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Sächsische vorszeitung Bezugsbedingungen: VA i«»«« woch««»«, «ckM tMiai» Uhr mit de» VaM» -« AlAE^«« rx, ve^tgroebühr betrag» IM Mart »ArAttLhrlich oder V0 pf^ für t«d«« VA .V«1,ew«a. V U» be^rh«, d«ch dte Achervch« p»Amch^>. Ur L«d»rApra^r d-rch «AnVow' V«<freierctefrnlnqtiuhMt»erheb« »A P»A «ch dA LuMd»»^*ahr «m « Pf» kelr-ramm.Kdr.: vorfzettung vresdeu. Anzeiger für Stadl und Land mit der Vellage: „Illustriertes Sonntags-vlatt" Amtsblatt für die Ugl. Amtshauptmannschasten Dresden-Altstadt und Dresden-Neustadt, für das Ugl. Amtsgericht Dresden, die Ngl. Zorstrentämter Dresden, Moritzburg, Tharandt und die Gemeinde Gberlößnitz Anzeigen-Preise: Telephon . Dresden, AM ll. Lr. S7S. Ur. 16. Dresden, Freitag, den 20. Januar 1905. 67. Jahrgang. WMlW für die V rnate Februar und März auf die Sc et bitte Tvrfzritung nrhvrn außer den Postaustaltk» und Londbrieftrügern auch die Auströgrr sowie die Hartplgrschäsleprlle und die R»-gabcslkllc« entgegen. Die .Söckfische Torfzeituug" kostet monatlich aus schließlich der ZustellungSgebühr - - nur «v m Das Reueßte. Kronprinz Georg von Sachsen wird vor- «uksichtlich zum Geburtstage de- Kaisers noch Berlin nisen. Verschiedene Herero-Kapitäne haben dem General v. Trotha ihre Unterwerfung angezeigt. Die neuen Handelsvertrüge werden angeblich sämtlich am l. Januar 1806 in Kraft treten. Im Ruhrkohlenrevier stellte sich gestern abend die Gesamtzahl der Streikenden auf 200,(00. Der Lippische Landtag ist für den kommenden Montag einberufen worden. Heute nachmittag foll beim russischen Finanz minister eine Besprechung der Fabrikbesitzer über die Frage des Petersburger Ausstandes statt finden. In Serbien ist eine neue Ministerkrise aus- gedrochen Vermutlich wird das ganze Kabinett zurück treten. NeiehsgründungsfeLer in Dresden. „Deutschland, Deutschland über Alles" — da- war der Grundtvn der gewaltigen, echt deutsch patriotischen Feier, die aus Anlaß des 34. Geburtstage» deS neuen Deutschen Reiches von allen nationalen Körperschaften Dresdens gemeinsam am gestrigen Abende als Reichsgründungsfeier im großen Saale des Lu-stellungspalaste- veranstaltet wurde. Fürwahr, eS find erhebende Augenblicke, in denen Herz und Sinn de- Patrioten durch Wort und Lied aus dir nationalen Errungenschaften hingewiesen werden, die unsere Väter und Brüder im heißen Schlachtengetümmel mit Gut und Blut erkämpft und erstatten haben, eS sind Augenblicke, Vie den im Erwerbskampfe zur Gleichgültigkeit, wenn nicht zur Vergessenheit heiabgesunkenen echten deutschen Idealis mus und Patriotismus aufs neue stärken und beleben und kräftigen zum Schutze gegen den nivellierenden Ansturm der materiellen Gegenwart Wer wollte e» bestreiten, daß solche Feste geradezu eine Notwendigkeit für unser deutsches Volk find, damit diese- niemals vergeffe, wa- einst Deutschland groß und stark gemacht! Diese Gefühle zu beleben und zu stärken war die i« Mittelpunkte de- Abends stehende Festrede de- Herrn Oberpfarrer vr. Költzsch au- Chemnitz wie geschaffen, denn tief in die Herzen der Besucher drangen die herr lichen, von echt deutschpatriotischem Geiste getragenen Worte au- so beredtem Munde ein und fanden dort lebhaftesten Widerhall. Bealückwünschen möchten wir, so etwa führte der Herr Redner au-, da- Deutsche Reich an seinem 34. Geburtstage, aber woher sollen wir diesen Glückwunsch nehmen? AuS der Geschichte de- Reiche-! Wie war- so herrlich heut vor 34 Jahren dort an der Prunkstütte der Franzosen, wo die Karferproklamation vollzogen ward. Wie war- so schön, »l- die Großen jener großen Zeit noch alle beisammen waren! Es war einmal! Vorbei? Es war so schön, al- die Blüte de- Deutschen Reiche- im Reichshaufe zu Berlin über da- Wohl und Wehe de- Reiche- zu Rate saß! Wie schön war-, al- die Sänger ihre Lieder anstimmten von der Größe und Herrlichkeit de» reuen Deutschen Reiche-! Wie schön war-, da der früher verachtete und verspottete Deutsche nun geachtet und gefürchtet dastand! Wie war- aber dann? Die hohen Ideale stossen dahin, der Tanz um- goldene Kalb begann, Attentäter richteten ihre Waffen auf Große i» Reiche, der Germania wollte man dir Krone rauben, im Reichstage sitzen Nörgler und Mütter. ES war vorüber! Die neue Krankheit, genannt Reichsver- drofsenheit und ReichSmüdiakrit, griff Platz. Wenn wir am heutigen Geburtstage vem Deutschen Reiche Glück wünschen wollen, so müssen wir den Glückwunsch wo anders hernehmen. Was vor 34 Jahren zum Ab schluß kam, das begann sich genau vor 100 Jahren zu entwickeln. 1805 brach der korsische Eroberer aus dem Westen hinaus gegen Osten vor, da mals fielen die ersten Schläge auf deutschem Boden, bei Jena und Auerstädt, die ersten Niederlagen, die ein großer Philosoph al- die ersten Si^e bezeichnete. Bi» dahin waren die Deutschen mit Blindheit geschlagen, sie lebten von Roßbach und vom Alten Fritz und sahen nicht, daß da- alte römische Reich deutscher Nation nicht mehr lebensfähig war. Es mußte darum stürzen, .um dem neuen Deutschen Reiche Platz zu machen; von der alten deutschen Gche mußten die welken und dürren Aeste entfernt werden, damit sie sich mit neuem Grün schmücken konnte. Wir haben kein Recht, an diesen großen Erinnerungen achtlos vorüber zu gehen und darum muß der Geburtstag de- Deutschen Reiches eine Jahrhundertfeier sein. Sehen wollen wir die Ver derber jener Zeit vor 100 Jahren! Am brodelnden Kessel fitzt eine alte Hexe, genannt Weltbürgertum, die alles gleichmachen und gemeinsam in den Kessel werfen will. Man war damals stolz auf da- Weltbürgertum; die ganze Welt sollte ein Hau- sein und doch konnte man da- eigene nicht halten. Gott be wahre unS vor diesen alten Anschauungen! In den Grenzen allein bleibt ein Volk stolz und groß und darum gedenke du Deutscher stet- daran, daß du ein Deutscher bist und sei dir dessen stet- bewußt. 1805 ging der Teufel mit dem Blasebalg umher, um die Flammen des Egoismus und der Zwietracht zu schüren und die Fürsten aufeinander zu Hetzen. Gott sei Dank stehen im neuen Deutschen Reiche die Bunde-staaten und die Bundesfürsten treu zu Kaiser und Reich. Zum Ganzen stehen und für da» Ganze Opfer bringen, das ist hehr und groß! 1805 hat man dem alten Gottesglauben die Herzkraft ausgebrochen und damit sich selbst das Grab gegraben, denn noch kein Volk hat in der Welt geschichte bestehen können ohne diesen Glauben! Sehen wir ab von den Verderbern vor 100 Jahren, so er blicken wirdiebesetigendsten Hoffnungen. Veralte tiefe deutsche Idealismus wurde in der Wucht, Größe und Reinheit seiner Gedanken gehegt und ge pflegt von Dichtern und anderen großen Männern, wie sie kein anderes Volk in solcher Größe aufzuweisen hat. Napoleon ließ diese deutschen Ideologen gewähren, er ahnte e» nicht, daß sie da- Volk emporhoben über da» Elend der Zeit und demselben sagten, was e» ist, wa- eS kann und muß. Sie zeigten und deuteten dem deut schen Volke seine Geschichte', sie schufen ein ganz neue» Geschlecht, bereit zum schlagen und zum siegen; sie schärften ihm dem Sinn, der nach oben weist, und den Glauben, der sich von oben da» allerbeste holt. Neben dem Idealismus stand die gepriesene deutsche Raturkraft, die dem Volke durch große Männer wieder zum Bewußt sein gebracht wurde und die damals ein Vorspiel von dem wurde, was Freiwillige, Landwehr und Landsturm nachher geleistet haben. Al- dritter im Bund« ist der Glaube an Gott da, an den barmherzigen Gott, der alle- in seiner Hand hat. Run haben wir für da- GebnrtStagSkind den Glückwunsch, der froh macA, denn eS ist eine Jahrhundertfeier. Heute und jetzt treten die Großen vor 34 Jahren mit denen vor 100 Jahren ge meinsam vor unser Auge; wir sind Art von ihrer Art, Fleisch von ihrem Fleisch, wir sind ihre En-el und ihre Söhne! Wir fühlen eS heute und wissen, wa« wir von ihnen geerbt haben: da» aüerttebste in der ganzen Wett, unsere Heimat mit Hau- und Herd, mit Weib und Kind, unser reichgesegnete- Vaterland, unser Volk mit seiner Geschichte und da- un- von Gott geschenkte Reich. Wenn da» Geburt-tag-kind uns fragt, ob wir diese likrungenschasten fefthatten wollen, so sagen wir ja, au- ganzem Herzen ja! Minutenlanger, nicht endenwvllender Beifall durch brauste nach diesen Worten den Saal und bewies zur Genüge, in welch' vorzüglicher Weise der Herr Redner e- verstanden hatte, zu den Herzen der Hörer zu sprechen. Aber auch der übrige Teil de- Abends war so recht der Stimmung de- Tage- angevaßt. Eingang» hatte Herr Vr. weck. Hopf im Namen der veranstalten den Vereine usw. alle herzlichst willkommen geheißen, kurz den Zweck dieser Feier klargelegt und ferne Worte in ein dreifaches, begeistert aufaenommeneS Hoch auf Kaiser und König auSklingen lassen. Umgeben wurden die Ansprachen und sonstigen Darbietungen von trrWchen Gesang-Vorträgen der Mannergesangvereine .Turm häuser" zu Dresden und „Einigkeit" zu Vorstadt Löbtau unter der gewandten Direktion des Herrn Chormeifters Stranßky, und von Instrumental Vorträgen der wackeren Kapelle des 177. Infanterie-Regiment- unter Herrn König!. Musikdirektor Röpenacks umsichtiger Führung. Vortrefflich verstand es Herr Schriftsteller Max Bewer, in eigenen Schöpfungen unsere Heroen Schiller und Bismarck zu feiern, während Säbel- und Fleuret- Gefechte hiesiger Fechtervereine und turnerische Vor führungen wesentlich zur Unterhaltung beitrugen. An den offiziellen Teil der Veranstaltung schloß sich später eine wohlgelungene Festkneipe, bei der man noch de- Kaisers und des Volke-, der Deutschen im Auslande, der Jugend und deS Heere- und — last not loast — der deutschen Frauen gedachte. Wenn dieser Abend dazu beiträgt, in allen Teil nehmern an demselben die heiligsten Güter der Ration zu schützen und zu schirmen auch in den schwersten An feindungen, dann mag die- den Veranstaltern und den jenigen, die durch ihre Mithilfe den Abend zu einem so herzerhebenden und frohen gestalteten, der schönste Lohn ihrer Mühen sein. k. ZE. Politische Weltscho«. Deutsches Reick». Der Kaiser nahm gestern mittag im Berliner Schlöffe die feierliche Investitur der 6 jüngsten Ritter deS Schwarzen Adlerordens vor und hielt ein Orden-kapitel ab. Bon der Galerie begab sich der Kaiser in feierlichem Zuge nach dem Rittrrsaale; voran schritten die Ordenswürdenträger, dann die kapitel fähigen Ordensritter paarweise, sodann die prinzlichen und fürstlichen Ritter, als letzter der Kronprinz. Hinter ihm schritt der Kaiser, dem sich die Genrraladjutanten und die Generale ü la suite, die Flügeladjutanten sowie da- Gefolge anschloffen. Im Rittersale bestieg der Kaiser den Thron, um den die Generale, Admirale, Staat-minister und Wirklichen Geheimen Räte Auf stellung genommen hatten. Hierauf erfolgte zuerst die feierliche Investitur de- Erbgroßherzog» von Mecklen- burg-Strelitz, deS Herzog- Ulrich von Württemberg und deS Herzogs von Anhalt, wobei Prinz Heinrich und der Großherzog von Mecklenburg-Streby als Parrains fungierten. Der Kaiser hänate ihnen sodann die OrdenSkette um und erteilte die Accolade. Gleich zeitig wurden die Generale v. Langenbeck, v. Maffow und v. Ptefserr investiert. Abend» fand im Schlöffe Tafel statt. DiePriuzessiuLudwigvonSachsen-Kodurg- Gotha ist an Influenza heftig erkrankt. Der Zeitpunkt der Unterzeichnung deS deutsch- österreichischen Handelsvertrages rückt näher. ES sind aber immer noch sachliche Beratungen über einzelne Punkte zu pflegen, und eS staden noch tägüch Sitzungen der von beiden Seiten beteiligten Kommissorien statt. Gleichwohl ist eS al- wahrscheinlich zu betrachten, daß der Vertrag in den nächsten Tagen fertig wird. Ueber da- Inkrafttreten deS neuen deutsch-österreichrschen Handelsvertrages wird von unterrichteter Seite mit- aeteilt, daß dafür, wie bei den übrigen Verträgen der beiden Mächte, der 1. Januar IS06 in Aussicht ge nommen ist. Die einjährige Frist zum Erlösche» deS gegenwärtigen Vertrage- war nur eine Schutzmaßregel der Mächte gegen eine unerwartete Kündigung; doch steht ihnen frei, immer im gemeinsamen Einvernehmen die alten Bestimmungen durch neue zu ersetzen. Der Generalstreik im Ruhrrevier nimmt immer weiter an Ausdehnung zu; gestern schätzte man die Zahl der Streikenden schon auf 200,000 Rann. Bon seiner Weigerung, mit den Arbeiter-Organisationen zu verhandeln, scheint der bergbauliche Bern» de- Ruhr- revierS unter der Einwirkung der Regierungskommissare zurückgekommen zu sein, da er für die heute stattfindende gemeinsame Konferenz mit Vertretern beider Parteien Delegierte gewählt hat. Die Sympathie der Bürgerschaft wendet sich immer mehr den Arbeitern zu. zumal deren Verhalten bis jetzt musterhaft war. Die eigene Arbeiter polizei genügte fast überall, um Ausschreitungen zu