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PAPIER-ZEITUNG Nr. 86 er stückweise mit dem Leimen fort und dehnt allmählich seinen ganzen Bogen, ohne daß sich Blasen oder Falten darin zeigen, so vollkommen aus, als wäre er auf einem völlig glatten Tisch ausgelegt. Dr. J. W. Deutsche Unternehmungen in Ungarn Die Ausführungen in Nr. 83 S. 3210 enthalten schon im ersten Satze eine unrichtige Angabe. Wie jedes Konversations lexikon bezeugen wird, ist Ungarn seit Jahrhunderten ein selbständiger Staat. Der Krieg von 1866 hatte nur zur Folge, daß der jetzige Kaiser von Oesterreich und König von Ungarn die seit 1849 aufgehobene Verfassung wieder herstellte und sich 1867 krönen ließ. In den weitern Angaben ist eine Verwechs lung enthalten, die wahrscheinlich dadurch entstand, daß die verschiedenen Ursachen nicht genügend auseinander gehalten wurden. Daß industrielle Unternehmungen, die mit deutschem Gelde in Ungarn gegründet wurden, nicht durchweg Erfolge er zielen, ist meines Erachtens weder ein Beweis dafür, daß deutsche Kapitalisten kein Glück im Auslande haben, noch aber beweisend, daß solche Unternehmungen überhaupt keine Aus sicht auf Erfolg hatten oder haben. Ich würde ganz einfach an nehmen, daß diese Unternehmungen es nicht verstanden haben, sich den örtlichen Verhältnissen anzupassen, und daß darin der Grund für den ganzen oder teilweisen Mißerfolg liegt. Ungarn ist ein Agrikulturstaat, aber das ist gerade ein Ansporn für Neu gründungen gewesen, weil diese ein größeres, unbearbeitetes Feld gefunden haben, und die Regierung in Ungarn die Neu gründung deshalb unterstützt hat und auch in Zukunft unter stützen wird, um die Einfuhr der Industrieerzeugnisse aus Oesterreich zu unterbinden und das Geld im Inlande umzusetzen. Vorsicht bei der Beteiligung an neuen Unternehmungen ist jedenfalls überall und immer am Platze, besonders aber wenn jemand sich an Unternehmungen beteiligt, die außerhalb der ihm ganz genau bekannten Verhältnisse liegen. Aber in Bausch und Bogen die ungarischen Verhältnisse schlecht zu machen, hat keinen Zweck, und durch derartige ganz allgemein ge haltene Ausführungen wird sich auch kein ernster Mensch, der die Verhältnisse kennt oder sich ein sachliches Urteil bilden möchte, beeinflussen lassen. Ich glaube, daß gerade durch die politischen Verhältnisse, die in Ungarn eine Abschwächung des wütendsten Chauvinismusses erwarten lassen, während auf der andern Seite die Dreibundmächte sich enger zusammen schließen werden, eine regere Beteiligung des deutschen Kapitals an ungarischen Unternehmungen erfolgen wird, trotz des kurzen Aufsatzes in Nr. 83. Daß Ungarn nicht ausschließlich ein Reich der Magyaren, also der nur magyarisch sprechenden Elemente ist, beweist zur Genüge, daß in Siebenbürgen, in Süd- und in Nord-Ungarn, seit Jahrhunderten sich Deutsche ihre Muttersprache bewahrt haben, und kaum eine Stunde von der ungarischen Hauptstadt Budapest entfernt es große Ortschaften gibt, die noch durchaus deutsch sind. K. Metallstatistik Die statistischen Zusammenstellungen über Blei, Kupfer, Zink, Aluminium, Nickel, Quecksilber und Silber von der Metallgesellschaft, der Metallurgischen Gesellschaft A.-G. und der Berg- und Metallbank, Aktienges. sind vor einiger Zeit als 15. Jahrgang, 1899 bis 1908, in Frankfurt a. M. er schienen. Sie werden auf Wunsch von genannten Gesell schaften kostenfrei abgegeben. Die Berg- und Metallbank, Aktiengesellschaft, beteiligt sich in diesem Jahr an der Herausgabe der Arbeit, da die. statistische Abteilung der Metallurgischen Gesellschaft A.-G' seit Oktober 1908 an sie übergegangen ist. Um die Be urteilung der Lage der einzelnen Metalle und ihrer Gesamt lage zu erleichtern, ist die vorliegende Veröffentlichung um Mitteilungen über die Unternehmungen erweitert, welche als Erzeuger in erster Reihe stehen. In Anlage 1 sind nämlich das Aktienkapital bedeutender Metall erzeugender Aktiengesellschaften, ihre Dividenden, sowie ihre höchsten und niedrigsten Kurse in den letzten drei Jahren zusammen gestellt. Im nächsten Jahr soll eine Statistik der während des laufenden Kalenderjahres erfolgten wichtigsten Grün dungen und Emissionen hinzugefügt werden. Für jedes einzelne der Metalle sind neben den Angaben über die Welterzeugung und den Weltverbrauch zahlreiche Einzel berechnungen gegeben, und am Schluß der Zusammen stellungen geben Preistafeln Aufschluß über Monats- und Jahres-Durchschnittspreise aller der genannten Metalle. Das 150 Seiten starke Heft bringt allen am Metallmarkt Be teiligten, insbesondere größeren Maschinenfabriken, manche wertvolle Belehrung. Dampfkessel-Explosionen im Deutschen Reich 1908 Während des Jahres 1908 fanden im Deutschen Reich 11 Dampfkessel - Explosionen statt, wobei 13 Personen ver unglückten; 3 wurden sofort getötet oder starben binnen 48 Stunden nach dem Eintritt der Explosion; 2 Personen wurden schwer, 8 leicht verwundet. Es explodierten zwei stehende einfache Walzenkessel, feststehend ; ein liegender Walzenkessel mit 1 Siederohr; zwei liegende Walzenkessel mit 2 Siede röhren; ein liegender Einflammrohrkessel, feststehend; drei liegende Zweiflammrohrkessel, feststehend; ein liegender Feuer büchsenkessel (Schiffskessel) mit rückkehrenden Heizrohren; ein stehender Feuerbüchsenkessel mit Quersiedern, beweglich. Die mutmaßlichen Ursachen der Explosionen waren in 4 Fällen Wassermangel, meist auch nachlässige Wartung; je in 2 Fällen örtliche Blechschwächung, zu hohe Dampfspannung; je in einem Falle Explosion von Heizgasen, Schwächung der Verankerung, mangelhafte Herstellung des Kessels, gering wertiges Material, sowie Fortbetrieb des als undicht erkannten Kessels. Betroffen wurden: 1 Papierfabrik, 1 Oberleder-Gerberei, 1 Sägewerk, 1 Braunkohlenbergwerk, 2 Steinkohlenbergwerke, 1 Hüttenwerk, Abteilung Puddelei, 1 Dampfwinde, 1 Reederei, 1 Eisenhütte, 1 landwirtschaftlicher Betrieb. Während der letzten 32 Jahre, 1877—1908 einschließlich, haben im Deutschen Reich 509 Dampfkessel-Explosionen statt gefunden, hierbei verunglückten zusammen 1028 Personen, von denen 339 getötet wurden, oder binnen 48 Stunden nach dem Eintritt der Explosion verstarben, 203 schwer, 486 leicht ver wundet wurden. Ueber die Explosion in der Papierfabrik enthält der amtliche Bericht folgende Einzelheiten : In der Papierfabrik von Ad. Halstrick & Co., G. m. b. H. in Efferen, Kreis Köln, ereignete sich am 24. August 1908, vor mittags 51/2 Uhr, im Kesselhause eine Explosion, bei welcher Personen nicht verunglückten. Es war ein feststehender, liegender Zweiflammrohrkessel zur Krafterzeugung und zum Heizen, 1891 von C. W. Lange in Essen erbaut und 1906 an dieser Stelle in Betrieb gesetzt. Die Längsnähte des Kesselmantels haben doppelte, alle andern Nähte einfache Ueberlappungsnietung; die zwei ersten ’ Schüsse jedes Flammrohrs haben geschweißte Langnähte. Die 1 geraden Kesselböden sind oben durch je 4 und unten durch je 2 Konsolanker versteift. Die ersten zwei Flammrohrverbin dungen sind geflanscht, im übrigen besitzt jedes Flammrohr noch einen Winkelring. Material: Die Flammrohre sind Schweiß eisen-Feuerblech, die übrigen Bleche haben vermutlich Bördel blechqualität. Als Speisevorrichtung dienten 2 Injektoren und 1 Maschinen pumpe. Das einem Bach entnommene Speisewasser ist stark schlammhaltig. Der Kessel wurde alle Vierteljahre gereinigt, das letzte Mal am 8. Juli 1908 durch Klopfen und Bürsten. Am 9. Juli 1908 wurden zahlreiche Undichtigkeiten im Mantel und in den Flammrohren verstemmt, und danach am 15. Juli 1908 ■ eine Wasserdruckprobe vorgenommen. Der Kessel hätte Vor- feuerung für Braunkohle; die Rostfläche betrug 3,6 qm, die be netzte Heizfläche 89,76 qm. Der Kessel wurde an 300 Tagen zu 24 Arbeitsstunden im Jhre in Betrieb genommen. Der Kesselwärter war seit August 1907 angestellt und hatte keine Nebenbeschäftigung. Die letzte äußere Untersuchung fand am 11. Mai 1908, die letzte innere Untersuchung am 8./9. Juli 1908 statt. An dem Tage des Unfalls wurde der Kessel morgens 3 1 4 Uhr angeheizt und zeigte gegen 5 Uhr 5 Atm. Druck. Der Kessel blieb in seiner Lage. Die amtliche Untersuchung hat folgendes ergeben: Per erste Ring des rechten Flammrohrs ist in seiner ganzen Länge tief eingebeult und aufgerissen. Am linken Flammrohre sind die ersten zwei Ringe ebenfalls in ihrer ganzen Länge bis etwa auf den halben Durchmesser eingebeult. Durch die Ein beulungen ist das Material gestreckt worden, in der Nähe der einzelnen Flammrohrflanschverbindungen zeigten sich An brüche. An der aufgerissenen Stelle war die Anlauffarbe deutlich erkennbar, außerdem zeigte das Material Doppelblech stellen. Der Ablaßhahn des linken Wasserstandglases war durch Einschleifen so stark verschlissen, daß sich die Durch gangsöffnungen nicht mehr deckten. Die Hahnbohrungen hatten 7 mm lichte Weite. Die Wasserstandshähne waren mittels ovaler Flanschen an dem gußeisernen gemeinschaftlichen Wasserstandskörper befestigt. Die untergelegten Bleischeiben hatten nur noch eine Oeffnung von etwa 3—-4 mm. Die übrigen Armaturen befanden sich vollständig in ordnungsmäßigem Zu stande. Die Zugabdeckung am hinteren Boden wurde ab gehoben und stürzte ein. Die mutmaßliche Ursache der Explosion war gänzlicher Wassermangel, hervorgerufen durch Verstopfung der Wasser standshähne und der Zuführungsrohre infolge zu weit vor stehenden Dichtungsmaterials.