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Nr. 97 PAPIER-ZEITUNG 3775 Rute, die durch zwei Einschnitte gezogen ist, eine Haupt rolle. Oberhalb derselben ist zumeist in Medaillonform der Krampus oder ein Bischof in Schwarz- oder Bunt druck oder in Goldrelief zu sehen; die Bonbonsäckchen aus hochrotem Kreppapier sind zumeist mit einer auf gelegten Teufelsmaske aus Pappe in der Mitte der Außen seite geschmückt und mit feuerfarbenem Seidenband, in dem eine wirkliche oder vergoldete oder versilberte Miniaturrute steckt, gebunden. H. Hn. Schutzverband der Berliner Karton- (Schachtel-) Fabrikanten. In seiner General-Versammlung am 30. No vember beschloß der Schutzverband der Berliner Karton fabrikanten mit fast allen Stimmen der Anwesenden Fort setzung seiner Tätigkeit in den alten bewährten Bahnen. Durch diesen Beschluß haben die Mitglieder allen Gegnern zum Trotz bewiesen, daß sie die segensreiche Wirkung des Schutzverbandes voll anerkennen und sich dessen Be stimmungen auch fernerhin gern und freudig unterwerfen. X Ein Wettkampf zweier Zeitungen hat nach 21/4 jähriger Dauer am 22. November durch die Generalversammlung der Deutschen Vcrlagsanstalt in Stuttgart sein Ende erreicht. Der Tatbestand ist folgender: In Stuttgart sind alle politischen Parteien, die konservative, die liberale, die demokratische oder Volkspartei, die ultramontane und die sozialdemokratische, durch Tages zeitungen vertreten. Außer dem Staatsanzeiger für Württemberg erscheint dann noch das Neue Tagblatt im 66. Jahrgang und einer Auflage von 50000, ein sogenanntes unparteiisches Organ, in seiner Politik der deutschen oder nationalliberalen Partei am nächsten stehend. Diese eigentliche Lokalzeitung Stuttgarts, aus kleinen Anfängen mächtig emporgewachsen, war die ver breitetste und an Anzeigen reichste Zeitung Württembergs, und als solche eine Goldgrube. Vor 20 Jahren etwa wurde das Tag blatt von seinen Besitzern an die Deutsche Verlagsanstalt in Stuttgart verkauft und von dieser als eigene Aktiengesellschaft weitergeführt. Jahre hindurch warf diese Tochtergesellschaft der Verlagsanstalt hohen Gewinn ab, was namentlich von Wert war, wenn die eigenen Verlagsartikel nicht den erhofften Ge winn brachten. Nun war wohl schon der Versuch gemacht worden, dem Tagblatt Konkurrenz zu machen, doch ohne Er folg. Vor 21/2 Jahren wurde nun in der Hospitalstraße, mitten in der Stadt Stuttgart, eine große Druckerei erbaut, mit Setz maschinen, Rotationsmaschinen, Handsetzerei und Stereotypie eingerichtet, und dort die neue große Tageszeitung »Württem berger Zeitu g« gedruckt. Vom September 1907 ab wurde sie wochenlang durch Austrägerinnen unberechnet ins Haus ge liefert. Die Anzeigenpreise waren nicht hoch, und nachdem die unberechnete Lieferung in der Stadt eingestellt wurde, war auch der Bezieherpreis verhältnismäßig niedrig. In Stuttgart wurde oft die Frage aufgeworfen: welche von den beidenZeitungen hält es am längsten aus? Auch das Tagblatt machte die größten Anstrengungen. Vor Gründung der Württembergerin hatte schon das Tagblatt das städtische Amtsblatt von seinem Ver leger gekauft und der Stadtauflage des Tagblatts unberechnet bei gelegt, ferner wurde die Stuttgarter Morgenpost gegründet, um die Konkurrenz eines Morgenblatts fernzuhalten. Da diese Zeitung mit Depeschen, großem Kurszettel usw. nachts gesetzt und gedruckt wurde, ohne großen Bezieherkreis, so wurde der Gewinn des Tagblatts durch diese beiden Blätter stark beein trächtigt. Nach dem Auftreten der Württemberger Zeitung mußten neue Anstrengungen gemacht werden namentlich durch Texterweiterung, Anfügung besonderer Beilagen fürs Haus, für Kunst und Wissenschaft, für die Musikwelt (mit Noten), für die Landwirtschaft usw., auch wurde eine in der Deutschen Verlags anstalt gedruckte 8seitige illustrierte Beilage unter dem Titel Schwäbisches Bilderblatt Sonnabends beigelegt (auch die Württemberger Zeitung gibt ihren Lesern derartige Beilagen). Auch wurde Bezugs- und Anzeigenpreis beim Tagblatt herab gesetzt und für Propaganda große Summen geopfert. Durch all dies blieb der Gewinn für die Verlagsanstalt in den letzten zwei Jahren aus, vielmehr erforderte das Tagblatt bedeutende Zuschüsse. Vor kurzer Zeit überraschte nun das Tagblatt seine Leser mit der Nachricht, daß zwischen Tagblatt und Württem berger Zeitung ein Abkommen getroffen und nachträglich auf die Tagesordnung der Generalversammlung der Verlagsanstalt gesetzt sei behufs Bevollmächtigung des Aufsichtsrats und Vor stands zur Einlegung der Aktien des Neuen Tagblatts in eine zusammen mit der Württemberger Zeitung zu gründende neue Gesellschaft. Dieses vorläufige Abkommen wurde von der Ge neralversammlung der Verlagsanstalt einstimmig gutgeheißen. Eine neue Gesellschaft als Besitzerin beider Zeitungen wird also gegründet und damit die Streitaxt begraben. Angeblich sollen beide Zeitungen selbständig nebeneinander bestehen bleiben, -s- Aus den Typographischen Gesellschaften flltenburg. Graphische Vereinigung. Die Sitzung am 25. No vember brachte viele Neueingänge, von denen besonders die Proben der Ehmcke-Antiqua (Schriftgießerei Flinsch, Frankfurt), Neuwerktype (Rühl, Leipzig), Furore (Gursch, Berlin) angeführt sein mögen. Zugleich lagen Kataloge über die Planeta-Schnell- presse und über die neue Akzidenzmaschine »Fortschritt« aus. Hübsch ausgestattete Festdrucksachen hatten die Schwester gesellschaften zu Bremen und Gotha übersandt. Von der Ge sellschaft für Tvpenkunde des XV. Jahrhunderts liegt eine Auf forderung zum Beitritt vor, der wegen anderweitiger Inanspruch nahme unserer Mittel aber nicht entsprochen werden kann. Aus den letzten Mitteilungen des Verbandes der Deutschen Typo graphischen Gesellschaften geht hervor, daß leider infolge Ver schuldens einer Anzahl Kreisleitungen die Fühlung mit dem Hauptvorstand in Berlin recht lose geworden ist. Es muß für jeden angeschlossenen Verein vornehmste Pflicht sein, nicht nur seinen pekuniären Verpflichtungen gegenüber dem V. D. T. G. nachzukommen, sondern auch den Hauptvorstand in jeder Weise durch Ueberlassung von Ausstellungsmalerial und Nachweisung empfehlenswerter Referenten zu unterstützen. Die Leipziger Typographische Vereinigung hat ja bereits die Initiative er griffen und eine Statistik unter den angeschlossenen Gesell schaften in die Wege geleitet, um Material bezüglich der Lebens fähigkeit der einzelnen Vereinigungen und auch über Ein richtungen etwa bestehender Fachschulen zu erhalten. Aus gestellt waren Arbeiten der Münchener Buchdruckerfachschule. Sind diese Arbeiten auch etwas älteren Datums, so bilden sie immerhin einen Beweis, daß die Erteilung von Fachunterricht durch Lehrer, die aus der Praxis hervorgegangen, für unseren gewerblichen Nachwuchs die einzig richtige Unterrichtsmethode ist. Wenn auch in mittleren und kleinen Druckorten keine be sondere Fachschule für unser Gewerbe errichtet werden kann, so ließe sich doch an manchen Orten mit bescheidenen Mitteln eine besondere Fachklasse für das graphische Gewerbe den Ge werbe- oder Fortbildungsschulen angliedern, in denen vor allen Dingen der Fachunterricht durch Berufsgenossen erteilt würde. A—z. München. Typographische Gesellschaft. Der Maschinenmeister verein München lud zu einem am Sonntag, 21. November, vor mittags gehaltenen Vortrag über »Die Entwicklung der Rotations maschine im Zeitungsbetrieb«, gehalten von Herrn Betriebsleiter Georg Seidl, ein und mehrere unserer Mitglieder folgten der Einladung. Ausgestellt waren u. a. die Abbildung der ersten von Friedrich König erfundenen Schnellpresse, die erste in Deutschland gebaute Rotationsmaschine von der Maschinenfabrik Augsburg sowie die gewaltige amerikanische Mammuth-Maschine. Im Diskussionsabend am 24. November sprach der Vor sitzende über »Typogravüre«. Die Vorteile dieser kostspieligen, eigentlich nichts Neues bietenden Technik seien wohl nicht von der Hand zu weisen, jedoch ist die Anwendungsmöglichkeit der beigegebenen Stempel bald erschöpft. Statt Bleiplatten wäre Zelluloid besser zu empfehlen, die Garantien für eine tadellose Druckfläche sind günstiger als bei jener und die Bearbeitung durchaus nicht schwieriger. Eine Anzahl behandelter Platten sowie deren Abdrucke waren ausgestellt. Herr Karl Hübel sprach über die »Klischeebehandlung in der Druckerei«. Dieser aus der Praxis entstandene Vortrag gab manche interessante Hinweise, in welcher Art der Setzer sowohl als auch der Ma schinenmeister mit den Druckstöcken umzugehen habe. Anfang Dezember soll eine Besichtigung des Stadtmuseumsstattfinden. Tarifvertrag im finnischen Buchdruckgewerbe. Ein kollektiver Arbeitsvertrag besteht seit kurzem im finnischen Buchdruck gewerbe. Die Akkordgrundpreise sind einheitlich für das ganze Land festgelegt; hierzu tritt noch ein Zuschlag, der je nach der Höhe der Lebensmittelpreise in den einzelnen Städten und Orten verschieden ist; er steigt in der Hauptstadt Helsingfors bis zu 25 v. H. Die Arbeitszeit ist auf 9 Stunden festgelegt mit Ausnahme von Sonn- und Festtagen, die ganz frei sind, und deren Vortagen, an denen die Arbeit um 2 Uhr ruht. Die wöchentliche Arbeitszeit darf nicht mehr als 51 Stunden be tragen. In den Zeitungsdruckereien ist die Arbeitszeit noch ein wenig kürzer, die Löhne höher; nach 3 Uhr morgens darf nicht mehr gearbeitet werden. Der Mindestlohn eines Setzers ist auf 25 Fmk für die' Woche festgelegt, was bei den niedrigen Lebensmittelpreisen Finlands ausreicht. Jeder Arbeiter hat ein Anrecht auf zwei Ferienwochen im Sommer; der 1. Mai ist allgemein frei. Die Arbeiterinnen be ziehen dieselben Löhne wie die Männer. Die Arbeitsvermittlung wird von einem Bureau besorgt, das von den Arbeiter- und Unternehmerverbänden zu gleichen Teilen bezahlt und verwaltet wird. Arbeiter wie Unternehmer sind mit dem neuen Vertrag bis jetzt zufrieden. Er gibt ihnen beiderseits erfreuliche Sicherheit gegen jede Störung des Arbeitsverdienstes oder des Geschäfts; die kollektive Form des’ Arbeitsvertrags im finnischen Buch druckgewerbe dürfte sich auch in Zukunft behaupten.