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Großenhainer Unterhaltungs- und Anreigeblatt. Gedruckt, verlegt und redigirt von Herrmann Starke. Ö7. Mittwoch, den 18. Juli 1849. Tagesnachrichten. Sachsen. Am Sonntag früh fuhr das Füsilier- Bataillon vom Regiment Kaiser Alexander mit be kränzten Locomotiven nach Berlin zurück. Es sind nun noch vrei LandwehrbataiUone als Einquartirung in Dresden. — Am 10. Juli ist das Gewandhaus von Gefangenen gänzlich geräumt worden. Die noch Verhafteten wurden in der Amtsfrohnveste und im Amthause einquartirt. — Vom 18. d. M. an müssen Alle, welche in den Kricgsstandsbezirken reisen, mit gehörigen Legitimationen, Ausländer mit Passen versehen sein, die sie unweigerlich den Militär- und Polizeibehörden auf Verlangen vor zuzeigen haben. Das Tragen von republikanischen Abzeichen (rothen Bändern, Fahnen, Cocarden w.), sowie das Bestehen republikanischer Vereine ist bei Strafe von drei Tagen bis vier Wochen Gefäng- niß verboten. — Am 13. Juli hat eine Deputa tion des Dresdner Stadtraths und der Stadtver ordneten dem König eine Adresse in Pillnitz über reicht, worin derselbe gebeten wird, nebst der königl. Familie baldigst der Stadt Dresden seine Gegenwart wieder zu schenken und in jeder Rich tung die alten Beziehungen zu ihrer Residenz wie der eintreten zu lassen. Der König antwortete darauf: „Wohl haben die Ereignisse, welche Dres den, auf dessen Liebe und Treue ich stets so Viel gegeben, und ganz Sachsen betroffen, meine Brust tief ergriffen. Ich gestehe, daß dadurch der Glaube an die Anhänglichkeit und Liebe des sächsischen Volkes an sein Fürstenhaus auf eine schmerzhafte Art erschüttert worden ist. Es gereicht mir aber zur Freude und Beruhigung, aus dem Schritte, welchen sie heute thun, zu erkennen, daß die Ueber- zeugung, wie das, was ich gethan, nur zum Besten des Landes geschehen, auch in Dresden, wie in ganz Sachsen, sich immer mehr und mehr befestigt. Ihrem Wunsche werde ich entsprechen und nach Dresden zurückkommen. Ich werde dort verweilen, dafern ein fortgesetztes entschiedenes Fest halten am Gesetz sich kundgiebt. Meine Liebe hat Dresden stets gehört, wirken Sie dahin, daß auch das alte Vertrauen wiederkehre." — Wie undank bar die Demokraten gegen ihre befackelzugten und bekränzten Führer und Helden sein können, zeigt der ehemalige Landtagsabgeordnete Bürgermeister Meyer in Treuen, den jetzt die Seinen in öffent lichen Blättern verleugnen, wie weiland Jscharioth seinen Herrn und Meister, und zwar wegen der äußerst geringfügigen Sache, daß 50 Thaler sich in seine langen Finger verwickelt haben, was doch offenbar eine wahre Lappalie ist gegen die von seines Gleichen, welche trotzdem in manchen Blät tern noch täglich als Freiheilshelden gefeiert werden, in Baden gestohlenen Taufende. Weimar ist der Dreikönigsverfassung beigetre ten, desgleichen Bremen. Hannover. An der hessischen Grenze ist ein Heer concentrirt worden, um nölhigenfalls in Kur hessen verwendet zu werden. Baden. Das Land ist nun von allen größeren Trupps der Aufrührer gereinigt. Die schlimmsten haben sich nach der Schweiz gewendet, wo sie so gleich entwaffnet und acht Stunden von der Grenze einwärts gewiesen wurden. Was aber dieses Länd chen mit den bis jetzt mehrere Tausend betragenden, zum Theil aus Gesindel bestehenden Ueberläufern machen will, ist schwer einzusehen, vorzüglich da sich unter der schweizer Bevölkerung selbst schon großer Mißmuth über die übergetretenen Banden anfängt zu erkennen zu geben. Ein anderer Theil ist nach Würtemberg übergegangen, ein anderer hat sich den Preußen unterworfen. Frankreich scheint die wenigsten Freiheitshelden bekommen zu haben, was sich aus der Strenge gegen dieselben leicht erklären läßt. Die Gegenden, welche der Schau platz des badischen Scandals in den letzten Tagen vor der völligen Austreibung der Rebellen waren, haben noch am meisten zu leiden gehabt und wer den jedenfalls an denselben auf längere Zeit genug haben und einsehen, daß dieselben Freiheit wollten für nichts'als sich und ihre langen Finger, und daß die Führer derselben hierin mit dem besten Beispiele vorangingen. — Die Insurgenten in Rastatt haben um 48stündigen Waffenstillstand und Medicin für ihre Verwundeten gebeten und beides erhalten; auf ihren Vorschlag, daß sie die Festung übergeben wollten, wenn ihnen freier Abzug mit den Waffen gestattet würde, wurde natürlich nicht eingegangen. Das 12., 26. und 31. preußische Infanterieregiment, dieselben, welche voriges Jahr die Danewirke in Schleswig-Holstein stürmten, haben sich dem Vernehmen nach zum Sturm auf Rastatt erboten, jedoch hat es ihnen der Prinz von Preußen abgeschlagen, da sich die Festung