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«Uchstsch»» «r-SS. Dommstog. 1«. Aebruar 188^ soetgefttzt. 8 19 der Vorlage, der für dt« Verbreitung verbotener Druckschriften »«schärst« Strafbestimmungen enthält, ist von der Com- »isston abgelchnt worden. Dafür ist der 8 19 des bisherigen Ge setzes unverändert genehmigt. Abg. von Helldorf (cons.) erklärt, daß seine politischen Freunde nach wie vor für die verlangten Ber- schärftmgen seien, daß sie aber, um das Zustandekommen des Gesetzes nicht zu gefährden, die Commissionsbeschlüffe acceptire» würden, tz 19 wird in seiner ftühcrcn Form angenommen. Minister von Pnttkamer: Nach der Erklärung der conscrvativen Partei und dem Resultate der soeben stattgefundcnen Abstimmung babe ich zu erklären, daß die Negierung auf die Discussion der übrigen von der Com mission abgelchnten Paragraphen keinen Werth mehr legt. Es würde daher nur »och die Diskussion des § LS, zu welchem ein Antrag aus dem Hause vorliegt, in Frage kommen. Tie in der Regierungs vorlage geforderten Verschärfungen werden darauf dem Anträge der Commission entsprechend debattclrs sämmtlich abgelchnt. Vom Abg. Windthorst wird beantragt, den 8 28 des Gesetzes (kleiner Belager- mrgSzustand) anfzuheben. Abg. Windthorst begründet den An trag. Die Ausschreitungen, denen mit diesem Paragraphen entgcgen- getreten werden soll, können sehr gut auf dem Boden des gemeinen Rechtes bekämpft werden, ich bin deshalb gen, bereit, an einer Ver schärfung des gemeinen Rechtes nach dieser Richtung hin mitzuaibciten. Ich habe in der Commission bcaniragt, dag mit Rücksicht auf die besonderen, für Berlin maßgebenden Verhältnisse der kleine Bclager uugszustand für Berlin bestehen bleiben solle. Ter Herr Minister hat in der Commission erklärt, er gebraucht den Belagerungszustand in Berlin nicht nothwcndiger, als in anderen Städten. Sollte er inzwischen seine Ansicht geändert haben, so bin ich bereit, meinen Antrag aus der Commission von Neuem cinznbringen. Abg. von Kleist-Retzow (cons.) bekämpft den Antrag Windthorst. Ter Hinweis auf das gemeine Recht ist schon 1878 gemacht, wir können aber mit dem gemeinen Recht nicht gegen eine Partei auskommen, die unsere höchsten Lebens-Interessen vernichten will. Der kleine Belagerungszustand für Berlin ist nolhwendig, denn das preußische Volk verlangt im Hinblick auf die grausigen Attentate von 1878 einen Schutz für die Person des Kaisers. Das Gesetz existirt bereits zehn Jahre und nur auf fünf Städte ist der Z 28 angcwcndct. Das ist doch maßvoll genug. Wenn ans das Elend der Ausgewiesenen hingcwiesen wird, so steht dem die Theil- »ahme für die Millionen Mensche» gegenüber, welche durch die sozial demokratische Agitation vergiftet und verführt wurden. Redner spricht zum Schluß die Hoffnung ans, die Mehrhcitsparteien würden nach zwei Jahren die jetzt abgelehnte Regierungsvorlage annehmcn. Abg. Eabor (Soz.) bestreitet einer Bemerkung des Abg. von Kleist-Retzow gegenüber, daß die Sozialdemokraten die Freiheit des Willens leug neten; seine Partei behaupte nur, daß an der Mehrzahl der Ver brechen die Gesellschaft Schuld habe. Abg. Hänel ifreis.) erklärt sich für den Antrag Windthorst. hofft aber, daß der Zeitpunkt bald cin- treten wird, wo das Sozialistengesetz den Weg der Maigesctze geht. Keine Partei wird schließlich das Odium auf sich nehmen wollen, für dasGesetz gestimmt zu haben. Abg. von Kardorff (frcikons.): Ich möchte dem Herrn Vorredner doch erwidern, daß ich mich niemals schämen werde, für das Sozialistengesetz gestimmt zu haben. Gerade der ß 28 kann am wenigsten durch das gemeine Recht ersetzt werden. Abg. von Bennigsen (natlib.) ist der Ansicht, daß der Antrag Windthorst nur einen tactifchc» Zweck verfolgt. Herr Windthorst be geht zudem eine Inkonsequenz, wenn er den Uebergang zum gemeinen Recht befürwortet, trotzdem aber den kleinen Belagerungszustand für Berlin beibehalten will. Meine Partei wird sür Verlängerung aus zwei Jahre, aber gegen alle Verschärfungen und Milderungen stimmen. Wir hegen die Erwartung, daß nach zwei Jahren an Stelle des Ausnahmegesetzes ein dauerndes Gesetz treten wird. Abg. Bebel (Soz.): Der Herr Minister von Putikamer hat hier erklärt, das Sozialistengesetz sei nothwendig, um die sozialdemokratische Agitation zu bekämpfen. Wenn ich Minister wäre, so würde ich mich schäme», zu erklären, daß daS erste Reich der Welt mit seine!» gewaltigen Militär- und Polizeiapparat wegen der 10,000 Exemplare des Züricher „Sozialdemokrat" ein Ausnahmegesetz braucht. Es ist noto risch, daß die sozialdemokratischen Stimmen gerade in den Bezirken, über welche der kleine Belagerungszustand verhängt ist, am meisten gewachsen sind. Erst seit meiner Ausweisung aus Leipzig habe ich mich meiner Partei ganz zur Verfügung gestellt, von da an datirt auch mein Mandat zum sächsischen Landtage. Ebenso ist cs meinem Freunde Singer ergangen. Sie sehen doch nun, was Sie mit Ihre» Ausnahmebestimmungen nnrickten. Mit den Argumenten des Herr» Von Kleist-Retzow, die Mebrheil müsse vor der Minderheit geschützt werden, kann man Alles entschuldigen, z. B. die Bartholomäusnacht. Abg. Meyer-Halle (srcis.): Herr von Putikamer hat in der Com mission vor dem Abbröckeln von der Gesetzgebung gewarnt. Das Abbröckeln kam, doch aber a> sich «ich» so schädlich sein, denn Herr von Puttkamer war «S ja gerade, weich«, von den Maigesetzen ab bröckelte. Die Nationalliberalen haben sich entschieden gegen die Expatriirungsmaßregel ausgesprochen. Welcher Unterschied besteht denn aber zwischen dieser Maßregel und dem A 28 ? Der Fall Keßler beweist die« schlagend. Daß das Sozialistengeletz gegen anarchistische Altcntatspläne nicht schützt, zeigt da» glücklich verhinderte Attentat am Niederwalddenkmal. Damals mußte die gewöhnliche Gesetzgebung eintreten. Die Discussion wird geschloffen. Die Abstimmung über den Antrag Windthorst ist eine namentliche. Ter Antrag wird mit 153 gegen 100 Stimmen abgelehnt. Geschloffen gegen den Antrag stimmen Nationallibcrale und Conscrvative. 8 28 bleibt mithin be stehen, und ist damit das Gesetz unverändert in seiner frühere» Form angenommen. Es folgt dritte Berathnng des Gesetzentwurfes bctr. den Erlaß der Wittwen- und Waisengcldbciträgc von Angehörigen der Rcichsarmce nnd Marine und der Reichseivilbchörden. Dazu l egt ein von allen Parteien beantragter Zusatz vor, wonach den ans der Reichs- oder Landesanstalt ausgeschiedcne» Mitgliedern der Reichs bcamten-Wittwen- oder Waiscnkaffen die seit der Vcrzichlleistnng an die Reichs- oder Landcsanstalt gezahlten Beiträge auf die gesetzlichen Nachzahlungen angerechnet werden sollen. Nachdem Dircctor im Reichsschatzamt Aschenborn sich dagegen ausgesprochen, wird die Vor lage mit dem Antrag an eine Commission von 14 Mitgliedern ver wiese». Tie Vorlage betr. die Zurückbeförderung der Hinterbliebenen im An-sland angestcltier Reichsbeamter wird in dritter Le'nin debatte- los angenommen. Daraus vertagt sich das Hans auf Mittwoch 1 Uhr. (Anträge bctr. die Sonntagsruhe, Petitionen.) Vom sächsische»» Landtag. In der kurzen Sitzung der 1l. Kammer am 14. Februar wurde das bereits erwähnte Dekret betreffs einer nachträglichen Acndcrung des Jnstizetats debattclos an die Finanz-Tep. ,4. verwiesen. Abg. Grahl referirte hierauf über den Rechcnfcha'tsbcricht der Königl. Sammlungen für Kunst und Wissenschaft an? di: Jahre 1884 und 1885. Abg. v. Potenz sprach der Deputation, seinen Tank ans, daß in derselben der von ihm in der Vorberathnng ausgeführtc Ge danke über die Art und Weise, wie dein Raummangel in dem prä historischen, mineralogischen und geologischen Museum abgeholfcn werden könne, nicht spurlos vorübergcgangen. Er bittet, den gleich falls von ihm angeregten Erlaß einer Bestimmung behufs besserer Auffindung nnd Erhaltung von Denkmälern der vaterländischen Vor zeit nicht allzu lange hinausznschicbcn. Abg. Starke richtete an die Regierung die Frage, ob es nicht möglich sei, eine Art Auszug aus den Katalogen sämmtlicher Sammlungen zu entwerfen und denselben durch einen billiggestellien Preis dem großen Laicnpubliknm zugäng lich zu machen. Ein ähnlichen Katalog-Auszug gebe es bereits in Berlin znm Preis von 50 Pfg. Durch einen solchen billigen Katalog werde beim Publikum ein größeres Interesse als seither für die Sammlungen erregt werden, auch werde der finanzielle Erfolg jeden falls ein guter sein. Cultusministcr Or. v. Gerber erwidert, die Ausführung des Gedankens sei von der Generaldircktion für die Sammlungen bereits beschlossen. Es solle, nach dem Vorbild des erwähnten Berliner Katalogs, ein Führer durch alle Sammlungen bearbeitet werden. Allerdings könne dies erst geschehen, wenn die noch nicht vollendeten Einzelkatalogc fertig gestellt wären. Tann aber werde man unverzüglich an die Ausarbeitung gehen. Nachdem Abg. Stolle seine Zustimmung zu dieser Absicht zum Ausdruck ge bracht, erklärt sich die Kammer einstimmig durch den vorliegenden Bericht für befriedigt. Sächsisches. — Tie Brandkasscn-Beiträge werden in diesem Jahre bei der Gebäudcvcrsichcrnngs-Abthcilnng nur mit ein und einem halben Pfennig von jeder Einheit und zwar mit einem'halben Pfennig am 1. Avril nnd mit einem Pfennig am 1. Oktober erhoben. — Ter zwischen der Regierung des Fürstcnthnms Lippc-Det- mold und der sächsischen Lotterie-Direktion ans vorläufig acht Jahre geschlossene Vertrag wird demnächst in Kraft treten. Nach den Bestimmungen desselben erkält die sächsische Lotterie-Direktion das Recht des Allcinvertricbcs ihrer Loose in Lippe, wofür sie einen jährlichen Zins von 0160 Mark zu zahlen hat. Sie darf nicht mehr als zwölf Kollekteure anstcllen. — Dresden, 24. Februar. Die von der Bürgerschaft Dres dens an den Reichskanzler gesendete Adresse zeigt 7000 Unter schriften. — Für die neu zu begründende Direktorstelle im Justiz ministerium ist Geh. Jnstizrath 11r. Taube in Aussicht genommen, Geh. Justizrath Hcnsel ist zu hervorragender Stellung im Obcrlandes- aericht bestimmt. — Für das erledigte «rchidiaconat andergohaunljl kirche haben sich an 40 Geistliche beworben, darunter auch einig, hiesige. — Gestern starb einer der geachtetsten und besonder- in de« Schifffahrtsgesellschaften weit bekannten Bürger unserer Stadt, d«, Direktor der Dampfschleppschifffahrtsgesellschaft vereinigter Schifft, dieser. Derselbe hatte kürzlich seine Silberhochzeit gefeiert uch war seit dieser Zeit bettlägerig. Seine Berufsgenoffen und Beamt«, waren eben zu einem auf Niesers Kosten veranstalten Balle vereinigt, als die Trauerkunde eintraf. Der Ball wurde natürlich sofort abge brochen. — Die Stadt Dresden hatte bekanntlich in neuerer Zelt sehr viele Selbstmord-Fälle aufzuwcisen. Jetzt sind wieder inner halb eines Tages drei solcher Fälle zu verzeichnen gewesen. Ei„ in der Pirnaer Vorstadt wohnhafter Geschäftsmann tödtete sich infolge Rückgang seines Geschäfts durch Genuß von Cyankali. Ein Kutscher machte, durch zerrüttete Lebeusverhältnisse veranlaßt, seinem Leben durch Erhängen im Grundstück Nr. 23 der Leipzigerstraße ein Ende und im Hofe eines Grundstücks der Jvsephinenstraße erschoß sich ein junger Handarbeiter. — Die Manrcrsehefra» Arnold aus Rade, beul, welche seit vergangenem Monat vermißt wurde, ist am 13. dss. Mls. bei Scrkowitz in der Elbe, an einem Schiff hängend, todt auf- gefnnden worden. — Ein männlicher Leichnam mit dunklem Haar nnd blondem Schnurrbart, anscheinend eine Person von 45—50 Jahre alt, wurde am 12. dss. Mts. bei Zadel in der Elbe aufgefangen und von der Gcmeindcpolizei aufgehoben. Der Todte trug dunkles Stofsjaqnct, dnnkelgraue Hose, schwarze Stosfwestc nnd einen Lcder- gurt um den Leib. — Neulich wurde aus Dresden berichtet, daß einer Fra», die sich durch Tragen von rothen Strümpfen eine Blutvergiftung zngezvgen Halle, ein Fuß hätte abgcnommen werden müssen. Dazu ist cs jedoch nicht gekommen; das allerdings sehr schlimm entzündete und von Eilcransammlungcn durchsetzte Bein ist nach einigen tüchtigen und wohlgeziclten Schnitten auf dem Wege der Besserung. Ta das Publikum geneigt ist, auf die Aerzte zu raisvnnircn, daß sie sofort die Bei! e abschneiden nnd sich nicht anders zu helfen wissen, sei diese Richtigstellung mitgetlpilt. — Meißen. Ein Hundert und fünfzehn Tauben, fast die ganzen Insassen eines großen Tanbenichlagcs auf dem Gebäude des Gutsbesitzers Lehmann in Mohlis bei Meißen, sind durch Absperrung des Schlages verhungert ausgefnnden worden. Man nimmt an, daß irgend ein böser Mensch, dem die örtlichen Verhältnisse ganz genau bekannt gewesen sind, dieses Bubenstück verübt hat, um den Besitzer zu schädigen; ausgeschlossen ist jedoch auch nicht, daß der Wind das Schließen des Zuganges bewirkt hat. — Einen hübschen Fastnachtsspaß haben sich 2 Mitglieder der Meißner Liedertafel gemacht. Bei einer am Freitag staitgefun- dencn Festlichkeit derselben halte eine Verloosnng von gespendeten Gegen ständen stallgesunden und obige 2 Witzbolde hatten davei den Einfall, 1 Mcler Holz in natura zur Vertheilung an die Nietcnempfänger zu liefern. Als nun die Nictenzieher mit ihrem umfänglichen Gewinn bei Tagcsgraucn nach Hause zogen, wurden sie von den Nachtwächtern des Holzdiebstahls für verdächiig gehalten nnd arretirt. Da man ihrer Angabe über den Ursprung des Holzes nicht glaubte, so mußten sie vorläufig ihre Namen nennen nnd am folgenden Tage überzeugten sich die pflichteifrigen Wächter des Näheren, daß jenes Holz redlich erworben war und ans dem Füllhorn Fvrtnnas stammte. — Cunewalde, 14. Februar. Auch König Albert hat der hiesigen an der Trichinosis leidenden Kranken gedacht und durch seine Chaloullcn-Expedition 150 Mark an das Gemeindeamt zu Cunewalde zur Linderung der Noth übersenden lassen. — Bis heute sind in hiesiger Parochic 20 an Trichinosis gestorben, ca. 30 liegen noch schwer nnd 30 mittelschwer krank darnieder, während sich ca. 75 auf dem Wege der Besserung befinden und 30 aufgcstandcn sind, wenn sie sich auch noch oft legen müssen. Durch die Todesfälle sind 8 volle und 12 halbe Waisen geworden. Zur Vertretung des ver unglückten Ortsarztes, der sich übrigens auf dem Wege der Besserung befindet, ist Herr Oberstabsarzt Rabcnhvrst ans Zittau hierher gesandt worden. Derselbe hat am Sonnabend seine Thätigkeit begonnen. — Ob das trichinöse Schwein, welches das große Unglück verursacht hat, ans Trichinen untersucht war, kann erst die Untersuchung ausklären. — In Gohlis bei Leipzig starb am Sonntage Oberschulrath vr. Schütze, früher Scminardirektor in Waldenburg. Er stand im 81. Lebensjahre. — Kohren. Der in den weitesten Kreisen unter dem Namen der „Kvhrcner Toctor" bekannte und geschätzte Herr vr. weä. Carl Albert Meyer hier ist am 12. d. M. Nachmittags 2 Uhr nach nur 2tägigem Krankenlager im 75. Lebensjahre an einer Herz- lähmnng verstorben. Unser Städtchen verliert an ihm einen der an gesehensten nnd besten Bürger, welcher während einer fast 50jährigcn Thätigkeit sowohl als Arzt, wie als Gemeindcverlreler sehr segens reich gewirkt hat. — Dem hochgeschätzten Verstorbenen ist durch den seit ca. 8 Monaten hier wohnhaften Herrn Or. weck. Rudolf Döring Auch die Spangen durfte sie nicht nehmen, die den Mantel an ihren Schultern befestigte»; da endlich! der reich mit edlen Steinen verzierte Schapel war ein Geschenk, das die Hexe wohl befriedigen konnte! Sie nahm ihn mit zitternder Hand ans ihren» Haar nnd das feine Gewebe des Schleiers, der daran befestigt war, zerriß bei ihrer hastigen Bewegung. „Du hast Dich dennoch getäuscht, Rnncnmntter", sagte sie, „aber Deine Angen sind alt, sie haben Dich irre geführt. Tn scheinst indessen beoürflig zu sein, nimm nnd pflege Dich dafür." Sie warf ihr den Kov'schmuck hin nnd ging der Stelle zu, wo ihr Pferd graste. Der Ritter beugte sich mit einer raschen Bewegung zu der Alten nieder; ein Beutel fiel in ihren Schvoß. „Schweig über das, Was Tu geehen", raunte er ihr hastig zu, „ich will es Dir über reich lohnen." „Wollt Ihr? Nun, so will ich Euch auch noch sagen", flüsterte ebenso leise die Hexe, „daß sie doch noch einstmals die Eure wird." Sie machte mit dem Kopfe eine bezeichnende Bewegung nach Adel heid hin. Ter Graf that einen Athemzug, so tief, als ob seine Brust nicht mit eins das Glück zu fassen vermöge, das ihm die Alte ver hieß. Tann riß er sich mit einem Ruck die prächtige goldene Kette vom Halse, die aus seinem reichen Jagdkleid hing, und warf sie der Alten zu. Eine Sekunde später stand er neben Adelheid. Sic hatte soeben den vergeblichen Versuch gemacht, ihr Pferd ohne seine Hülfe zu be steigen, und sah ein, daß sie sich dennoch seine Dienste gefalle» lassen mußte. Eine tiefe Falte zog ihre seinen Brauen finster zusammen und in ihren dunklen Angen brannten verhaltener Zorn nnd tiefe Beschämung. Adelheid s Sinn war von Natur edel nnd hochherzig, nur ihre Eitelkeit und Gefallsucht überwucherten leider häufig die besseren Regungen ihres Herzens. Tie unverkennbare Leidenschaft des Ravens burgers und die tollen Wagnisse, die er ihretwegen bestand, hatten ihr geschmeichelt; jetzt aber war sie empört über seine Frechheit und zürnte mit sich selbst, daß die Ausbrüche seiner wilden Zärtlichkeit einen gefährlichen, bestrickenden Einfluß auf sic ausnbten, der einem berauschenden Zanbertrankc glich. Sie hätte viel darum gegeben, wenn Jemand anders zur Stelle gewesen wäre, ihr den Steigbügel zu halten, aber sie sah ei», daß es Wahnsinn sein würde, den Auftritt noch zu verlängern, indem str durch ei» Zeichen mit dein Horn noch Andere an diesen Ort hcrbei- rief, da doch schon die Hexe, welche sich noch immer nicht von ihrem Platze rührte, eine mehr als lästige Zeugin bei dem Vorfall war. Ter Gras hob die schlanke Gestalt, ohne zu fragen, leicht wi^ eine Feder in den Sattel, und ihr langes, schwarzes Haar slnthct^ dabei eine» Moment weich nnd kühl über seine heiße Stirn. Dann stürzte er mit einem Sprunge hin zu seinem eigenen Pferde, wie um der Gefahr zu entfliehen, sich zu einer neuen Tolll eit hinreißcn zu lassen. Adelheid fühlte sich kaum fest im Sattel sitze», als sic, die eben erst überstandene Gefahr vergessend, ihren Zelter zu neuem Jagen anspvrnte, um so bald wie möglich von diesem ihr verhaßt gewordenen Platze fortzukommen. Der Graf folgte ihr, wie vorhin, in kurzer Entfernung nach. Die Rniicnhcxc wog die so plötzlich erhaltenen Geschenke in ihrer braunen Hand; dasselbe laute, höhnische Lache», wie am Tage vor her in der Höhle, erscholl jetzt durch den Wald und machte einen Ritter stutzen, der in diesem Augenblick gleichfalls ans dem Platz er schien. Er sah »och die beiden anderen Reiter in der Ferne nnter den Bäumen verschwinden und gewahrte auch das Weib auf der Erde, das rasch etwas zu verbergen schien. „Ter tausend!" rief er spöttisch, „das ist ja wohl des Teufels leibhaftige Großmutter, die dort am Boden hockt." „Jawohl, feines Junkerlein, Las ist sie selbst," antwortete die Here, „nimm Dich nur in Acht, daß sic Dir nicht auf den Buckel gcräth." Dabei richtete sie sich wie am gestrigen Abend zu einer solchen Länge auf, daß das Pferd, davor scheuend, einen unvorhergesehenen Scilensprung machte und seinen Reiter säst absente. „Sichst Tn wohl, sie sitzt Dir schon fast im Nacken," höhnte sic weiter, „Tein Roß verspüret ihre Näht." ,,Ack> was, Alte, laß die Possen." sagte der Junker von Dassel, der sein Thier fest im Zügel hatten mußte, denn c-s schien die Nähe der Hexe nicht vertrage» zu können nnd blähte schäumend die 'Nüstern auf, „sage mir lieber, worüber Tn so laut lachtest, als Tn hinter oc» Beiden da her sähest; cs soll Dein Schaden nicht sein." Dabei zog er einen feinen, mit Seide gestickten Lederbentel ans seinen Kleidern hervor, hielt ihn hoch in die Lust nnd ließ die Mün ze» darin an einander klingen. Die Augen des Weibes funkelten vor Habsucht, aber sie wollte sich bitten lassen, um einen Hohen Preis zu erzielen. „Was gehen Dich die Zwei an nnd was kümmert cs Dich, ob ich lache oder weine, der Wald ist groß genug, daß ich darin thun und lassen kann, was ich will." „Oho! Das kannst Tn nicht. Aber ich will mich nicht mit Dir darüber streite»," versetzte ungeduldig der Junker. „Wenn Tn mir ans der Stelle sagst, weshalb Tu vorhin so unbändig lachtest, so ist der Inhalt dieses Beutels Dein." Das Weib schwieg einen Augenblick, sie ertvog, von welcher Partei der größere Vonheil zu erlangen war, und die Waage schwankte ans die Seite der sich eben Entfernenden. Aber die Gier nach dem Gelbe flüsterte ihr zu, daß sic beide Thcile ansbentcn und beide be trügen könne. „Ich lachte," sagte endlich die Hexe mit teuflischem Grinsen, „weil sich der Geier in das Nest des Adlers drängen will und das selbe schon in immer engeren Bogen umkreist." „Meinst Du, Weib? Nun, so sag mir auch noch mehr. Doch nimm vorerst Deinen Lohn." Er schüttelte den Inhalt des Beutels in ihren Schoß und barg das Säckchen wieder in seinen Kleidern. Die Alte zog einen Gegenstand halb unter ihren elenden Ge wändern hervor „Kennst Du das?" fragte sie und ließ die Edel steine in den Sonnenstrahlen funkeln, die durch die Zweige der Bäume brachen. „Das hast Du gefunden oder gestohlen, Hexe!" „Bei Leibe nicht, Junkerlein! komm morgen oder heute Nacht zu mir hinaus in meine Behausung hinter den Gräben der Stadt, dort sollst Du mehr erfahren, wenn Du noch viele solche blanke Münzen besitzest!" Der Junker lachte unverschämt und murmelte zwischen den Zähnen: „Richcnza hatte also doch Recht!" Und, zu der Hexe ge wandt, rief er laut: „Ich komme, erwarte mich mit einbrcchender Dunkelheit." Tann schlug er langsam nnd nachdenklich denselben Weg ein, den er die Anderen hatte verfolgen sehen.' Die Kaiserin war bald wieder mit einem Thcil ihres Gefolges znianimengetroffen und hielt dasselbe im weiteren Verlauf der Jagd um sich versammelt, es verschmähend, sich bei derselben noch ferner zu bcthciligc», weil ihr die L ist daran vergangen war, da sie ihren Lieblingssatken bei der Verfolgung seiner Beute gleich anfangs aus den Auge» verloren hatte. Dessen nngcachtct schien sic i» heiterster Laune, lachte und scherzte mit ihren Edelsränlein und hatte auch für die Ritter, welche sie be gleitete ?,manch 'scherzhaften Befehl; nur wer sic genauer kannte und beobachtete, hätte die Falte zwischen den Brauen bemerkt, die von dort nicht weichen wollte, nnd vielleicht gesunden, daß ihre Heiterkeit etwas gezwungen war. Den Ritter von Ravensburg, der doch sonst vielfach von ihr bevorzugt war, beachtete sie nicht im geringsten, er schien für sie