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griffe abschlägt und Kisielin hält, muß dcr linke "nter dem Druck überlegener Kräste des II. Gar- dekolps hinter den Stochodlauf westlich Trysten zu- rückgenommen werden. Der 'Angreifer drängt nach. Der folgende Tag bringt die Fortsetzung der heißen Kämpfe, dis sich allmählich über die ganze Front der Heeresgruppe Linsingen ausdehnen. Im südlichen Abschnitt werden starke russische Angriffe südöstlich Swiniuchy abgeschlagen; in dem Waldge lände wogen erbitterte Handgranatenkämpse unent schieden hin und her; weiter nördlich wirst ein deut scher Gasangriff den in österreichischen Stellungen eingcbrochensn Feind mit großen Verlusten hinaus. Der russischen Garde gelingt es, ihren Deiler- jolg vom Tage Zuvor weiter anszudehnen und im Angriff durch den Wald westlich von Trysten über den Stochod vorzustoßen. Eiü Gegenangriff wirft den Feind hier zurück. Der heiße Brennpunkt der Kämpfe aber entwickelt sich im Gelände von Ki sielin. Unsere Drahthindernisse bei Kisielin sind stumme und doch erschütternd sprechende Zeugen der beson nenen Ruhe unserer Truppen und des todesmutigen Ansturmes unseres Gegners. In zersetzt blutigen Klumpen liegen und hängen sie dort >'m Stachel draht, die zerrissenem Ueberreste tapferer russischer Infanterie. Am Nachmittag zerschellte unter äußerst schwe ren Verlusten der erste gegen Kisielin vorgetragene Angriss. Brussilows Methode: unbarmherziges Bor peitschen dichter Mafien kam hier zur vollen Ent faltung. In drei dichten Angriffswellen mit fol genden Gruppenkolonnen, mit nachdrückenden weite ren 20 Angriffswellen soll Kisielin genommen wer den. Die 23 Wellen und die Gruppenkolonnen wer den nutzlos hingeopfert und zerstäuben in blutige Einzelhausen. Der gleichzeitig von Südosten an gesetzte Angriff bricht schon im Sperrfeuer zusam men. Ein 4 Uhr nachmittags erneuter Ansturm wird wie der erste blutig und restlos abgeschlagen. Auch am 30. Juli brechen alle Angriffe vor den Hinder nissen nieder. Drei am nächsten Tage mit aller Wucht unternommene Anstürme gegen das im Ge lände von Kisielin auf beherrschender Hohe liegende Vorwerk Leonowta führen keinen Schritt vorwärts und erleiden das Schicksal der vorherg^gangenen. Inzwischen hat sich der allgemeine Angriff längs der ganzen Stochodlinie nach Noroen ausgedehnt. Von Süden, Südosten und Osten drückt der Russe gegen die Front und sucht die schwache Stelle zum Durchbruch nach Kowel. Im Stochodabschnitt -Liniewka—Janowla färbt sich das Wasser von dem Blut der Verwundeten und toten Opser, die General Brussilow vergeblich vor treiben ließ. Südlich Janowka gelingt den Russen ein Einbruch. Die hier dünno Verteidigungslinie wird in der Nacht zurückverlegt. Das am Stochod östlich von Kowel stehende, österreichische Korps weist in schweren Kämpfen alle Angriffe unter größten Verlusten für den Gegner ab." Nur nördlich von Zarecze dringt der Russe auf das linke Ufer und gräbt sich in den Sanddünen ein. Truppen einer bayerischen Division treiben andere über den Fluß vorgostoßene feindliche Ba taillone in wildem unerbittlichem Gegenstoß zurück und bereiten ihnen nasse Massengräber im Stochod. Ter dritte Tag des allgemeinen Angriffs auf Kowel bricht an (30. Juli). Die ausgehende Sonne beleuchtet Lsichenselder vor unseren Hindernissen längs der ganzen Front und zieht den nächtlichen Schleier unbarmherzig von qualtollen Todeskämp je» der im Sumpf und Wajser erstickenden und er trinkenden Angreifer. Sie leuchtet aber auch über den Tag, an dem der Befreier Ostpreußens zum Oberbefehlshaber über die gesamte deutsch-österrei chische Ostfront vom Rigaischen Meerbusen bis Wol hynien ausersehen wurde. Generaljeldmarschall v. Hindenburg tritt dem General Brussilow gegenüber. „Die Schlacht ist eine Studio für den Feldherrn. Wer wird der Klügere sein — du oder er?" — So kennzeichnete einst der Oberbefehlshaber den Geisteskampf zweier Jeldherrn gegeneinander, deren Gedanken sich m blutige Taton umsetzen. Ein neuer Faktor tritt mit dem Oborbefeyls- haber in das wechselvolle Spiel des Ausgleichens der gegenseitigen Kräste: General Brussilow stützt sich aus den Druck der in Bewegung gesetzten, durch unerjchöpjliches Menschenmaterial aufzufüllenden Masse. Der Feldmarjchall vertraut dem unerschüt terlichen Siegeswillen eines seit zwei Jahren gegen zahlenmäßige Uebermacht kämpfenden Heeres, das zusammen mit dem ganzen Volke unbeirrt durch alle Wechseljällo des Krieges an seinen F'ldherrn glaubt. Die beiden solgenden Tage (3l. Juli und 1. August) bringen den Abschluß des ersten allgemei nen Angriffs gegen den Stochod. Der erste Akt der Schlacht von Kowel endet für den Gegner mit einem großen Schuldkonto: geringer Raumgewinn, vereinzelte in keinem strategisch verwertbaren Zu sammenhang stehende örtliche Erfolge — bezahlt mit selbst sür Brussilows Führung unerhörten Blut- opfern. Nicht ein einziger entscheidender Schritt vorwärts auf dem Wege nach Kowel! Auch die Versuche, an den letzten Angrrffstagen den Schwerpunkt mehr nach Norden gegen den Sto- chodlaus östlich Kowel zu verlegen, bleiben ohne Er folg. Neue Truppen waron herangeschleppt, die Gardekorps nach Osten an den Stochod verschob:» worden. Erbitterte, unerhört heftige Angriffe be sonders in: Gelände bei Smolary brachen unter furchtbaren Verlusten zusammen. Am 1. August wollte der Gegner bei Kisielin noch einmal den Durchbruch erzwingen. Zu sechs An griffen wurde die Trupps schonungslos oorge- trieben, in sechs Angriffen brach sie blutig zusam men. Nördlich der Bahn aber herrschte am l. August teilweise eine unheimliche Ruhe. Die russische In fanterie hat dort anscheinend dem Angriffsbefehl den Gehorsam verweigert. Ein Schlaglicht beleuch tet das Geheimnis dieser Ruhe: „An den Führer der 5. Kompagnie, Rgt. 309: Wenn die Kompanien nicht augenblicklich vorgehen, so gab der Divisions kommandeur sein Wort, die Kompanieführer vor Gericht zu stellen und dis Kompanien unter Maschi- nengewchrfsuer zu nehmen. Unterschrift: Der Kommandeur des 11. Bataillons." Am 2. August griff der Feind im allgemeinen nicht an. Auch am 3. August herrschte im wesent lichen die Ruhe der Erschöpfung. Nur in der Nacht zuin 2 August hatte der Feind einen kräftigen Vor stoß gegen das Gelände südlich ron Rudka Mirynska unternommen, der völlig mißglückte. Fluchtartig wichen die Russen zurück und ließen m diesem kaum zwei Kilometer breiten Streifen 800 (gezählte) Tote liegen. Ihre Gesamtzahl war in dem teilweise durch Hotzes Getreide unübersichtlichen Gelände erheblich höher gewesen. Von zwei Bataillonen des russischen 8. Schützen-Regiments kehrten 162 Mann, vom gan zen 7. Schützen-Regiment nur zwei Kompanien zu rück. Aber den Führer des 1. turkestanischen Armee korps packte am 3. August ein unbezähmbarer Ehr geiz, Kowel mit seinen Truppen allein zu nehmen. Er setzte seine Kräfte zu einem starken Angriff an, brach bei Rudka Mirynska in die dortigen österreichischen Gräben ein und begann sich in einer Brückenkopfstel lung zu befestigen. Preußische und bayrische Truppen sahen den Schanzarbeiten nicht lange untätig zu, schritten von Westen und Norden zu eurem frisch durchgeführten Gegenangriff und jagten, unterstützt durch ein sich ausgezeichnet schlagendes Polenba- tcillon, die Turkestanen über den Fluß zurück. Die vorübergehend verlorene Stellung war sofort wieder gewonnen und der Ehrgeiz des Generals jenes Ar- meelorps kühlte sich auf dem rechten Ufer wohl wieder ab. Nun wird der russischen Armee als zweiter An- grissstermin zum Durchbruch nach Kowel der 7. August als Parole eingehämmert. Trübes, regne risches Wetter verzögert den Beginn des zweiten Ansturmes aus das besohlens Operationszrel um einen Tag. Am 8. August aber leitet heftiges Trom- melseuer den zweiten Akt des heißen Ringens um Kowel ein. General Brussilows Angrifssmethode feiert jetzt ihren Triumph: am Vormittag gegen , 1l Uhr stürmt der Feind nach starker Artillerievor bereitung wieder gegen Vorwerk Leonowka bei Ki sielin. In sechs Wellen, wieder mit nachfolgenden Gruppenkolonnen, wälzt sich dre Sturmflut heran. Die vorderen Wellen werden von Offiziere» ge führt, die Hinteren Wollen werden durch Offiziere - wie deutlich erkennbar — mit geschwungenen Peit schen getrieben. Vielleicht versprach sich der russi sche Führer eins größere „moralische" Wirkung die ser Henkcrsarbeit, wenn sie von Offizieren statt wie sonst von Kosakenhorden ausgeübt wird. Weiter südlich hatten sich gleichzeitig heftige Angriffe gegen die dort mit deutschen Truppen ver mischten k. und k. Verbände entwickelt. Ueberlegs- ner Feind drückte nordwostlich Liniew österreichische Stellungen ein, wurde aber durch tosortigen Ge genstoß deutscher Truppen in seine Ausgangsstellmt- gcn zurückgeworfen. Auch auf dem linken Flügel unserer Front ent- brenucn neue und heiße Kämpse. Das erste Garde korps setzt hier nach kurzer Ruhe seine beiden Dl- visionen zu wütenden Sturmangriffen ein. Am Stochod westlich Janowka dringt oie Garde Infan terie am späten Nachmittag des 8. August in einen längeren Grabenabschnitt. Bis in dis Nacht hinein wogt der erbitterte Handgranatenkampf. Nach Mit ternacht herrscht Ruhe. Der Verteidiger-hat die Gräben wtedergewonnen und schläft «leben Hügeln toter russischer Garde-Infanteristen. Aus dem äußersten NordflügÄ — im Gelände von Smolary — setzt die russische Führung dos I. sib. A.-K. ein. Hier entspinnon sich erbitterte Kämpse vom 8. bis 10. August, besonders um die Sand- düncn von Zarecze. Zwischen 8 Uhr abends und 4 Uhr vormittags zum 9. August stürmen die Si birer mit Teilen dor 77. Division nicht weniger als sechs mal. Ungeheusrliche Blutopser lassen einen bescheidenen örtlichen Erfolg gewinnen: einige Sand- dünen aus dem linken Stochodufer bei Zarecze. So endet mit dem 10. August der zweite .allgemeine Angriss auf Kowel. Brussilows Führung kennzeichnet sich durch eine fast an Grausamkeit streifende Kaltherzigkeit im Opfern seiner Menschenmassen zur Erzwingung seiner strate gischen Pläne. In zwei großangelegten gewaltigen Sturm angriffen von mehrtägiger Dauer sinken die Sturm- truppen mit ungeheuren Verlusten zusammen. Tas strategische Ziel bleibt unerreicht; hier und dort ein geringer örtlicher Erfolg. Das ist der ganze Ge winn. Weiter tobten dis Kämpse um die Dünen bei Zarecze, wo die angreifenden Truppen des 1. sib. A.-K. der 77. u. 78. Division vom 28. Juli bis Mitte August etwa 30 000 Mann eingebüßt haben mögen. Aussagen von Gefangenen find vorsichtig zu be werten. Immerhin darf aus ihnen und aus unseren eigenen Wahrnehmungen mit einer gewissen Wahr scheinlichkeit geschlossen werden, daß die russische Füh rung ihren strategischen Mißerfolg in der Schlacht um Kowel bisher mit einem blutigen Verlust' von mehr als 100000 Mann bezahlt hat. Am 12. August sollte Kowel in russischer Hand sein. — „Um jeden Prvis." Ein erschreckend hoher Preis war gezahlt, aber Kowol blieb in un serer Hand. Rumänischer Spieleinsatz. v. 6. X. Dis Sache von vier Großmächten mit zu sammen mehreren hundert Millionen Einwohnern kann nicht gut stehen, wenn der Zuwachs von sieben Millionen Rumänen zu dieser Masse ein Freudengeschrei auslösen kann, wie wir's jetzt in den verschiedenen Hauptstädten der Entente erleben. Merkwürdige Leute, unsere Feinde! Als König Eduard seine Schlingen legte, hielt man das für unser Todesurteil, und als die Meute zum fröhlichen Jagen auf Deutschland losgelassen wurde, versprach Grey mit väterlichem Wohlwollen, er werde sicherlich beim Frie densschluß sein Bestes tun, daß Deutschland nicht ganz vernichtet werde. Es ist wahrlich anders gekommen, als die Vollstrecker von Eduards Erbe geträumt haben, und doch wächst der feindlichen Hydra der Illusionen und enttäusch ten Hoffnungen, wenn wir ihr ein Haupt abschlagen, im mer schnell ein neues. Cadorna ritt in die Schranken, als bei Gorlice der große Durchbruch gelang, wurde als Ret ter bejubelt, Und hat die österreichische Mauer kaum bewegt; jetzt nach den Schlägen an der Somme deckt Bralianu sein Gaunerspiel auf und man ist in den „Weltstaaten", die sich gegen Deutschland zusammenfanden, so bescheiden ge worden, daß man von dem kleinen Spekulantenstaat an der Donau den Erfolg und den Endsieg erwartet, den man selber nicht erlangen kann. Unsere Feinde zählen und rechnen falsch, sie schät zen falsch und empfinden falsch. Sie addieren und jauchzen jedem neuen Helfer zu, der gegen uns auftritt, ohne sich Rechenschaft zu geben, daß wir von ihrer Summe ortgesetzt subtrahieren und aus der anfänglichen Reihe chon gut drei Staaten glatt von der Landkarte a usgelöscht ;aben. Der Bund der Mittemächte allein ist gewachsen, ohne zugleich zu verlieren. Auf der Strecke der „Entente erfolge" liegen Belgien, Serbien, Montenegro, die wirt- Wer am 6. Februar kann und muß jetzt 100 Mark Kriegsanleihe zeichnen. Denke keiner: auf meine 100 Mark kommt es nicht an! Die Schlacht schlägt man nicht nur mit Generalen — es müssen auch die Massen der Soldaten dabei sein. Auskunft erteitt Sereitwissigst die nächste Aank, Sparkasse, Vostanstatt, LevensnerstcherungsanstaN oder Kreditgenossenschaft. 88 Mark hat