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Anlage zum IsreiSerger Anzeiger und Tageblatt. F 205.Freitag, »e» September.IKAS. mehreren beifällig ausgenommenen Vorträgen des Zimmer'schen Musikchores hielt der Vorsteher des Vereins „Kriegerbund", Herr Köhler, folgende Ansprache: „Verehrte Festgenossen! Liebe Kameraden! Es ist heute der denkwürdige Tag ge kommen, wo vor 15 Jahren die erste Kunde von Sedan mit schmetterndem Klange alle Welt erschütterte. Seitdem ist der große Jahrestag nie gekommen, ohne im Deutschen Reiche mit Glockenllängen eingeläutet, mit wehenden Fahnen und donnern den Böllerschüssen begrüßt zu werden. Ja, es ist seit 1870 kein Johr zu Ende gegangen, ohne auch davon Kunde zu geben, daß fern von der lieben deutschen Heimath treue Herzen gerade an diesem Tage ihre laute und freudige Theilnahme am Siege des Vaterlandes und am Wiederaufbau des deutschen Kaiser- tbnms bezeugt und den fremden Nationen gezeigt haben. So ist denn auch uns, geehrte Festgenossen, liebe Kameraden, der 2.September ein feststehender Jubel- und Freudentag geworden, iodem gleichzeitig dieser Tag derjenige ist, an welchem 1872 mehrere Kriegskameraden zusammentraten, um einen Verein zu bilden, der den Namen „Kriegerbund" trägt und in dreizehn wirksamen Jahren die Zahl von 580 Mitgliedern erworben hat Aber liebe Kameraden, der Zweck unseres Vereins ist ja: das Band der Kameradschaft zu erhalten, die Liebe zu König und Vaterland zu pflegen und zu bestätigen, das Bewußtsein za Kaiser und Reich zu beleben und zu stärken, schließlich alle Mitglieder in Krankheits- und Sterbefällen zu unterstützen und ihnen hilfreich zur Seite zu stehen. Dieses, Kameraden, lege ich Euch heute an's Herz, frei und willig fest an dem zu halten, was Ihr versprochen. Da die Ansprüche an uns durch Unterstützungen dieses Jahr sehr bedeutend waren, so ist es desto nothwendiger, immer zu suchen: das Band der Eintracht, das Band der Liebe, das Band der Kameradschaft in erhalten und zu bewahren. Dann kommt Euch auch eine Stunde, wo Euch die auferlegte Arbeit, wo die Erfüllung der Pflicht als übergroße Last erscheinen will, so haltet doch muthig aus, im Hinblick aus die hohen und tapferen Männer, deren Büsten hier auf Euch niederschauen. Keiner ist unter ihnen, dessen Leben und Wirken nicht ein leuchtendes Vorbild wäre, aber mit freundlich ermunternden Blicken scheinen sie Euch zuzurusen: Seid eingedenk der Pflicht gegen Euch selbst! Seid eingedenk der Pflicht gegen das Vaterland! Um nun unsere Pflichten und Versprechungen zu bekunden, bitte ich Euch, Kameraden, freudig und willig mit mir einzu- stimmen in den Wunsch: Möge unser greiser Heldenkaiser Wilhelm, als auch unser allverehrter hoher Protektor, König Mert, das Schwert mit der Palme vertauschen! Möge eine lange Zukunst sie und uns die Früchte der Kämpfe genießen lassen! Möge endlich die glückliche Nachwelt uns bezeugen, daß wir keine Schmach und keine Schuld ihr hinterlassen haben, wohl aber die hohe Verpflichtung, unsern Namen unbe fleckt den späteren Geschlechtern zu bewahren. So stimmen Sie nun Alle mit mir freudig in den Ruf ein: Se. Majestät unser ehrenwerther Heldenkaiser Wilhelm und Se. Majestät unser allverehrter hoher Protektor König Albert, sie leben hoch!" — Nachdem dieser Aufforderung jubelnd genügt worden war, fuhr der Redner in folgender Weise fort: „Noch liegt mir die Pflicht ob, den sehr geehrten Herren Ehrenmitgliedern, als auch den sehr geehrten Herren Ehrengästen für das heutige Erscheinen in unserer Mitte im Namen des Militär-Vereins Kriegerbund den innigsten und aufrichtigsten Dank auszusprechen. Diesen Dank zu bezeugen, fordere ich Euch auf, Kameraden, mit mir zu rufen: Unsere Herren Ehrenmitglieder, als auch unsere Herren Ehrengäste, sie leben hoch!" Auch diese Be grüßung sand lebhaften Anklang, worauf Herr Köhler zum dritten Mal das Wort ergriff und sagte: „Endlich liegt mir noch die Pflicht ob, unserer königlichen, sowie auch unserer städtischen Behörde für jede Bereitwilligkeit, mit welcher sie uns hilfreich zur Seite stehen, im Namen des Militärvereins Kriegerbund den herzlichsten und wärmsten Dank auszusprechen, weshalb ich Euch, Kameraden, nochmals auffordere, mit mir einzustimmen in den Ruf: Der hiesigen königlichen als auch der städtischen Behörde ein dreifaches Glückauf!" Herr Amts hauptmann Or. Fischer hob hervor, daß seine Ehrenmit- gliedschast nun ein Jahr alt sei, sprach sich anerkennend über die Leistungen und Gesinnungen des Vereins „Kriegerbund" aus und dankte herzlich für den sowohl den königlichen Behörden wie ihm selbst dargebrachten Gruß. Im Namen der Ehren gäste dankte Herr Bezirksvorsteher Wießner, welcher der Wirksamkeit des Vereins große Anerkennung zollte. Der dem Konzert folgende Ball hielt die Festtheilnehmer in frohester Stimmung bis früh 4 Uhr beisammen. — Nachdem die freiwillige Turnerfeuerwehr den Schenk geber der Dampsspritze, Herrn Rentier Herm. Hincke, durch einstimmig gefaßten Beschluß zu ihrem Ehrenmitgliede ernannte, wurde demselben gestern in seiner Wohnung durch eine Deputation ein darauf bezügliches fehr geschmackvoll aus geführtes Ehrendiplom überreicht. — Sonntag den 13. September findet hier der erste Verbandstag des Freiberger Bezirksfeuer wehrverbandes statt. Um 10 Uhr Vormittags werden die auswärtigen Feuerwehren im Restaurant „Union" em pfangen und um 11 Uhr beginnen die Verhandlungen. Auf der Tagesordnung stehen u) Geschäftsbericht, st) Festsetzung der Beiträge zur Verbandskasse, o) Wahl des Ortes für den nächsten Verbandstag, <I) Beschlußfassung über Einführung von Inspektionen der zum Verband gehörigen Feuerwehren, 6) Be schlußfassung über statistische Erhebungen, l) Bericht über die vom Ausschuß gethanen Schritte: die Aushebung des Verbotes des Ausrückens mit Musik an den Sonntag-Morgen betr., Z) Wahl des Verbandsausschusses. In den Vormittagstunden erfolgt auf dem Obermarkt eine Aufstellung der Geräthe der hiesigen freiwilligen Turnerfeuerwehr, Mittags 1 Uhr ein Festessen in der „Union", Nachmittags 3 Uhr der Abmarsch nach dem Turnplatz, auf welchem folgende Schulübungen statt finden: 1. Fußexerzitien eines Zuges der Freiberger Feuerwehr. 2. Spritzenübung, a) 1 vierrädrige Fahrspritze (Freiberg), st. 1 zweirädrige Abprotzspritze (Friedeburg), o) 1 zweirädrige Abprotzspritze (Freibergsdorf), ck) 4 zweirädrige Abprotzspritzen und 1 Hydrant (Freiberg). 3. Leiterübung, a) mit 1 Schiebe leiter (Freiberg), st) mit einer Anstellleiter (Friedeburg), v) mit 1 Anstellleiter (Freibergsdors), ä) mit 2 Anstellleitern (Freiberg), v) mit 6 Hakenleitern (Freibergsdorf), k) mit 12 Hakenleitern (Freiberg). Nach Schluß dieser Schulübungen erfolgt der Abmarsch nach dem Manövrrobjekt, über welches Näheres noch bekannt gegeben werden wird. Abends findet Kommers im Versammlungslokale statt. Die in der „Union" veranstaltete Ausstellung von Feuerlöschgeräthen und Ausrüstungsstücken ist am 13. d. M. Vormittags von 10 Uhr an bis Nachmittags 3 Uhr und dann Nachmittags nach 6 Uhr für die Inhaber von Programms geöffnet. — Von der seitens des königl. Finanzministeriums her ausgegebenen, unter der Leitung des Prof. ObrrbergrathS vr. Credner in Leipzig bearbeiteten geologischen Speziallarte des Königreichs Sachsen sind soeben die Sekttonen Auerbach- Lengenfeld und Oschatz-Mügeln erschienen. Der Preis je eines Blattes nebst Erläuterungen beträgt 3 Mk.; dieselben sind nicht nur durch die Kommissionsbuchhandlung von Wil helm Engelmann in Leipzig, sondern auch durch jede andere Buchhandlung zu beziehm, insbesondere durch die in Dresden, Leipzig, Meißen, Döbeln, Freiberg, Chemnitz, Plauen, Annaberg, Pirna, Zwickau, Glauchau, Bautzen, Berlin und Altenburg errichteten Lager, woselbst überall UebersichtSblätter und Prospekte über die bis jetzt erschienenen uod demnächst zur Veröffentlichung gelangenden Sektionen der geologischen Karte ebenso wie die einzelnen Blätter selbst zur Ansicht be reit liegen. ,r Halsbrücke, 3. September. In Lied und Wort feierten gestern Abend in einfacher würdiger Weise auf An regung des hiesigen Militärvereins die Mitglieder desselben, sowie diejenigen des Turner-Gesangvereins und die erschienenen Ehrengäste in „Kummer's Hof" die 15jährige Wiederkehr deS Tages von Sedan. 5? Brand, 3. Septbr. Der gestrige deutsche National lag ist auch hier in würdigster Weise gefeiert worden. Zu Ehren des Tages hatten die königlichen und städtischen, sowie viele Priväthänser geflaggt, auch waren die hiesige sowie die in St. Michaelis schön gewachsene Friedcnseiche hübsch ge schmückt. Früh '/,9 Uhr versammelten sich sämmtliche Klaffen der Schule zu einem Kirchenzug. In der Kirche hielt Herr Pastor Löhnig eine Festpredigt. Nachmittags machten die Herren Lehrer mit den Schulkindern Spaziergänge in die Umgegend. Die Berthelsdorfer Schule hatte hierher einen Ausflug gemacht, die Erbisdorfer unter Musikbegleitung einen Spaziergang nach dem Rosinenhäuschen unternommen. Abends fand hier ein Lampionzug statt. Derselbe bewegte sich unter un unterbrochenem bengalischen Buntseuer durch die Straßen der Stadt. Der Rathskeller sowie das von Herrn Kirbach be- wirthschastete „Glücksrad" hatten prachtvoll illuminirt und die Büsten Sr. Majestäten des Kaisers Wilhelm und des Königs Albert ausgestellt. Nach dem Lampionzug entwickelte sich in den Lokalitäten des Nathskellers ein echt patriotische- Festtreiben, wobei durch Musik und Festlieder sowie durch verschiedene Ansprachen ^nd Trinksprüche der Bedeutung des Sedantages gedacht wurdet. da zeigte sich immer und überall des jungen Mannes hohe Gestalt. Als die Schlacht entschieden war und das Regiment Oberst Gordons als Sieger auf dem Platze blieb, lag der Lieutenant unter Todten am Boden. .Todt!" dachte der Oberst mit Bedauern. Man hob den Regungslosen gleichwohl auf und brachte ihn in das Hospital, und in der Todtenliste in den Zeitungen stand dann: Lieute nant Karl v. Lilienau. Aber er starb nicht — keine der Wunden, mit denen er bedeckt war, erwies sich als tödtlich. Am Tage nach der Schlacht hatte der Oberst das Hospital besucht, um sich nach ihm zu erkundigen. „Armer Junge," dachte er, mit innigem Mitleid zu dem Verwundeten niederblickend, der in wilder Fieberphantasie vor ihm lag. „Er hat wie ein Löwe ge fochten." Niemand wußte ihm mehr als den Namen Karl v. Lilie- nau zu sagen. Der Arzt übergab ihm jedoch zur Aufbewah rung die Uhr des jungen Mannes. Das Medaillon, welches an der Kette befestigt war, sprang auf, und Marius Gordon blickte in sprachloser Verwunderung auf ein weibliches Bildniß. Er kannte dieses schöne Antlitz gar wohl, trug ja er selbst auch dessen Bild an seinem Herzen. Der Oberst studirte das in die Uhr gravirte Wappen mit dem Motto: „sompor Lckolis" aufmerksam. „Er sieht aus, tvie ein Aristokrat; möge der Himmel ihn bald genesen lassen, sonst gehe ich vor Neugierde zu Grunde!" sagte er sich. Und sein Gebet wurde erhört; die Genesung machte rasche Fort schritte, und heute hatte er nach dem Rekonvaleszenten geschickt, da er sich unfähig fühlte, diese Ungewißheit länger zu ertragen. „Herein!" rief er, als an die Thür gepocht wurde, und Lieutenant von Lilienau stand militärisch grüßend vor ihm. „Sie haben nach mir gesandt, Herr Oberst." „Ja, mein junger Freund; nehmen Sie Platz; ich hoffe, es schadet Ihrer Gesundheit nicht, daß ich Sie kommen ließ." „Gewiß nicht, Herr Oberst; meine- Wunden sind nahezu geheilt, obgleich ich den Dienst leider noch lange nicht antreten kann." „Ich bin um Sie sehr besorgt gewesen; erstens, weil es mir um einen so muthigen, so ausgezeichneten jungen Mann an und für sich leid gewesen wäre, zweitens, weil mir viel daran gelegen ist, einige Fragen an Sie zu stellen! Zunächst habe ich sür Sie die angenehme Botschaft, daß Sie, als An erkennung Ihres Heldcnmuthes, zum Kapitän ernannt sind. Ich gratulire herzlich. Lassen Sie uns auf gute Kamerad schaft anstoßcn." Karl dankte ihm mit einer vornehmen Zurückhaltung und stieß nach kräftigem Händeschütteln mit ihm an. „Nun erlauben Sie mir," fuhr der Oberst fort, „Ihnen Ihr Eigenthum zurückzugebcn und Ihnen zu gestehen, daß ich durch einen Zufall das Bild der Dame in Ihrem Medaillon sah und erkannte." Karl von Lilienau nahm ruhig sein Eigenthum in Em pfang. „Ein schönes Gesicht, nicht wahr, Herr Oberst?" Dieser zog aus seiner Brusttasche eine Photographie her vor und reichte sie ihm. „Ich erhielt dieses Bild vor drei Monaten; das Ihrige ist früher angefertigt." Ernst betrachtete Karl dieses zweite Bildniß. Mit einer Verbeugung reichte er endlich das Bild dem Eigenthümer zurück. „Die Zeit erhöht nur ihre Schönheit." Der Oberst beobachtete ihn scharf und fragte nun: „Herr von Lilienau, was ist Ihnen Leonore Plönius?" Karl lächelte. „Eine Bekannte, Herr Oberst, die nicht ahnt, daß ich mir herausnchme, ihr Bild zu tragen; ich habe dasselbe, ehe ich die Heimath verließ, aus dem Album einer ihrer Freundinnen entwendet. Ich bewunderte Fräulein Plö nius nicht wenig und dachte, ich könne kein schöneres An gedenken an das Leben, von welchem ich schied, mit mir neh men in die neue Welt — als ihr Bildniß." Ruhig steckte er Uhr und Medaillon zu sich. „Und das ist Alles?" fragte Oberst Gordon. „Herr Oberst, Fräulein Plönius, mit ihrem großen Reichthum und ihrer seltenen Schönheit stand unerreichbar über mir." „Unerreichbar, und doch tragen Sie ein altes Wappen! — Ich fürchte, meine Fragen erscheinen Ihnen zudringlich; aber Sie erinnern mich an einen Mann, den ich vor zwanzig Jahren gekannt — an den Grafen Lilienau. Sie haben den Grasen Lilienau gekannt?" sprach der Oberst lebhaft. „Sie sehen ihm ähnlich." „Nun ja denn — er war mein Vater." „Ihr Vater?" „Ja, Herr Oberst. Meinem Bruder ist nach des Vaters Tode das Majorat zugefallen, und ich — nun ja, ich muß es wohl eingestehen — ich verschwendete mein Erbtheil und verließ dann die Heimath, um hier mein Glück zu ver suchen." „Herr von Lilienau," sprach der Oberst. „Sie lernten also meine — Fräulein Plönius als die Mündel Ihres Vaters kennen?" „Ihre Tochter, Herr Oberst — das Vertrauen soll ein gegenseitiges sein — denn ich weiß ja doch, daß Sie -- Ed mund Plönius sind!" „Ja — ich vermuthe, Sie kennen meine Geschichte durch Ihren Vater!" „Und von Anderen; waren Sie nicht überrascht, Herr Oberst, als Sie vernahmen, wen mein Vater zum Vormund Leonorens bestellt hatte? Ich sollte meinen, der Freiherr von Miklos sei der letzte Mann auf Erden, dem Sie geneigt sein könnten, Rechte über Leonoren zuzugestehen!" „Und weshalb hegen Sie diesen Glauben?" „Soll ich diese Frage beantworten, Herr Oberst? Ich entsinne mich, daß mein Vater einst an der Tafel Ihre Ge schichte erzählte und die Freifrau von Miklos daraufhin ohn mächtig wurde; ich entsinne mich, daß einst alle Welt sich er zählte, sie habe den Baron nur gezwungen gcheirathet; ich weiß, daß sie Ihre Gattin und Leonorens Mutter ist. Wes halb sind Sie nicht längst in die Heimath zurückgekehrt und haben sie vor einem Schicksal errettet, welches grausiger ist als der Tod?! Sie konnten Rechte geltend machen. Wes halb haben Sie nicht längst Ihr Weib gefordert?" „Ja — fürwahr, es hat Zeiten gegeben, in denen ich mir selbst wie ein Feigling vorkam, weil ich das arme Weib ihren Peinigern überließ — aber ich war eines Verbrechens ange klagt, ich konnte meine Unschuld nicht beweisen, sie war dem Freiherrn angetraut; man ließ mich glauben, sie liebe ihn. Eine Bloßstellung wäre nothwcndig gewesen — unvermeidlich — und —" „Bester Bloßstellung, als sie so leiden zu lasten, wie sie thatsächlich gelitten! Misten Sie, Herr Oberst, daß Ihre Frau seit Jahren schon sich in einer Irrenanstalt befindet?" „Ja — ich weiß. Ich erfuhr es erst viele Monate später, denn ich war im Feldlager. Leonore schrieb mir aus der Schweiz." „Hegen Sie denn gar nicht den Wunsch, Ihre Tochter zu sehen?" „Gewiß. Ist sie erst irgend eines braven Mannes Weib geworden, so werde ich sie bitten, den Ozean zu kreuzen, „um mich zu besuchen." „Hegen Sie nicht den Wunsch, daß der Makel, welcher auf Ihrem guten Namen hastet, von demselben genommen werde; daß Sie rein dastehen vor den Augen der Welt?" „Wie sollte es mir nach so langen Jahren gelingen, meinen guten Ruf wieder herzustellen?" „Warum nicht? Schwierigere Dinge sind schon erreicht worden; die Detektivs sind geschickte Leute, und wie man mir sagt, besitzen Sie hinreichendes Vermögen, um dieselben zu be zahlen. Erich von Bredcn ist todt, Ihnen steht es frei, in die Heimath zurückzukehren, wenn Sie wollen, wenn schon nicht um Ihretwillen, so doch wegen Ihrer Frau." Der Oberst erhob sich, leidenschaftlich erregt. „Und glauben Sie, ich wäre im Stande, mein Weib zu sehen, in dem Zustande, in welchem sie sich gegenwärtig befindet?" „Sie halten Ihre Frau für irrsinnig! Nun — ich bin nicht so ganz davon überzeugt." (Fortsetzung folgt.)