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sie China nicht direct bezahlen kann. Es wird daher, wie die „Post" erfährt, die Frage erwogen, ob es nicht vielleicht besser wäre, geringere Forderungen zu stellen, die China sofort durch eine Anleihe bezahlen könnte. 1200 Millionen Mark ist China bereit und im Stande, als Gesammtentschädigung sofort zu zahlen. Afrika. Die Meldung, daß es den Buren gelungen sei, den englischen General French mit 400 bis 500 Mann gefangen zu nehmen, wird in London als unrichtig bezeichnet; immerhin bleibt es auffällig, daß Lord Kitchener nicht längst ein kategorisches Dementi des Gerüchts an das Londoner Kriegsamt gesandt hat. Aus Pretoria wird dem Londoner „Standard" gemeldet, daß kleine Burenabtheilungen allenthalben fortgesetzt in Thätigkeit seien, und daß es schwierig und zeitraubend sei, sie zu unterdrücken. In Kapstadt befürchtet man sogar einen Handstreich der Buren gegen Johannesburg durch die Verbündeten Streitkräfte Bothas und Dewets. Unter diesen Umständen werden die Londoner Blätter wohl den Termin, den sie nach den jüngsten Kitchenerschen Nachrichten für die Beendigung des Krieges in Aussicht genommen haben, sie behaupten, der Krieg werde höchstens noch zwei Monate dauern, erheblich prolongiren müssen. In den wichtigen englischen Hafenort Port Eliza beth, an der Südostküste Afrikas, ist erwiesener Maßen die Beulenpest nun gleichfalls eingedrungen. Aus vem Muldeurhale. *Waldeubnrg, 17. April. Die hiesige Volksbibliothek ist während des Sommerhalbjahres nicht mehr Mitt wochs von 12 — 1 Uhr, sondern von 11 bis 12^ Uhr mittags geöffnet. *— Am Montag, den 15. und Dienstag, den 16. d. fand die feierliche Versetzung der ältern und die Auf nahme der neuen Schüler in die hiesige Gewerbliche Fach- und Fortbildungsschule statt. Es hatten sich 41 Schüler neu gemeldet, von denen 3 zurückgewiesen wur den. 7 mußten sich einer besonderen Prüfung unter ziehen. Es wurden ausgenommen: 2 ältere Schüler, 10 Schüler in Klasse II, 26 Schüler in Klasse III, also 38 Schüler. Unter ihnen befinden sich 10 Wirk- und 3 Posamentenlehrlinge, die den Fachunterricht mit besuchen; auch diesmal ist eine Klaffe für Stenographie gebildet worden. Möchten die ernsten Mahnworte des Leiters der Schule bei der Aufnahme bei allen Schülern auf fruchtbaren Boden fallen und wieder gute Früchte bringen, wie im Vorjahre. *— Falsche Fünfzigmarkscheine sind zur Zeit im Um lauf. Sie tragen meist das Datum des 10. Februar 1882 und sind offenbar auf photographischem Wege so hergestellt, daß beide Seiten der Scheine einzeln ange fertigt und dann zusammengcklebt sind. Das zu den Scheinen verwendete Papier ist meist glatter als das der echten, auch sind die Fasern auf der Rückseite mit Klebstoff befestigt und mit blauer Farbe überzogen. *— In verschiedenen Tageszeitungen wird zur Hei lung von Krankheiten das sogenannte Voltakreuz zum Preise von 2, 3 bez. 4 Mk. angepriesen. Das Berliner Polizeipräsidium macht erneut darauf aufmerksam, daß dem Voltakreuz nach dem Urtheil maßgebender Sach ¬ verständiger jedwede Heilwirkung abgeht, und daß sein Herstellungswerth kaum mehr als 10 Pf. betragen dürfte. *— Ein Zuschlag zur sächsischen Staatseinkommen steuer in Höhe von 40 Prozent steht, wie gemeldet wird, im nächsten Jahre sicher zu erwarten. Ein diesbezüg licher Steuerentwurf ist bereits abgeschlossen und soll den Ständen zugchen. Es ist nicht ausgeschlossen, daß sich die König!. Staatsregierung mit dem Landtage über eine andere Art zur Aufbringung der Mehrbedürfnisse des Staates in der Weise einigt, daß eine Vermögens steuer (Höherbesteuerung des fundirten Einkommens im Gegensätze zum nicht fundirten, wie sie in Preußen in Form der Ergänzungssteuer bereits besteht) und eine Erhöhung der Erbschaftssteuer eingeführt werden. Geh. Finanzrath Oberbürgermeister Beutler, der doch gewiß mit maßgebenden Persönlichkeiten im Finanzministerium Fühlung haben wird, theilte in öffentlicher Sitzung der Stadtverordneten in Dresden mit, daß ein Zuschlag von 40 Prozent zur Einkommensteuer im nächsten Jahre zu erwarten stehe. — Der Verein Glauchauer Kaufleute hatte an den Rath daselbst ein Gesuch gerichtet, den Ladenschluß an 52 Sonnabenden und 14 Tagen vor Weihnachten auf halb zehn Uhr festzulegen. Der Rath hat aber, weil unzulässig, das Gesuch abgelehnt. — Die Ausfuhr nach den Vereinigten Staaten ge staltete sich im Consulatsbezirk Glauchau wie folgt: I. Vierteljahr 1900: 288,467 Dollars, I. Vierteljahr 1901: 261,302 Dollars, mithin eine Verringerung von 72,165 Dollars. — König Albert hat das Protectorat über das 19. Mitteldeutsche Bundesschießen zu Zwickau angenommen. Die Spitzen aller Civil- und Militärbehörden der Stadt haben ihren Beitritt zum Ehrenausschuß zugesagt. Die Stadt gewährt für das Fest unentgeltlich den großen Festplatz und außerdem 2000 Mark zu Preisen. Die Arbeiten für den Bau der Schießhalle usw. für daS vom 7. bis 14. Juli d. I. stattfindende Bundesschießen haben begonnen. — Die Tischler-Innung zu Zwickau hat im Statut für ihr Schiedsgericht die Erhebung eines Kostenvor- fchusses bei Klageerhebungen vorgesehen. Dagegen protestirte der Gesellcn-Ausschuß. Die königl. Kreis hauptmannschaft Zwickau entschied im Sinne der Ge sellen, das königl. Ministerium des Innern endgültig im Sinne der Innung. — Der Transport von 200 Gefangenen von Zwickau nach Bautzen über Dresden erfolgte in mit Bänken aus gerüsteten Personenwagen vierter Klasse, deren Platt formen sämmtlich mit einander verbunden waren, damit während derFahrt die überwachendenBeamten patrouilliren konnten. Die Abfahrt war am 15. d. früh 6 Uhr 10 Minuten in Zwickau erfolgt. In Bautzen traf der Transport mittags 12 Uhr 22 Minuten ein. — 100 Arbeiter sind feit Montag auf dem Roch litzer Bahnhofe beschäftigt, die infolge der Einführung der Chemnitzthalbahn nöthigen vorläufigen Erweiterungs bauten auszuführen. Dem Maschinenhause werden 5 Stände für weitere Lokomotiven angebaut, sodaß künftig deren 12 darin untergebracht werden können. Nach dem Maschinenhause zu wird ein neues Gleis gelegt und zwei weitere Gleise sollen auf dem neu erworbenen Lande nördlich des Bahnhofes nach der Prnnae: Brücke zu Platz finden. Zur Auffüllung dieses Terrains sind gegen 2200 Kubikmeter Massen heranzuschaffen. Die Kosten der jetzigen Erweiterungsbauten sind auf 100,000 Mk. veranschlagt. — Sonnabend Abend wurde im „Bürgergarten" in Wurzen von einer freien Vereinigung patriotisch ge sinnter Männer die Errichtung einer Bismarcksäule auf dem eine prächtige Fernsicht bietenden Wachtelberge bei Wurzen, auf Dehnitzer Flur, beschlossen. Der Besitzer des Wachtelberges, Gutsbesitzer Voigtmann in Tehnitz, trat diesen an das Comitö unentgeltlich ab. Aus dem Sachseulaude. — Zur Errichtung einer Deutschen Buchhändlerbank hat sich in Leipzig ein provisorisches Comitee ange sehener Buchhändler gebildet, das zu der Frage in einer öffentlichen Versammlung Stellung nehmen wird. — Wie man hört, wird der Leipziger Centralbahn hof nur wenig hinter den jetzigen Dresdner Bahnhof zurückgelegt und die Front des künftigen Bahnhofes sich vom Dresdner Bahnhof bis ziemlich zum Thüringer Bahnhof erstrecken. Ter jetzige Eilenburger Bahnhof wird in Zukunft (für die betreffende Strecke) hauptsäch lich dem Güterverkehr dienen, der Bayerische Bahnhof aber dem Localverkehr nach den südlichen Vororten. — In einem Plakat erklären die streikenden Aerzte in Leipzig, daß lediglich die Vertrauenscommission der ärztlichen Bezirksvereine die Patienten der Ortskranken kasse vor Willkür zu schützen vermöge. Es wird die aufsehenerregende Behauptung aufgestellt, daß während der Influenza-Epidemie im Jahre 1900 denjenigen Kassenärzten, deren arbeitsunfähige Patienten mehr als 35 Procent betragen, der Verlust ihrer Stellungen an gedroht worden sei, falls sie wieder einen gleichen Procentsatz Mitglieder arbeitsunfähig schreiben würden. Der Vorstand wird hierauf zu antworten haben. — Wie gemeldet, waren vor einigen Tagen in Eutritzsch aus einer Villa Schmucksachen im Werthe von etwa 2000 Mk. gestohlen worden. Der Kriminal polizei ist es gelungen, den Dieb in einem schon mehr fach vorbestraften 19jährigcn Arbeitsburschen aus Borna festzuuehmen. Zugleich wurde aber auch ein Helfers helfer des jugendlichen Verbrechers in einem 36jährigen Handarbeiter aus Borna, der sich der Hehlerei schuldig gemacht hat, fcstgenommen. Fast sämmtliche Schmuck sachen wurden bei dem Hehler in verschiedenen Ver- stecken gefunden. Nebenher wurde fcstgestellt, daß der Dieb weiter etwa 20 schwere Diebstähle in Boden kammern, Kellern und Wohnungen verübt hat. Den Wein, den der Dieb fand, trank er mit dem Hehler gemeinsam aus. Im Besitz der Verhafteten wurden mehrere Schicßwaffen mit Munition vorgefunden. — Die Bauthätigkeit in ChtMMtz läßt viel zu wün schen übrig, ein Umstand, der im Hinblick auf die im mer noch sehr fühlbare Wohnungsnoth um so bedauer licher ist. Allerdings ist der Fortzug von Arbeitern in folge der Geschäftsflauhcit in Maschinenfabriken dem Zu zug überlegen. Die Sächsische Maschinenfabrik hat wie derum eine größere Anzahl von Arbeitern entlasten Unterhaltungstheil. Stevens Werft. Roman von Anton v. Perfall. 11) «Fortsetzung.) „Ich will wenigstens trauern um ihn wie eine Wittwe; warte, bis das Jahr voll ist. Wenn er doch lebte, es wäre entsetzlich!" „Allerdings, dann wäre einer zu viel auf Hooge," flüsterte Jürgens. Jette unterdrückte mühsam einen Schrei, entwand sich gewaltsam seinen Armen und floh in das Haus. Jürgens betrat es nicht in dieser Nacht, er ging hinab zu seinem Boot und starrte hinaus in die Nacht, über das schwarze Watt, zum wallenden dumpf brausen den Silberstreif im Westen. Er durchspähte die Tiefen umher und Klippen und Bänke nach Harold — er kannte sie ja von Jugend auf, die Kirchhöfe der See. — Endlich fand er ihn — er war nicht mehr zu kennen, der schöne Harold, aufgedunsen, grün wie das Meer, die Augen starr, gläsern, — um Hände und Füße ringelt sich der Tang! Ter hält ihn fest — darum fand man seine Leiche nicht am Strande. — III. October ist Markttag im Städtchen Wyk auf Föhr. Da kommen alle Halligleute, verkaufen ihre Schafwolle und versorgen sich für den langen Winter. Da geht es luftig und hoch her! Einmal im Jahre muß man sich doch des Lebens freuen, um das man Jahr und Tag kämpft. Die Kneipe „zur Tonne" war überfüllt von Män nern, es roch nach See und Fischen, dann und wann verirrte sich auch ein Halligmädchen, oder eine Frau mit blitzenden Knöpfen am Sonntagsmieder dahin, die der Gatte oder Bruder nicht anderswo unterzubringen wußte. In den Ecken, auf den Tischen waren Waaren Tand aller Art aufgestapelt und der Handel nahm kein Ende. Ein dicker Tabaksqualm lagert über der lärmen den, enggedrängten Gesellschaft. Plötzlich trat eine auffallende Stille ein, das Paar war daran schuld, welches eben eintrat, Jürgens Steven und sein Weib, Jette Holm! Vor vierzehn Tagen hatte sie der Pastor zusammen gegeben in der Kirche zu Hooge. Es war dort noch nie eine so stille, gedrückte Hochzeit gefeiert worden; nicht einmal das Trauerjahr hatte sie abwarten können, das die Bräute so gut wie die Frauen einzuhalten pflegen. — Das leiden aber die Tobten nicht, und gerade eine Holm hatte es nöthig, die noch herauszufordern! — Zum erstenmalc, daß man sie öffentlich sah. Jette war Prunkhaft aufgetakelt, goldene Kettchen kreuzten sich über ihrer Brust, in dem leuchtenden Haar staken silberne Nadeln mit Rubinen, die Finger strotzten von Ringen, etwas Trotziges, Kampfbereites lag in ihren regelmäßigen Zügen, man hielt den Blick nicht lange aus. Jürgens konnte fein Glück nicht verbergen, er lachte mit dem ganzen Gesicht und grüßte herzlich nach allen Seiten, trotz der kühlen Erwiderungen. „Ganz der Harold!" — „Zum Verwechseln ähnlich!" „Nur darum!" — „Das gäb' was." „Auch schon da gewesen!" und solch' abgerissene Worte mehr flogen ihnen zu. Sie schienen sich darum nicht zu kümmern, drückten sich völlig mit sich beschäftigt in eine Ecke und ließen Wein kommen. Jettes Reisekorb war zum Ueberlaufen gefüllt. Jür gens kramte mit der liebevollen Neugierde eines glück lichen Gatten darin herum. Da war eine neue Uhr für die Wohnstube, — wie heimlich wird sie ticken die langen Winterabende und selige Stunden schlagen. Ein geblümter Stoff für den alten zerschlissenen Lehnstuhl, in dem noch kein Steven gestorben — aber ihnen wird es vielleicht vergönnt sein, umgeben von Kindern und Enkeln. O, er wird sich in acht nehmen vor der See, das Leben ist zu schön an Jettes Seite. — Porzellan geschirr, Küchengeräthe, ein Paar neue Schuhe für die Mutter. Sie wird sterben darin, aber hoffentlich nicht bevor er ihr gezeigt, daß auch er, der Jürgens, für etwas gut sei in der Welt. Und was ist denn das? Eine Kinderklapper! — Jette fiel ihm erröthend in die Hand, als er zu klappern anfing — „weiß Gott wenn ich wieder nach Hooge komme!" Jürgens sah sie innig an, die Augen gingen ihm über, und sie drückte ihm heimlich die Hand. „Der kleine Harold soll nichts vermissen, keinen Tag." Auf der Stirn Jürgens' erschienen zwei Falten. „Harold? Muß es sein? — Harold?" fragte er. „Warten wir's ab, vielleicht bestehe ich nicht darauf bis dahin," erwiderte sie in einem schelmischen Tone, der Jürgens frohe Hoffnung gab. Er stellte den Korb auf den Tisch, um hinter ihm unbeachtet sprechen zu können. — Da hörte er den Namen seiner Frau, Jette Holm. — Unwillkürlich blickte er nach der Richtung, ein Mann aus Amrum, der ihm bekannt war, deutete, zu seinem Nachbar, einem Matrosen, gewandt, auf Jette. „Der daneben ist ihr Mann — Steven heißt sie jetzt —" hörte er deutlich. „Steven!" Der Matrose war sichtlich überrascht und blinzelte scharf herüber. Jürgens duckte sich hinter den Korb und sprach eifrig mit Jette. Ein banges Gefühl beschlich ihn. Der Matrose hatte sich erhoben und blickte starr mit dem Ausdruck höchster Ueberraschung auf die junge Frau. „Kennt Ihr ihn?" fragte der Nachbar. „Verdammt! Wenn ich nicht wüßte — hat er einen Bruder?" erwiderte der Matrose. „Gehabt." Dann flüsterte der Mann aus Amrum ihm etwas in das Ohr, der Matrose pfiff verständniß« innig und trommelte mit den Fingern auf den Tisch. „Was wollt ihr denn mit ihr?" fragte der andere. (Fortsetzung folgt.)