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I sodann über den Gesetzentwurf betr. die Ansiedelung ' I von Kriegsteilnehmern. — Ter Berichterstatter Ober- I biirgermeister Tr. Sturm-Chemnitz weist darauf I hin, daß die Errichtung von Krieger heim st Lt- / I tcn eine Förderung verdient. Für Sachsen würden H etwa 5- 6000 Kriegsteilnehmer in Frage kommen. W Exzellenz Tr. Waentig dankt der Regierung I sür die Ausführung des Gedankens, oer sch an lange I ein Ziel des Bundes deutscher Vodenreformer dac- s' I stelle. — Kammerherr Tr. v. Frege - Weltzien be- I tont, daß auch der Schutzverband des deutschen Grund- I bejitzes schon lange philanthropische Absichten gehegt ? I habe. Ter Gesetzentwurf findet hieraus Annahme. H D - In Titel 2 des außerordentlichen Etats werden D sür Zuschüsse zu den Reichsbeihilsen für Kriegs- Iwo hlsahrtszw ecke an die Bezirksverbäude und I Gemeinden 4 440000 Mark angesvrdert. Tie Foroe- I rung wird debattelos bewilligt. — Es folgt die I Beratung über die Anträge Castan und Gen. betr. I die Regelung der Kriegsunter stütz uug sür die v I Familien der zum Heeresdienst Einberufenem und der v »Ecwerbslosensürsorge betr. — Tcn Bericht o I erstattet Kammerherr Dr. v. Frege Weltzien. Tas I Haus erledigt die Anträge in Uebereinstimmung mit r I den Beschlüssen der Zweiten Kammer. — Hierbei I ersucht Oberbürgermeister Blüher - Dresden die Re- I gierung, dem Anträge beider Kammern, den Staats- i I beitrag kür die Kriegsuntevstützung an die Lleferungs- r I verbände zu erhöhen, mindestens aber auf den Be- ' I trag der Reichsbeihilsen von 1110000 Mark monzt- ' W lich zu bringen, beizustimmen. Ferner beklagt er h » sich darüber, daß bei der Verteilung der Rcichszn- " D sthüssc das industrielle Sachsen hinsichtlich der Be- Z I dürstigkeit von Staatsbeiträgen zu kurz komme, und - I weist darauf hin, daß die Leistungen Ser Gemeinden r I gegenüber denen des Staates verhältnismäßig hoch ) I seien. So hätten die drei großen Städte des Landes » I in derselben Zeit, wo der Staat 14 Millionen ausge- l I geben habe, etwa den fünffachen Betrag aufgebracht. - I — Finanzminister v. Seydewitz erklärt hierzu, daß l I eine andere Verteilung der Rcichszuschüsso wohl kaum l I herbcizuführen möglich sein werde und daß er leider > I nicht in der Lage sei, eine Erhöhung öer StaAszu- > I schüsse aus über eine Million Mark monatlich zuzu- r I sagen. Der Staat könne vorläufig nicht mehr tun. > I — Oberbürgermeister Sturm- Chemnitz und Ober- l »biirgermeister Keil-Zwickau bedauern die ableh- > I nende Haltung des Ministers. — Ferner bewilligt >. I das Haus debattelos die Etateinstellungen für die : I Zwecke der staatlichen und anderen gewerblichen Schu- I len, landwirtschaftlichen und Handelsschulen im atlge- I weinen betreffend, ferner für die Vermehrung der I Personen-, Gepäck- und Güterwagen und sür die Er- I Weiterung des Bahnhofes Zwickau. —' Weiter wird I die Staatshaushaltsrechnung der Kasse der Ober- I rechnungskammer nach erfolgter Prüfung für fest- I gestellt erklärt und die bei verschiedenen Kapiteln des I Rechenschaftsberichtes vorgckommenen Etatübcrschrei- Itungen tverden nachträglich bewilligt. — Nächste I Sitzung Dienstag, 4. April, vorm. Uhr. Dresden, 31. März. (Zweite Kammer.) I Bor Eintritt in die Tagesordnung kommt ern Schrei- Ibeu des Vizepräsidenten Opitz zur Verlesung, in Idem er sür die ihm von der Kammer aus Anlaß I seines 70. Geburtstages ausgesprochenen Wünsche I dankt. — Dann erledigt das Haus ein Schreiben Ides Gesamtministeriums, betr. die Vertagung des »Landtages. Ohne Debatte beschließt die Kammer »ihre Zustimmung dazu zu geben, daß nach Erfolg I der Vertagung des gegenwärtigen Landtages der I Termin für den Wiederzusammentritt von der Re- I gierung nach Gehör der Präsidenten beider Kammern I festgesetzt werde. — Es folgt die Schlußberatung »über Kap. 91, Universität Leipzig betr. — Nach I eurer Anfrage des Vizepräsidenten Fraßdorf, ob I an der Universität praktische Hebungen für rationale I Berordnungsweise beständen und ob sür die in Aus- I sicht genommene Professur an der physikalisch-drä- IteUschcn Therapie auch entsprechende praktische Ue- I bangen vorgesehen seien, entgegnet Kultusminister »Dr. Beck, daß ihm die erste Frage überr stehend I gekommen sei, er werde aber die Universität um Be- I richt bitten. Bezüglich der zweiten Angclegmheit I könne er nur erklären, daß eine außerordentliche Pro- Iscssur sür physikalisch-diätetische Therapie vorgesehen Isei, daß der betreffende Professor zur Zeit aber im I Felde stehe. Wegen der praktischen Uebungen werde Istch das weitere ergeben. Das Kapitel findet An- » nähme, ebenso ohne Aussprache Kapitel 14 des Etats, »staatliches Fernheiz- und Elektrizitäts Werk zu Drcs- Iden nach der Vorlage. — Weiter werden bewilligt »ohne Aussprache die Mittel zum Bau des Schiencn- Igicstes der elektrischen Straßenbahn nach Klotzsch?, »sowie die Anlegung einer Gleis-Schleise am Heller. I- Ohne Aussprache werden weiter dre Mittel für Itie Herstellung einer vollspurigen Nebenbahn von iKupserhammer-Grünthal nach Deutschneudorf bcwil- Migt, nnd alsdann die Etatsüberschreitungen bei Ka- Mitel 7, 8 und 9 des Rechenschaftsberrchtes geneh- Mnigt. — Zur Schlußberatung gelangten hieraus die Wtutkapitel Leipziger Zeitung und Sächsische >S to atszeitung. — Der Berichterstatter Abg. >Seysert (natl.) hebt den Wunsch der Deputation Mcrvor, die Leipziger Zeitung zu verkaufen. — Mtaatsminister Graf Vitzthum v. Eckstädt: Dir Megierung beabsichtige nicht, die Leipziger Zeitung Mväyrend des Krieges zu verkaufen, weil fie eines Wfiziösen Organs bedürfe, werde aber die Anregung Wer Deputation erneut prüfen. Ob der Barkauf zu- Mai.de komme, hänge allerdings von der gebot:» n Maussumme ab und von der Erwägung, ob die Staats- Meitung bet ihrem amtlichen Charakter für offiziös? Muslassungen in Frage kommen könne. — Das Ka- Mitcl Leipziger Zeitung wird hierauf mit 29 gegen 22 Stimmen der Sozialdemokraten, Fortschrittler und einiger Nationalliberaler angenommen, das Kapitel Sächsische Staatszeitung mit 31 gegen 20 sozialde mokratische Stimmen. Die Schlußberatung über die Petition der Handelsgesellschaft Brambacher Sprudel G. m. b. H. um Gewährung einer lau senden Unterstützung von 50000 Mark jährlich und eines Darlehns zur Errichtung eines Badehauses so wie eine Anschlußpetition führt zu einer längeren Aussprache. — Abg. Seyfert (natl.) beantragt namens der Deputation, die Petitionen dec R'gio rung in dem Sinne zur Kenntnisnahme zu über weisen, daß sie für die Zeit des Krieges der Ge sellschaft Mittel zur Verfügung stelle, durch die sie in Stand gesetzt wird, den Badebetrieb aufrecht zu erhalten. — Nachdem sich eine Anzahl Redner sür und gegen die Petition ausgesprochen haben, legt Geh Finanzrat Hederich namens der Regierung zah lenmäßig dar, wie weit man bisher der Gesellschaft entgegengekommen sei, bei der es sich nicht um eine Wohltätigkeits-, sondern um eine Erwerbs-Gesell- schaft handle. Die Regierung sei zu weiteren finan ziellen Zugeständnissen nicht bereit. Er bitre, di? Petition auf sich beruhen zu lassen. Nach weiterer Debatte wird der Teputationsantrag mit 46 gegen 15 Stimmen abgelehnt. — Bei der nun folgenden Schlußberatung über Kap. 60 des Etats Landwirt schaft, Handel und Gewerbe un allgemeinen betr weist Abg. Nitzschke (natl.) auf die elänzen- de Entwickelung der Industrie hin, ein Zeugnis deut schen Fleißes. Die Landwirtschaft stehe hinsichtlich der Bewirtschaftung des Bodens an erster Stelle. Ter Handel habe unter dem Kriege allerdings schwer zu leiden. Redner wendet sich gegen die Beschlag nahme von Rohstoffen und die Tätigkeit mancher Relchsstellen. Die Regierung dürfe nicht nur die Steuern erhöhen, sondern auch oie Leistungsfähig keit von Handel und Gewerbe nach Möglichkeit heben. — Abg. Schön selb (kons.) betont die Notwendig keit, dw deutsche Landwirtschaft mit deutschen Ar beitskräften weiter zu führen. Tas Kapitel wird darauf einstimmig angenommen. — Nach kurzer Debatte wird Titel 3 des außerordentlichen Etats, der als Zuschüsse zur Unterstützung der durch das Baumwoll- und Wollverarbeitungsverbot arbeitslos gewordenen Textilarbeiter und ihrer Angehörigen vier Millionen vorsieht, nach der Vorlage genehmigt. — Weiter werden ohne Debatte bei Kap. 57 nach dec Vorlage 2 485000 Mark für Landarmen- und Fürforgeerziehungswesen sowie Wanderacmensüc- sorge bewilligt. — Es folgt die Schlußberatung über Kap. 50, Armenkrankenpflege und sonstige Ausgaben im Interesse der öffentlichen Wohlfahrt betr. — Abg. Koch (fortschr.) spricht H'ch anerken nens über die Krüppelhilse aus und erörtert di? Fruge der Bekämpfung der versteckten Bettelei, die jich jetzt wieder schwer bemerkbar mache. Die Re gierung möge energisch hiergegen einschretteu. — Abg. Schnabel (natl.) bittet, die Gesuche von Kin derhorten recht wohlwollend zu prüfen. —Nach wei teren Bemerkungen der Abgg. Schanz (kous), Uh lig (foz.) und Koch (fortschr.) sowie oes Ministers des Innern wird das Kapitel nach dem Anträge der Deputation erledigt. — Kip. 68, Reichsver sicherung und Unfallsürsorze für Ge sungene betr., wird nach kurzer Debatte, an der sich dre Abgg..Fr äß d o rf und Held stoz) betei ligen, nach der Vorlage angenommen, ebenso Kap. 69, Statistisches Landesamt. Damit ist dre Tages ordnung erschöpft. — Nächste Sitzung Montag nachm. Uhr. 3. April 1915. (Beginn der Maas-Mos et- Sch lacht. —KampfumdenKobitaberg.) Im Westen beginnt mit diesem Tage eine neue große französische Offensive zwischen Maas und Mosel, in der Gegend des viel umstrittenen Combrcs; diese Kämpfe dauerten über zwei Wochen. — Im Osten begannen nun die heftigen Kämpfe um der; Kvbila- berg irr den Ost-Beskiden. Sofort machte sich die deutsche Unterstützung des Bcskidenkorps fühlbar: mit vereinten Kräften gelang es, die Russen am wei teren Vormarsch zu hindern und ihren Bergstellun- gen gegenüber einige Stützpunkt? zu gewinnen, von denen aus systematisch gegen den Feind operiert wersen konnte. In der Bukowina und irr Süoost- galizien waren die Kämpfe inzwifchen zum Abschluß gekommen und bis auf einige wenige Punkte waren sie Russen aus der österreichischen Provinz vertrieben — Fortan erschien auch ein Verordnungsblatt der deutschen Zivilverwaltung in Polen, aus dem her vorgeht, daß bereits wieder geordnet? Zustände ein- zutretcn begannen; Grenzverkehr, Prozeß- und Straf recht u. a. m. waren geregelt. — Die Türkei hatte Len Verlust des Kreuzers Medjidie zu beklagen, der aus eine Mine stieß und unterging. — In Deutsch- Südwestasrika besetzte englische Uebermacht die deut sche Kolonie Warmbad und nördlich davon gelegene deutsche Stationen. 4. April 1915. (Kämpfe im Westen. — Be ginn des Sturmes auf den Kobilaoerg.) Im Westen versuchten die Belgier vergeblich, sich wieder in den Besitz des Ortes Drie Grachten zu setzen, im Argonncrwalde bei Varennes und im Priesterwaldc wurden sranzösische Angriffe abg- schlagen. — Im Osten, den Ostbcskiden, begann der Angriff auf den Kobilaberg, die russische Schlüssel stellung. Bei Virava machten die Russen, die die ihnen drohende Gesahr sehr wohl erkannten, einen Vorstoß, der von dem deutschen Beskidenkorps scharf abgewiesen wurde. Auch die Mitte der russijchm Stellung wurde von Jawirska aus angegriffen und gegen Mittag konnte bereits der Sturmangriff der Infanterie beginnen, der jedoch in furchtbares rus sisches Feuer geriet, sodaß sich die Angreifer in den erreichten Stellungen eingraben mußten. Das war der erste Ostertag. — Wie die Russen in der Buko wina gehaust hatten, das wurde in diesen Tagen durch russensreundliche rumänische Berichte klar; nichts, auch nicht Gottes Häuser, waren von den russischen Mordbrennern verschont geblieben, auch nicht das Haus des berühmten Wunderrabbi von Sudagora; in den Museen tranken die russischen Soldaten den Spiritus, in dem Schlangen aufbewahrt waren. Russische Kultur und Zivilisation! Tcr Diamant des Rajah. Roman au« der Londoner Verbrecherwelt von H. Hill. Frei bearbeirel von Karl August Tscbak. 56 Fortsetzung. Die Wirkung dieser Worte war eine überraschende. Die junge Dame richtete sich plötzlich kerzengerade auf und rollte wild die Augen. „Ich bin ein kleines Vögelein," erwiderte sie mit dünner Stimme. Um der Wahrheit die Ehre zu geben, sei hier fest- gestellt, daß noch ein anderer Friedensrichter sich der Mühe unterzog, die Kranke zu befragen, ob sie irgend einen Wunsch habe — ob sie sich ganz glücklich und zufrieden fühle. „Glücklich und zufrieden wie eine Lerche, denn ich bin ein kleines Vögelein," zwitscherte die Patientin, dann fiel sie zurück und faßte mit bebenden Fingern nach dem Besätze ihrer Taille, wodurch sie in theatralischer Weise die von Simon erwähnte Krankheit andeutete. Die Elmslie neigte sich mit einem Belebungsmittel über sie; das war der letzte Eindruck, den die Friedensrichter von einem Falle Mitnahmen, unter dessen Rubrik im Anstaltsregister sie später zu dem Vermerke „Käthe Milborne, Behandlung für gut befunden" ihre Unterschrift gaben. Mit stereotypen Mit leidsbeteuerungen, die infolge steten Gebrauchs etwas hohl klangen, verließen sie das Zimmer. Jeder für sich ge nommen, waren es lauter mildherzige Menschen; alle zu sammen waren sie dem heiligen Bureaukratius ganz nnd gar verfallen. Lottie Mackenzie ließ einige Minuten verstreichen, dann setzte sie sich auf und lachte. „Sie werden mich noch mit Ihrem Riechsalz ersticken. Habe ich meine Sache gut ge macht?" „Glänzend I Sie würden eine ausgezeichnete Irrsinnige abgeben," entgegnete die Elmslie trocken. „Doch jetzt muß ich fort, um die alten Herren auf ihrer Runde zu begleiten. Was immer Sie auch tun, dieses Zimmer dürfen Sie nicht eher verlassen, als bis sie fort sind, und wenn sie zufällig vielleicht wieder zurückkommen sollten, nehmen Sie sich zu sammen und bleiben Sie bei Ihrer Rolle." Mit diesen Ratschlägen ging die Oberpflegerin davon, um ihren Dienstherrn bei den erforderlichen Lügen und Verdrehungen zu unterstützen, während die Kommission die übrigen Kranken inspizierte. Als sie fort war, verschloß Lottie die Tür, um sich vor Uebcrraschungen zu sichern, nahm einen Roman unter dem Sofapolster hervor und setzte sich am offenen Fenster nieder, durch das man einen Ausblick auf eine kleine Rasenfläche hatte, die sich längs der einen Seite des Hauses hinzog und als ein Heiligtum des Besitzers der Anstalt und seiner Familie respektiert wurde; ein von dichtem Gebüsch ge bildeter Gürtel trennte es von deni großen, mit un gepflegtem Grase bewachsenen Vorplatze. Lottie hatte schon oft gedacht, wie schön es sich in diesem Winkel flirten lassen müsse, wenn der so langersehnte Kavalier einmal erschiene. Während sie las, gab ihr plötzlich ein schüchternes Räuspern Anlaß, auszublicken, und wahrlich, dort stand ein Kavalier, wenn nicht gar der langersehnte Ritter. Ein junger Mann in modischer Kleidung, von keineswegs un vorteilhaftem Aeußeren, betrachtete sie mit einem Interesse, das sie sür Bewunderung hielt. Für einen Augenblick ver gaß Lottie ihre Rolle. Sie legte das Buch aus der Hand und lächelte geziert. Dan» aber gedachte sie wieder des Seidenkleides und der anderen bedeutsamen Dinge, die auf dem Spiele standen, und zog die Stirn in strenge Falten. Der junge Mann näherte sich dem Fenster. Ohne auch nur im geringsten zu wissen, wer sie wäre, hatte er doch das erste Lächeln ziemlich gut zu deuten verstanden. „Könnte ich für ein paar Worte Gehör bei Ihnen finden?" fragte er sanft. Fräulein Mackenzies Herz wurde von einer Fülle widerstreitender Gefühle bewegt. Was diesen ganz und gar nicht zu verachtenden Fremden anbetraf, lag zweifel los ein Fall von „Liebe auf den erste» Blick" vor; doch durfte sie gerade jetzt wagen, ihn zu ermutigen? Das nicht, aber versuchen konnte fie doch, hcrauszubekommen, wer er eigentlich sei. Sie wußte, mit welchen Schwierigkeiten es für Personen, die nicht beruflich in der Anstalt zu tun hatten, verknüpft war, den Grund und Boden des Grauen Haases zu betreten, und dieser Umstand gab ihr einen glücklichen Gedanken ein. „Sie sind wohl einer der inspizierenden Herren Richter?" fragte sie demütig. „Ganz recht," erwiderte der interessante Fremde. „Ich kam zu spät, um mich den anderen anschließcn zu können, und zog daher vor, in diesem — wunderschönen Garten ein wenig herumzustreifen. Ich hatte keine Aynung, — daß ich so glücklich sein würde " „Ich möchte so gern Ihren Namen wissen," sagte Lottie, bei der der Hang zur Romantik die Vorsicht in den Hinter grund drängte. Die Frage schien den Angeredeten etwas in Verlegenheit zu bringen, aber er überwand sie schnell. „Ich bin der ehrenwerte Herr Talgarth, Lord Hauer stocks ältester Sohn," war die Antwort. „Auch ich meiner seits würde mich freuen, könnte ich erfahren, mit wem ich das Vergnügen habe, zu sprechen." Jetzt fiel auf einmal Lottie wieder das seidene Kleid ein und all die anderen Gefahren und Schrecknisse, die die ganze Anstalt bedrohten, und sie hielt sich daher an die erhaltenen Instruktionen. „Ich bin ein kleines Vögelcin," zwitscherte sie mit süßem Locken, „nur bin ich ziemlich einsam," setzte sie, sich vergessend, hinzu. „Ein hübsches Mädchen wie Sie sollte wahrlich nicht so einsam sein," entgegnete der Besucher. „Da müßte ich es fast darauf anlegen, hierhergeschickt zu werden, um Ihnen Gesellschaft leisten zu können." „Ich wünschte, Sie täten das — wirklich, das wäre herrlich," murmelte die schöne Lottie und schlug verzückt die Hände zusammen, wodurch sie sich immer mehr von der Rolle entfernte, die sie verkörpern sollte. „Aber Sie meinen es ja doch nicht im Ernst?" schmollt« sie.