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Unterhaltungs- und Anjeigeblatt. Gedruckt, verlegt und redigirt von Herrmann Starke. 76. Sonnabend, den 22. September 1849. Tagesnachrichten. Preußen. Der berühmte Alexander v. Hum boldt wurde an seinem 80. Geburtstag durch den Besuch des Königs und der Königin erfreut. — Die Nothstande der schlesischen Weber liegen jetzt einer besonderen Commission der zweiten Kammer vor. In Schweidnitz sind 1500 Weber zusammen getreten, um sich dem Druck der Fabrikanten zu entziehen und sowohl die Rohstoffe selbst einzukau fen, als die Produkte ihrer Arbeit auf eigne Rech nung abzusetzen. Die Regierung ist dieser Absicht nicht entgegen. -— Das Ministerium hat eine Zu sammenstellung der seit 1817 in den bäuerlichen Re- gulirungs-, Ablösungs- und Gemeinheitsthcilungs- sachcn erzielten Resultate veröffentlicht. Demnach sind 70,582 Lehnsbauern mit einem Grundbesitze von 5,000,000 Morgen Land in Eigenthümer ver wandelt, 289,651 Personen von Naturalabgaben, Zehnten re. befreit, 42,819,769 Morgen im Wege der Gemeinheirstheilungen an 985,636 Interessen ten vertheilt worden. Neber 22,000,000 Frohntage sind abgelöst. — Aus Königsberg ist eine Petition um Aufhebung der Bürgerwehr mit 4300 Unter schriften bei der Kammer eingegangen. Sachse«. Der Adjutant des Präsidenten der französischen Republik, v. Persigny, ist in Dresden angekommen. — Die Reorganisation der Commu- nalgarde daselbst hat begonnen. Alle bei der Mai- Revolution Betheiligten sind ausgeschlossen. — Das Wahlausschreiben zum nächsten Landtag wird baldigst erwartet. Vorzüglich wichtig wird derselbe dadurch, daß er zum Dreikönigsbunde seine Zu stimmung zu geben hat. Sein Entschluß über diese Angelegenheit wird sür die Zukunft Sachsens von bedeutenden Folgen sein. Obgleich sich viele Stim men gegen den Anschluß an Preußen aussprechen, sowohl von demokratischer als von aristokratischer Seite, weil erstere Partei dadurch die Rückkehr zu gesicherten Zuständen, letztere eine zu große Unter ordnung ihrer Interessen fürchtet, so kann doch kaum geleugnet werden, daß nur durch den Bei tritt Sachsens und durch das Zustandekommen des engeren Bundes unter Präsidentschaft Preußens noch ein Rückgehen auf eine erneuerte Auflage des alten Bundestages unter österreichischem Vorsitz und der Verlust der Errungenschaften, welche der Ber liner Verfassungsentwurf, der dem Frankfurter im Grunde doch sehr ähnlich ist, obenan das Volks haus, enthalt, vermieden wird und daß ein Fürsten- Congreß nach Art des Wiener 18l3 die Geschicke Europas ordnet, wie von Oesterreich und neuer dings von Rußland vorgeschlagen worden ist. Ein Rücktritt von dem Bündnisse mit Preußen und Hannover und ein AUeinstehen (denn ein Anschluß an Oesterreich ist gleich gar nicht möglich) könnte überdieß Sachsen leicht in eine für seine Zukunft fürchten lassende Lage bringen; denn eben das Un sichere, das Schwankende in seiner Politik hat Sachsen auf die jetzige Stufe der Schwäche und Abhängigkeit gebracht, während es Preußens Stel lung cinnehmen könnte, welches aus der ärmlichen Mark durch eine feste Politik eine europäische Groß macht geworden ist. Die Erfahrung hat gelehrt, daß fast kein Land Jahrhunderte lang eine so kläg liche Politik verfolgt hat und dadurch zu Grunde gegangen ist, als Sachsen, und man kann nur wünschen, daß jetzt seine Zukunft gesichert werde und eine Ausnahme von jener Regel gemacht wird, da die Zeit kommen könnte, wo es zu spät ist. Nichts ist jetzt unsinniger als der von mancher Seite so sorgsam gepflegte Preußenhaß, denn grade durch eine feindliche Stellung gegen dasselbe könnte früher oder später das herbeigeführt werden, was nicht gewünscht wird, ein Aufhören der Selbst ständigkeit Sachsens, während durch das preußisch- sächsisch-hannoversche Bündniß Preußen keinen Vor theil erlangt, als den es durch seine Macht und Stellung schon inne hat. Baden. Die Zahl der Kranken in Rastatt be trägt noch gegen 800; viele derselben leiden an sehr ekelhaften Krankheiten. — Todesurtheile sind kürz lich wieder zwei vollzogen worden; mehrere andere sind sistirt. — Die Bürgerausschüsse sind in vielen Orten aufgelöst. — Die Gewehrfabrik in Furt- wangen fertigt Zündnadelbüchsen mit gezogenen Laufen, Windung zu 40 , 45 und 50 Gulden. Zugleich ist der Zündstoff für Patronen daselbst zu haben. Pfalz. Als am 2. September in Pirmasens eine baierische Jnfanteriecompagnie einrückte und bei den Einwohnern einquartirt wurde, beging ein dasiger Bürger an einem Soldaten die Schandthat, ihn meuchlings in seiner Behausung zu ermorden. Auf die Nachricht davon ward Generalmarsch ge schlagen, jedoch waren die Soldaten vor Wuth