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Ur Lg Irntag, lSM18« k Kn unierhaktendes Wochenblatt für den Würger und Landmann. Redakteur und Verleger: Friedrich Walther. - Politische »eltfcha«. ithal zurück und empfing frichiigsten Glückwünsche. Vrrim»p»«,ptza»r Lahrgang III. Anartel, vresd««, in der Gzpedi- tio», tl.Meißn. Gaffe Nr. » , -» haben. . Vierteljährlich ir'/»Ngr, Zu beziehen durch V gHe tgl. Post- ALstattm.^ Die seitdem über das Befinden Sr. Majestät ausgegebenen ärztlichen Bülletins lauten vollständig befriedigend. Der Thäter, Oscar Becker, aus Odessa gebürtig, Student in Leipzig, ist seines Verbrechens geständig und da- Motiv der Gewaltthat ist politischer Fanatismus, so schwer eS auch bleibt, sich die Gründe vollständig zu erklären, welche ein jugendliches Gemüth zu dem furchtbaren Entschlusse ge trieben, das Leben eines Fürsten meuchlings anzugreifen, dessen Name so hochgeachtet dasteht und dessen redliches Bestreben, den Anforderungen der Gegenwart zu genügen, nicht allein in ganz Deutschland, sondern weit über die Grenzen desselben hinaus gerechte Anerkennung findet. Trotzdem lassen die eige nen Geständnisse deS Verbrechers keinen Zweifel über den Ursprung der Miffethat zu. In seiner Brieftasche, die er bei sich trug, fand sich ein eigenhändiges Schreiben von ihm, dessen Inhalt, ziemlich wörtlich, wie folgt lautet: § . , „Vaden, den 13. Juli 1861. Das Motiv, weshalb ich Se.Majestät den König von Preußen erschießen werde, ist, daß derselbe die Einigkeit Deutschlands nickt herbeiführen kann und die Umstände überwältigen, daß die Einigkeit stattfindet; dteserhalb muß er sterben, daß ein Anderer es voll bringt. Man wnd mich um der That willen lächerlich machen, oder für überspannt halten — ich aber muß die That vollziehen, um das deutsche Vaterland glücklich zu machen. Oskar Becker, 8M6 Hur. aus Leipzig." An die Leipziger Polizeibehörde erging sofort die nöthige Requisition und es wurden noch an demselben Tage die Pa piere Beckers- versiegelt und weitere Erörterungen über die Person desselben angestellt. Oscar Becker ist der Sohn des allgemein geachteten russischen Staatsraths, vr. Paul Becker, welcher Letztere sich vor ungefähr 30 Jahren von seiner Vater stadt Chemnitz nach Odessa begeben und dort zuerst eine An stellung als Lehrer und später als Director an dem vom Her zoge von Richelieu gestifteten Lyceum gefunden hat. Sein Sohn, Oscar Becker, ist gegenwärtig 22 Jahr alt und studirt seit Ende April 185S Jurisprudenz an der UniverMät Leipzig, nachdem er zuvor einige Jahre die Kreuzschule zu Dresden besucht. Er hat eine ausgezeichnete Erziehung genossen und verkehrte während seines Aufenthalts in Dresden in mehreren sehr geachteten Familien, ohne daß sein Betragen jemals zu irgend einer Klage Anlaß gab, obgleich zuweilen ein eraltirtes Wesen an ihm bemerkt worden sein soll*). In Leipzig zeichnete er sich durch Eifer und Fleiß aus, besuchte regelmäßig die Collegien und seine schriftlichen Arbeiten erwarben sich eine besondere Anerkennung. Einer Verbindung gehörte der junge Mann nicht an und derselbe pflegte überhaupt den geselligen Umgang mit Studenten zu melden und führte ein ziemlich einyezogeneS Leben. Nur dann und wann soll er eine auffällige politische Erregung über die Lage Deutschlands verrathen und hierüber auch seinem Vater briefliche Mittheilung gemacht haben. Deutet nun einerseits Alles mit ziemlicher Bestimmt heit darauf hin, daß Becker keinen Mitschuldigen hat, ja daß er überhaupt sein verbrecherisches Vorhaben Niemandem mit einer Sylbe- verrathen, so liegen doch andererseits Mit- . *) Von einem gutunterrichteten Verwandten Becker s, welcher längere Zeit Veranlassung hatte, den jungen Mann zu beobachten, wird uns versichert, daß Letzterer allerdings wiederholt sich in einem zeitweiligen irren Zustande be funden habe und deshalb von den Verwandten desselben die Ankunft seine- Vaters und seines Onkel- (eines Arztes aus Kiew) mit Sehnsucht erwartet wurde. Der Onkel ist denn auch in Dresden angekommen, der Vater wird aber erst im nächsten Frühjahre hier erwartet. D. R. so Deutschland. Die Bundesversammlung hat in ihrer letzten Sitzung beschlossen, sich bei den Bundesregierungen für möglichst fortdauernde Unterstützung des „germanischen Museums" zu verwenden, dessen wachsendes Gedeihen mit Befriedigung constatirt wurde. Die übrigen Beschlüsse waren von keinem hervorragenden Interesse. — Wie verlautet, sind demnächst von Dänemark neue Vorschläge in der holsteinischen Angelegen heit zu erwarten, welche darauf abzielen, die in Aussicht ge stellte Bundeserecution mind-stenS zur Zeit abzuwehren. Die Unterhandlungen hierüber find bis jetzt zwischen dem preußischen und englischen Kabinette geführt worden und letzteres soll die dänische Regierung zu neuen Propositionen bestimmt haben, welche in Berlin nicht von der Hand gewiesen wurden, ob gleich dieselben eine Grundlage zur definitiven Erledigung der deutsch-dänischen Streitfrage nicht zu bieten scheinen. In dem Mündlichen Baden-Baden ist am 14. Juli ein schwere-Herdrechen, ein Attentat auf den König von P^eußet^ verübt worden, ein Attentat, dessen verhäng nißvolle FolgLn aber glücklicherweise die gütige Vorsehung von der Person - deS Monarchen abgewendet hat. Den bis jetzt vorliegenden Berichten entnehmen wir Folgendes über die un selige That. Der König, welcher sich seit dem 8. Juli zur Cur in jenem Badeorte befindet, pflegt jeden Morgen nach dem eine halbe Stunde entfernten Kloster Lichtenthal zu promeniren, um dort mit der Königin und den übrigen hohen Herrschaften zusammenzutreffen; ^eS führt dahin eine prächtige Eichenallee, in welcher sich gegen Abettd die Curgäste promenirend zu versammeln pflegen. Der König hatte auch am vergangenen Sonntage früh j9 Uhr seinen «Weg nach Lichtenthal in Be gleitung des Grafen Flemming, des preußischen Gesandten am badischen Hofe, angetreten, als ist jener Allee in unmittelbarer Nähe des Monarchen ein Schuß erfolgte. Der König machte eine Handbewegung nach dem Haupte und wandte sich Graf Flemming, um. Wenige Schritte hinter ihnen star '—/ V»"» ""V wie Wenige Schritte hinter ihnen stand ein junger wohlgeklcideter Mensch, welcher den Monarchen am Eingang« der Alle« noch ehrfurchtsvoll begrüßt hatte und Beiden dann gefolgt war. Der Gesandte fragte, auf ihn zugehend, wer geschossen hqb« und erhielt von ihm dir Antwort: „Ich!" und auf die weitere Frage: ,,Auf was, oder auf wen?" die Erwiderung: ,^Auf den König; dort habe ich die Pistole in s Gras geworfen." Er wurde sofort, ohne Widerstand zu leisten, verhaftet und in einem Wagen nach dem großherzoglichen Ge richt gebracht. Der König fühlte keine Verletzung und setzte seinen Weg nach Lichtenthal rasch fort, damit di« dahin voraus- aegangene Königin nicht durch übertrtebene Gerüchte vor seiner Ankumt beunruhigt werde. ES fand sich, daß ein« Kugel durch den Kragt» deS Rockes gedrungen war, in etwas schräger Richtung auf der linken Seite deS Halse»; sie hatte ein Stück chen der Halsbiad« mitgenommen und auf dem Halse eine Contusion, blutig unterlaufrn, etwa einen Loll im Durchmesser vermsacht. Dies war, Gott sei Dank, der einzige Nachtheil, den di« Frevelthat für den Monarchen herbeiführte. Der König kehrte nach einiger Aeit in Begleitung der Königin und des dort befindlichen Hofstaates von Lichtenthal zurück und empfing von aven Serten die herzlichsten und aufrichtigsten Glückwünsche.