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deutschen Reichskanzlers von der Verkäuflichkeit der Reliquie Kenntniß erhielt, erwarb derselbe den Stuhl und widmete denselben dem Fürsten Bismarck, der von Varzin aus seinen lebhaften Dank für das interessante Geschenk zu erkennen gegeben hat. — Bei der von dem Reichskanzler ans den Ueberschüssen der Bismarckspcnde gegründeten „Schönhauser Stiftung" ist, wie nunmehr bekannt wird, noch eine Instanz neben dem Stifter vorgesehen, welche Berichte über die er betenen Unterstützungen zu empfangen hat. Als solche soll nämlich der jeweilige Präsident des preußischen Herrenhauses fungiren. Diese Bestimmung ist mit Rücksicht darauf getroffen worden, daß an der Spitze des Zentralkomitees zur Sammlung einer Ehrengabe der Präsident des Herrenhauses, Herzog von Ratibor, stand. Die Danziger Kaufmannschaft ersuchte das preußische Ministerium dringend um Widerruf der über siebzig dort ansässige Kaufleute verhängten Ausweisungsmaßregel. Neber die angeblichen massenhaften Ausweisungen deutscher Unter- thanen. aus Rußland wird offiziös folgende Erklärung abge geben: „Alle diese Angaben sind vollständig aus der Luft gegriffen. Es sind vom 1. Januar bis 1. August d. I. überhaupt nur 113 Ausländer aus Warschau fortgewiesen worden, worunter 61 Deutsche (43 Männer, 7 Frauen und 11 Kinder). Als Grund der Ausweisung ist angegeben: Paß- und Arbeitslosigkeit, gewerbsmäßiges Vagabondire», ver dächtiger und liederlicher Lebenswandel u. dergl. m. Manche sind auf ihr Verlangen nach der Heimath geschickt worden. Endlich wurden noch wegen Betheiligung der Männer an einer im Monat März erfolgten Arbeiterdemonstration einige wenige Familien ausgewiesen." Nach einer Mittheilung der „Kolvnialpolitischen Korre spondenz" hat die ostasrikanische Gesellschaft 4500 Quadrat meilen eines üppigen, durchaus gesunden Landgebietes unter! die deutsche Flagge gebracht. Ein Probeversuch mit Anlegung einer Faktorei, sowie der ersten landwirthschaftlichcn Station wurde in Usagara gemacht. Die Gesellschaft beabsichtigt zunächst die Anlage von fünf Stationen, und zwar im Gegensatz zum Kvngostaate, als Militärstationen auf land- wirthschastlicher Grundlage mit Heranbildung von Devensiv- Mannschaften aus der Negerbevölkcrung durch die anwesenden, sehr tüchtigen deutschen Offiziere. Daneben will man mit den Eingeborenen im Plantagenbau vorgehen. Zur Vcrtheidigung hat Krupp neu konstruirte Geschütze geliefert. Der Stations chef soll das Organ für Justiz und Verwaltung und die Station der Ausgangspunkt für die Landesaufnahme und die Erforschung sein. Zwei Stationen werden zur Beherrschung der an die Seen unv die Küste führenden Karawanenstraße, zwei am Rusindje und Pangani, eine fünfte in Usagara ge macht als Mittelpunkt für die praktischen Arbeiten der Ge sellschaft und des Privatkapitals, welches Interesse an Ostafrika zu finden glaubt. Der bisherige Präsident des österreichischen Abgeord netenhauses, I)r. Smolka, begiebt sich am 15. d. Mon. von Bamberg nach Wien, um die Präsidialgeschäste des Abgeord netenhauses zu übernehmen. Nach der Geschäftsordnung er lischt die Funktion des Präsidiums nicht mit der Auflösung des Abgeordnetenhauses, sondern sie dauert in Bezug auf die Führung der lausenden Geschäfte und der Vorbereitungen für die nächste Session bis zum Wicderzusamnientritte des Reichs- rathes fort. — Die Gährung in Böhmen ist noch nicht vor über, wenn auch von liberaler Seite Alles geschieht, um weitere Gegendemonstrationen zu verhüten, die nach der Miß ¬ handlung der deutschen Turner durch den czechischen Pöbel in Königinhof in vielen deutsch-böhmischen Orten im Werke waren. In Reichenberg bewendete es bei Ansammlungen vor der czechi schen Bescda und einigen Fenstereinwürfen, die nach der Wiener alten „Presse" von solchen jungen Leuten herrührten, welche jeden Exzeß mitmachen. Wie das „Prager Amtsblatt" berichtet, haben die Reichenberger Lokalbehörden alle Vor kehrungen getroffen, um die Wiederkehr solcher Vorkommnisse zu verhüten. Ueberdies richtet die Reichenberger Bezirks hauptmannschaft an die Gemeindevorsteher der Umgebung einen Erlaß, worin dieselben verantwortlich gemacht werden für die strenge Handhabung der Polizeivorschriften und die Abhaltung von Tanzmusiken bis auf Widerruf untersagt wird. Prinz Amadeus, der Bruder des Königs von Italien, ist in Kairo angelangt. — Das Gerücht, daß ein aus Neapel abgegangener Transportdampfer vor Syrakus Anker werfen werde, um auf Befehl acht Infanterie-Regimenter nach Afrika zu bringen, erhält sich beharrlich. Man bringt die beabsichtigte Expedition mit Sir Drummond Wolff's Mission in Konstantinopel in Zusammenhang. Bei der Beisetzung des französische» Admirals Courbet in Abbeville sind ernste Konflikte zwischen der Geistlichkeit und den städtischen Behörden nur dadurch vermieden worden, daß sich die letzteren vor dem Beginn der kirchlichen Zeremonie zurückzogen. Da die Bevölkerung von Abbeville in ihren Sympathien gespalten war und vielfach das Verhalten der Maire billigte, befürchtete man bei der Beisetzung selbst Störungen, die jedoch nicht eingetreten sind. Hervorgchoben wird in allen Berichten über die Feierlichkeit die ungemein zahlreiche Bctheiligung des Klerus. Man zählte in dem Leichenzuge über 600 Priester mit den Bischöfen von Amiens und von Angers an der Spitze. Der Letztere, der bekannte streitbare ! Bischof Freppel, hielt die Leichenrede. In der spanischen Hauptstadt ist eine zweite deutsche Note eingelroffen, in welcher das Berliner Kabinet an seinen bisherigen Anschauungen über das spanische Besitzrecht an den Karolinen unverändert festhält, aber an die Freundschaft Spaniens appellirt. — Von Madrid aus ist jetzt folgende seltsame Mittheilung an ein Londoner Blatt gelangt: „Ein wichtiges Dokument, welches soeben im Archiv des Kolomal- amtes entdeckt worden ist, wirft ein neues Licht auf die jetzt erhobenen nebenbuhlerischeu Ansprüche auf die Karolinen-Inseln. Es ist ein formelles Abkommen, welches vor drei Jahren von den eingeborenen Häuptlingen des Archipelagus unterzeichnet wurde und worin die spanische Souveränetät über sämmtliche Inseln anerkannt wird. Das Dokument wurde von dem Befehlshaber eines spanischen Kriegsschiffes erlangt und von ihm nach der Heimath gebracht. In hiesigen ministeriellen Kreisen hält mau dafür, daß dies als ein endgiltiger und über wältigender Beweis der Rechte Spaniens über deutsche Präten sionen dienen muß." Jedenfalls wird man sich allgemein darüber wundern, daß ein so wichtiges Dokument jahrelang vergessen liegen bleiben konnte, um erst im geeigneten Augen blicke wieder entdeckt zu werden. Wenn sich trotz dieses selt samen Zufalles die Karolinen-Frage verschärfen sollte, würde die spanische Regierung die Kortes einberufen. — Die Nach richt von einem seitens des Königs Alfons an den deutschen Kronprinzen gerichteten Schreiben wird demcntirt. — Eine kleine Emeute in Malaga wurde von der Gendarmerie sofort unterdrückt. — Der Deutschenhaß hat doch noch nicht alle Kreise Spaniens ergriffen, da die Sociedad de Obreros Tipo- grafos in Barcelona neuerdings ihren deutschen Kollegen die Versicherung übermitteln ließ, daß man für sie nach wie dor innige Brudergefühle hege und die Vorfälle in Madrid, dem übrigens Kollegen ferngestanden haben, tief bedauere. Nachdem fast die gesammte englische Presse das neuer liche Auftreten des Führers der Homerule-Partei einer herbe, ! Kritik unterzogen hat, fühlt derselbe die Nothwendigkeit, sich von der Mitschuld an den seit der Aushebung der Ausnahme gesetze in Irland vermehrten Ausschreitungen zu reinige». Bei einem Banket, welches der Lordmayor von Dublin den z, den Anhängern Parnell's gehörigen Parlamentsdeputirten gab, sprach sich Parnell entschieden gegen die Agrarvergehe» durch welche der nationalen Sache nur geschadet werde. Tn Führer der irischen Sonderbewegung empfahl den Eigenthümmi von Pachtgütern, diejenigen ihrer Pächter, welche in Folge der schlechten Ernte im nächsten Winter ihre Pachtgeld« z, bezahlen nicht im Stande sein würden, nicht aus dem Pacht verhältnisse zu drängen, da dies für die Zukunft leicht eim, Verzicht auf die Pachtungen überhaupt zur Folge habe» Anläßlich der Reise des russischen KaiserpaareS M Kiew sind in Odessa die umfassendsten Maßregeln worden, um die dortige politisch verdächtige Jugend der kaiserlichen Reise über die benachbarte Bahnlinie unschädlich zu machen. Zu diesem Behufe wurden in der Nacht, milhiad welcher die kaiserliche Familie in Kremsier weilte, in etwa 150 Wohnungen Odessas, wo Studenten und andere jmge Leute sich aufhielten, Hausdurchsuchungen vorgenommen md bei der Auffindung irgend eines verdächtigen Buches ad« dm Briefen die Besitzer derselben bei Nacht und Nebel mitge nommen. Ein großer Theil der Verhafteten ist erst seitdem wieder in Freiheit gesetzt worden. Eine Zahl von jungen Leuten wird aber noch immer in Hast behalten, weil, wie es heißt, eine neuerliche Verschwörung derselben gegen das Vata land und den Kaiser entdeckt worden sein soll. In der Stadt herrscht in Folge dieser Verhaftungen eine begreifliche Auf regung. — Lokales und Sächsisches. Freiberg, den 2. September. — Se. Majestät der König begab sich heute nach Wurzen, um den Uebungen der 2. Infanteriedivision und der Kavallcrie- division bcizuwohnen und am Nachmittag nach Pillnitz zurück- zukehren. Am Sonnabend hält Se. Majestät Hosjagd auf Spechtshausener Revier bei Tharandt ab; das Din« wird im dortigen Albert-Salon eingenommen. Sonntag Nachmittag 3 Uhr findet in Grimma ein Militär-Diner statt, zu welchem die in der Umgegend kantonnirenden höheren Offiziere Ein ladung erhalten haben. Nach Beendigung desselben begiebt sich der König nach Jagdschloß Wermsdorf, um daselbst vormj- sichtlich bis 12. d. M. zu verweilen und von hier aus im Truppenübungen beizuwohnen. Ihre Majestät die Königin wird mit den Prinzessinnen Mathilde und Marie Josefa am Sonntag ebenfalls sich nach Wermsdorf begeben und einige Tage daselbst Aufenthalt nehmen. Beide Majestäten kehren sodann nach Pillnitz zurück, da die Aushebung des Kgl Hos- lagers und seine Verlegung nach Strehlen erst übernächste Woche erfolgen soll. — Der hiesige Militärverein „Kriegerbund' beging gestern Abend gleichzeitig mit der Sedanfeier sein 13. Stiftungs fest in solenner Weise. An dem Feste nahmen mehrere Ehren gäste, u. A. Herr Amtshauptmann Or. Fischer, Herr Bezirls- komniandeur Major Unruh, Herr Proviantmeister Oberlieutenant Dittrich und Herr Bezirksvorsteher Wießner Theil. Nach kalten Finger wurden einen Moment von seiner kraftvollen Rechten umschlossen, ein mattes Lächeln umspielte ihre Lippen, dann floh sie aus dem Gemach. Sie waren geschieden, sür immer vielleicht und in der Stunde, in welcher sie ihn Va loren, wußte sie, daß sie ihn liebe niit einem heißen Empfin den, das ihr ganzes Leben lang währen würde. Sie war sein Weib, aber lieber wäre sie tausendfach gestorben, als ihn zu bitten, daß er bleiben möge. Und so war der Tag ihr« Vermählung auch jener, welcher sie zur Wittwe machte. Wenige Tage später schiffte Karl von Lilienau sich in Bremer hafen ein zur Verbannung in die neue Welt. IV. Eine heiße Nacht war es in Virginien. Rastlos schritt in einem öden großen Gemache, die Hände auf dem Rücken, ein Offizier auf und nieder. Er war hochgewachsen und sonn gebräunt, seine Züge verriethen deutsche Abkunft. Er mochte fünfundvierzig Jahre zählen, sah aber trotz des stark in's Graue spielenden Haares weit jünger aus. Offenbar war der Oberst Marius Gordon von irgend einem ihn beschäftigenden Gedanken auf das Vollständigste eingenommen. „Wer mag er sein?" murmelte er halblaut vor sich hi» „Steht er in irgend welcher Beziehung zu ihr, wie kommt er dann hierher? Gilt er ihr nichts, wie kommt er dann zu ihrem Bilde? Die Nacht ist schön und er hinreichend her gestellt — ich werde also nach ihm schicken, ihm sein Eigen thum zurückgeben, ihn fragen und ihm natürlich seine Besör- derung mitthetlen, statt bis morgen zu warten. Er trat ans Fenster und blickte hinaus; der südliche Himmel war von unzähligen Sternen übersäet. Er klingelte und gebot der eintretenden Ordonnanz: „Gehen Sie in daS Hospital und bitten Sie den verwundeten Lieutenant, sich zu mir zu bemühen, wenn er sich wohl genug fühlt." Der Soldat grüßte militärisch und ging. Der Oberst öffnete ein kleines Packet, das auf dem Tische lag. Es ent hielt eine goldene Uhr sammt Kette und ein kostbares Me daillon von selten feiner Arbeit. Er öffnete auch dieses; es befand sich darin das Bildniß eines wunderschönen Mädchens — und dieses Mädchen war: Leonore Plönius! „Was ist er ihr? Wie kommt er dazu, ihr Bild zu tragen? Weiß er — aber natürlich weiß er nicht — wie sollte er?! — Es ist sonderbar — höchst sonderbar!" Die Umstände waren allerdings eigenartig. Vor fünf Wochen etwa war eine Schlacht geschlagen worden; während des heißesten Gefechts lenkte sich die Aufmerksamkeit des Obersten auf einen Offizier einer anderen Truppe, dessen kühner Muth seine volle Anerkennung hervorricf. Die Schlacht währte den ganzen Tag über, und wo die Gefahr am größten, Dämonische Mächte. Roman von Hugo Falkner. 42. Fortsetzung. Nachdruck verboten. Sie wandte sich um, um das Zimmer zu verlassen, der Baron hielt sie zurück. „Um Gottes willen, Leonore, so warten Sie doch, ich be greife nichts, wollen Sie denn behaupten, diese Ehe sei eigentlich keine solche, Karl von Lilienau gebe Sie für immer frei, ver lasse die Heimath, um nie mehr zurückzukehren?" „Ja, das ist's gerade, was ich sagen will. Sie verstehen solche Großmuth freilich nicht, Sie würden unter den ob waltenden Umständen ganz anders handeln und Karl's tadel loser, hochgepriesener Bruder freilich auch, aber es giebt doch noch brave, ehrenwerthe Männer auf Erden. Diese Heirath soll niemals publik gemacht werden, wenn Sie zu schweigen verstehen. Meine Zofe ist ins Vertrauen gezogen und hält reinen Mund. Ich bleibe in den Augen der Welt nach wie vor Leonore Plönius. Sollten Sie aber jemals den Versuch wagen, mich tyrannisiren zu wollen, dann werde ich der Ge sellschaft Sie als das zeigen, was Sie eigentlich sind, als einen niedrigen, intriguanten Menschen, als einen herzlosen Despoten, welcher seine Mündel zu dem tollsten Schritte veranlaßte, den je ein weibliches Wesen zu vollführen im Stande ist. Nun wühlen Sie!" Stolz stand sie vor ihm und er kannte sie viel zu genau, um nicht überzeugt zu sein, daß sie bis in die kleinste Einzel heit ihr Wort halten werde. „Ich werde Ihr Geheimniß wahren, Leonore, und bitte Sie, mir zu verzeihen, wenn ich hart schien; ich bin dazu ge drängt worden. Graf Oskar besitzt Macht über mich und er zwang mich, so zu handeln, wie ich es gethan. Ich werde Ihr Geheimniß vor ihm, vor meiner Schwester, vor der Welt wahren. Lassen Sie die Dinge so weiter geschehen, als sei diese sonderbare Vermählung nie gewesen. Sie sind frei, zu thun, was Sie wollen und ich bleibe nur in den Augen der Welt Ihr Vormund. Ich beklage die Vergangenheit, mehr kann ich nicht sagen. Leonore, wollen Sie nicht wenigstens den Versuch machen, mir zu vergeben?" „Ich will es versuchen," erwiederte sie voll Bitterkeit, im Begriffe, das Gemach zu verlassen. In ihrem Zimmer angclangt, sank sie in die Knice und barg das Antlitz in der weichen Decke; sie vergoß keine Thräne, obwohl ihr das Herz zum Brechen voll war, sondern lag nur auf den Knicen, so starr, so unbeweglich, als könne sie nimmer im Leben den Entschluß fassen, sich zu erheben. Niemand störte sie, die Minuten vergingen und das rastlose Treiben des Tages trat in seine Rechte. Um halb Zwölf endlich pochte die Zofe an ihre Thür. „Bitte, gnädiges Fräulein, der Herr Baron läßt sich em pfehlen und ersuchen, ob Sie nicht in sein Schreibzimmer kommen möchten, Graf Karl hat sich dort eingesunden." Langsam erhob sich Leonore; es war im Grunde gcnomnien nicht mehr als recht und billig, wenn er sie zu sehen verlangte, wenn er cs ihr aber nur erspart haben würde. Der Freiherr öffnete ihr selbst die Thüre und sperrte hinter ihr ab. Eine hohe Gestalt, zu welcher Leonore gar nicht hinüberzublicken wagte, lehnte am Kamin. „Sie haben mir gesagt, mein Kind," sprach der Baron in seinem süßesten Tonfall, „daß Graf Karl von Lilienau die Hälfte Ihres Vermögens zu erhalten habe, es muß hier aber eiu Jrrthum obwalten, denn er weigert sich dessen auf das Allerentschiedenste." Leonore blickte den jungen Mann befremdet an, dieser aber lächelte. „Dieser letzte Passus des Paktes ist beim Schwure nicht mitinbegriffen gewesen. Wenn ich Ihnen diente, so bin ich damit vollständig befriedigt, ich kann nur hoffen, daß nie mals der Tag komme, an welchem Sie den Schritt, den Sie gethan, noch lebhafter bedauern als heute. Was das Geld anbelangt, so weise ich dasselbe mit der größten Entschiedenheit von mir. So tief ich auch gesunken sein möge, ich sehe, daß es offenbar noch eine Stufe giebt, die unter mir steht. Ihren großmüthigen Antrag zu acceptiren, wäre eine Erniedrigung, die abzulehnen Sie mir schon gestatten müssen. Ich verlasse in zwei Tagen die Heimath, nach aller menschlichen Voraussicht für immer, wenn aber auf der jenseitigen Halbkugel mir ein Tag aufgehen sollte, der mir Glück bringt, wenn ich mit Ehren zurückkehrcn kann, dann soll es geschehen. Auch dies hat freilich nicht in unserem Pakt gestanden." „Sie wollen wiederkehren?" fragte sie mit erbleichenden Lippen. „Wenn ich es vermag, wenn ich im Stande bin, alle meine Schulden zu zahlen, dann gewiß, aber Sie brauchen nichts zu fürchten, ich werde trotzdem meinen Schwur halten. Niemals, möge was immer kommen, werde ich Ihr Geheimnis; verrathen. Habe ich Sie vor meinem Stiefbruder gerettet, so bin ich damit zufrieden und fordere nicht mehr. Und nun, Leonore, um der alten Zeiten willen, sagen Sie mir Lebewohl, wünschen Sie mir glückliche Reise, ehe ich scheide." Lächelnd bot er ihr die Hand, schöner, sympathischer denn je dünkte er ihr in dieser Stunde, denn sie erkannte seine großmüthige Selbstaufopferung, und ihr ganzes Herz schlug ihm entgegen. Sie wußte mit einem Male, daß sic den Mann liebe, mit dem sie sich vermählt. Sie bot ihm die Hand; ihr schönes Haupt sank tief auf die Brust herab. Wenn ihr Leben davon abgehangcn, jetzt wäre sie nicht im Stande ge wesen, auch nur ein einziges Wort hervorznbringen; ihre eis-