Volltext Seite (XML)
454 Erst am anderen Tage wurde in dem Getödteten ein bisher in der Mühle zu Scassa befindlicher Lehrling erkannt. Ein Grund, der dem jungen Menschen zu jener That Anlaß geben konnte, ist bis jetzt noch nicht auszufinden gewesen. Sachsen. Ihre königlichen Hoheiten der Kronprinz und die Frau Kronprinzessin von Italien wurden am 7. Juni zu einem Besuche im königlichen Hoflager zu Pillnitz erwartet. — Ihre Majestäten der König und Königin haben für die Calamitosen in Böhmen 400 Thlr. gespendet. — Der Rath zu Dresden macht bekannt, daß ihm eine edle, ungenannt sein wollende Wohlthäterin 4000 Thlr. überwiesen, um damit eine Stiftung zu begründen, welche den Namen „Agathestiftung" führen und den Zweck haben soll, „ ehrenwerthen Mädchen zu Hülfe zu kommen, die bei Fleiß und Ordnung nicht so viel zu ersparen vermochten, um im Alter, nach mühevollem Leben, erwünschte Ruhe zu haben." — Aus Glauchau wird ein Act roher Bru talität berichtet. Ein 8 Jahre altes Mädchen aus Voigtslaide traf am 2. Juni Vormittags in der Nähe ihres Heimathsortes mit einem Manne zusammen, welcher das Kind in das nahe Holz gelockt, an den Händen gefesselt, geschlagen, mit einem Tuche den Mund verstopft und ihr den Hals zugeschnürt, auch wahrscheinlich in anderer Weise gemißhandelt hat. Der Thäter ist hierauf geflohen und hat das unglückliche Kind im Blute liegen lassen. Man soll dem Thäter auf der Spur sein. Preußen. Die Taufe des jüngsten kronprinzlichen Kindes sand am 4. Juni im königlichen neuen Palais zu Potsdam statt. Derselben wohnten als Taufpathen in Person bei: Der Kaiser, der Kronprinz und die Kronprinzessin von Italien, der Groß herzog und die Großherzogin von Mecklenburg-Schwerin, der Erbgroßherzog von Sachsen-Weimar, der Erbgroßherzog von Mecklenburg - Strelitz, der Erbprinz von Sachsen-Meiningen, Prinz Wilhelm von Würtemberg. Die übrigen Taufpathen sind: Die Kaiserin, die Königin-Witwe, der Kaiser und die Kaiserin von Brasilien, der König und die Königin von Sachsen, der Großherzog und die Großherzogin von Baden, die Landgräfin Friedrich von Hessen, die Prinzessin Beatrix von Großbritannien. Die junge Prinzessin erhielt die Namen: Margarethe Beatrice Feodora. — Der Kaiser hat den Kronprinzen von Italien zum Chef des 1. hessischen Husarenregiments Nr. 13 ernannt. — Der Reichstag genehmigte in seiner Sitzung am 5. Juni den Lasker'schen Antrag betreffs Ausdehnung der Reichscompetenz auf die Civilrechtsgesetzgebung ohne Debatte in dritter Lesung. Bei der dritten Berathung des Rechnungshofsgesetzes wurde nach Annahme der Paragraphen 1 bis 7 die weitere Debatte vor läufig vertagt.— Die „Prov.-Corr." vom 5. Juni enthält eine ausführliche Mittheilung über die Angelegenheit des Feldpropstes Namszanowskh. Sie hebt dabei die große Bedeutung des Cölner Vorganges hervor, da bei demselben auch jeder Schein von Be gründung im Sinne des kanonischen Rechtes fehle. Der Artikel betont den Widerspruch der willkürlichen rücksichtslosen Auflehnung wider die Staatsgewalt gegenüber dem durch den Feldpropst dem Könige geschworenen Eide. Das Hauptgewicht legt der Artikel auf die Thatsache, daß der Feldpropst sich bei seinem Vorgehen auf die Billigung und Anerkennung des Papstes stützt, daß diese Billigung erfolgte, ohne daß in Rom auch nur der Versuch zur Verhandlung mit der Regierung für nöthig erachtet wurde. Diese ausdrückliche Ermunterung der Auflehnung seitens des römischen Stuhls ließ um so dringender erscheinen, den Ungehorsam und kirchlichen Uebergriff zu ahnden. Eben deshalb könne die Re gierung sich auch der Erwägung nicht verschließen, ob die Stellung des katholischen Feldpropstes überhaupt beizubehalten sei.— Etwa hundert Locomotivführer der verschiedenen in Berlin einmünden den Bahnen hielten am 1. Juni dort eine Versammlung in welcher erörtert wurde, daß es unter den gegenwärtigen Ver hältnissen unmöglich sei, mit dem jetzigen Gehalte auszukommen, welcher noch in derselben Weise normirt sei, wie vor 25 bis 30 Jahren. Es wurde eine Commission gewählt, die demnächst die nöthigen Vorlagen machen hat; doch wurde von vorn herein beschlossen, nur aus streng gesetzlichem Wege vorzugehen und zunächst alle Instanzenwege durchzumachen, um eine Auf besserung herbeizuführen, und nur für den äußersten Nothfall soll ein Strike in Aussicht genommen sein. Oesterreich. Der Finanzausschuß des Abgeordnetenhauses beschloß im Hinblick auf den Nothstand in Böhmen, im Plenum den Antrag zu stellen, daß der Regierung unbegrenzter Credit zur Gewährung unverzinslicher Darlehen und 500,000 Gulden zur Unterstützung der Nothleidenden bewilligt werden sollen. — Nach dem amtlichen Berichte des Statthalters von Böhmen über die Hochfluth sind dort in sieben Bezirken zusammen 199 Menschen ertrunken und weit über 700 Gebäude weg gerissen, bez. stark beschädigt worden. Der Gesammtschaden wird auf 50 bis 100 Millionen geschätzt. Italien. Unter Betheiligung der Civil- und Militärbehör den, sowie der Geistlichkeit und unter Theilnahme der österrei chischen und französischen Consuln fand am 4. Juni vor einev großen Volksmenge in Magenta die Einweihung des Denkmals statt, welches zum Andenken an die in der Schlacht vom 4. Juni 1859 Gefallenen errichtet worden ist. England. Aus Washington vom 5. Juni wird telegraphier Dem Vernehmen nach sind der Staatssecretär Fish und der Earl Granville dahin übereingekommen, den Beginn der Arbeiten des Genfer Schiedsgerichts zu vertagen, bis zwischen beiden Regie rungen Erklärungen über die vom amerikanischen Senate zu dem Zusatzartikel ausgestellten Amendements auf dem Postwege aus getauscht sein werden. Der Mann ohne Namen. (Fortsetzung.) Noch glänzten Thronen in Philipps Augen, als er dem Freunde zum Abschied die Hand reichte und hinzufügte: „'Wenn ich Dir diese Stunde je vergesse, Theobald, so soll mich der ewige Later dereinst vergessen. Wer weiß, ob wir uns wieder sehen. Geschieht es nicht und bin ich der Ueber- lebende, dann sorge Dich nimmer um die Deinen, ich will ihre Stütze sein." Noch einen frohen Blick des Auseinandergehens schenkten sich die Beiden, dann schritt Theobald hastig aus und tauchte bald unter in dem Nebel des Pulverdampses, der die Atmosphäre verhüllte; Philipp aber ging, sichtlich erhoben, nach dem Parke vorwärts, wo er richtig unweit des Schlosses auf den Regiments-Commandeur und eine Anzahl Soldaten traf und seine Meldung anbrachte, der man in diesen kritischen Momenten weiter keine Beachtung schenkte. „Sie kommen zur rechten Zeit", bemerkte ein sächsischer-Unteroffizier, „wir müssen eine Streife durch den Park machen, dort vorn sollen sich Feinde sestsetzen wollen. Wir haben aber nur Versprengte hier, nehmen Sie das Commando einer Abtheilung." „Zu Befehl", repllcirte Philipp, der vor Eifer zu brennen schien, an den Feind zu kommen. „Colonne formirt!" commandirt der Oberst, der voller Unruhe nach etwa ankommenden Verstärkungen geforscht hatte. „ Wir dürfen nicht länger zögern. Alles unter Gewehr, was hier ist. Antreten! Gewehr auf, Marsch!. Mir nach!" Der Befehl galt einigen 40 Mann von Versprengten und solchen Leuten, die eben Verwundete zurückgeschafft hatten. Der Oberst stellte sich an die Spitze dieses Häufleins und führte es zu Fuß, da es unmöglich war, im Dickicht zu reiten, durch den Park des genannten Schlosses in die vorderste Feuerlinie vor. Man war noch wenige Schritte von der Lisiere des Parkes entfernt und wollte eben den Hohlweg der Straße von La Moncelle naür Bazeillcs hinabsteigen, als man sich unerwartet einer französischen geschlossenen Colonne gegenüber sah, die von Vazeilles und dem Parte von Montvilliers her sich in die linke Flanke der Unsern eingeschoben hatte. Der Commandeur gebot seinen Leuten äußerstes Stillschweigen, schlich mit ihnen im Gebüsch bis an den äußersten Rand und ließ nun auf 10 Schritt eine Salve in die feindlichen Reihen geben, die von der durchgreifendsten Wirkung war. Die Compagnie stürzte wie vom Blitze getroffen über die nächsten Felder zurück, bis später die Baiern ihre Reste gefangen nahmen. „Hurrah!" tönte es hinter ihr her und eine wilde Jagd unter Anführung. Philipps verfolgte die Fliehenden. Philipp war der Vorderste und stieß mit eigener Hand einige Franzmänner mit dem Bajonett nieder, die sich widersetzen wollten. „Die Kerle hatten einen Handstreich vor gegen die beiden bairischen Batterien zur Seite", erklärte der Kommandeur, „oder wollten den Unsern, die sich iinks und rechts zerstreut haben, in den Rücken fallen. In beiden Fällen wäre ihr Anschlag bald gelungen, wenn wir nicht dazu kamen, Kinder. Nun kebrt aber um, sonst merken sie, daß nichts weiter hinter unsrer Handvoll Menschen ist." Der Dicefeldwebel Philipp schwang jubelnd zwei Chassepotgewehre in der Lust, die er erbeutet hatte. „Wett gemacht, Kamerad", rief er in die Gegend, wo man Theobalds Corps vermutben konnte, „vom Verdachte der Feigheit hätte ich mich reingewaschen, mein Fieber ist curirt. Es lebe Deutschland!" 3. Reichlich ein Halles Jahr später. Die Völker haben Frieden gemacht, aber nicht in alle Herzen, in alle Häuser ist er cingekehrt, auch nicht in jenen Raum, in welchen ich den Leser jetzt führen will. Es ist ein schönes