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dere. In dieser Session ist eine Lösung der Diäten frage jedenfalls nicht mehr zu erwarten, vielleicht voll zieht sich die Umwälzung mit der neuen Legislatur periode, die 1903 beginnt; bis dahin hat es ja aber noch weite Wege. Tie Zustimmung der Regierung zur Heimkehr unserer Linienschiffsdivision aus Ostasien ist nun mehr ertheilt worden. Tie Heimfahrt wird wahrschein lich von Tsingtau aus angetreten werden, woselbst das Flaggschiff „Kurfürst Friedrich Wilhelm" und die Panzer „Brandenburg", „Weißenburg" und „Wörth" vor Anker liegen. Die Schiffe verließen Kiel am 9. Juli und erreichten Hongkong am 28. August. In Düsseldorf fand eine Versammlung von Buren freunden, die von 4000 Bürgern der Stadt besucht war, statt. Die Versammlung sandte dem Präsidenten Krüger, dem am nämlichen Tage die Studentenschaft in Utrecht einen Fackelzug gebracht hatte, eine Sympathie- Adresse und übermittelten gleichzeitig dem Reichskanzler Grafen Bülow eine einstimmig gefaßte Resolution, in welcher der tiefste Unwille über die aller Civilisation hohnsprechende Art der englischen Kriegsführung in Südafrika mit der Bitte ausgesprochen wird, die Mächte sollten nach Mitteln und Wegen suchen, diesem grauenvollen Kriege zu Gunsten der Unabhängigkeit der Buren-Republiken ein Ende zu machen. Die Commission für die Kanalvorlage läßt es an Gründlichkeit nicht fehlen, sie hält wöchentlich dreimal stundenlange Berathungen ab, nm das gewaltige Matrial nach allen Richtungen hin erschöpfend durchzuarbeiten. Aber je größer die Gründlichkeit, desto geringer die Schnelligkeit, mit der die Aufgabe ihrer Lösung ent gegengeführt wird, daß die Arbeit schon bis zu Ostern erledigt werden würde, wie die ursprüngliche Annahme war, glauben heute weder Kanalfreunde noch Kanal gegner; ja es wird wahrscheinlich Pfingsten heran kommen, und die Commisfionsmitglieder werden außer Stande sein, das liebliche Fest im Bewußtsein vollbrachter Arbeit zu feiern. Und wenn dann nun die sommer liche Sonne nicht den ganzen Kanal trocken legt! Angesichts der sich verschlechternden Geschäftslage wies das bayrische Ministerinm des Innern sämmtliche Kreisregierungen an, das Augenmerk der staatlichen und gemeindlichen Organe darauf zu lenken, wie mög lichst viele Gelegenheiten zum Verdienen zu schaffen seien. Es soll für die Beschleunigung von Straßen- und anderen Arbeiten gesorgt werden. Das Gleiche soll den Gemeindebehörden der größeren Städte nahe gelegt werden mit dem Bemerken, daß einheimische Arbeiter zu bevorzugen seien. Ein nachahmenswerther Versuch zur Bethätigung der Lehre des Rechts auf Arbeit! Oesterreich-Ungarn. Obwohl die Tschechen bisher noch in jeder Reichs- rathssitzung durch Schreien und Lärmen den ruhigen Fortgang der Verhandlungen störten, so hofft man in Wien diesmal doch, daß wenigstens die dringlichsten Gesetzentwürfe ihre verfassungsmäßige Erledi gung finden werden. Eine Versammlung der Ob männer sämmtlicher Parteien, der auch der Minister- Unterhaltungstheil. Auf der Felfeninsel. Eine Erzählung aus den norwegischen Schären. Von M. Ottesen. 14) (Fortsetzung.) „Da wird Sie jemand belogen haben", platzte ich heraus. „Für den rechtschaffenen Charakter des Mäd chens würde ich einstehen. Sie scheint mir so über legen, so energisch —" „Das ist ja eben das Unglück", fiel mir der geist liche Herr mit mehr Eifer, als er bis jetzt gezeigt hatte, ins Wort. „Ist sie auch nachgiebig und weich bis zur Schwäche Menschen gegenüber, die sie liebt und denen sie vertraut, so zeigt sie bei anderen Gelegenheiten eine Entschlossenheit, eine Willenskraft, die jeder Berechnung spottet." „Das ist aber nur zu bewundern," rief ich erregt durch diese ruhige Art, das Wesen meiner Wassernixe zu zerlegen. „Ist denn Wankelmuth eine so herrliche Eigenschaft?" „Beim Weibe jedenfalls natürlicher als diese schnelle Art, zu denken und zn handeln, ohne erst, wie es sich jedenfalls für ein so junges Mädchen geziemt, nach Schicklichkeit und Herkommen zu fragen," entgegnete der Pastor, dessen Gemüthsruhe offenbar nichts erschüttern konnte. „Gerade diese Bewunderung, diese scheue Ver ehrung, deren Gegenstand sie ist, kann ihr zum Ver derben werden. Sie ist es gewohnt, daß alle, meine eigene Familie nicht ausgenommen, stets ihre Unter nehmungen gut heißen. Und sie will das Beste. Wird es ihr aber auf die Dauer gelingen, diese unnatürlich hohe Stellung zu wahren, wird sie sich damit begnügen, was ihr hier der Allgütige bescheert hat? Sie hat einen stolzen, leidenschaftlichen Sinn. In die Weite schweifen ihre Gedanken und Wünsche, und ich bete zu Gott, er möge sie lehren, das eigene Herz zu erkennen Präsident v. Körber beiwohnte, einigte sich dahin, daß die Verschleppungen aufhören und bis zu den Oster ferien verschiedene näher bezeichnete Gesetzentwürfe er ledigt werden müßten. Ta die Tschechen die Verant wortung für eine offene Hinderung scheuen, so ist es möglich, daß der Ministerpräsident v. Körber in der gegenwärtigen Session wenigstens die wichtigsten Gesetz entwürfe durchbringt und damit den parlamentarischen Zustand ändert, der nunmehr schon seit einem halben Jahrzehnt in dem befreundeten Oesterreich besteht. England. Von schlechten Schnellfeuergeschützen ausDeutsch- land weiß das Londoner Blatt „Daily Telegraph" zu berichten. Das für die 16. und 17. englische Division bezogene Material an Schnellfeuerfeldgeschützen aus Deutschland sei fast zur Hälfte bei ganz gewöhnlichem Exerciren niedergebrochen; die dünnen Räder und die Lafetten widerstehen nicht der geringsten Anforderung. Wir möchten stark bezweifeln, ob es sich wirklich um Geschütze aus Deutschland handelt. Türkei. In der Nähe von Saloniki (Türkei) ist es zu einem Zusammenstoß türkischer Truppen mit einer be waffneten bulgarischen Bande gekommen. Auf tür kischer Seite fielen 7 Mann, ebensoviel sind verwundet, auf bulgarischer Seite wurden 7 bis 9 Mann getödtet. Ein Theil der Bande wurde verhaftet, der Rest ist ge flüchtet. Die bulgarische Regierung verständigte die Pforte, daß sie den Behörden an der Grenze den strengen Befehl ertheilt habe, mit allen Mitteln den Uebertritt von Banden auf türkisches Gebiet zu ver hindern. In Konstantinopel ging dieser Tage das Gerücht, es sei ein Dynamitattentat auf die Bank entdeckt worden. Man wollte in den Kellern Bomben gefunden haben und darin einen Anschlag des revolutionären bulgarisch-makedonischen Comitees sehen. Thatsächlich ist, wie man dem „Berl. Tg." meldet, ein unterirdischer Gang von einem benachbarten Hause bis an die Grund mauern der Bank von der Polizei entdeckt, doch soll kein Dynamit gefunden sein. Das Haus ist von der Polizei abgesperrt. Vielfach meint man, die letztere habe die Hand im Spiel. Asien. Als eine weitere Bestätigung, daß der Friedens schluß demnächst zu erwarten ist, wird ein Erlaß des Kaisers Kwangsü angesehen, der den Beamten in Peking befiehlt, schleunigst die kaiserlichen Paläste wieder herzustellen und für den Hof in Bereitschaft zu setzen. Komisch klingt der zu dieser Meldung gemachte Zusatz, daß der Hof bereits in der zweiten Hälfte des März Singanfu zu verlassen gedenke. Warum so spät? So lange Kaiser Kwangsü, mit diesem allein rechnen die Vertreter der Mächte, die die Kaiserin-Wittwe mit vollem Recht aus ihren Erörterungen ausgeschieden haben, nicht in Peking eingetroffen ist, so lange fehlt es, man möge sagen, was man wolle, noch immer an der letzten und maßgebenden Garantie, daß die Erfüllung sämmtlicher Forderungen wirklich zu erwarten ist. Graf Waldersee ist jederzeit gern bereit, dem Kaiser Kwangsü sein Ab- und seiner ungestümen Regungen Herr zu werden. Möge ihre Schönheit, ihre Macht über die Gemüther nicht dereinst Unheil über diese Insel bringen, um dann selbst elend zu Grunde zu gehen!" Ich blickte den alten Mann bestürzt an, sein mildes Gesicht hatte einen bekümmerten Ausdruck, und plötzlich sah ich nicht mehr den sonnigen Garten mit den Taxus hecken und den blühenden Bäumen: ich sah die Nixen treppe und ein blasses Weib, das angstvoll über die wogende See hinausschaute, dabei aber abwehrend winkte als sei es in sein Schicksal ergeben und wollte nicht gerettet werden. Wie aus einem Traume erwachend, fuhr ich zusam men, als sich eine Hand auf meine Schulter legte und mich der Pastor aufforderte, ihn ins Eßzimmer zu be gleiten. Erst als ich wohlgeborgen neben der Pastorin saß, deren stark geröthetes Gesicht deutlich zeigte, daß sie in eigener Person die Herstellung der Gerichte überwacht hatte, kehrte mein abwesender Geist ganz zur Wirklich keit zurück. Da war ich wieder im alten Heim. An meines Vaters Platz in demselben hohen, steifen Stuhl saß der Pastor, mir gegenüber das Zwillingspaar, die Wangen noch heißer vom Küchenfeuer und leicht mit den Augen gegen die Sonne blinzelnd, welche klar und warm in blendenden Streifen durch die vielen Fenster > ins Zimmer hineinströmte. Hannah saß ganz still und ehrbar neben dem Vater; die kleinen Hände zupften aber in Verdacht erregender Weise an der Serviette, und es i zuckte um den Mund, als kämpfe sie wieder Helden- i müthig gegen eine heftige Lachlust. 1 Alles im Zimmer war so hell und rein, kein Stäub- ' chen auf dem glatten, weißen Fußboden, kein Stuhl, ! kein Tisch, der nicht genau an seinem Platze stand. ! Geranien und Goldlack blühten in den Fenstern, in der ' Ecke hob sich ein zierliches Spinnrad gegen die weißen Wände ab. Das Ganze stimmte zu dem ruhigen, durch sichtigen Wesen der Bewohner. Und konnte ich es auch j steigequartier in Peking abzutreten und sich in die Heimat - einzuschiffen. Kwangsü soll nur kommen. - Einige chinesische Prinzen, denen der Boden in - Singanfu nach der Hinrichtung Tschwangs und Nutzsten- ! doch zu heiß geworden war, hatten verkleidet die Flucht , ergriffen. Sie wurden jedoch erkannt und in Haft genommen und baumeln heute vielleicht auch schon, wie die beiden andern, deren Schicksal sie zur Flucht getrieben hatte. Afrika. Die englischen Nachrichten über die Kriegs ereignisse in Südafrika lauten neuerdings recht ver worren und gestatten keine rechte Vorstellung von der wirklichen Sachlage. Das kommt offenbar daher, weil auch dem Lord Kitchener die Uebersicht über den Gang der Ereignisse verloren gegangen ist; man merkt seinen Berichten den Aerger darüber deutlich an, daß sich die verschiedenen Burencommandos stets an einem ganz andren Orte befinden, als an dem, wo sie der britische Generalissimus vermuthet und abzufassen gedenkt. Daß die Engländer ihre Jrrthümer stets als nachtheilig für die Büren darstellen, ist selbstverständlich. Von diesem Gesichtspunkte aus ist die Nachricht aufzufassen, daß die im Kaplande gewesenen Burenabtheilungen sich nach dem Oranjefreistaat zurückgezogen hätten. Das trifft nun thatsächlich garnicht zu. Die Buren haben wohl den Oranjefluß überschritten, aber es ist ihnen garnicht eingefallen, in den Oranjefreistaat zurückzukehren, ihr Ziel ist vielmehr das englische West-Griqualand, von dem aus sich anscheinend bereits einige Burenabthei lungen wieder ins Kapland begeben haben. Die Buren lieben eben den Zickzackkurs, arrf dem ihnen die Eng länder zu ihrer Verzweiflung nun einmal nicht folgen können. Durch seine Kreuz- und Querzüge schadet Dewet den Engländern, die fortgesetzt hinter ihm her sind, empfindlich, indem er sie nirgends zu Athem kommen läßt und ihr an sich schon geringes Kräftemaß weiter herabsetzt. Gleichzeitig verfolgt er damit die Absicht, die Ankunft des Commandanten Hertzog abzuwarten, der über etwa 1000 Mann Streitkräfte verfügt, mit denen vereint er dann wohl einen entscheidenden Schlag aus führen kann. Amerika. Nachdem die russische Regierung die Erhöhung des Zuckerzolles Seitens Amerikas mit einer Erhöhung deS Stahlzolles beantwortet hatte, sind die Yankees recht kleinlaut geworden und bitten die russische Regierung demiithigst um Zurücknahme ihrer Maßregel, da der Zuckerzoll nur eine vorübergehende Erscheinung sei und Amerika sich auf zollpolitischem Gebiete Rußland stets wohlwollend erweisen werde. Deutschland kann daraus lernen. Aus dem Mnl-enthale. "Waldenburg, 25. Februar. Zur diesjährigen Musterung haben sich im Rathhause hierselbst am 11. März früh */,9 Uhr zu stellen die Mannschaften aus Altstadtwaldenburg, Altwaldenburg mit Eichlaide, Callen berg, Dürrenuhlsdorf, Ebersbach, Falken, Franken, Gähs nitz, Grumbach, Harthau, Kertzsch, Kleinchursdorf und nicht leugnen, daß es gewiß so gute Menschen waren, wie es überhaupt auf Erden giebt, so mußte ich doch alles aufbieten, um das Gähnen zu unterdrücken, daS mich wiederholt während des langen Mahles überfiel. Meine einzige Zersteuung war, hin und wieder eine spaßhafte Bemerkung zu machen, welche der armen Hannah Gelegenheit geben könnte, ordentlich zu lachen. Sie sah hübsch aus, wenn sie mit strahlendem Lächeln jedem Einfall lauschte, als seien es die ersten Witze, die sie in ihrem Leben gehört hatte. Und ich freut« mich darauf, daß sie mich nachher in Haus und Garten herumführen sollte. Da hatte ich mich aber verrechnet. Dem Pastor mißfiel offenbar die vertrauliche Art, in der seine Tochter mit dem Femden verkehrte, und ich hörte, wie er nachher dem armen Kinde streng befahl, sich in sein Studirzimmer zu begeben, um dort einen ehrerbietigen Geburtstagsbrief an die Großmutter zu schreiben. Das Gesicht der Kleinen zeigte eine klägliche Miene, als sie uns das Haus verlassen sah. Auch mir war die Laune verdorben. Wie oft hatte ich mich darnach gesehnt, die alten Spielplätze wiederzusehen! Doch als höflicher Wirth geleitete mich der Pastor selbst durch Scheunen und Ställe, hier Verbesserungen zeigend, dort über die schlechten Zeiten klagend. Dies hätte ich hin gehen lasten können, hätte er nicht dazwischen immer über Gunhilda und seine Jüngste geklagt. „Ja, sehen Sie," wiederholte er mit seinem unver wüstlichen Phlegma, wie ich es in meinem Aerger nannte, „das Weib gehört nun einmal ins Haus. Da- für soll es erzogen werden, soll kochen und stricken, backen und plätten. Zufrieden wird ein weibliches Wesen nur sein, wenn sein Spruch ist: ,Ein gut Gericht, das beste Gedichb. Mit meiner Abigael, mit meiner Deborah wird kein Mann betrogen." (Fortsetzung folgt.)