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Sie geht also parallel der amerikanischen Trustbewegung, die allmählich einen derartigen Umfang annimmt, daß sie sich aller Rohproducte für die Fabrikate und aller Verkehrsmittel für eigene Zwecke zu bemächtigen sucht. Die Gefahr erscheint um so größer, als die Preise immer mehr sinken, und wenn trotzdem der Werthzu- wachs der Einfuhr so enorm gestiegen ist, so mag man daraus die Schwere unsrer industriellen Krisis ermessen. Die Nutzanwendungen auf die bevorstehenden Handels vertragsverhandlungen ergeben sich von selbst. Da aber nicht bloß Deutschland, sondern das gesammte continentale Europa von Amerika bedroht wird, so ergiebt sich daraus auch für alle Staaten ohne Ausnahme die Noth wendigkeit eines friedlichen Verkehrs. Ein Krieg in Europa, wo er auch entbrennen mag, wird schwere wirthschaftliche Verheerungen über alle Länder bringen. Oesterreich-Ungarn. Die Protectoratsübernahme des Erzherzogs Franz Ferdinand über den katholischen Schulverein hat die Schlagworte „für und gegen den Klerikalismut," unter denen die letzten Reichsrathswahlen stattfanden, in den Vordergrund gerückt. Alle klerikalen Vereine in Wien veranstalten, um den Augenblick auszunützen, Ver sammlungen, in denen es Angriffe auf die interconfessionelle ! Schule hagelt. Ein Theil der Provinzpresse feiert den Erzherzog Franz Ferdinand unter dem Titel „Ferdinand der Katholische". Die Regierungsblätter sind bemüht, zu erklären, daß kein constitutioneller Factor, auch nicht der Kaiser, von dem Plane des Erzherzogs vorher Kennt« niß hatte, was aber nicht blos von den Klerikalen ernstlich bestritten wird. Erzherzog Franz Ferdinand berief nach Mittheilung tschechischer Blätter die tschechisch- conservativen Abgeordneten zu sich, um sich darüber berichten zu lassen, wie weit die Los von Rom-Be wegung im Abgeordnetenhause Unterstützung finde und welchen Eindruck der Empfang des katholischen Schul vereins und seine Ansprache bei den verschiedenen Par teien hervorgerufen habe. Asien. Nach Blätternachrichten aus Schanghai vom 22. April wird die von China zu zahlende Entschädigung 450 Millionen Taels betragen. „New-Uork Herald" berichtet aus Peking: Die Ge sandten Englands, Frankreichs, der Vereinigten Staaten. Hollands, Belgiens und Italiens, denen die Frage der Bestrafung der Provinzbeamten zur Vorberathung überwiesen ist, erstatteten dem diplomatischen Corps Be richt. Sie verlangen, daß noch vier Beamte hingerichtet und noch 80 Beamte verbannt, bez. degradirt werden. Die Gesandten haben diese Forderung an die chinesischen Bevollmächtigten gelangen lassen. Afrika. Da der Engländer mit ehrlicher Kriegführung der Büren nicht Herr wird, so greift er zu den gemeinsten und abscheulichsten Mitteln und sucht die Buren von weiterem Widerstand abzuschrecken. Nachdem das Sengen und Brennen auf den Farmen, die Vertreibung der Frauen und Kinder von Haus und Hof, die Hunger kuren der gefangenen Burenfrauen nicht gezogen hatten, verfällt der Engländer jetzt auf den teuflischen Plan, die gefangenen Buren in die Pestgebiete Indiens zu transportiren, wo sie unfehlbar der Seuche er liegen müssen. Und gegen diese Teufelei Englands, so bemerkt hierzu die „Staats.-Ztg.", wagt keine europäische Macht Einspruch zu erheben? Gehört das auch nicht zu den Befugnissen der Haager Friedensconferenz und ihrer ständigen Commission? Ans vem Muldemhale. ^Waldenburg, 24. April. Der hiesige K. S. Deutsche Kriegerverein beging gestern Abend die Feier des Geburtstages Sr. Majestät des Königs Albert durch Concert und Ball im Saale d,s Schönburger Hofes, zu welcher neben den Mitgliedern und ihren Damen eine große Anzahl von Ehrengästen erschienen waren. Herr Bürgermeister Kretschmer wies in einem längeren Trinkspruch, in dem er zugleich die Erschienenen im Namen des Deutschen Kriegervereins begrüßte, auf die vielfachen Verdienste Sr. Majestät des Königs Albert um die Wohlfahrt des Sachsenlandes und auf die hohe Verehrung und Achtung, die er im ganzen deutschen Vaterlande und darüber hinaus genieße, hin und wid mete ihm unter dem Ausdrucke herzlicher Wünsche für ! König und Vaterland ein dreifaches Hoch, in das die Anwesenden begeistert einstimmten, den Gesang der Sachsenhymne daran knüpfend. Nach dem von der Stadtkapelle ausgeführten Concert, das vielen Beifall erntete, fand ein aminirter Ball statt, dem sich die An wesenden noch mehrere Stunden widmeten. *— Bei der am Montag Mittag im Criminalsaale! des kgl. Landgerichts Zwickau vorgenommenen Aus- loosung von 30 Hauptgeschworenen für die bevorstehende zweite Quartalsitzung des kgl. Schwurgerichts wurden u. a. die Namen folgender Herren gezogen: Revier- förstcr Leopold von Beust in Altstadtwaldenburg und Oekonomierath Woldemar Huth in Remse. *— Ein Maikäferflugjahr haben wir in diesem Jahre zu erwarten und sind Maßnahmen zur Vertilgung der Käfer geboten. Auch GespinnstMotten und Raupen sollen massenhaft auftreten. Es ist daher zu rathen, so fort mit dem Reinigen der Bäume und Hecken zu be ginnen und den Abraum mit Petroleum zu begießen und zu verbrennen. *— Vom Landgericht Zwickau wurde gestern der früher in Altwaldenburg und jetzt in Glauchau wohn hafte Schneider Pilz wegen seiner auf dem hiesigen Gottesacker während einer Beerdigung verursachten Störung zu 3 Monaten 10 Tagtn Gefängniß vcrurtheilt. *— Bei der Stuten- und Fohlenschau in Jerisau am 22. d. erhielt Herr Gutsbesitzer Gottl. Bucher in Herms dorf bei Glauchau zwei Staatspreise in Höhe von je 75 Mk., Herr Gutsbesitzer Schädel in Wcidensdorf zwei Staatspreise für Zuchtstutett in Höhe von 75 und 50 Mk., sowie Herr Gutsbesitzer Johann Erler in Weidens dorf einen Silberpreis des landwirthschaftlichen Kreis vereins im Erzgebirge für ein zweijähriges Fohlen. *— Im Bethlehemstifte im Hüttcngrunde bei Hohen stein-Ernstthal können kränkliche und schwächliche Kinder im Alter von 3 bis 14 Jahren in der Zeit bis October d. I. 4 bis 6 Wochen lang Aufnahme finden. Tie kgl. Amtshauptmannschaft Glauchau ist infolge eines Abkommens mit der Stiftsvcrwaltung in der Lage, einige Freistellen zu vergeben. Gesuche von Personen, welche im amtshauptmannschaftlichen Bezirke einschließlich der Städte mit revidirter Städteordnung wohnen oder ihren Unterstützungswohnsitz haben, sind bei der kgl. Amts- hauptmannschaft Glauchau anzubringen. *— Der Bau der neuen Eisenbahnstrecke von Alten burg nach Langenleuba-Oberhain schreitet rüstig vorwärts, so daß voraussichtlich in der zweiten Hälfte des Monats Juni die Eröffnung des Betriebes auf dieser Linie wird folgen können. Zur Bewältigung des Verkehrs sind vier Züge in jeder Richtung in Aussicht genommen und zwar 5 Uhr früh, 9 Uhr Vorm., 2 Uhr 35 Min. nachm. und 8 Uhr 1 Min. abends von Altenburg nach Langen leuba-Oberhain, in der Gegenrichtung 7 Uhr 16 Min. früh, 10 Uhr 53 Min Vorm., 4 Uhr 59 Min. nachm. und 9 Uhr 52 Min. abends von Langenleuba-Oberhain nach Altenburg. Die sämmtlichen Züge werden directe Fortsetzung nach bezw. von Narsdorf und Rochlitz finden, im übrigen aber in Narsdorf gute Anschlüsse nach bez. von Chemnitz vermitteln. Altstadtwalderrburg, 24. April. Tie hiesige Frei willige Feuerwehr beging am vergangenen Montage in dem mit Emblemen geschmückten Saale zur Weintraube das 22. Stiftungsfest, bestehend in Concert, Theater und Ball. Herr Hauptmann Förster widmete den zahlreich erschienenen Gästen und Mitgliedern einen herzlichen Willkommengruß, gedachte weiter in kernigen Worten des Protektors der sächsischen Feuerwehren und schloß mit einem kräftigen dreimaligen Hurrah, welches allseitig erwidert wurde; im Anschluße daran wurde die Sachsenhymne gesungen. Ferner las Herr Hauptmann Förster ein Gedicht aus der Zeitung „Feuer spritze" vor, welches Bezug nahm auf den Geburtstag des erhabenen Herrschers. Die einzelnen Concertstücke wurden durch die Stadtkapelle unter persönlicher Leitung des Herrn Musikdirector Heinrich vorgetragen und erntete dieselben reichen Applaus. Ten Theateraufführen- dcn sei für den Schwank „Tante Mollig" recht herz licher Tank dargebracht; haben sie doch wieder einmal de« Anwesenden die Lachmuskeln recht geöffnet. In den feinsten Tanzbewegungen sah man manches junge und alte Paar dahinrauschen. Bis in die Frühe ver einigte man sich durch Unterhaltung und kräftigen Trunk. Hinteruhlmanusdorf, 24. April. Gestern Dienstag, den 23. d., ist der nach langer Leidenszeit entschlafene Oekonom Albin Heinig, welcher den deutsch-französischen Feldzug mitgemacht, mit militärischen Ehren beerdigt worden. Von dem König!. Sächs. Militärverein Ziegel heim gaben ihm eine große Zahl Mitglieder das letzte Geleit mit Fahne. Auch die Gewehrsection nahm am Rande seines Grabes Aufstellung und gab auf Commando 3 Ehrensalven exact ab. — Im Gewerbekammerbezirk Zwickau-Plauen wur den neuerdings 38,000 Handwerker gezählt, nämlich 16,300 selbständige, 16,800 Gesellen, 5500 Lehrlinge. 51/g Proz. aller Seelen des Bezirks gehören dem Handwerk an; 60 Proz. der selbständigen Handwerker sind in Innungen organisirt. Unterhaltungstheil. Stevens Werft. Roman von Anlon v. Petfäll. 16) (Fortsetzung.) Jürgens zögerte einen Augenblick, er konnte nicht mehr lügen unter diesem Blick. „Allerdings, der war's! Aber wo soll ich den Burschen morgen finden — und wozu? Er weiß nicht mehr, kann nicht mehr wissen." Dann fuhr er zornig auf — „ja was soll denn das überhaupt? Dieses ewige Miß trauen verbitt' ich mir! Wozu soll ich denn so eine Geschichte erfinden? Harold ist todt, dazu braucht eS den Bericht dieses Menschen gar nicht, und wenn er nicht todt ist, dann hätte er — zum Donnerwetter! Ich hab's einmal satt den ewigen Harold und nichts wie Harold — jetzt bin ich der Harold! So sprecht doch! Was seht ihr mich denn an, als wäre ich ein Geist! Hat Euch die Nachricht so erschreckt? Ist das nicht eine alte Geschichte, daß er todt ist? Ich will ihn ja suchen mürgen, den Mann und Euch bringen, wenn dann ein Friede ist, aber seine Aeußerungen werden Euch auch nicht genügen, weil sie Euren Wünschen nicht entsprechen — daS ist's! Ihr wollt, daß er lebt, daß er käme, und doch gäb es ein Unglück, sag' ich Euch." Er ballte die Fäuste, seine Augen sprühten Haß. „Jürgens, daß Dich Gott nicht strafe, Du hast böse Gedanken!" sagte die Mutter. „Müssen sie mir nicht kommen, wenn ich Euch höre? Was hat denn der Harold vor mir voraus, das Ihr ihn nicht vergeßen könnt? Liebe ich Euch nicht ebenso? Sorge ich nicht für Euch ebenso! Bin ich nicht Dein Sohn? Jettes Mann? Warum hast Tu mich genom men, Jette, wenn ich Dir so verhaßt bin? Sprich!" ^IJette trat plötzlich vor und ergriff seine Hand. M-Jürgens," sagte sie in strafendem innigem Tone, der diesen noch ntehr aus der Fassung brachte, als ihr Schmetz, „hast Du ntir die volle Wahrheit gesagt? Alles, was der Matrose Dir mitgetheilt? Ich kann alles hören! Es ist bester alles, was es auch sei, nur keine Lüge in diesem Augenblick, ich könnte sie Dir nie verzeihen." Jürgens Hand bebte in der ihrigen, sein Blick irrte unstät im Zimmer umher — wenn er uur eine Minute Zeit gehabt hätte, einen Entschluß zu fasten, unbeobach tet! So fand er nicht rasch genug die Kraft zur Wahrheit. „Was soll es denn? Was soll ich? Du machst mich ganz verwirrt mit Deinen tollen Fragen! Wenn Du mir nicht glaubst —" „Ich glaube Dir, ich muß Dir glauben," erwiderte Jette. „Es wäre ja eine bodenlose Gemeinheit, mich und die Mutter anzulügen, die sich bitter rächen könnte. Also kein Wort mehr davon! Harold ist todt uttd sein Name soll nicht mehr über meine Lippen kommen! Mutter, ich will ihn nicht mehr hören." Die Alte nickte schmerzlich lächelnd mit dem Haupte. „Bist Du jetzt zufrieden?" Jürgens seufzte innerlich auf, er vergaß in diesem Augenblicke ganz, auf welchem Wege er zu diesem Ziel gelangt. — Das machte ihn unvorsichtig. „Und wenn er doch — wenn er wirklich der Harold — da herein!" Jette riß ihre Hand aus der seinen und warf ihm einen Blick zu, den dieser wohl verstand, Verachtung lag darin, das Todesurtheil der Liebe. Sie eilte zur Thür hinaus. Er war nicht Schurke genug, den Betrug durchzu führen, den er begonnen. DaS preßte ihm die Thränen heraus, die jetzt über seine gebräunten Wangen rollten. Da rief die Mutter seinen Namen in einem Tone wie noch nie, und als er aufblickte, sah er zwei Arme zu seiner Aufnahme bereit, er stürzte sinnlos hinein, auf stöhnend wie ein wildes Thier. „Mein Sohn!" die knochige Hand der Wett preßte seinen Scheitel. „Die Wahrheit! Hier ruht sie wie in einem Grabe. Harold lebt!" Langes Schweigen — die Mutter wartete geduldig, dann hob er plötzlich das Haupt, das Antlitz war bleich, verstört. „Er lebt!" flüsterte er, mit einem unsicheren Blick gegen die Thür. „Ich wußte es," erwiderte die Alte. „Du?" Sie deutete auf ihr Herz. IV. Jürgens Steven hat das Glück gekauft auf dem Markte zu Wyk, deshalb fuhr er so still und heimlich voraus, daß es ihm niemand nehme, hieß et auf Hooge, und es war etwas daran! Jürgens pfiff und sang zu Wasser und zu Lande, die Mutter, welche ihn früher immer kurz behandelte, that jetzt mit ihm wie einst mit dem Harold. Jette ging ihm nicht von der Seite und wie es immer geht, alles gab ihr recht, daß sie den Jürgens genommen, etwas zu früh zwar nach Hooger Sitte, aber der Harold hatte es ihr wohl nicht übel genommen, weil er so friedlich lag auf dem Meeresgründe. Nur einige Hartnäckige trauten dem guten Wetter nicht, ärgerten sich über daS Nichteintreffen ihrer Pro phezeiung und setzten ihre Beobachtung fort. In der letzten Woche führte diese auch zu einem für sie entschieden günstigen Resultate. Jürgens ward wieder einsilbig, eine sichtliche Sorge lag auf seinem Angesicht, sein Rücken krümmte sich täg lich mehr wie unter einer Last. Es hatte sich etwas ereignet auf Stevens Werft! Freilich hatte sich etwas ereignet, ein kleiner Steven wurde erwartet, und Jürgens hatte Angst für seine Jette. — Angst für seine Frau — unser Eines! Das soll auch noch eingeführt werden — und für ein Weibsbild wie die Jette! Da steckt etwas anderes dahinter! Sie will ihn Harold heißen, ich weiß es bestimmt, und daS verstimmt Jürgens.' — So gingen die Gespräche. — (Fortsetzung folgt.)