich zu Ende! Als wir den Inhalt jenes Testamentes vernahmen, da wollte mir ein Gefühl seligen Glückes fast das Herz zersprengen, denn die Schrift des seligen Großonkels sagte mir nicht allein, daß ich nunmchr ein reicher Mann sei, sonder» auch, daß ich jetzt im Stande wäre, alle meine Reichthümer zu Ihren Füßen niederlegen zu können! Dann aber, als wir entdeckten, daß die Schätze verschwunden waren, über kam es mich fast wie Verzweiflung; nicht um des gestohlenen Mammons willen, sondern weil ich mich dadurch wieder weit von Ihrer Seite fortgerissen fühlte ! Aber hören Sie, Janka: Ich werde alle meine-Kräfte daran setzen, zu erforschen , auf welche Weise man mir mein Vermögen entrisse» hat, um dann noch zu retten, was zu retten ist!" Janka's Augen funkelten. „Helfen Sie «ir in diesen Bestrebungen", fuhr Paul fort, „und Versprechen Sie mir Eines: Wenn ich eine- Tages mein Eigenthum wieder erlangt haben und dadurch in die Lage gekommen sein werde, Sie um Ihre süße Hand zu bitten— wollen Sie mich dann erhören?" Sie «rhab ihre schwarzen, fiesen, wundervollen Augen zu de» seinen und ließ es geschehe», daß er ihre Hand an sein Herz drückte. Dann entzog sie dieselbe langsam seinem Griffe und sagte leise: „Es schmerzt mich, Herr von Aoland, daß Sie mich für so ge- wüuffüchtig hatten." .Also Sie Leben mich? Janka, Sie lieben mich?" — Die Vorbereitungen für die Herstellung der neuen Münzen mit dem Bildnisse des Kaisers Friedrich sind nunmehr so weit beendet, daß mit der Prägung in etwa 14 Tagen begonnen werden kann. Es dürften zunächst Zwanzigmarkstücke zur Ausprägung gelangen. Die Einziehung und Umprägung der silbernen Zwanzigpfennigstücke wird dann, der „Weser-Z." zufolge, auch zur Herstellung von Zwei« und Fünfmarkstücken mit dem Bildniß des Kaisers Friedrich Veran lassung bieten. — Die Belforter Skandalangelegenheit scheint ein diplomatisches Nachspiel erfahren zu sollen. Die drei mißhandelten Studenten find, nach dem „H. C.", auf Veranlassung des auswärtigen Amte- von dem Bezirksamt in Freiburg einzeln protokollarisch vernommen worden. Oesterreich-Ungarn. Der ungarische Wehrausschuß des Ab geordnetenhauses acceptirt e mit geringfügiger Modifikation das Gesetz betreffend die zeitweilige Einberufung der Reserve und der Ersatz«- reserve. Der Minister Fejervary erklärte bestimmt» die Regierung beabsichtige nicht die Einführung der vierjährigen Dienstzeit. Di« Vorlage beruhe auf der bevorstehenden Revision des Wehrgesetzes, dieselbe insolvire für Ungarn eine Erhöhung des Rekrutenkontingents, um 4000 Mann. Die Ersatzreserve werde von 90,000 auf nahezu 200,000 Mann erhöht. Schweiz. Wird die sozialdemokratische Druckerei in Zürich- Hottingen eingezogen? Nach dortigen Blättern steht die genannte Druckerei im Begriff, die Parterre-Räumlichkeiten, Casinostraße Nr. 3, Hottingen, in welchen bisher der „Sozialdemokrat", der „rothe Teufel" und eine Menge anderer Flugschriften gedruckt wurden, zum 1. Oct. zu vermiethen. Frankreich. In den 14 Tagen der Kammerferien hat das Ministerium Floquet, Dank dem Boulaiigismus, wesentlich an Sicher heit gewonnen. Hat doch sogar Jules Ferry erklärt, er werde daS Ministerium unterstützen, unter der einen Bedingung, daß es den Boulangismus energisch bekämpfe. Wie aber der Boulängismus be kämpft werden soll, das ist »och die große Frage. Auf opportunisti- cher Seite giebt es Leute, die gern mit einer Art von Gewaltmaß- rcgeln Vorgehen möchten. Sic schlagen nicht nur vor, an Stelle der Listenwahl wieder die Einzelwahl einzuführen — sondern sie wollen auch folgende Gesetze: erstens sollen die Ergänzungswahlen aufgehoben werden; zweitens sollen diejenigen Militärpersonen, welche durch Ur- theil des Untersuchungsrathcs in Ruhestand versetzt worden sind, nichts für die Kammer wählbar sein, und drittens sollen diejenigen Bezirke, ! welche einen Nichtwählbarcn wählen, in irgend einer Weise, etwa! durch Unterdrückung ihrer Vertretung auf eine bestimmte Zeit, gestraft' werden. Diese Bestimmungen richten sich alle gegen Boulanger, ft«; zeichnen sich aber weder durch Freisinn, noch durch politische Klugheit ans, und würden, wenn wirklich eingeführt, auch keinen Erfolg haben. Was die Regierung thnn wird, ist vorläufig noch im Unklaren. Die Einen behaupten, sie wolle das Depeschenmaterial veröffentlichen, das noch in ihren Händen ist und das die Lügenhaftigkeit Boulanger'S akienmäßig feststellt, was ihm allerdings so wenig schaden wird wie frühere Veröffentlichungen, die ihn auch schon als Lügner gebrand- niarkt haben. Nach Anderen will Herr Floquet eine Aenderung in der Zusammensetzung seines Ministeriums vornehme». Rouvier würde die Finanzcn, Ribot oder Waddington das Auswärtige übernehmen und Goblet in die Justiz übertreten; dem Kriegsminister Freycinet würde General Fevrier als Generalstabschef beigesellt werden. DaS wäre also wieder einmal eine Konzentration. Roch Andere wollen wissen, Herr Floquet werde sofort mit einer großen politischen Reform Vorgehen. Sicher ist wohl nur, daß die Regierung sich möglichst bald ein Vertrauensvotum zu verschaffen suchen wird, indem sie entweder die Gelegenheit irgend eines Zwischenfalls — derselbe kann sich heute schon beim Eintritt Boulanger'S in die Kammer ereignen, — zu aus führlicheren politischen Erklärungen benützt, an die sich dann eine Tagesordnung schließen könnte, oder daß sie sich irgend eine förmliche Interpellation bestellt. Bevor sie einen entscheidenden Schritt „Ich habe ein solches Bckenntniß »och nicht abgelegt. Mein Herz wird den Mann, dem es sich zu eigen geben will, nicht wegen seines Besitzes wählen." „O, so darf ich hoffen!" „Herr von Roland, müßten Ihre Gedanken jetzt nicht ausschließ lich auf die Wiedererlangung Ihres Eigenthums gerichtet sein?" „Ganz recht; aber lassen Sic mich sagen: Unseres Eigenthums I" „Ich bitte Sie herzlich, zunächst nur an sich zu denken. Es wäre unrecht von mir, unter den obwaltenden Umständen Ihrem Vorschläge in meinem Herzen Raum zu gebe»; das hieße, Sie von Ihrer Haupt aufgabe ablenken, mithin Ihren Interessen Schaden zusügen." „Dann gestatten Sie mir, auf eine spätere Zeit zu hoffen." Die schlne Böhmin blickte dem jungen Manne so weich und zärtlich in's Auge, daß derselbe seine Leidenschaftlichkeit kaum noch zu zügeln vermochte. „So warte» Sie, bis diese spätere Zeit gekommen sein wird", flüsterte sie, die Wangen von Purpurgluth überhaucht. „Aber Sie werden mir bcistehen," rief er. „Gewiß," sagte sie nach einigem Zögern. „Ich will Ihnen beistehe», so gut ich dies vermag." Er machte eine Bewegung, als wolle er sie in seine Arme schließen; sie aber trat rückwärts und erhob abwehrend die Hand. „Wir sind Freunde", sagte sie, „und weiter nichts". „Freunde!" rief er heftig. „Janka, ich liebe Sie!" „So lieben Sie mich, aber nur, wie man eine Freundin liebt," erwiderte sie mit ihrer leisen, melodischen Stimme, dabei aber aus ihren magnetischen Gluthaugen Amors ganzen Köcher in seinen Busen schießend. Sionvcrwirrt ergriff er ihre Hand und drückte seine heißen Lippen darauf, ohne zu gewahren, daß in demselben Augenblick Helene von Ruthart in der Thür erschien, dieselbe aber, nach einem kurze» schmerzerfüllten Blick auf das Paar, schnell und leise wieder von außen hinter sich schloß. 13. Kapitel. Im Finster». „Es müßte mit dem Teufel zugchen, wenn bei dieser verzwickten Geschichte für uns nichts herauskommen sollte. Ich habe noch immer die beste Hoffnung, Janka, und deswegen weiche ich hier vorläufig noch lange nicht vom Platze." Kamphoven, der diese Worte in halblautem Tone gesprochen, hatte seinen Sessel dicht neben den der jungen Böhmin gerückt, die mit halb geschloffenen Augen und graziös zurückgelehnt einem Liede zu lauschen schien, welches Helene, von Paul auf dem Flügel be gleitet, soeben mit sympathischer Stimme und vorzüglichem Ausdruck vortrug. Die Gesellschaft war in einem der Salons des weitläufigen Hauses versammelt. Das Gemach war groß und nur spärlich er leuchtet, und das vorhandene Licht wurde durch die dunklen Tapeten, Teppiche und Vorhänge noch stark gedämpft. Der Jnstizrath saß in einer entfernten Ecke vor einem mit Papieren bedeckten Tisch, eifrig beschäftigt, die Documente der Reihe nach bei dem Schimmer einer mit grüner Glasglocke versehenen Studirlampe zu prüfen. „Du sagtest aber doch erst gestern noch, daß Du es in diesem Erbbegräbniß nicht mehr lange aushalten könntest," entgegnete Janka. „So ist cs auch, aber was hilft'»? Und außerdem könnte man verrückt werden, wenn man täglich sehen muß, welche Reichthümer an Kunstschätzen und Silbergeräth diesem blöden Simpel so von ungefähr in den Schooß gefallen sind!" „Woraus wider Erwarten hervorzugehen scheint, daß Du es also doch nicht gewesen bist, der jenen Schatz des alte» Idioten bei seite geschafft hat." „Du kommst sehr spät zu dieser Einsicht, meine Beste. Hätte ich den Schatz, dann säße ich wahrhaftig nicht mehr hier." „ES wäre denn, um keinen Verdacht bei den Leuten zu erregen", erwiderte Janka, ihm von der Seite einen eigcnthümlichen Blick zuwerfcnd. „Sei doch nicht närrisch!" stieß Kamphoven ärgerlich hervor. „Was soll das eigentlich heißen? Meinst Du etwa, daß ich die beiden Kerle todtgcschlagen und den Raub eingesteckt habe?" „Je nun. was weiß ich", sagte Janka nachlässig. „So versichere ich Dir hiermit, daß ich's nicht gethan habe! Ich hatte nie die Gelegenheit dazu." „Sagen wir lieber, Du hattest weder Verstand noch Courage dazu!" „Janka!" ridf Kamphoven drohend. „Sprich nicht so laut, lieber Max." „So reize mich nicht. Uebrigens, Fräulein Altklug, war das Stückchen Arbeit, von dem die scharfe Nase des Doctor Matthcstus noch die Spuren witterte, von Dir?" Die schöne Böhmi'n erhob mit erschrockener, beschwörender Ge berde ihre weißen Hände. „Fort mit den Händen, wenn Du nicht willst, daß ich sic hier auf der Stelle mit Küssen bedecken soll!" flüsterte Kamphovew leidenschaftlich.