Volltext Seite (XML)
Großenhainer Unter!) altungs- und Anzeigeblatt. Gedruckt, verlegt und redigirt von Herrmann Starke, 65. Sonnabend, den 12. August 1848. Tagesnachrichten. Der §. 7 der Grundrechte ist nun angenommen und bestimmt: „Die Freiheit der Person ist unver letzlich; Niemand darf seinem gesetzlichen Richter ent zogen werden; die Verhaftung einer Person soll nur, außer im Falle der Ergreifung bei frischer That, durch einen richterlichen, mit Gründen versehenen Befehl geschehen. Die Polizei muß jeden Verhaf teten am folgenden Tage wieder freilassen oder der zuständigen Behörde übergeben. Jeder Angeschul digte soll gegen Caution aus der Haft entlassen werden, wenn nicht Anzeigen eines schweren pein lichen Verbrechens vorliegen. Wegen unbefugter und widerrechtlicher Gefangenschaft sind die Schul digen zur Entschädigung verpflichtet. Die To desstrafe ist abgeschafft, mit Ausnahme da, wo das Kriegsgericht sie vorschrcibt; desgleichen die Strafen des Prangers, der Brandmarkung und körperlichen Züchtigung." — In Frankfurt belustigt man sich viel mit Spottbildern, wozu die dortigen Begebenheiten hinlänglichen Stoss bieten. So hat man den^Antrag der Linken, „daß sich jeder Deutsche eilten beliebigen Adelstitel beilegen könne, um so dem Adel seine Bedeutung zu neh men", zu Carricaturen benutzt; cs eMiren z. B. Bilder mit einem Graf Blum, Baron Ruge re.— Die Eourierangclegenheit wegen des Uebertrittes Blum's zur äußersten Linken ist eine Unwahrheit. Auch hat Blum sich entschlossen, wieder zur Linken zurückzutreten. — Hecker will nach Amerika aus wandern. — Der Erzherzog Reichsvcrweser ist von einer Deputation zum Dombaufcste in Cöln ein- geladcn worden, und wird sich dahin begeben. In Oesterreich, und vorzugsweise in Wien ist seit der Flucht des Kaisers nach Innsbruck eine Un sicherheit der Dinge herbeigeführt, welche desto be denklicher zu werden anfängt, je weniger der Kaiser Lust bezeigt, nach Wien zurückzukehren. Dem Ver nehmen nach sollen ihm keine Gelder mehr von Wien aus gesendet werden. Die Deputation der öster reichischen Nationalversammlung hat die Rückkehr des Kaisers nicht durchsetzen können, obgleich die Sage ging, daß er mit ihr zugleich in Wien ein treffen werde. Die Gährung in den Gemüthern ist groß; die republikanischen Begriffe haben rasche Fortschritte gemacht, uUd es ist kein Zweifel, daß, wenn der Kaiser nicht bald zurückkehrt, von der Nationalversammlung eine provisorische Regierung eingesetzt werden wirb. Der ungarische Reichstag hat die Allianz Ungarns mit Deutschland einstimmig ausgesprochen, und zwar mit dem Zusatze, daß bei Streitigkeiten zwischen der Wiener Regierung und dem Parlamente in Frankfurt, oder gar beim Ausbruch eines Krieges mit Deutschland die Wiener Regierung auf die Hilfe Ungarns gegen Deutschland nie rechnen dürfe. — In Pesth und Lemberg ist die Cholera ausgebrochen. In Italien rücken die österreichischen Heere sieg reich vor und treiben die Italiener mit vielem Ver luste vor sich her. Mehrere bedeutende Städte sind in ihre Hände gefallen. Die Stimmung gegen die Sieger ist auf dem Lande gut, in den Städten herrscht jedoch Erbitterung. Es gilt nun der Ein nahme Mailands, welches der Sardenkönig Carl Albert um jeden Preis verlhcidigcn will. Letzterer soll nun auch die Hülfe Frankreichs angcrufen haben, so wie die Regierungen von Mailand und Venedig. Auch in Rom sind die Zustande nicht unbedenk lich. Alles spaltet sich daselbst in zwei Hauptpar- tcicn; die eine predigt Krieg gegen Oesterreich um jeden Preis, die andere und mit ihr der Papst sind durchaus dagegen. Für Literaten ist's jetzt schlecht in Rom zu wohnen, da schon einige Fälle vorgckommen sind, daß wegen mißliebiger Journal artikel auf Betrieb der angegriffenen Partei die Schreiber ermordet worden sind. Die Flucht des Papstes nach Avignon bestätigt sich nicht, doch könnte wohl ein ähnlicher Fall bald eintretcn. Die verschiedensten Gerüchte werden über diesen einst so beliebten Mann ausgestreut; so geht jetzt die Sage, er wolle eine junge hübsche italienische Gräfin heirathen. Berlin lebt ein unruhiges Leben. Die allabend lichen Aufläufe unter den Linden, der sogenannte Lindenklub, ist der Aerger der Polizei, obgleich er keinen Schaden thut. Der Kammergerichts-Au- scultator Dortu ist zu 15 Monaten Gefängniß und Cassation verurtheilt worden, weil er des Prinzen von Preußen königl. Hoheit „Kartätschenprinz" in einer öffentlichen Rede genannt harte. Die alt preußische Partei mit ihren schwarz-weißen Farben lebt in Zwietracht mit der deutschen dreifarbigen, und macht ihrem Ingrimm zuweilen dadurch Luft, daß sie eine deutsche Fahne re. abreißt und zertritt.