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1 Erschau j,de» nschmittag» L vbr sstr VNI sslgr^v La-. »^'IjS^lich H»«aMch »iranli, «hrrno»»en. «kimrtzn-Prvrv: letzte Seite. ---Fernsprecher:-^- Dni Dresden Nr. 809. Beilagen: .Jllnstrierte» UnterheUtnnßSblMt" .Nach Aeier«»e»d- * MH«*»- >»d G«ete»»i«sch»ft- * < Druck und Verlag: Slbgou-Buchdruckeret und verlagsan-all Hermann Beyer L Eo., Blalevttz; ver«1w. 1. v.: A. Au ! MM s- orsskitulls ObMMessk m 1Ld 1211 lür äie ssg!. UmttdauptmannrcdaNe» Vleraeil-Mtlsat u. ke»rtt<It, öas Kgl. Kmlrgencdt viertle», mrsvirrrr stgi. Zupennlenäenlur vrescken II, äie Kgl. korrttenlämler vresäen, Morilrburg »s Sie 8<«tI»Se», Qmd»e«l. r»»lt»ttr, vodrttr, w«»vlir. VI«S<fp»»ria. IsrunuN». ceidilrr NtiarliA uns eo,,»»«ße. M»N»»r-vrg»» unS c»Ü»I)I»r«ii«r lür viz;e«ilr, carchmlr. «»»mir, wrirs« kirr», vükl-u, Sie lörrniirgememSen. VstrSen SIneren unS Neugrun«. ,Kre»de»-Stste-. I Telegramm - Adresse: lndrae, Dresden. I "Sldgauprrfse Blasewitz. Sonntag, den 25. Avgust 1SV7. Nr. 198. 69. Jahr-. Nedaktionsschluh, » Uhu Mittng«. Sprechstunde der Neduktiou r S—S Uhr Nuchmittug». Zuschriften in redaktionellen Angelegenbeitnr find nicht an den Redakteur persönlich, sondern ausschließlich an die Redaktion zu adressieren Neikftk Ereiziise. Die Nachricht, daß Mulay Hafid zum Sultan von Marokko ausgerufen worden ist, wird durch ein Telegramm des spanischen Konsuls in Mogador bestätigt. Von offiziöser Seit wird mitgeteilt, daß die Heilung der Verletzung der Kaiserin einen durchaus normalen Ver lauf nimmt. Der Fürst zu Inn- und Knyphausen ist schwer er krankt. Das Fürstenberg-Memorial zu Baden-Baden gewann Mons. E. Deutsch de la Meuthes „SHan" unter F. Corter. Der englische Genosse Quelch ist wegen seiner Aeuße- rung auf dem Internationalen Sozialistenkongretz in Stuttgart über die Vertreter auf der Haager Friedenskon ferenz von der württembergiichen Regierung ausgewiesen Warden und ist abgereist. Der Kongretz selbst nahm gestern zwei Resolutionen an über Partei und Gewerkschaften und über Ein- und Auswanderung. Der nächste Kongretz fin det in Kopenhagen statt. Der Münchner Hofschauspieler Ferdinand Suske ist gestorben. In Salzburg herrschen die schwarzen Pocken. Die Weichsel wird, da in Rußland die Cholera herrscht, in Preußen wieder von der Gesundheitspolizei überwacht. Die Europäer haben Fez verlaßen. Der Gegensul tan Muley Hafid will die Führung gegen die Franzosen übernehmen. Die Franzosen wollen einen Fesselballon nach Casablanca senden, um die Stellungen der Marokka ner besser übersehen zu können. Die französische Presse spricht sich sehr pessimistisch über die Lage der französischen Truppen in Casablanca aus. Raifuli hat nach Londoner Meldungen die Ältahalla El-Meranis angegriffen und geschlagen. Mochkischu. Wir sind nun am Ausgang des August, damit aber am Ende der Fürsten-Reisen und Minister-Beurlaubung, und so werden denn auch wohl alle die großen und minder großen Entrevuen zwischen den 'hohen Herren und Exzel lenzen zu Enüe sein, vorausgesetzt, daß nicht noch ein paar extra nachkommen. Es langt aber schon, wenn etwas Gu tes werden soll, und die Hauptsache ist nun bloß noch, daß das Gute nicht allein erscheinen soll, sondern auch wirklich kommt! Swinemünöe (Kaiser Wilhelm und Lar Niko laus), Wilhelmshöhe (König Eduard und Kaiser Wil helm), 5>schl (Kaiser Franz Joseph und König Eduard), Marienbad (König Eduard und französischer Ministerprä sident Clemenceau), Norderney (Reichskanzler Fürst Bü low und französischer Botschafter Cambon aus Berlin), Semmering (österreichischer Minister des Auswärtigen Baron Aehrenthal und sein italienischer Kollege Tittoni), das sind die Begegnungen innerhalb der letzten zwei Wo chen. Man sieht also, es reicht wirklich. Und an der Zahl liegt es nicht, wenn jetzt keine guten Dinge folgen! Ein Volkswort, das wir seiner drastischen Derbheit wegen hier nicht im Original wiedergeben wollen, kommt zu dem Schluß, daß kurze Unterhaltungen die besten sind, weil dann beide Teile von vornherein mit der Sprache her ausmüssen, sodaß man am schnellsten zum Ziel kommt. Das scheint auch für die oben verzeichneten Zusammen künfte zuzutreffen, von denen die zwischen dem siebenten Eduard und Herrn Clemenceau die allerkürzeste, nur ein paar Stunden dauernde war, und ihr folgte der Besuch des englischen Königs in Wilhelmshöhe in Bezug aus die Zeit dauer, der einen halben Tag beanspruchte. Und damit ha ben wir auch Wohl den Kernpunkt, um den es sich für jetzt wenigstens für uns, handelt: Kaiser Wilhelm und Fürst Bülow — König Eduard und sein Minister Hardinge und Herr Clemenceau, der tatsächlich ja nicht allein die innere, sondern auch die auswärtige Politik Frankreichs lenkt! Um was es sich handelte, werden wir sehen, und wenn man sagt: Ueber Marokko soll ein Neues werden, so klingt das wahrscheinlich. Mag es etwas Nützliches sein; denn daß der Polterkasten Marokko für alle Dauer mit den mehr idealen, als zukunftspraktischen Konferenz-Beschlüssen von Algeciras in Ordnung gehalten werden kann, erscheint doch etwas fraglich. Neben den Fürsten und Staatsmännern hat, wie be kannt, die Friedens-Konferenz im Haag für die allgemeine Völker-Freundschaft gesorgt, und sie hat nun auch den Vo gel von der Stange geschossen, indem sie den britischen An trag einstimmig und binnen 25 Minuten annahm, die be teiligten Negierungen möchten die Möglichkeit der Abrüst ung zu Wasser und zu Lande erwägen; Niemand soll da zu gezwungen sein, sondern nur seinem Herzen einen Stoß geben! Das wird freilich wohl kaum so eilig gehen, aber schließlich vielleicht doch so viel bewirken, daß aus dem Ga lopp-Tempo bei den Flotten-Rüstungen, denn zu Lande kann ja nicht mehr viel geschehen, ein ruhiger Schritt wird. Aber neben diesen berufenen Areopag hat noch ein anderer freiwillig seines Amtes als. Schirmer des Völkerfriedens gewaltet, und das war der internationale Sozialjstenkon- czreß in Stuttgart, der kurzerhand aussprach, an Len Krie gen und den Kriegsrüstungen trüge nur das „vermale deite" Kapital die Schuld, und der Sozialismus sei beru fen, die Kriege auszurotten. Doch über das Wie? gerieten 'ich die Herren schon in die Haare, und wir freuen uns, daß der süddeutsche Sozialistenführer Vollmar es aussprach, international dürfe doch nicht antinational werden, er bleibe immer ein guter Deutscher! Auch sonst gingen die Anschauungen recht auseinander, und von großen Taten kann d'.ese internationale Versammlung jedenfalls noch weit weniger reden, wie die im Haag. Ueber das für Deutschland interessanteste Thema, den Ausfall der letzten Neichstagswahlen, ging man ziemlich schnell fort: Die Scrliutt Kms. Bon A. Silviu». (Nachdruck verboten.) '/r8 oder 8 — Eine Petition der Weinrestaurants. — Ein bischen Sozialpolitik. — Die hungrigen Theaterbesucher. — Blondchen. — Heirate mich. — Der Nomiker - Kampf im Metropol-Theater. — Sie schlagen sich gegenseitig tot. — Staatsanwalt und StraßenhSndler. — Nackte Tatsachen. In den sogenannten weitesten Kreisen ist wieder ein mal eine Diskussion an der Tagesordnung, welche eine Frage betrifft, die schon oft zwischen dem Publikum und allen beteiligten Kreisen aufgeworfen worden ist. Es han delt sich um den Anfang der Theater - Vorstellungen in Berlin. Dieser Tage ist von sieben der größten Wein häuser ein sehr umfangreiches, aber auch sehr merkwürdi ges Schreiben versandt, in welchem an die Theaterdirektio- ncn das dringende Ersuchen gerichtet wird, "die Theater wie früher anstatt um 8 Uhr schon um halb 8 Uhr beginnen zu lassen. Die Petitionierenden sind die Matadore der Weinrestaurants Berlins: Traube, Trarbach, Kaiser-Kel ler, Mitscher, Kempinsky, Eggebrecht, RheingolL. Zwei felsohne werden sich der Petition, welche ernste Vorhaltun gen an die Direktoren enthält, noch andere große, größere und kleinere Weinrestaurants, vielleicht auch Bierrestau rants, anschließen; denn vom Standpunkt der Gastrono men enthält die Petition viel Wahres. Man höre: „Der deutsche Theaterbesucher will nun einmal Mach der Vorstel lung ein gemütliches ruhiges Stündchen im Restaurant ver bringen, das Gesehene besprechen, und seine Abendmahl, zeit, zu der er vor dem Theater auch bei 8 Uhr-Anfang zu meist keine Neigung verspürt, einnehmen. Ueberhungert betritt der Gast das Restaurant, wählt schon unwirsch auf der Speisenkarte, womöglich Gerichte, die frisch bereitet werden müssen; nach kurzem Warten beginnt die Unruhe, zehn Minuten werden dem Kellner als wenigstens eine halbe Stunde zum Vorwurf gemacht. Jeder Restaurations betrieb befindet sich in gewisser Aufregung, wenn der soge nannte Theaterstoß eintrifft, nur um keine Klagen der Gäste laut werden zu lassen. Dabei stellt doch ein Stück Fleisch, Geflügel u. s. w., gewisse Ansprüche an genügend liebevolle und sorgsame Behandlung." Was sagen die Ber liner zu diesem Schmerzensschrei der Berliner Weinstuben besitzer? Aber diese können auch verteufelt sozialpolitisch sein, wie aus Absatz 5 der eigenartigen Petition hervor geht. Da heißt es z. B.: „Bedauernswert vor allem ist 'heute das Küchenpersonal, das von früh bis in die tiefe Nacht in heißen Räumen tätig sein soll und durch den spä ten und so verschiedenen Schluß der Theater mindestens eine Stunde länger im Betriebe zu bleiben -gezwungen ist. Doppeltes Personal zu halten, verbieten die Berliner bil ligen Speisenpreise, dann auch die Organisation eines Kü chenbetriebes, der eben nicht einfach von Hand zu Hand ge wechselt werden kann." — Was die Herren Gastronomen sagen, mag alles richtig sein; aber ihren Interessen stehen wieder diejenigen der Berliner Theaterdirektoren gegen über, welche behaupten, es ausprobiert zu haben, daß der spätere Anfang, also um 8 Uhr, ihrer Kasse nützlicher ist. Soweit ich durch den jahrzehntelangen Verkehr mit den Theaterkreisen orientiert bin, würden es die Berliner Theaterdirektoren mit Freude begrüßen, wenn sie anstatt um 11 Uhr, oder auch noch später, ihren Betrieb schon nach 10 Uhr, oder spätestens um halb 11 Uhr als geschlossen be trachten könnten. Aber das Publikum spricht mit. Wäh rend es auf der einen Seite erst um 8 Uhr ins Theater gehen will, will es nach dem Theater, also selbst zwischen 11 und 12 Uhr nachts im Restaurant ganz nach Wunsch und Laune bedient sein. Ich fürchte, da werden keine Pe titionen Helfen, da wird wohl alles beim alten bleiben. Sonst kann man das mit Bezug auf das Theater nicht sagen. „Rechter Hand, linker Hand, alles vertauscht!" könnte man bezüglich des Theaters immer anwenden. Wenn die Stammgäste des Lessing-Theaters wieder vollzählig ihre Ida Orloff anschwärmen werden, das Sonnenschein- chen aus „Und Pippa tanzt", so werden vielleicht nicht viels wissen, daß daS blonde Elfchen unterdessen Herz und Hand an einen Wiener Juristen verschenkt hat. Ich sah sie korw men, diese Liebe! Es war in Schierke im Harz, als die bösen Juli-Regentage uns zwangen, die Zentralheizung im Hotel sehr energisch in Tätigkeit zu setzen. Ans Zimmer gebannt, lauschte man allen Verlautbarungen der Umgeb ung. Ei, wie klang da oft das Helle Kinderlachen der blon den Ida Orloff aus den Fenstern herüber. Und dann sah ich sie sobald der Himmel sich nur ein wenig erhellt, am Arm ihres Auserwählten. An Len ersten Tagen mit ihrem rätselhaft lockigen Haar, dann pötzlich ohne Locken, kahl, abgeschnitten. Ein herber Tag voll bitterer Klage war dieser Haar-Amputation voraufgegangen; eine Liebes-Dif ferenz, ein „Divorcons", ein Flehen, ein Bitten! „Heirate mich!" Und als ich Schierke verließ, lachte das Blondchen wieder, die göttliche Orloff hatte gesiegt. Aus dem zarten Kind wird die lachende Frau. Und wenn ich vom Theater noch weiter erzählen soll, so muß ich eine längere Notiz eines Wochenblattes erwähnen, welches erzählt, daß der in letzter Zeit so viel genannte Komiker Guido Thielscher bei den Proben im Metropol-Theater sich mit dem dort seit Jahren erbeingesessencn Komiker Henry Bender arg in den Haaren liegt. Das Blatt erzählt darüber merkwür dige Dinge, spricht von Tätlichkeiten und anderen wenig harmlosen Reibereien. Es ist auffallend, wie sehr man sich in gewissen Kreisen mit den beiden Herren beschäftigt. Wenn man Liese Caföhaushelden und Pilsenerbiermimen hört, scheint in Berlin außer der drohenden Schlägerei zwi schen zwei bekannten Komikern keine einzige noch interessie rende Frage vorhanden zu sein. Im Caf6 Westminster schreit die eine Partei: „Bender schlägt Thielscher tot!" Im Viktoria-Caf6 ruft die andere Partei: „Thielscher schlägt Bender tot!" Natürlich schlägt keiner den anderen tot, jeder ballt die Faust in Ler Tasche, beide wissen, daß schließlich bloß das, was geleistet wird, entscheidet, und deshalb ist Bender auch seelenvergnügt und Thielscher sehr ängstlich, wie er cs war, wenn er Konkurrenz gewittert hat. Da e« nun aber wirklich noch andere und wichtigere Fragen in Berlin gibt, als diesen Komikerstreit, wollen wir ruhig ab warten, wer aüf dem Felde der Metropol-Theater-Kämpfe