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' — M. Einladung znm Abonnement Indem wir das geehrte Publikum Freibergs sowie der näheren und weiteren Umgebung zum Abonnement auf unser täglich erscheinendes Organ: „Areiöerger Anzeiger und Tageblatt" Pro erstes Quartal 1886 höflichst einzuladen uns erlauben, bitten wir. besonders die auswärtigen Abonnenten, die Bestellungen quf da- Blatt rechtzeitig machen zu wollen, damit eine Unterbrechung resp. verspätete Lieferung vermieden wird. Der vierteljährliche Abonnementspreis beträgt 2 Mar! 25 Psg. Inserate, pro gespaltene Zeile 15 Pfennige, finden bei der großen Auflage des Blattes die weiteste und zweckentsprechendste Verbreitung. Bestellungen nehmen sämmtliche kaiserliche Postanstalten, sowie die bekannten Ausgabestellen entgegen. Die Expedition des „Freiberger Anzeiger und Tageblatt". md Tageblatt Amtsblatt für die königlichen nnd städtischen Behörden zn Freiberg Md Brand vermttwsrtlicher Redakteur: Juli»« vrau» io Freiberg. Inserate »«Nm bttBormÜtag lt Uhr angenom- mm und d«P^> für die spalten« Zelle lORPjVe Rückblicke auf bas Jahr 1885. in. In der Schweiz ging die Bundesregierung energisch gegen die Anarchisten vor und schüchterte dieselben theils durch Verhastungcn, tbeils durch Ausweisungen ein. Am 26. August erfolgte in Zürich die Einweihung des Zwingli- Denkmals. Die am 7. Dezember eröffnete Bundes versammlung beschloß u. A. d e Befestigung des Gotthard- Gebiets. Das Königreich der Niederlande erfreute sich einer Ruhe, die nur durch einige sozialdemokratische Demon strationen gestört wurde. Das Ministerium ließ sich jedoch durch die wiederholt im vergangenen Sommer in Amster dam und Rotterdam in Szene gesetzten tumultuarischen Kundgebungen keineswegs aus seinem Phlegma cmporschrccken. Vom 3. bis zum 7. August tagte in Amsterdam der inter nationale Blindcnkongreß. — Noch friedlicher verlief das Jahr 1885 inBelgien, dessen Monarch unter Zustimmung der belgischen Volksvertretung den Titel eines Souveräns der Kongostaaten annahm. Am 9. April feierte König Leopold II. seinen 50. Geburtstag, zu welchem der Lkron- prinz Rudolf von Oesterreich mit der Kronprinzessin Stefanie in Brüssel eintraf. Die Weltausstellung in Ant werpen nahm einen unerwartet günstigen Verlauf. Am 16. August wurde in Brüssel das fünfzigjährige Jubiläum der belgischen Bahnen festlich begangen. Für die Orientpolitik Englands war die Anfangs des Jahres 1885 proklamirte Verlobung der Prinzessin Beatrice mit dem Bruder des Fürsten von Bulgarien, dem Prinzen Heinrich von Battenberg, von nachhaltiger Bedeu tung. Am 8. Januar erfolgte die Großjährigkeitscrklärung des Prinzen Albert Viktor, des ältesten Sohnes des briti schen Thronfolgers. Den schon am 2. Januar an der Londoner unterirdischen Eisenbahn stattgcfnndenen Explo sionen folgten am 28. Januar neue Dynamitattcntate im Tower und in der Westminstcrhalle, wobei mehrere Per sonen schwer verletzt wurden. Lord Granville, dessen diplo matische Indiskretionen den deutschen Reichskanzler zu einer scharfen Abfertigung im Reichstage veranlaßt hatten, kam dem Grafen Herbert Bismarck am 4. März sehr versöhnlich entgegen, so daß von da ab die englische Politik eine ent schieden deutschfreundliche Wendung nahm. Dagegen trübten sich die Beziehungen Englands zu Ruhland, dessen trans kaspische Truppen sich mehr und mehr der afghanischen Grenze näherten, wogegen die englisch-indische Regierung den Emir von Afghanistan als ihren Bundesgenossen erklärte. Das Letztere geschah offenkundig in Rawulpindi, wo der Vizckönig von Indien, Lord Dufferin, und der Herzog von Connaught den Emir am 27. März mit großer Auszeichnung empfingen. In derselben Zeit traf m London die Nachricht ein, daß sich in dem britischnordamerikanifchen Gebiet Kanada die Mischlinge unter Führung eines ge wissen Louis Riel empört und die englischen Truppen von dem Winnipeg-See vertrieben hätten. Um Irland zu be ruhigen, verfügte sich der Prinz von Wales mit seiner Ge mahlin und seinem ältesten Sohn nach dort, wurde von der loyalen Bevölkerung mit glänzenden Ovationen em pfangen, wogegen die Nationalisten es nicht an gehässigen Demonstrationen fehlen ließen. Der drohende Krieg mit Rußland, der nach der Verletzung der afghanischen Grenze durch den General Komarosf unvermeidlich schien, hatte Gladstone veranlaßt, für Rüstungen 11 Millionen Pfund Sterling von dem Parlament zu fordern, die nur ungern gewährt wurden. Als aber das Ministerium Gladstone zur Ausfüllung der finanziellen Lücke eine Branntweinsteuer vor schlug, ließ die Parlamentsmehrheit das liberale Kabinet fallen, welches durch das Tory-Ministerium Salisbury ersetzt wurde. Die Enthüllungen der „Pall-Mall-Gazette" über die Sitten- zustande in London machten im Sommer große Sensation, brachten aber kaum den davon erwarteten sittlichen Nutzen. Am 23. Juli wurde auf der Insel Wight die Vermählung der Prinzessin Beatrice mit dem Pnnzen Heinrich von Battenberg gefeiert. Der Schluß des Parlaments erfolgte am 13. August. Trotzdem die Besetzung von Port Hamilton durch die Engländer und Quelparts durch die Russen auf die Unterhandlungen über die Zulfikar-Frage störend ein wirkten, kam es doch zu einem Ausgleich über die Afghanen grenze und konnte am 10. September in London das Friedensprotokvll unterzeichnet werden. Am I. Oktober starb ein unermüdlicher Menschenfreund, Lord Shaftesbury. Der von Rangun aus unternonkmene Feldzug gegen den König Thibo von Birma wurde von dem General Prender gast sehr energisch geführt, der nach einein am 17. November hei Minhla erfochtenen Sieg am 26 November in Man dalay einrückte, von wo der König Thibo als Gefangener nach Britisch - Indien gesendet wurde. Das Ministerium Salisbury verfügte im Anfang November die Auflösung des englischen Parlaments und fanden die Neuwahlen in der Zeit vom 23. November bis zum 8. Dezember statt. Das Resultat war weder den Liberalen noch den Konser vativen entschieden günstig; die Wahl von 86 irischen Parnelliien veranlaßte aber Gladstone zu dem unvorsichtigen Zugefiändniß eines irischen Sonderparlaments, was von dem Ministerium Salisbury geschickt benutzt wurde, um sich als Wächter der Reichöcinheit hinzusteüen, wie es schon vorher sich zum Vertheidiger der englischen Hochkirche er klärt hatte. Unter einem entschieden liberalen Regiment blieben Schweden und Norwegen im Jahre 1885 von größeren Wirren verschont. Um so unruhiger ging es da gegen inDänemark zu, wo der Folkething dem von dem König fcstgehaltencn Ministerium Estrup beharrlich wider strebte, weshalb die dänische Regierung sich zum Erlaß eines provisorischen Finanzgesetzes entschloß. Der im Sommer im Schloß Fredensborg gefeierte 60. Geburtstag der dänischen Königin vereinigte dort deren gesammte Familie, darunter das russische Kaiserpaar, den Prinzen von Wales, die herzogliche Familie Orleans u. s. w. Ein am 21. Oktober in Kopenhagen gegen den Minister Estrup verübtes Attentat zwang die dänische Negierung zu energischen Maßnahmen, welche den Beifall und die bereitwilligste Unterstützung der Partei der Rechten fanden In den ersten Monaten des Jahres 1885 drangen russische Truppen in Zentralasien weiter vor, besetzten am 15. Februar Pendjeh und wurden am 18. März am Küschlflusse in einen Kampf mit den Afghanen verwickelt, bei welchem die letzteren 500 Mann cinbüßten. General Komarosf wurde für diesen Sieg großartig belohnt, erhielt aber Weisung, nicht weiter vorzurücken. Am 29. März starb der russische Botschafter Fürst Orloff. Der Zar er öffnete am 27. Mai den Petersburger Seekanal und ver fügte am 25. Juni die Aufhebung der Kopfsteuer in Ruß land. Im August wurden die Stadtoberhäupter von Reval und Riga abgesetzt, weil sie den russischen Gouverneuren gegenüber an der deutschen Sprache festhiclten. Der Reisen des Zaren nach Kremsier und nach Kopenhagen wurde bereits gedacht. Derselbe ließ nach dem ostrumelischen Staatsstreich den Fürsten von Bulgarien aus den Listen des russischen Heeres streichen, genehmigte die Entlassung des russischen Justizministers Nabokoff und ertheilte dessen Portefeuille dem Senator Manassein. Nach dem am 15. November erfolgten Tode des Herrschers von Buchara, Muzzaffer Eddin, stellte sich dessen Nachfolger Abdul Ahad freiwillig unter russische Schutzherrschast. Daß die trans kaspische Bahn von Kizilarwal bis nach Askabad eröffnet wurde, dürfte viel dazu beitragm, daS russische Regiment in Mittelasien zu befestigen und zu erweitern. Für den türkischen Staat waren die vielfachen Umwälzungen in Egypten und die fortwährenden «Rü stungen der Balkanstaaten und Griechenlands sehr bedroh lich und wurde dadurch die Pforte zu finanziellen An strengungen gezwungen, deren Folgen sich noch nicht übersehen lassen. Am 17. September setzten die Ost- ru melier in Philippopel den türkischen General gouverneur Chrestovitsch ab und übernahm zunächst Ur. Stransky die Verwaltung. Am 21. April zog Fürst Alkxander von Bulgarien in Philippopel ein, worcmf in Konstantinopel eine Botschaster-Konserrnz "zusammen trat, um den Frieden auf der Balkanhalbinsel zu erhalten. Serbien griff aber der Entscheidung selbständig vor, indeni es am 14. November sein Heer die bulgarische Grenze überschreiten ließ. Die Truppen Milans drangen siegreich dis nach Slivnitza vor, wo sie von den Bulgaren in dreitägiger Schlacht vollständig geschlagen und in einer zweiten 'Schlacht bei Pirot abermals eine gründliche Niederlage erlitten. Die Einmischung Oesterreichs durch die Entsendung des Grafen Khevenhüller hemmte den weiteren Siegeslauf der Bulgaren, worauf am 28. No vember vollständige Waffenruhe eintrat und eine inter nationale Militärkommission einen bis zum 1. März 1886 währenden Waffenstillstand vermittelte. Am Anfang des Jahres 1885 verließen englische Truppen Egypten und zogen durch die Bajudawüste nach dem Sudan, um den in Khartum eingeschlossenen General Gordon zu befreie». Am 17. Januar besiegte Oberst Stewart die Rebellen bei Abuklei-WellS, wobei der tapfere Oberst Burnabay sein Leben einbüßte. In den ~ siegreichen Kämpfen bei Metammed wurde Stewart selbst schwer verwundet, worauf Oberst Wilson mit der Vorkut weiter gegen Khartum vordrang, das er erst am 28. Ja nuar erreichte, während die Stadt zwei Tage vorher schon von den Anhängern des Mahdi genommen und Gordon getödtet worden war. Die Engländer zogen sich nun wieder nordwärts zurück. Ein von Suakim aus von dem General Graham Mitte März versuchter Vorstoß scheiterte an dem Widerstand Osman Digmas. Der Mahdi erlag zwar am 29 Juni einer ansteckenden Krank heit, aber sein Nachfolger Abdullah setzte den Kampf im Sudan so erfolgreich fort, daß selbst der Tod Osman Digmas die Chancen der Engländer nicht verbesserte. Den Letzteren ist es aber gelungen, die Mächte zu einer Garantie für die egyptische Anleihe zu bewegen, so daß die Regierung des Khedive wenigstens dem finanziellen Ruin entging. In den Vereinigten Staaten von Nord amerika ipielle die Silberfrage eine bedeutende Rolle, da Präsident Cleveland, freilich dis jetzt erfolglos, die Ein stellung der Silbcrdollar-Prägung befürwortete. Derselbe bezog als der erste demokratische Präsident seit 24 Jahren am 4. März das Weiße Haus in Washington. Am 26. April landeten nordamerckanische Truppen in Panama und stellten dort die Ruhe wieder her. Am 20. Mai starb der ehemalige Schatzsekretär Frcelinghuysen, am 23. Juli der frühere Präsident Ulysses Grant, am 29. Oktober General Mac Clellan, am 25. November der Vizepräsident Hendricks. Der Arbeiternothstand nahm in diesem Jahre in der Union bedenklich zu; außerdem gab das Treiben der Mormonen zu Truppen konzentrationen Veranlassung. In Kanada endete der Mischlingsaufstand mit der Gesangen- > nähme und Hinrichtung Niels, der Jndianerkrieg mit der Unterwerfung Poundmakers und seiner wilden Schaaren. Die Unruhen in der Provinz Nuevo Leon in Mexiko