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U Feierabend WM ! Unterhaltungs-Beilage Her Sächsischen Volkszeitung Nr. 34 Sonntag den 2H. August Erntezeit s wogt und wallt gleich goldnem Meere Die Ernte, die den Schnitter lohnt. Auf tiefgebeugte, körnerschwere, Windstille Halme glänzt der Mond. V — diese Ruh' in allen Fernen! . . . Und übers reife Saatenland Streckt gütig-lächelnd von den Sternen Gott Vater seine Segenshand. Dr. Lorenz Kral» 15.- Sonntag nach Pfingsten Evangelium: Siehe, da trug man einen T.ten hinaus. Lukas 7. 11 — 16. Die Mutter und viel Volk aus der Stadt begleiteten den toten Jüngling zu Naim. Es pflegen auch jetzt Ver wandte, Freunde und Bekannte die Leiche eines Verstorbe- ! nen zum Grabe zu begleiten. Man nennt das dem Toten, die letzte Ehre erweisen. Tiefe Sitte ist schön. Mit dem wir znsammengelebt haben, dem wollen wir noch einen öffentlichen Beweis unseres freundlichen Andenkens, unseres Schinerzes ob seines Hinganges, unserer Dankbarkeit gegen ihn, unserer Liebe und unserer Versöhnung geben. Leider hat unser Begleitung selten den schönen Charakter, den sie haben sollte! Wir gehen mit der Leiche, aber gleichgültig. Wir bringen nicht Gott für die dem Abgeschiedenen erwie sene Barmherzigkeit unsere Lobpreisung und Danksagung dar. Wir gedenken nicht der Werke und Leiden des Tahin- geschiedenen mit Liebe und Teilnahme. Wir bitten nicht mit Herzlichkeit für seine arme Seele. Wir denken nicht einmal ernstlich an den eigenen Tod und wissen wenig aon heiliger Furcht und Bangigkeit. Wir beten beim Hingchen zum Grabe entweder gedankenlos, oder wir sind in der Bildung noch weiter und beten gar nicht, ziehen unter aller lei fremdartigen Gesprächen des Weges dahin oder fragen, wer Wohl die leere Stelle cinnehmen werde, die der Ver blichene zurückgelassen. Vielleiht sinnt hier und da sogar einer, wie er aus dem Todesfall Gewinn ziehen könne. Ach. w gehen in demselben Zuge die halbohnmächtige Witwe, die weinenden Kinder und der Nachbar, der Schuldner oder der Gläubiger, welche an Gewinn denken. „Tie letzte Ehre erweisen!" Es ist die letzte. Denn ist der Sarg versenkt, so ist all die Herrlichkeit vorüber, mit der man den Abgeschiedenen noch einmal umgab — er ist vergessen. Ja, die Welt schien bloß deswegen ihre Ehre zu geben, um den Trug und die Lügenhaftigkeit öffentlich zur Schau zu stellen. Ihr ganzer Pomp löst sich in ein schales Nichts auf. — Alles ist vorbei. Man kehrt zum Geräusch und zur Lust des Lebens zurück. Es war die letzte Ehre und der Tote ist vergessen. Hier und dort vielleicht weint noch eine liebende Seele in stiller Kammer um ihn desto inniger und länger, je größer die Liebe war. Aber was die Welt gab, das war die letzte Ehre, mehr hat sie nicht und mehr kann sie nicht geben. Bleibend ist nur die Liebe. Welche Ehre erweist die Kirche dem Toten? — Einst hat sie ihn als Täufling aus dem Wasser und dem heiligen Geiste wiedergcboren und der Menschheit übergeben, daß er heranwachsc im .Luvrn und reiche Frucht bringe. Nun for dert sie ihn wAs-m zurück. Sie sendet den Priester in das Trauerhaus, güne lleberrcste in Emvfana ui uekuu-'n und seine Seele dem Erbarmen ihres Richters zu übergeben. O, daß jetzt vollendet sei, wozu der Täufling einst eingeweiht worden ist! Dem Zuge voraus geht das Kreuz. Unter Ge beten und heiligen Gesängen gelangt er zur letzten Ruhe stätte und der Leichnam wird versenkt. Ter Priester sprengt Weihwasser auf den Sarg. Mögen es Tautropfen sein, wo mit Gott die Seele des Abgeschiedenen im Himmel erquickt. Der Priester bewuchert den Sarg. Möge der Verstorbene jetzt wie ein reiner Opferrauch vor Gott erfunden sein und möge Gott ihm die Wohlgerüche der himmlischen Gefilde atmen lassen. Der Priester wirft drei Schaufeln Erde auf den Sarg. Das bedeutet: Tu bist Erde! — In katholischen Gegenden pflanzt er dann das Kreuz auf das Grab und spricht die Worte: „Das Zeichen sei über dich gezeichnet — des Er- lösers, unseres Herrn Jesu Christi, der dich an dem Kreuze erlöst hat. Ewig nicht lasse er den Todesengel dir nahen." — So steht denn das Kreuz auf deinem Grabe, das Sieges zeichen steht auf deinem Grabe, das Sinnbild der Gnade und der seligen Auferstehung — und es gedenkt die Kirche im Gebete und beim unblutigen Opfer Christi, der heiligen Messe, fortan ihrer Verstorbenen, fleht zum Himmel: Der Herr verleihe den Verstorbenen die ewige Ruhe und das ewige Licht leuchte ihnen, sie mögen ruhen in Frieden. Amen. Das Gänschen Ncw.'llettc von S. Barin kay Nasdrus verbot«. Er hatte sie geheiratet, weil sie hübsch und blütenjung war und in ihrer schlanken Grazie entzückend tanzte, so daß ihm das Herz warm wurde bei dem Anblick. Ta er bereits dreißig Jahre zählte und cs ibm Drang und Pflicht war, ein Heim zu gründen, ihre Verhältnisse auch gut zu einander stimmten, besann er sich nicht lange und verlobte sich mit ihr. Als noch die Veilchen hinter Busch und Hecken dufteten, hielten sie Hochzeit und wiegten sich zwei Tage darauf glücklich in einer Gondel, die auf dem Kanal Grande leise dahinglitt, begleitet von dem schwermütigen Gesang deS Führers, Sie nannte ihn „Blondcl", weil seine Haare und sein Bart hell waren wie reife Nehren. Darüber lachte er, und es gefiel ihm gut. Er herzte sie als „Amselchen", denn ihr Scheitel war dunkel und glänzend, und sic zwitscherte immer irgend eine Melodie. Glückselig kehrten sie anch noch heim in eine Wohnung, in der alles schmuck und neu war vom Nagel in der Wand bis zum braun glänzenden Pianino, an dem sie schon in der ersten Stunde Platz nahm und das süße Liebesduett aus dem „Barbier von Bagdad" begann. Er fiel mit einem außerordentlich lieblichen, von zärtlicher Empfindung um schwebten Tenor bei der dritten Strophe ein: „Und wenn des Lebens Traum entschwunden Und wenn der Rose Glut verblich. Dann tön' in Eden ewiglich. Wo Roscnketten uns umwunden, Wo cw'ger Traum uns hält verbunden. Das eine Wort: Ich liebe dich!"