Volltext Seite (XML)
MPrÄninger UN- Tageblatt I« 38. Jahrgang. I, Direktor. es age. lasenen M hnt. c. 1W. ende. TovllnL- r Traucr- is statt. kder, m bei t, wir allen itm nur ige. tarb nach ere theure, ^poth. Tagesschau. Freiberg, den 30. September. Heute vollendet die deutsche Kaiserin ihr 74. Lebensjahr und begeht die in den letzten Jahren durch schwere körperliche Leiden heimgesuchte hohe Fran zur allgemeinen Freude diesmal ihr Wiegenfest in verhältnißmäßig zufriedenstellendem Wohlsein. Mit bewundernswerther Standhastigkeit und Ergebung ertrug die deutsche Kaiserin ein mehrjähriges Dulderthum und steht nur zu hoffen, daß sie nach ihrer endlich glücklich erfolgten Wiederherstellung noch eine längere Reihe von Jahren dem Leben und einer anerkannt segensreichen Wirksamkeit auf dem Gebiete der Wohlthätigleit und der Organisation der Kranken pflege erhalten bleibt. Gestern Mittag haben die kaiserlichen Majestäten in Baden-Baden den Besuch des Königs der Belgier empfangen, welcher vorgestern Nacht dort eingetroffen war. Ferner empfingen beide Majestäten die Besuche der aus Anlaß der Einzugsfeierlichkeiten am badischen Hofe anwesenden fürstlichen Gäste. Um 5 Uhr fand zu Ehren des Königs der Belgier bei den Majestäten ein kleineres Diner statt. Nach demselben erwartete das Kaiserpaar den ersten Besuch I. I. K. K. H. H. des Erbgroßherzogs und der Erbgroßherzogin von Baden nach deren Vermählung. Der Zentralverein deutscher Industrieller beantragte bei dem deutschen Reichskanzler eine Enquete über die Währungs frage und begründete diese Anregung durch folgende Sätze: „Die Unterzeichneten halten eine staatliche Enquete der deut schen Reichsregierung über die Währungsfrage und die dabei in Betracht kommenden praktischen Erfahrungen und Bedürfnisse der verschiedenen Volksklassen für dringend geboten. Sie glauben dem Zcntralvcrband Deutscher Industrieller empfehlen zu müssen, diese Enquöte auch seinerseits durch entsprechende Vorarbeiten und Untersuchungen zu stützen. Für vorgedachte igv- 'M Rachschluß ist nach kurze» fliebte Mutter, Frau Illge«, zeigen allm nerzerfüllt nur rlaffme«. mmatzsch, sfina, : 1885. LorßiÄ. Die Expedition des „Freiberger Anzeiger nnd Tageblatt" Der vierteljährliche Abonnementspreis beträgt 2 Mark 25 Pfg. Inserate, pro gespaltene Zeile 15 Pfennige, finden bei der großen Auslage des Blattes die weiteste und zweckentsprechendste Verbreitung. Bestellungen nehmen sämmtliche kaiserliche Postanstalten, sowie die bekannten Ansgabestellen entgegen. Lter. der, zum erstell 5,s " kl S,« "R. Amtsblatt für die königlichen nnd städtischen Behörden zn Freiberg nnd Brand Verantwortlicher Redakteur: Julius Brauu iu Freiberg. ns. Gustav Lössel. I unter großem n.) Sie Glocke« Einladung ;«m Abonnement. Indem wir das geehrte Publikum Freibergs sowie der näheren und weiteren Umgebung zum Abonnement auf unser täglich erscheinendes Organ „Ireiberger Anzeiger und Tageblatt" pro viertes Quartal 1885 höflichst einzuladen uns erlauben, bitten wir, besonders die auswärtigen Abonnenten, die Bestellungen auf das Blatt rechtzeitig machen zu wollen, damit eine Unterbrechung resp. verspätete Lieferung vermieden wird. Ige. ch laugen Md rgender Gaw, Schwager, da ich August >ahr. Äser zur traurig« humpifch. Inserate werden bis Vormittag 11 Uhr angenom- FH F« S? men und beträgt der Preis für die gespaltene Zeile 1 FHFH»H oder deren Raum 1b Pf. fchriM jeden Wochentag Abend» '/,7 Uhr für den „ LLNLVLLLLM Donnerstag, den 1. Oktober Der Papst als Vermittler. Der Gedanke, den der weltlichen Herrschaft beraubten Papst zum Vermittler in einer rein weltlichen Besitz- siieitigkeit zwischen dem protestantischen deutschen Kaiser- lhiim und dem urkatholischen Spanien zu wählen, ist so originell, daß er die allgemeinste Aufmerksamkeit auf sich ziehen mußte. Die allgemeine Ueberraschung ist um so größer, als cs sich nachträ^ich herausgestellt hat, daß es nicht Spanien war, welches diesen Vermittler vorschlua, sondern der leitende deutsche Staatsmann, der auf diese Weise den Widerwillen der Spanier besiegte, sich ihr angeblich un bestreitbares Recht auf die Karolinen-Inseln erst durch den Schiedsspruch einer fremden Macht bestätigen zu lassen. Ans diese Weise bekundete aber auch die deutsche Neichs- ngierung ihr volles Vertrauen zur Gerechtigkeit ihrer Sache, da man dem Papste unmöglich eine Voreingenommen heit zu Gunsten der deutschen Ansprüche unterstellen könnte. Mehr oder minder wäre das Amt eines Schiedsrichters allen Mächten unwillkommen gewesen, weil jede derselben Bedenken getragen hätte, das mächtige Deutsche Reich zu verletzen oder sich von den heißblütigen Spaniern der muth- losen Parteilichkeit beschuldigen zu lassen. Ganz abgesehen von der persönlichen Hochachtung, welche der Papst all gemein genießt und von der Weisheit, die sich voraus sichtlich auch bei diesem außerordentlich schwierigen Streit fall bekunden wird, ist die Stellung des von dem weltlichen Besitz losgelösten heiligen Vaters bei derartigen Fragen eine vollständig unberührte und unbeeinflußte. Die meisten Großmächte haben dagegen gleich zu Anfang des Karolinen- üonflikts zu demselben eine so entschiedene Stellung ein genommen, daß ihre Unparteilichkeit angezweifelt werden könnte. Mit einem seltsamen Eifer hat die englische Re gierung Aktenstücke ausgegraben, aus welchen deutlich her- vorging, daß Spanien früher selbst die Karolinen als herrenloses Eigenthum ansah. Frankreich dagegen litt in Marseille und anderen Orten, in welchen sich eine Anzahl von Spaniern angesiedelt hat, verschiedene Demonstrationen gegen Deutschland und gab selbst in Paris die Verherr lichung der Verbrüderung der lateinischen Völker zu. Nicht viel anders verhielt sich das mit den mitteleuropäischen Rächten politisch so eng verbundene Königreich Italien und ist es in Berlin sicher nicht übersehen worden, daß das Weblich ministerielle italienische Blatt „Diritto" anläßlich sm deutschen Besetzung von Aap Deutschland vor den Folgen eines Mißbrauchs seines Uebergewichts zu warnen We. Gerade in den dem „Diritto- nahestehenden Kreisen >st man jetzt peinlichst überrascht zu sehen, daß der Bruch Mischen dem Berliner Kabinet und dem Vatikan durchaus 'ein unheilbarer ist. Wenn einzelne ultramontane Blätter die „Wieder- erhebung des Gefangenen im Vatikan zur Höhe seiner Mission", wo die Herrscher und Völker sich vor dem päpst lichen Throne neigen, überschwänglich feiern, läuft dabei Mich sicher etwas Selbsttäuschung unter. Es kommt der deutschen Staatskunst nur ganz gelegen, dem Papste Leo XIII. zu beweisen, daß ihm gegenüber in Berlin keinerlei feind- Mge Gesinnungen oder Gegensätze obwalten, vielmehr alle Bedingungen vorhanden sind, zu einem für beide Theile Wstigen kirchenpolitischen Friedensschlüsse zu gelangen. 'M allen Fällen, in welchen der heilige Vater nicht nöthig Hot nach dem Kardinals-Kollegium und dem Jesuitcngeneral zu fragen, schenkt die deutsche Neichsregierung seiner Weis st und Gerechtigkeit längst das vollste Vertrauen. Man h'm sich in Berlin immer davon überzeugt, daß die kirchen- Müischen Differenzen zwischen Preußen und der römischen «urie längst geschlichtet wären, wenn sich der Papst w XIII. von den fricdensfeindlichen Einflüssen freimachen könnte, die man auf die Jesuiten in Rom und Deutschland zurückführt. Es läßt sich wohl annehme», daß Fürst Bismarck durch das dem heiligen Vater bei Uebertragung des Vermittleramtes bewiesene ehrenvolle Vertrauen, den deutschen Katholiken den klaren Beweis liefern wollte, daß sich die Haltung der preußischen Staatsregierung weder gegen die katholische Kirche noch gegen deren ehrwürdiges Oberhaupt richtet, sondern nur gegen die Unwandelbarkeit der jesuitischen Grundsätze und gegen die sriedensfeindliche Kampflust der Ultramontanen in Deutschland. Daß man in den Kreisen des deutschen Zentrums und der Jesuiten diese Nebenabsicht des deutschen Reichskanzlers vollkommen durchschaut, geht daraus hervor, daß die Organe dieser Parteien durchaus keine besondere Genug- thuung über das dem Papste erwiesene Vertrauen kund- gcben. Der „Moniteur de Rome" drückt in einem „Leo XIII. als Schiedsrichter" überschriebenen Leitartikel sogar erheb liche Zweifel an der Friedensliebe des Fürsten Bismarck aus und stellt die völlig ungegründete Behauptung auf, „daß die Periode der Schwierigkeiten für Spanien erst an dem Tage begonnen habe, an welchem der deutsche Reichs kanzler nach Berlin zurückgekehrt sei." Den „Unversöhn lichen" unter den Ultramontanen kommt der Vermittlungs vorschlag schon deshalb ungelegen, weil ihre Organe in Europa und Amerika von Anfang an die spanischen An sprüche auf die Karolinen als unbestreitbar erklärt haben. Der „Germania" erscheint das ganze Projekt nicht recht geheuer: „Zum Besten des Papstthums an sich", schreibt das Blatt, „thut Fürst Bismarck sicher Nichts und nicht umsonst haben wir gleich in unseren beiden ersten Be sprechungen der Vermittelungsfrage nicht blos von der großen und wichtigen, sondern auch von der delikaten und schwierigen und vielleicht sogar — dornigen Aufgabe ge sprochen, welche dem h. Vater im Vermittleramte werden würde!" Wenig erbaut von der Entschließung des Fürsten Bismarck zeigt sich freilich auch die freisinnige Partei in Deutschland. Die „Freisinnige Ztg." geht sogar soweit in ihrem Mißfallen, dieselbe als einen grundverkehrten Schritt zu bezeichnen. Der christlich-soziale „Reichsbote" ist damit ebenfalls sehr unzufrieden und beklagt es, daß man den Ein fluß des Papstes in die Politik hineinziehe, während man den Hofprcdiger des Kaisers aus derselben hinauszudrängen suche. Der „Hamburgische Korrespondent" hat aber ganz Recht, wenn er schreibt: „Die Klerikalen aller Länder, Deutschland nicht ausgenommen, haben von vornherein die Berechtigung der spanischen Ansprüche vertreten. Die diplomatische Ver mittelung in der Karolinenfrage aber kann der Papst wohl in einer Spanien sympathischen Gesinnung, nicht aber in der von vornherein feststehenden Ueberzeugung übernehmen, daß die Karolineninseln spanisches Nationaleigenthum sind. Der Papst muß also, wenn er die Vermittelung auf sich nimmt, in einen gewissen Gegensatz zu der ultramontanen Presse auch in Deutschland treten." Während die regierungsfreundlichen Berliner Blätter dabei stehen bleiben, daß es sich nicht um einen Schieds richterspruch, sondern nur um eine Vermittelung handle, welche keine unbedingte Unterwerfung voraussetze, behaupten die klerikalen Organe genau das Gegentheil. Die „Germania" bringt z. B. folgendes bemerkenswerthe, aus Nom vom 25. September datirte Schreiben: „Heute Abend habe ich Ihnen mittels des Telegraphen in kürzester Form die Nachricht von der Annahme des Schiedsrichteramtes in der zwischen dem Deutschen Reiche und Spanien wegen der Hoheitsrechte über die Karolineninseln bestehenden Streitfrage von Seiten des Papstes gesandt. Der Hergang dieser Sache ist in wenigen Worten folgender: Fürst Bismarck war Derjenige, welcher zuerst Leo XIII. als Schiedsrichter vorschlug, und nachdem er dazu die Ein willigung des Kaisers Wilhelm und des Kronprinzen er halten, beauftragte er den Grafen Solms, diesen Vorschlag der Madrider Regierung zu übermitteln. Sowohl der König Alfons, wie auch das spanische Ministerium gingen bereitwillig darauf ein. Herr v. Schlözer ist heute früh hier angekommen und hat gegen Mittag dem Kardinal- Staatssekretär seine Aufwartung gemacht." Wie der Ausspruch des Papstes lauten wird, entzieht sich für jetzt jeder Beurtheilung. Sollte er für Spanien günstig ausfallen, so wird man dies in Deutschland um so weniger als eine Niederlage empfinden, als auch dann Spanien nur unter der Bedingung in den Besitz der Karolinen gelangen wird, daß es vorher die deutschen Handels- und Verkehrsinteressen auf jener Inselgruppe in jeder Weise sicher stellt. Man würdigt in Madrid jetzt die Gründe, welche Deutschland vermocht haben, durch das Angebot der Vermittelung des Spanien so günstig gesinnten Oberhauptes der katholischen Kirche seine Friedensliebe zu bethätigen. Bei diesem Entschluß war in erster Linie die Ueberzeugung maßgebend, daß der Bestand der gegenwärtigen Regierung in Spanien, vielleicht sogar der Dynastie von einer für Spanien ehrenvollen Austragung des Karolinen konflikts abhängig sei. Daß Spanien es nur seinem mit Deutschland befreundeten König verdankt, wenn jetzt ein friedlicher Ausgleich erfolgt und daß eine selbst mit dem französischen Freistaat verbündete spanische Republik von dem Deutschen Reiche größere Einbußen als die Karolinen zn befürchten hätte, das werden wohl heute schon alle spanischen Patrioten einsehen. Dieselben haben auf alle Fälle die friedliche und ehrenvolle Schlichtung des Kolonial streites ihrem Wackern jungen König zu danken, ohne dessen standhafte Friedensliebe und Beliebtheit am deutschen Kaiser hofe die Entscheidung an einem ganz andern Orte vollzogen worden wäre, als im Vatikan zu Rom.