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Ta andere Finanzinstitute schleunigst eingesprungen sind, so ist für die Gläubiger der Bank erfreulicherweise kein Grund zur Beunruhigung vorhanden. Außer der Bank firma Beckerath sind durch die Unterschleife des wackeren Terlinden der Barmer Banverein, die Hannoversche Bank und das Bankhaus Robert Warschauer L Co. gleichfalls mit Summen von je über eine Million ge schädigt, eine Anzahl andrer Banken und Bankfirmen ist zwar auch noch betroffen, aber doch mit weniger hohen Summen. Im Ganzen beläuft sich die von Ter linden unterschlagene Summe auf 6 bis 8 Millionen Mk. Eine so gewaltige Veruntreuung wäre sicherlich zu verhüten gewesen, wenn der Aufsichtsrath der Gesell schaft gewissenhafter feine Pflicht erfüllt hätte. Im Vertrauen aber auf die Redlichkeit des Directors Ter linden, der sich in dem ganzen Jndustriebezirk des aller größten Ansehens erfreute, ist eine genaue Nachprüfung der Bilanzen schon seit Jahr und Tag unterblieben. Außer den oben genannten sind auch noch die Firmen Th. Winterberg, Oberhausen, Fritz Tietz L Co., Köln, Wilhelm Swen in Essen und W. Wenigmann in Lille, zwischen denen und dem Hause Terlinden Wechselver- bindlichkeiten in Höhe von 4 Millionen Mk. bestehen, um die Summe geschädigt. Gegen die Schädigungen des Handwerks durch die Militärwerkstätten, die Zuchthausarbeit und das Con- fectionswesen richtet sich ein Antrag, der auf dem in Osnabrück versammelten Schneider-Verbandstage für Nordwestdeutschland angenommen wurde. Es soll für Aufklärung des Publikums durch Flugblätter und öffent liche Bekanntmachungen Sorge getragen werden. Die Beschäftigung in den Eisengießereien und Maschinenfabriken, so wird der „Voss. Ztg." von einem Fachmanns geschrieben, hat leider in den letzten Monaten eine weitere Verschlechterung erfahren, und es haben sich bereits wesentliche Vorräthe an Maschinen angesammelt, welche fast um keinen Preis an den Mann zu bringen sind. Insbesondere trifft dies bei den Werk zeug-Maschinenfabriken und bei denjenigen Firmen zu, welche speciell Maschinen für die Textilindustrie, z. B. Webstühle rc. bauen. Die Entlassung von Arbeitskräften wurde bisher so lange als möglich hinausgeschoben, je doch ist dieser Schritt bei vielen Firmen jetzt unver meidlich, da auf eine baldige Besserung in diesen Branchen nicht zu rechnen ist. Bei denjenigen Actiengesellschasten dieser Industriezweige, welche ihre Reserven nicht in liquiden Mitteln zur Verfügung haben, dürfte das Jahr 1901 noch manche Ueberraschungen bringen, da jetzt der Betrieb oft nicht die erheblichen Unkosten deckt. Amerikanische Mänteleinkäufer weilen zur Zeit in Berlin. Ihre Einkäufe sind, wie eine dortige Fach zeitschrift mittheilt, bedeutend größer als sonst. Sie kaufen die theuersten und elegantesten Sachen. Ter wirtschaftliche Aufschwung, der in Nordamerika herrscht, der große Reichthum, der in den letzten Jahren dort angesammelt worden ist, das Börsenspiel, welches viele neue Millionäre geschaffen hat, alle diese Momente kommen zusammen, um für die nächste Zeit ein groß artiges Tetailgefchäft in Nordamerika voraussehen zu lassen. Dies hat die in Berlin eingetroffenen Einkäufer, die Vertreter der ersten und größten Detailgeschäfte in den Vereinigten Staaten sind, veranlaßt, größere Ein käufe als sonst zu machen. Ten Veröffentlichungen über die Getreide- und Ge müsezölle des Zolltarifentwurfs sind in einem gärt nerischen Fachblatt Mittheilungen über die angeblich in Aussicht genommenen Zölle für die Erzeugnisse der Gärtnerei gefolgt. Die Mittheilungen gehen von einem Gartenbau-Ingenieur aus, der an den Vorbereitungen des Zolltarifschemas und der Zolltarifsätze im Reichs- amt des Innern während der letzten beiden Jahre als Sachverständiger für die Handelsgärtnerei, Obstbau, Gemüsebau und Samenbau theilgenommen hat. Dar nach soll die Kartoffeleinfuhr vom 1. August bis 14. Februar frei bleiben, in der ganzen Zwischenzeit aber einem Zoll von 12 Mk. für 100 Kilogramm unter liegen; Küchengewächse in der Zeit vom I. December bis einschließlich 30. Juni 50 Mk. für 100 Kilogramm, in der Zeit vom 1. Juli bis 30. November 5 Mk. für 100 Kilogramm, lebende Pflanzen, Erzeugnisse der Ziergärtnerei 20 Mk. für 100 Kilogramm, Blumen, Blüthen rc. 300 Mk. für 100 Kilogramm, Blumen zwiebeln und Knollen 10 Mk. für 100 Kilogramm. Der gärtnerische Samenhandel dürfte vom Zoll frei bleiben. Für Tafelobst sollen gleichfalls ansehnliche Zollsätze in Aussicht genommen sein. Nach den „Berl. Reuest. Nachr." kann dem Gewährsmann der „Teutsch. Gärtnerztg." der Zolltarif jetzt gar nicht vorgelegen haben, sondern nur eine Zusammenstellung der Wünsche der Interessentenkreise. Nicht der oder ein Tarif fei von den Sachverständigen begutachtet worden, sondern lediglich Wünsche und deren Berechtigung. Oesterreich-Ungarn. Der Führer der Deutschnationalen in Oesterreich Abg. Schönerer veröffentlicht eine Uebersicht der von Ende December 1900 bis Ende Juni 1901 stattgefundenen Uebertritte zum evangelischen Glauben. Im Ganzen haben sich 6148 Personen der römisch-katho lischen Kirche abgewendet; davon sind 2538 Personen in Böhmen allein übergetreten. Im Pfarrsprengel Aussig ist der tausendste Uebertritt zum Protestantismus erfolgt. England. König Eduard soll das Küssen satt haben. Wie die Londoner Zeitschrift „World" erfährt, sollen künftig hin am engliscken Hofe bei Festlichkeiten einige durch greifende Veränderungen vorgenommen werden. Unter Anderem werde wahrscheinlich der alte Brauch, daß der König die Damen, die ihm vorgestellt werden, zu küssen hat, abgeschafft werden. (Auch die jungen, hübschen Damen will er nicht mehr küssen?) Dänemark. In Dänemark hat sich ein Cabinetswechsel voll zogen, der die große Welt allerdings wenig berührt, der aber insofern von Interesse ist, als durch ihn ein völliger Systemwechsel erfolgt ist. Nach 30jährigem Kampfe hat die Linke endlich gesiegt. Die Mitglieder des ersten Ministeriums der Linken feit dem Erlaß des Grundgesetzes von 1866 sind fast ausschließlich radikale aus dem Volke hervorgegangene Männer. Der Minister präsident, Professor Deuntzer, ist der Sohn eines Maurer meisters, der neue Kriegsminister, Oberst Madsen, der Sohn eines Oberfeuerwerkers. Der Vater des Marine ministers Jöhnke war Tischler, und der neue Cultus- minister Christensen-Stodel war bis vor Kurzem VolkS- schullehrer. Ter neue Landwirthschaftsminister Hansen ist rin schlichter Bauer, und der Minister des Innern Sorensen ist Zeitungsredacteur. Man darf gespannt darauf sein, wie diese Männer, von denen keinem die Ministerschaft fchon an der Wiege gesungen wurde, die Regierung Dänemarks keilen werden. Asten. Die englischen Blätter können es nicht unterlassen, ihre beunruhigenden Mittheilungen über die Lage in China fortzusetzen. So erzählen sie jetzt, daß die Auf ständischen der südöstlichen Mandschurei die Russen und die mit diesen vereinigten regulären chinesischen Truppen geschlagen hätten und nunmehr sämmtliche Telegraphenlinien zerstörten. Wenn es auch sehr wahr scheinlich ist, daß die Russen in der Mandschurei noch mancherlei Kämpfe zu bestehen haben werden, welche die übrige Welt allerdings herzlich wenig angehen, bis sie die Mandschurei in ihren vollen Besitz gebracht haben werden, so ist es doch wenig glaubhaft, daß die russischen und chinesischen Truppen zusammen von den Auf ständischen sollten besiegt worden sein. Was die Frie densbedingungen betrifft, so glaubt man in Washing ton, daß die Mächte dahin Übereinkommen werden, einen Einfuhrzoll von 5 °/g festzusetzen, also nicht von 10 °/g, wie die Russen wollten. Allerdings soll die Möglichkeit offen gelassen werden, diesen Zoll zu erhöhen, wenn die Einnahmen nicht für die Aufbringung der Entschädigung ausreichen. Afrika. Tas Auswärtige Amt läßt die Nachrichten über die Einleitung von Friedensverhandlungen in London energisch dementiren. Dieses Dementi war voraus zusehen, da die Buren garnicht an die Einstellung der Feindseligkeiten denken, die Engländer aber noch nicht klein genug geworden sind, um dem heldenhaften Gegner die Bedingungen zuzugestehen, die ihm gebühren und die er allein anzunehmen gewillt ist. Ueber die letzten Schlappen der englischen Truppen in Südafrika beobachten die Londoner Blätter ein gedrücktes Schweigen. Ihren Unmuth über die jüngsten Vorgänge kann man bloß daraus erkennen, daß sie das Blasen der Friedensschalmei plötzlich eingestellt haben. Aus Hilversum verlautet gerüchtweise, Präsident Krüger werde im October in Rom eintreffen, um über Neapel nach Südafrika zurückzukehren. Endgültige Bestimmungen über die Heimreise hat Präsident Krüger jedoch offenbar noch nicht gefaßt. Ans dem Muldenthale. ^Waldenburg, 26. Juli. Ueber die verewigte Fürstin Pamela von Schönburg-Waldenburg, Durchlaucht, schreiben die „Leipz. N. Nachr.": „Durch den Tod dieser edlen Fürstin verliert so manche hilfsbedürftige Familie ihre Wohlthäterin, insbesondere wird der Verlust dieser edlen Menschenfreundin in und um Waldenburg tief empfunden werden. Sie war eine Wohlthäterin in Wort und That. Oesters suchte sie die Armen, Kranken und Hilfsbedürf tigen in ihren Wohnungen auf und erquickte sie durch liebevollen Trost. Obschon die Fürstin katholisch war, machte sie keinen Unterschied in den Confessionen. Von tiefreligiöser Ueberzeugung durchdrungen, wußte sie jedes bedrängte Herz mit dem rechten Trost zu erfüllen! Und wie viel Bitterkeit und Trübsal hat sie in der eigenen Familie erdulden müssen! In kräftigster Mannes- blüthe wurde ihr der älteste Sohn, der Erbprinz Victor, durch einen plötzlichen Tod entrissen, nachdem er selbst unmittelbar zuvor sein Töchterchen durch den Tod ver loren hatte. Kaum ein Jahr nach dem Tode des Erb prinzen starb im reifen Jünglingsalter ihr zweiter Sohn, Prinz Otto. Seit ihr vor einigen Jahren der geliebte Gatte, der Fürst Otto Friedrich, durch den Tod entrissen wurde, war der Gesundheitszustand der Fürstin zerrüttet und kurz vor ihrem Ende verlor sie noch ihr Augenlicht. Man sieht hieraus, daß Kummer, Sorge und Leid selbst vor Palästen nicht halt macht!" * — Der Westsächsische Sängerbund „Canon", zu dem auch der hiesige Gesangverein gehört, feiert nächsten Sonntag, den 28. Juli d. I., in Werdau in den Räumen der dazu erbauten Festhalle ans dem Schützen platz seinen 34. Sängertag. Die Festhalle wird etwa 1200 Personen aufnehmen, das Podium für die Sänger ca. 500. Die aufgestellte Festordnung ist folgende: Vormittags i/,10 und 10 Uhr: Empfang der Sanges brüder am Bahnhof; Uhr: Abmarsch mit Musik nach dem Leubnitzer Gasthof, woselbst r/,12 Uhr Haupt probe der Massenchöre und Frühschoppen-Concert statt findet. Nachmittags 2 Uhr: Stellen zum Festzug am Johannisplatz; Punkt ^3 Uhr: Abmarsch nach der Festhalle; ^/z4 Uhr: Beginn des Concerts. Ter Zu tritt ist jedermann gestattet zum Eintrittspreis von 30 Pf. Tas für das Concert aufgestellte Programm ist sehr reichhaltig; zur Aufführung gelangen auch zwei Chöre mit Orchesterbegleitung: „Der Festgesang an die Künstler" von Mendelssohn und der „Schwur deutscher Sänger" von R. Finsterbusch-Glauchau, den letztgenannter Herr selbst dirigiren wird, ferner vier Massenchorge sänge und verschiedene Einzelchöre. * — Auf der Tagesordnung für die 5. diesjährige Bezirksausschußsitzung, welche Dienstag, den 30. d. nach mittags 3 Uhr in Glauchau stattfindet, stehen folgende Punkte aus dem Amtsgerichtsbezirke Waldenburg: An- lagerecurs des Gartengutsbesitzer Wilhelm Hönsch in Langenchursdorf, Ortsstatut über die Herstellung und Unterhaltung gewisser Brücken in der Gemeinde Falken. Schneider's in Oberwinkel Schankerlaubnißgesuch, Gör ners in Falken Schankerlaubnißgesuch, Gesuch des Musik- dirigenten Richard Lindner in Altwaldenburg um Er- laubniß zur Mitwirkung seiner Lehrlinge Paul Richard Kreuz und Eugen Max Flämig aus Waldenburg bei Concerten rc. und Tanzmusiken behufs ihrer Ausbildung. * — Tas Königreich Sachsen hat zur Zeit 18 Lehrer seminare (17 evangelische, 1 katholisches) und 3 Lehrerinnen seminare (2 staatliche und 1 städtisches in Leipzig). An denselben wirkten im letzten Schuljahre 362 Lehrkräfte. Die Zahl der Schüler betrug 3582, die der Schülerinnen 313. Die Zahl der Lehrersöhne, die bisher einen Hauptstamm der Schüler an den sächsischen Seminaren bildete, ist in den letzten Jahren ständig geringer ge worden. Die Zahl derjenigen Schüler aber, die von höheren Schulen auf das Seminar übergehen, ist in fortwährendem Steigen begriffen. Es mag dies wohl L hauptsächlich damit zusammenhängen, daß die Schul behörden es den begabten abgehenden Schülern der 6klassigen Realschulen nahelegen lassen, noch 3 Jahre die Oberklassen des Seminars zu besuchen. Die Zahl der Schüler der Seminare, die blos die Volksschule besucht haben, ist natürlich entsprechend niedriger ge worden. — Von sämmtlichek Schülern und Schülerinnen der Seminare sind fast genau drei Viertel in Internaten untergebracht. Rechnet man die Anstalten ab, die über haupt kein Internat haben (Seminar zu Dresden- Friedrichstadt, Lchrerinnenseminar zu Dresden und Leipzig), so sind es etwa 80 Procent der Seminaristen, die im Internat wohnen. Mit 19 sächsischen Seminaren sind Uebungsschulen verbunden, die von 2412 Schülern be sucht werden. In 95 Klassen kommen durchschnittlich 25 Schüler auf eine Klasse, was als durchaus normal zu bezeichnen ist. Das katholische Lehrerseminar zu Bautzen und das städtische Lehrerinnenseminar zu Leipzig haben keine selbstständigen Uebungsschulen. * — Ter Bacillus ist die Wurzel alles Uebels; nach diesem Grundsatz handelt die moderne Medicin, indem sie das Wesen dieser allerkleinstcn Organismen mit Hilfe des Mikroskops und durch künstliche Züchtung zu er gründen sucht, um dadurch die Mittel zu finden, den furchtbaren Krankheitserregern den Garaus zu machen. Nachdem der Professor Koch in Berlin den Tuberkel bacillus entdeckt und nachgewiesen hatte, daß er die Ursache der furchtbarsten Krankheit der Menschheit, der Lungenschwindsucht, sei, haben die Versuche nicht geruht, und es sind für eine große Reihe andrer Infektions krankheiten gleichfalls die Krankheitserreger in der Ge stalt von Bacillen, Kokken oder wie die in Betracht kommenden kleinsten Lebewesen sonst noch heißen, ent deckt worden. Dagegen ist es mit der Bekämpfung der Bacillen bisher im Grunde genommen noch nichts ge wesen. Das Tuberkulin hat sich gegen Lungenschwind sucht doch so wenig bewährt, daß es heute in der Privat praxis kaum noch zur Anwendung gelangt, auch das Diphtherieheilserum hat die auf den angeblichen Bezwinger der furchtbaren Krankheit gesetzten Erwartungen nicht voll erfüllt. Ist bei rechtzeitiger Impfung auch das Grundübel, die Diphtherie selber, geheilt worden, so haben sich doch allzuhäufig so gefährliche Begleiterschei nungen eingestellt, die auch nicht selten den Tod deS Geimpften zur Folge hatten, daß das große Publikum diesem Mittel der allermodernsten medicinischen Wissen schaft mit nicht unberechtigter Skepsis gegenübersteht. Wir hoffen ja, daß es der medicinischen Wissenschaft einstmals gelingen wird, Radicalmittel gegen die gefähr lichen Bacillen zu finden, glauben indessen, daß zur Stunde ein solches Mittel noch nicht vorhanden ist.