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Sächsischer Landes-Anzeiger : 19.06.1888
- Erscheinungsdatum
- 1888-06-19
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id512384622-188806192
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id512384622-18880619
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-512384622-18880619
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsischer Landes-Anzeiger
-
Jahr
1888
-
Monat
1888-06
- Tag 1888-06-19
-
Monat
1888-06
-
Jahr
1888
- Titel
- Sächsischer Landes-Anzeiger : 19.06.1888
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Nr. 14«. — 8. Jahrgang. Der jeden Wochentag Abend (mit Datum de« folgenden Tage») zur Versendung gelangende „Sächsische LanVeS-Anzclgcr" mit täglich einem besonderen Unter« baltungSblntt« nnd mit dem Extrabeiblatt Luftiges Bilderbuch tostet bei den Ausgabe« stellen monatlich 70 Psg., bei den Post-Anst. 75 Ps. (1688er ZtgS.-PreiSliste Nr. ML.) Für Abonnenten erscheint je ein mal in, Jahr: Somuier-Eistiibubiifusirplaubefl für Lachsen. rSinter.Liseiibadnfniiriiiaiiiicft für Lachsen. Illuftr. üaleiider !>e« Sächsischen Laadiwtea. Illnstrirlk- Iahresbuch des ltaudesflnzeiger-. Sächsischer Dienstag, 19. Juni 1888. »Ms- Bei Bestellungen von AnSwärtS wolle man mit „Chemnitzer Stadt-Anzeiger". Unparteiische tägliche Zeitung für Sachsen nnd Thüringen. je 6 Silben CorpuSschrist bilden cä. 1 Zelle.) Aunoncenannahm» nur dir vormittag. Was: Mrackr Mt. Bnchdnickerei. Chemnitz. Dheaterstrasie 5 (Fernsprechstelle Nr. 188), Telegr »Adr.: LandeS-Anzriger, Eheumig. Mit täglich einenl besonderen 4. Sächsisches Allerlei - UriterWtungsblatt: 1. Kleine Botschaft — 2. Sächsischer Erzähler — 3. Sächsische Gerichts-Zeitung 5. Jllusirirtes UnterbaltnngSblatt — 6. Sonntagsblatt — Ertra-Beiblatt: Lusiiges Bilderbuch. Amtliche Bekanntmachungen. lieber das vermögen des Klempnermeisters Emst Julius Haacke in Chemnitz wird heute am 1k. Juni 1888 Vormittags '/,10 Uhr daS Konkurs verfahren eröffnet. Der Rechtsanwalt vr. Liudner in Chemnitz wird zum Konkursverwalter ernannt. Konkursforderungen sind bis zum 13. Juli 1888 bei dem Gerichte anzumelden. Es wird zur Beschlußfassung über die Wahl eines andem Verwalters, sowie über die Bestellung eines Gläubigeraus- schnsses und eintretenden Falles über die in 8 120 der KonkürSordnung bezeichncten Gegenstände auf den 2. Juni 1888 Nachmittag» 4 Uhr und zur Prüfung der angemeldeten Fordemngen aus den 25. Juli 1888 Vor mittags 10 Uhr vor dem Unterzeichneten Gerichte Termin anberaumt. Allen Personen, welche eine zur Konkursmasse gehörige Sache in Besitz haben oder zur Konkursmasse etwas schuldig sind, wird aufgegcbcn, nichts an den Ge- meinschulder zu verabsolgen oder zu leisten, auch die Verpflichtung auferlegt, von dem Besitze der Sache und von den Forderungen, für welche sie aus der Sache abgesonderte Befriedigung in Anspruch nehmen, dem Konkursver Walter bis zum 17. Juli 1888 Anzeige zu machen. Königliches Amtsgericht zu Chemnitz. Im Handelsregister für den Stadtbezirk des Unterzeichneten Amtsgerichts wurde heute aus Folium 2898 verlantbart, daß Herr Carl August Clemens Matthäi aus der Handelsgesellschaft unter der Finna Girschick u. Matthäi in Chemnitz als Theilhaber ausgejchiedcn ist, sowie, daß der andere Mitinhaber, der Maschinenbauer Herr Joseph Girschick daselbst, das Handelsgeschäft der aufgelösten Handelsgesellschaft künftig unter der bisherigen Firma fortführt Chemnitz, am 16. Juni 1888. Königliches Amtsgericht. der Orden „konr Is merits" am schwarzweißen Bande. Diese äußeren Anzeichen lassen in dem Tobten den vom Felde heimkehrenden, ruhm reichen Heerführer erkennen; an diesen erinnert auch der auf der Brust ruhende Kranz, den einst die Gemahlin mit eigener Hand für den heimkehrenden Sieger gewunden hatte, und dessen Grün und Familie,'die fürstli^n'Gäste'dseOSpibm'der Behörden, die'Geiß. Telegraphische Nachrichten. Vom 17. Juni. Petersburg. Die Blätter besprechen in etwas zurückhaltendem Ton die Sachlage. Dse allgemeine Auffassung ist nicht gerade pessimistisch. Dem Manifest des Kaisers Wilhelm wird mit doppelter Spannung entgegengesehcn. Des Weiteren wird die Frage erörtert, inwieweit Fürst Bismarck mit den vermeintlichen Plänen des Grafen Kalnoky hinsichtlich Bulgariens einverstanden sei. An eine S örung des Friedens wird übrigens nicht geglaubt. Rom. Der Ausdruck des Schmerzes in der italienische» Presse über den Tod Kaiser Friedrichs nimmt kein Ende; alle Blätter sind einig im Ruhme des Heroismus und des Edelmuths des Verstorbenen. ' „Riforma" klagt, mit Kaiser Friedrich steige die Hoffnung auf eine friedliche Zukunft in's Grab. „Tribuna", sowie die Mehrzahl der Blätter befürchten eine europäische Krise. Andere Zeitungen be sorgen, der neue deutsche Kaiser sei Italien unsympathisch gesinnt. ' Paris. Die ersten an die Marine und an die Armee gerich teten Kundgebungen des jungen deutschen Kaisers werden hier als eine Bestätigung des Urtheils über seine Gesinnungen betrachtet und ' geben den Besorgnissen neue Nahrung, die sein Regierungsantritt er regt. Eine große Anzahl von Morgenblättern hebt den Gegensatz dieser ersten kaiserlichen Worte zu der Proklamation Friedrichs III. hervor. „Justice", „Soleil", „Aulorits", „Radical", „Lanterne" und „Jntransigeant" weisen darauf hin, daß Wilhelm II? in erster Linie der Führer des Heeres, nicht der Herrscher des Volkes sein wolle. Doch hoffen alle Blätter, daß die persönlichen Neigungen des Kaisers nicht ausschlaggebend seien und baß ein Krieg unmöglich sei, ohne daß seine Nothwendigkeit dem deutschen Volke nachgewiesen Werde. Der „Siecle" erblickt in dem Armeebefehl nichts kriegerisches; ?es sei die Sprache eines Soldaten. Wilhelm II. habe daS Recht sund die Pflicht, so zu reden, ohne einen Vorwand zur Verdächtigung ifeiner Absichten zu geben, aber das Blatt fügt doch hinzu, wahr- sscheinlich würde die Sprache sich ändern und Frankreich müsse daraus lgefaßt sein, daß seine Geduld auf eine harte Probe gestellt werde. Konstantinopel. Am Bairams-Vorabend gab es eine Scene auf dem Finanzministerium, da weder die Beamten, noch die Pen- isionäre befriedigt werden konnten. Mahmud Pascha wurde avgesetzt, aber schon nach wenigen Stunden wieder berufen, da kein Nachfolger zu finden war. Am folgende» Tage gab es eine blutige Scene im -Zildizkiosk-Park zwischen albanesischen und arabischen Soldaten, aber ohne irgendwelche politische Bedeutung, woraus der Sultan sich Stunden lang eingeschlossen hielt. Die Beisetzung indet heute Montag Vormittag 10 Uhr in der Friedenskirche zu, Potsdam statt. Der Weg dorthin von Friedrichskron wird in eine Trauerstraße umgewandelt. Zugegen werden nur die kaiserliche- B er li«, den 18. Juni, Vormittags. Der preußische Landtag ist für den 28. Jnni etnderufen. — Die Kaiserin- Wittwe Victoria wird demnächst nach der Schweiz ahreisen. Kaiser Friedrich. Neber die letzten Augenblicke des hochseligen Kaisers wird noch bekannt, daß im Momente, als der Tod eintrat, der Sterbende nur von der Kaiserin, von feinen sämmtlichen Kindern, dem Erbprinzen von Sachsen-Meiningen und dem Prinzen Friedrich Leopold umgeben war. Die Kaiserin hielt die Rechte ihres Gemahls in den Händen. Leichter Schlummer hielt den Kaiser wieder seit 11 Uhr Vormittags umfangen, dann seufzte er eine Viertelstunde später noch einmal tief auf; es schien, als wolle der Kaiser sich noch einmal erheben, aber kraftlos sank der Körper in die Kissen zurück, leicht neigte sich das Haupt zur Seite, Kaiser Friedrich hatte ohne Todeskampf vollendet. Bon den Aerzten trat Sir Morell Mackenzie ein, um zu konstatiren, daß das Herz zu schlagen aufgehört habe. Die Kaiserin brach in lauter Schmerzcnsklage an der Leiche nieder, der Sohn, der Kaiser, führte seine Mutter aus dem Sterbezimmer hinweg. Aufdem Sterbebette. Am Sonnabend Vormittag — nicht während des ganzen Tages — war der Zutritt zum Sterbebette des Kaisers für Jedermann auS dem Volke frei, Hunderte strömten herbei und schritten thränen- den Auges durch das Gemach. Zahllose Kränze wurden niedergelegt. DaS Sterbezimmer liegt in der Nähe des Muschelsaales, nicht weit von jenem entfernt, in welchem Kaiser Friedrich einst daS Licht der Welt erblickte. Vor einem Bettalkoven steht das breite, schwarz und goldene eiserne Bettgestell, das zum Sterbelager geworden ist. Auf weißem Linnen liegt die Heldengestalt» zu der das deutsche Volk mit Stolz und Jubel aufgeschaut; der Mann, um den Deutschland von anderen Nationen beneidet worden ist, ist nun vom Würger Tod dahingestreckt, auf weißen Linnenkissen das todtbleiche kaiserliche Haupt, noch im Tode die edlen Züge zeigend, die einst so gütig, fo mild, so die Herzen erfreuend und so hoffnungsreich in die Zukunft geschaut hatten. Das Haupt erscheint etwas kleiner, Haupthaar und Bart sind leicht ergraut, aber die Form, die diesem durch das schmale Weiße aufgebundene Tuch gegeben ist, erinnert an die Häupter in Erz auf mittelalterlichen Grabmälern. Bis zur Brust bedeckt eine dunkelrothe Decke mit weißem Ueberschlag die Leiche, die rechte wachs bleiche Hand ruht auf dem Ehrrnsäbel, der, dem stegreichen Feld« tprru einst verehrt, schrägüber gelegt ist. Um den Hals schliuat sich rothe Rose, die Zeugen schöner, glücklicher Tage, nun verwelkt sind Vor dem Lager auf einem Tische liegen Sträuße von frischen Rosen, dabei ein großer Kranz von Wasserrosen, den die Offiziere des Gardehusaren-Regimentes vor dem Todtenbette niedergelegt haben. Die Stille deS Todes ringsum, jeder Schritt gedämpft durch den dunkelrothen Teppich. Am Fenster steht noch der Schreibtisch, an welchem der Kaiser jüngst so viel und ernst gearbeitet hatte, von den rothdamastenen Wänden mit den vergoldeten Rokoko-Ornamenten schauen die großen Oelbilder seiner Ahnen, namentlich die Beiden, zu denen sein Geist mit so hoher Verehrung emporgeblickt hat, deS Großen Kurfürsten und Friedrichs des Großen. Vor dem Sterbe lager hält ein Flügeladjutant Wacht, vor dem Zimmer steht als Wache ein Krongardist und ein Garde-Jäger. Weiter in einem an stoßenden Gemach sitzen in stummer Trauer die Lcibdiener, darunter der älteste Kammerdiener Wetterling, deren Treue uno Aufopferungs fähigkeit während der ganzen Leidenszeit ihres hochseligen Herrn sich hoch bewährt hat. Die Section der Kaiserleiche hat am Sonnabend Abend startgefunden und als Krankheit „Krebs als direkte, letzte Todesursache „Lungenlähmung" ergeben. An der Section nahmen Theil der Hausminister Graf Stolberg, General adjutant von Winterfeld, ein Flügeladjutant, sowie folgende Arzte Sir Mackenzie, vr. Hovell, Generalarzt von Wegner, die Professoren Bardeleben, von Bergmann, Virchow, Waldeyer, vr. Bramann, vr. Langerhans. Die Section führte Professor Virchow aus, während Professor Waldeyer die für die Untersuchung erforderlichen mikros kopischen Präparate anfertigte und Birchow's Assistent vr. Langer Hans das Protokoll führte. Eine vollständige Section wurde aber nicht gemacht, sondern nur die direct erkrankten Organe: Hals, Kehl kopf und Lungen, eröffnet, während die anderen Organe vollkommen unversehrt blieben. Die Section ergab in der Hauptsache eine voll ständige Zerstörung des Kehlkopfes durch Krebs und Entzündung der feineren Luftröhrenäste infolge des Eindringen- fauliger Substanzen. Der ganze Kehlkopf war vollkommen vereitert und präsentirte sich als eine weiche, schlaffe Masse; namentlich waren von dem Knorpel gerüst des Kehlkopfes kaum nennenswerthe Reste übrig geblieben. An Stelle des Kehlkopfes war eine fast zwei Fäuste große Höhle entstanden. Dagegen war ein Durchbruch der Speiseröhre nicht zu constatiren. Das in den letzten Lebenstagen des Kaisers aufgetretene Verschlucken, welches als Zeichen des erfolgten Durchbruches aufge faßt wurde, ist offenbar dadurch entstanden, daß der Kehlkopf nach der Vereiterung des Knorpelgerüstes jedes Haltes entbehrte und zu sammenfiel. Hierdurch mußten bei der Zuführung flüssiger Nahrung kleine Mengen übcrfließen und in den Kehlkopf und von da in die Lungen gelungen. Die von den Aerzten als letzte, directe Todes ursache ausgesprochene Diagnose „Lungenlähmung" wurde durch die Section bestätigt. Die traurige Arbeit der Acrzte begann um 40z Uhr Nachmittags und dauerte bis kurz nach 5V, Uhr, also eine Stunde. Zum Schluß wurde über die ganze Handlung ein Protokoll abgefaßt, welches von allen Aerzten unterzeichnet wurde und dem dann das eigentliche Sectionsprotokoll bcigefügt wurde. Der Hausminister Graf Stolberg nahm das Aktenstück sofort an sich, um dasselbe den Staatsacten einzuverleiben. Mackenzie hat auf ausdrücklichen Befehl Kaiser Wilhelms einen Bericht über die Krankheit Kaiser Friedrichs erstattet. In diesem Schriftstück erklärt er etwa Folgendes: „Es kann keinen, Zweifel unterliegen, daß die Krankheit Kaiser Friedrichs Krebs des Kehlkopfes gewesen ist. Die Diagnose war aber in hohem Grade dadurch erschwert, daß von Anfang an die Knorpel des Kehl kopfes von der Krankheit ergriffen waren, daß der Krankheitsprozeß sich vorzugsweise in den tieferen Schichten des Knorpelgewebcs ab spielte, was zu einer Verdunkelung des Krankheitsbildes führte n. s. w." Der Bericht ist in englischer Sprache geschrieben und umfaßt im Ganzen IV, Quartseiten englischen Briefformates. Die Aufbahrung der Leiche erfolgte in der Jaspis-Gallerie von Schloß Frievrichskron- Es ist ein Bild voll hoher Würde und macht einen ergreifenden, feierlichen Eindruck. Der Entschlafene ruht in einem von außen mit schwarzem Tuch bekleidete» Zinksarg auf Allaskissen. Dieser Zink sarg steht in einem mächtigen Eichensarg, ähnlich dem Kaiser Wilhelms und wie dieser mit rvthem Sammet bekleidet. Jede Seite des Sar ges zieren sünf feuervergoldcte Griffe, während die Füße Löwen- klaucn gleichen. Der Sarg steht auf einein schwarzdekorirt en Podium vor einem Trauerbaldachin, der gegenüber den Eingängen in die Gallcrie vom Muschelsaal aus in der Mitte der südlichen Schmal- wand errichtet ist. Aus schwarzem Sammet gefaltet, wird Vieser Baldachin oben von einer vergoldeten Tragstange gehalten, in deren Mitte die Krone über Schwert und Szepter ruht, während schwarze Draperien zu beiden Seite» von oben bis zum Boden herabfallen. Die Spiegel der Rückwand und die Fensternischen sind mit schwarzem Tuch verhängt, nur das goldene Rahmenwerk ist unbedeckt. Zu beiden Seiten des Podiums stehen zwischen hohen Leuchtern die TabouretS mit den Insignien der Krone. Um den Baldachin und den Platz für die Aufbahrung stehen hochstämmige Cypressen und Lorbeeren, deren frisches Grün in seltsamem Gegensatz zu der düsteren Farbe des Todes steht, welche im Saale herrscht. So ruht der geliebte Herrscher, ein stiller Mann, inmitten der ernsten Pracht. Zu seinen Füßen liegen auf rother mit goldgesticktem Adler verzierter Decke zahllose, herrliche Blumcnspcnden. Die Kronleuchter breiten milden Schein über das weihevolle Bild. Am Sonnabend Abend gegen 6'/, Uhr erschienen die höchsten Herrschaften. Die Fürstlichkeiten nahmen auf den für sie geordneten Stühlen Platz, die Generalität, die Geistlich keit und die Leibdienerschaft stand in weitem Kreise. Die liturgische Trauerandacht wurde vom Prediger PersiuS abgehalten, der in seiner Ansprache sich an Bibelworte anschloß und auf die durch Dulderkraft und Demuth von dem hehren Tobten erworbene Seligkeit hiwies. Das Domchor sang während der Andacht drei Motetten. Kaiser Wilheln, verweilte lange Zeit schmerzergiffen am Sarge des kaiser lichen Vaters. Bon 8 Uhr an, ebenso am Sonntag, wurde dem Publikum der Zutritt gestattet. Tausende strömten nach Friedrichs- kron hinaus und mit nassen Augen schritten sie am Sarge de- geliebten Tobten vorüber, dessen unsterblicher Geist in lichten Sphären weilt. I ichkeit, die fremden Bertreter sein. Dem eigenen Wunsche deS Ver blichenen entsprechend, unterbleibt aller besondere Prunk. Nur die , militärischenjEhren werden selbstverständlich in vollem Maße erwiest«. Die Friedenskirche ist entsprechend ausgestattet worden. Da» Innere des Gotteshauses, das vom König Friedrich Wilhelm IV. > im byzantinischen Stil gebaut worden ist, ist in den oberen TheileN- dcr Wände bis herab zu den Rundbögen schwarz decorirt. Ebenso werden dje Orgelempore und deren Brüstung auSgestattet. Bor dem Altar wird auf erhöhtem Podium, das schwarz belegt ist, der Sarg' aufgebahrt, zu besten Häupten ein AuserstehungSengel mit Posaunen, > von Tenerani, einem Schüler ThorwaldsenS, in karrarischem Marmor gearbeitet, steht. Neben diesem Engel befindet sich die Gruft, in der' Friedrich Wilhelm IV. und seine Gemahlin Elisabeth ruhen. Die Aufbahrung Kaiser Friedrichs erfolgt genau in derselben Weise wie die Kaiser Wilhelms. Die Plätze für die nächsten Anverwandte« sind unmittelbar zu den Füßen des Sarges aufgestellt, das Ganze' ist von einem wunderbaren Blumen- und Pflanzenhain umgeben. Sobald am Montag Vormittag die Einsegnung des Kaisersarges in-, der Friedenskirche erfolgt ist, wird derselbe in die rechts vom Altar belegene kleine Sakristei getragen, wo er provisorisch niedergesetzt wird. In der anderen, auf der entgegengesetzten Seite befindlichen Sakristei stehen die Särge der in jugendlichem Alter gestorbene«! Söhne des Entschlafenen, Sigismund und Waldemar. Wie verlautet» wird sehr bald mit dem Anbau eines Mausoleums für Kaiser Friedrich und dessen Familie begonnen werden, da in der Friedenskirche selbst kein Raum niehr ist. In diesem Mausoleum soll dann zunächst der Sarg, in welchem Kaiser Friedrich ruht, seinen Platz finden. DerKaiserim Sarge. Dunkle Lorbeerbäume umstehen den in der Jaspis-Gallerie zu Friedrichskron errichteten Altar, davor ist die Estrade mit dem offene« Sarge. Auf einem weißen Atlaskiffen ruht Kaiser Friedrichs Haupt unbedeckt. Die Gestalt ist in einen schlichten Militärmantel gehüllt/, um den Hals liegt der „kour 1s rasrits", auf der Brust das Groß kreuz des Eisernen Kreuzes und daS Eiserne Kreuz erster Klaffe, di«! bloße Hand ruht auf dem Säbel, den er so ruhmreich in den Schlachten' geführt. Aus der Brust liegt auch der verwelkte Siegeskranz all dem Jahre 1871 von der Hand der Kaiserin. Vor dem Sarge liegt die purpurne Königsstandarte, durch zahllose prächtige Kränze verdeckt; zu Häupten des Sarges brennen zwei große Kandelaber, von oben herab hängen die angezündeten Kronleuchter. Gardisten und Offiziere, sowie Kamnierherren umstehen wachsam die kaiserliche Ruhestätte. —i In Berlin war es am Sonntag sehr still und trüb. Wie ei» Alp lastet der Tod des geliebten Kaisers noch auf aller Brust. Der Leichenzug Kaiser Friedrichs hat folgende Ordnung: Zu nächst die militärische Leichenparade; eine Eskorte Garde du Corps von 1 Offizier und 40 Mann; Marschälle, Geistlichkeit, Dienerschaft/ Beamten, Pagen, Aerzte, Kammerjunker, Kammerherren; vier Mar schälle; Minister v. Scholz und Graf Bismarck mit dem Kurschwert, Minister v. Goßler mit dem Kurhut, Minister v. Bötticher mit der Kette des schwarzen Adlerordens, Minister v. Friedberg mit dem Reichsinsiegel, Kriegsminister Bronsart v. Schellendorf mit dem! Reichsschwert, Minister v. Lucius mit dem Reichsapfel, Minister v. Maybach mit dem Reichsszepter, Graf Otto zu Stolberg-Wernigerode mit der Krone; die Hofchargen und obersten Hofchargen; der von acht Pferden gezogene Leichenwagen; die Zipfel des Leichentuches, tragen die Generale von der Goltz, v. Treskow, v. Obernitz, v. Pape; den Baldachin über dem Sarge tragen zwölf Generalmajors; neben dem Leichenwagen gehen die zwölf Kommandeure der Preußischen, bayerischen, sächsischen Lcibrcgimenter des hochseligen Herrn. Dann folgt das Leibreitpferd; das Reichspanier, getragen von dem Feld marschall Grafen Blumenthal; der Kaiser und König Albert von Sachsen; Prinz Heinrich von Preußen und die Angehörigen der kaiserlichen Familie; die sonstigen fürstlichen Herrschaften, die fremden Vertreter, das Gefolge, die Spitzen der Behörden, die Generalität, die Präsidien der Parlamente, sdie lokalen Behörden rc. Den. Zug schließen 2 Eskadrons. Innungen, Kriegervereine und andere Korporationen nehmen am Wege Aufstellung. Die Trauerversamm lung erfolgt um 9 Uhr in Friedrichskron, dort segnet um r/,10 Uhr Oberhofprediger vr. Kögel die kaiserliche Leiche ein und eS erfolgt dann der Trauerzug in der obenstehend geschilderten Ordnung nach der Friedenskirche. Während der Segen über die sterbliche Hülle deS Kaisers gesprochen wird, wird ein Trauersalut von 101 Schüssen ab gegeben. Der ganzen Trauer-Feier voran geht dreimaliges Glocken geläut. Politische Rundschau. Chemnitz, den 18. Juni. Deutsches Reich. Kaiser Wilhelm empfing am Sonntag den Grafen Herbert Bismarck. Die Majestäten erschienen mit der Kaiserin Augusta, den großherzoglich badischen Herrschaften und den übrigen bereits in Potsdam eingetroffenen Fürstlichkeiten am Sarge des Kaisers Friedrich. Den Rest des Tages verbrachte die kaiserliche Familie in stiller Zurückgezogenheit. Der Andrang des Publikums in Friedrichskron zum Sarge des Kaisers war ungeheuer, es herrscht tiefste Trauer. Potsdam legte bereits Trauerdecoration an. Die Nachricht, Königin Victoria von England werde nach Potsdam kommen, ist falsch. Sie sendet der Kaiserin Victoria ein eigen händiges Schreiben. — Aus der kaiserlichen Familie. Die Kaiserin-Wittwe Victoria und ihre drei vaterlos gewordenen Töchter sind trostlos. Ihnen stehen besonders die Kaiserin Victoria Augusta, Prinz und Prinzessin Heinrich zur Seite. Kaiser Wilhelm ist stark durch Staatsangelegen heiten in Anspruch genommen, stattet aber häufigere Besuche in Friedrichskron ab. Der junge Monarch ist tief ergriffen. Als er Sonn abend Mittag den greisen Feldmarschall Grafen Moltke empfing» konnte er sich der Thränen kaum erwehren. Graf Moltke verweilt« längere Zeit sodann im Sterbezimmer Kaiser Friedrichs. Am Sonn tag erschien dort die trotz ihrer Schwäche aus Baden-Baden zurück- gekehrte Kaiserin-Mutter Augusta. Die schwer geprüfte Frau, die in so kurzer Zeit den Gemahl und den einzigen Sohn verloren, Hot «in
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