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Großenhainer Erscheinen: Dienstag, Donnerstag und Sonnabend mit Ausschluß der Feiertage. Abonnement: Vierteljährlich 10 Ngr. WerhaltmSS un- AHüMatt. Amtsblatt Inseratenannahme: Bis Tags vorher spätestens früh 10 Uhr. Inseratenpreis: Für den Raum einer Spalt zeile 1 Ngr. des Königlichen Gerichtsamts und Stadtraths zu Großenhain. Nedaction, Druck und Verlag von Herrmann Starke in Großenhain. M SN. Donnerstag, den 28. August Verordnung, die amtliche Correspondcnz zwischen Verwaltungs- und Polizeibehörden im Königreiche Sachsen und in der Oesterreichisch-Ungarischen Monarchie betreffend. Nach einer Mittheilung des Ministeriums der auswärtigen Angelegenheiten sind in Verfolg des, seit dem 1. Januar laufenden Jahres eingetretenen Wegfalles der Portofreiheit der amtlichen Correspondenz zwischen Behörden des Königreiches Sachsen und der Oester reichisch-Ungarischen Monarchie (zu vergleichen Bekanntmachung des Finanzministeriums vom 31. Jauuar dieses Jahres) die Verwaltungs - und Polizeibehörden im Königreiche Ungarn und in den, im ReichSrathe vertretenen Königreichen und Ländern des Oesterreichischen Kaiserstaates angewiesen worden, sämmtliche Correspondenzen mit Verwaltungs- und Polizei behörden im Königreiche Sachsen ohne Unterschied der Angelegenheit, welche in Frage steht, und ohne Rücksicht darauf, ob das absendende Amt das ersuchende oder das ersuchte ist, aus nahmslos frankirt abgehen zu lassen. — Indem dies andurch zur Kenntniß der hierländischen . Verwaltungs- und Polizeibehörden gebracht wird, erhalten diese Behörden zugleich Anweisung, ! auch ihrer «L-eits alle, an Verwaltungs- und Polizeibehörden in der Oesterreichisch-Ungarischen Monarchie zu erlassenden Correspondenzen ohne Unterschied der Angelegenheit, um die es sich im einzelnen Falle handelt, und ohne Rücksicht darauf, ob sie die ersuchenden oder die ersuchten Behörden sind, ausnahmslos zu frankiren. Dresden, am 20. August 1873. Ministerium des Innern. v. Nostitz-Wallwitz. Der unter dem 4. dieses Monats hinter der Dienstmagd Christiane Emilie Petzold von Lenz erlassene Steckbrief hat sich durch deren Aufgreifung erledigt. Großenhain, am 18. August 1873. Das Königliche Gerichtsamt. Pechmann. Bockwitz, Ref. Tagesnachrichten. Großenhain. Aus einer sehr großen Anzahl Städte oder belebteren Dörfern findet man jetzt Mittheilungen in den Zeitungen, wie und auf welche Weife in diesen Orten der 2. September als nationaler Festtag begangen werden soll, und fast durchgängig ist wahrzunehmen, daß sich dabei Kirche, Schule und weltliche Obrigkeit zu gemeinsamer Wirksamkeit verbunden haben. Fast unwillkürlich drängt sich unter diesen Verhältnissen die Frage auf: Was wird in Großenhain zur Begehung dieses nationalen Festtags unternommen? Die Antwort ist, wie die Sachen jetzt liegen, bald gegeben. Der Stadtrath soll der Meinung sein, daß der auf den 2. September fallende Haupttag des hiesigen Jahrmarktes alle etwaigen Festlichkeiten hindere; bei dem Kirchenvorstande ist gegründete Hoffnung vorhanden, die Frage erst nach dem 2. September berathen zu sehen, und die Schulen haben, wenn wir nicht irren, an diesem Tage Jahrmarktsferien. Was sollen nun die Privatvereine thun, wenn allseitig ein solcher Jndifferentismus herrscht? Der aus gedachten Tag fallende Jahrmarkt gebietet zwar eine Beschränkung, aber nicht die vollständige Jgnorirung des Nationalfesttags; wir meinen vielmehr, es könnten Vor mittags 10 oder 11 Uhr Schulacte in den oberen Classen stattfinden und dabei Vorträge über die Bedeutung des Tages gehalten werden, Mittags von 12 bis 1 Uhr könnte Festgeläute mit allen Glocken ertönen und der Kirchlhurm den ganzen Tag über beflaggt sein, während Abends halb 9 Uhr ein vom Stadtrath arrangirter Zapfenstreich, an welchem sich die Turner, die freiwillige Feuerwehr und das bewaffnete Peloton des MiUtärvereins betheiligten, ausgeführt werden könnte. Eine Beflaggung der Privathäuser wäre sicher zu erwarten und würde auf diese Weise, ohne jede Störung des Jahrmarktes, eine allseitige Begehung des Festtages zu ermöglichen sein; möchten daher noch in der zwölften Stunde von maßgebender Stelle aus die nöthigen Schritte gethan werden, damit Großenhain sich nicht durch sein Stillschweigen anszeichne. Sachsen. Die Generaldirection der k. sächs. Staats- Eisenbahnen und das Direktorium der Leipzig-Dresdner Eisenbahn machen bekannt, daß die seit dem 24. April d. I. aus Anlaß der Weltausstellung nach Wien abgelassenen Extrazüge wegen zu geringer Frequenz bis auf Weiteres eingestellt werden. Am 25. August ist in Dresden wieder ein zwölfjähriger Knabe beim Baden in der Elbe ertrunken. Bei Gelegenheit der Aufstellung des Tilgungsplanes für eine feiten der Stadt Plauen beabsichtigte Anleihe bei dem Reichsinvalidenfond hat sich ergeben, daß die Stadtgemeinde ein reines Vermögen von 716,165 Thlr. hat, da die Aktiven 1,181,926 Thlr., die Passiven 465,761 Thlr. betragen. Aus Königsbrück, 25. August, wird dem „Dr. I." berichtet: Der auf einer dem Kaufmann Böhning aus Weißenberg gehörigen, auf Bohraer Flur gelegenen Ziegelei beschäftigte und daselbst mit seiner Familie wohnende Ziegel streicher Hauptmann, aus Kroppen in Preußen gebürtig, wollte vorgestern sein schon seit mehreren Wochen geladenes Gewehr nach einem etwa 60 Schritte vom Torfschuppen aufgestellten Brete abschießen. Das anfänglich versagende Gewehr entlud sich jedoch in dem Augenblicke noch, als H. sich uindrehte, um aus seiner Wohnstube ein anderes Zünd hütchen zu holen. Unglücklicherweise ging die Schrotladung seiner kaum 6 Schritte hinter ihm stehenden Ehefrau in die linke Seite des Unterleibes, was nach wenigen Minuten ihren Tod herbeiführte. Ans Leipzig, 24. August, berichtet das dortige „Tgbl.": Nachdem es bereits am vorgestrigen Abend in der Pleißen- gasse, weil in einer dortigen Wirtschaft ein Soldat sollte gemißhandelt worden sein, zu großen Aufläufen und bedroh- r liehen Versammlungen von Militär gekommen, welche das 1 Einschreiten von Militär- und Polizeimannschaften noth wendig machten, haben sich leider gestern Abend diese Cxcesse in erhöhtem Maße wiederholt, und ist eine der dasigen Wirtschaften, wie es heißt, von einer Anzahl erbitterter Jäger, deren Kamerad schwere Verletzungen erhalten, de- molirt und sämmtliche Fenster eingeschlagen worden. Nicht zu Hunderten, sondern zu Tausenden drängten sich Civil- personen und Soldaten durch die Gasse und auf den dortigen Plätzen herum, bis starke Militär- und Polizeipatrouillen erschienen und die Gasse mit Gewalt säuberten. Es erfolgten zahlreiche Arreturen solcher Personen, welche sich hierbei den Anordnungen der letzter» nicht fügen wollten. Einige 80 Ar- restaten wurden nach und nach vom Militär und der Polizei nach dem Naschmarkte gebracht und davon 31 Personen in Haft behalten. Auch am 24. uud 25. August haben sich die Cxcesse wiederholt, und schreibt die „L. Ztg." unterm 26.: Gestern Abend fand sich vor dem Pleißengäßchen auf dem Königsplatze abermals eine große Masse Menschen zusammen. Ein Theil derselben begann mit Anbruch der Dunkelheit wieder Gewaltthätigkeiten gegen einige im genannten Gäßchen bestehende Wirthschasten vorzunehmen. Von den einschrei tenden Polizeimannschaften wurden dabei mehrere auf der That betroffene Personen verhaftet und da die Volksmenge die Abführung derselben nicht thunlich erscheinen ließ, einst weilen in einem Hause des Gäßchens sistirt. Der inzwischen immer höher anwachsende Tumult wurde zugleich aggressiver, drängte auf die Polizcimannschaften ein, bedrohte fie mit Knitteln rc., bewarf sie mit Steinen und zwang sie nach stundenlangem Ringen vor der Uebermacht langsam zurück zuweichen. Ehe das nunmehr requirirte Militär zur Stelle kam, hatte die Rotte unter fürchterlichem Toben und Brüllen in sieben Häusern Zerstörungen und Verwüstungen angerichtet, und war es ihr gelungen, die Arrestaten zu befreien. Wiederholt wurden aus ihrer Mitte Hochs auf Lassalle und Bebel auögebracht. Das ^12 Uhr Nachts angelangte Militär säuberte alsbald den Schauplatz des Tumultes, der um 9 Uhr begonnen hatte, und seiner Umgebung. Im Laufe der Nacht verhaftete die Polizei noch eine Anzahl von am Tumult betheiligter Personen, von denen vier sogar im Besitz von dabei sich angeeigneter Gegenstände befanden. Meldungen zufolge hat man von Nachts 1 Uhr bis früh 3 Uhr Trupps von Leuten in verschiedenen Richtungen und namentlich nach Plagwitz und Lindenau zu die Stadt ver lassen sehen. Aus Fahrlässigkeit hat am 22. August in Bockwa bei Zwickau ein Bergzimmerling einen Bergarbeiter, der ihm eine Scheibe aufstellen sollte, erschossen. Am gleichen Tage ist in einem Zwickauer Kohlenschachte ein 19 Jahre alter Fördermann infolge vorzeitigen Niederganges von Dachkohle tödtlich verunglückt. Wie man aus L>chellenberg berichtet, hat ein 9 jähriger Knabe, welcher als Viehhirt bei einem Gutsbesitzer in Hei mers in Diensten stand, das Geständniß abgelegt, das Wohnhaus seines Brodherrn am 13. August vorsätzlich in Brand gesteckt zu haben. Der Knabe wurde verhaftet. In Grünhainichen büßte in diesen Tage ein Lotterie- collecteur vier Finger der linken Hand dadurch ein, daß er einer im schnellsten Gange befindlichen Zirkelsäge zu nahe kam, die ihm die bezeichneten Gliedmaßen im Nu abschuitt. Deutsches Sieich. Das Obercommando der Occu- pationsarmee trisst bereits alle nothwendigen Vorbereitungen, um den deutscherseits eingegangenen Verpflichtungen, das französische Gebiet 14 Tage nach Zahlung der am 5. Sept, fälligen letzten Nate vollends zu räumen, mit gewohnter Pünktlichkeit Nachkommen zu können. Es sind bereits, wie ofsiciös geschrieben wird, alle Anordnungen erlassen worden, um die Stadt Verdun wie die zu dieser führende Ctappen- straße unmittelbar nach vollzogener Zahlung zu räumen; das Obercommando hat nm so mehr Anlaß, seine Befehle rechtzeitig vorzubereiten, als einmal die Zahlungen feiten Frankreichs sichtlich beschleunigt werden, andererseits aber auch durch eine schon vom 29. Juli datirte Cabinetöordre die Demobilmachung des Obercommandos selbst bekanntlich ausgesprochen ist. In und um FriedrichSort haben in diesen Tagen in Gegenwart der Admiralität größere Seeartillerieschießübungen stattgefunden, bei denen die die Hafeneinfahrt deckenden Forts mitgewirkt haben. Es wurden neue Geschütze probirt, ein neues Signalwesen von Land zu Schiff angewendet und schließ lich ein Schiffsmanöver mit snpponirter gegnerischer Flotte ausgesührt. Die in Thätigkeit getretenen Geschütze waren 28 Ctm., 24 Ctm. und 21 Ctm. mit kleineren, sowie mit Gebrauchsladungen. Möglichst der Wirklichkeit entsprechend, waren die Ziele sowohl verankerte, das Oberdeck eines Schiffes darstellende Tonnenscheiben in Form eines Recht ecks, als horizontale Ziele, welche mit kleinen Fähnchen versehen waren, und auch feststehende verticale, sowie schwimmende Lattenscheiben von 8 — 12 Meter Länge und 3 Meter Höhe. Erstere wurden verankert, letztere durch dazu verwendete Dampfer bewegt. Die Ziele wurden mit Hartgußgranaten, ungeladenen Langgranaten und geladenen Granaten beschossen. Das Bild der auf dem Meeresspiegel crepirenden, sowie der ricochettirenden Riesengeschosse, im Gewicht bis etwa 5 Centner, bei einer Ladung von 40 Kilo bot dem Zuschauer Gelegenheit zu interessanten Beobach tungen. Preußen. Die Antwort des Cultusministeriums auf den Protest der 45 niederhessischen Geistlichen gegen das Gesammt-Consistorium, welche vom 13. August datirt, im Auftrage des Königs verfaßt und vom Unterstaatssecretär Sydow unterzeichnet ist, bezeichnet, wie die „5k. Z." erfährt, jenen Protest als „ offene Auflehnung gegen eine obrigkeit liche Einrichtung" und schließt mit der Bemerkung, daß, wenn dem Proteste thatsächliche Folge gegeben werden sollte, mit jener Strenge gegen die Geistlichen eingeschritten werden müßte, „welche der Pflicht des Kirchenregiments, Ordnung und Zucht in den seiner Leitung anvertrauten Kreisen auf recht zu erhalten, entspricht." Großh. Hoffen. Nach einer Meldung aus Mainz ist im nltramontanen Lager die Parole ausgegeben: „mit allen Mitteln das Zustandekommen des neuen Schulgesetzes zu vereiteln". Diese Mittel bestehen in Versammlungen, die, meistens mit denselben Kräften und in denselben Rede wendungen an jedem Sonntag gehalten werden. Es gehören dazu Petitionen an den Vorsitzenden des Staatsministeriums oder an die erste Ständekammer, und endlich hat man aus der Mitte des Domcapitels officiös den Decanen aufgegeben, auch noch aus jeder Gemeinde an die erste Kammer Adressen gegen das Gesetz loszulassen. Auch sollen aus solchen Ge meinden, wo Schulschwestern und englische Fräuleins wirken, ähnliche Deputationen wie die Wormser Damen-Abordnung organisirt werden, welche in einer Adresse an den Groß herzog selbst ihr „Erziehungsrecht" wahren zu sollen glauben. Der Empfang beim Minister-Präsidenten soll ihnen indessen in der Sache selbst eine eigene Aufklärung verschafft haben. Schweiz. Wie aus Bern verlautet, hat die deutsche Regierung wegen augenblicklicher Behinderung Rußlands, an dem internationalen Postcongreß sich zu betheiligen, beantragt, den Congreß noch hinauszuschieben. Der Präsident des Genfer Civiltribunals hat durch Beschluß vom 23. August die Stadt Genf in den Besitz der Hinterlassenschaft des verstorbenen Herzogs Karl von Braunschweig gesetzt. Ein Codicill zu dem Testamente des Verstorbenen ist bis jetzt nicht producirt worden; auch ist selten seiner Verwandten keinerlei Anzeige oder sonstige Nachricht dort eingegangen. Frankreich. Der am 23. August stattgefundene Mi- nisterrath hat beschlossen, den Minister des Innern zu beauftragen, der täglich zunehmenden Veröffentlichung von wissentlich falschen Nachrichten, welche nur beabsichtigen, Beunruhigung zu erzeugen und die öffentliche Meinung zu verwirren, mit aller Strenge entgegenzutreten. Das der Regierung nahe stehende Journal „Assemblee nationale" veröffentlicht unter der Bezeichnung „Declara tion" einen anscheinend officiösen Artikel, in welchem alle von den Zeitungen über die Frohsderfer Zusammenkunft und deren Resultate verbreiteten Nachrichten als durchaus ungenau bezeichnet werden. Das einzige Wahre sei im Au genblicke die vollständige und absolute Einigkeit der Prinzen des sranzöschen Königshauses. Abgesehen von dieser That- sache, sei keinerlei Plan entworfen, kein Beschluß gefaßt und keine Konferenz abgehalten worden. Was die Regierung anbetreffe, so habe sich dieselbe mit der Angelegenheit noch gar nicht beschäftigt; der Nationalversammlung allein stehe es zu, sich darüber auszusprechen. Diese trete aber am