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Mi« Du mir, lo ick Vir oder Der klag« Vinllcker. Nllv. Weihnachrshumoreske von Irmgard Höfer-Sommer. Wie immer, wenn's interessant wurde, schickten sie Ully hinaus. Mit kindlichem Knix, Handkuß und Bieder meiergesicht verließ die zwölfjährige den holten, aber ebenso schnell und impertinent vollendete Hetty seinen Satz, „Wenn Du den zum Manne kriegtest!" — Gut, daß die Baumbachen die Treppe herunterrauschte und dem angehenden Krach ein Ende machte. Fräu lein von Baumbach saß in grünem Frackkostüm mit wallenden Federn er wartungsvoll im Fonds. Sie hatte seit ihrem 15. Jahre immer gewartet, wenn etwas männliches in Aussicht war — und jetzt schwankte ihr Alter zwischen 20 und 40. Ihr Körper wäre für jeden Osterologen ein interessantes Objekt gewesen, aber künstlerisch beseitigte ein Schneider aus München mit Watte und Roßhaar den Fleischmangel. Ihr Gesicht sah grau und ein bischen halbweltlich aus — und verwettert. — Aber sie hatte Chik, Geschmack und alle Tugenden einer Gesellschafterin. Si rarisch gebildet, sie tanzte entzückend. war von Nietzsche bis Rideamus lite- War in Musik und Sport gleichmäßig gut ausgebildet — und konnte so un endlich vornehm die Hausfrau spielen! — Wenn sie die nur noch mal in Wirklichkeit sein könnte. Und darum war sie heut wieder erwartungsvoll. Und Harres von Herningen kam- Er kam — aber auch nicht harmlos, wie sein Gastgeber sofort konstatierte. Sein frisches Gesicht zeigte ein förm liches Lächeln, steif, sehr steif begrüßte er die Damen. Hetty blitzte ihn feind selig an. Auf der Fahrt riß Fräulein von Baumbach die Konversation an sich, der Leutnant stand ihr Rede und Antwort und verlor die Gemachtheit von zuerst. Bei Hetty bemerkte der Vater außer dem Hängemaul auch noch ein paar dumme Trotzfalten zwischen den Brauen. — Mit fliegenden Zöpfen kam Ully im Gutshof den Ankömmlingen entgegen. „Na endlich! N' Tag Herningen! Mensch was sind Sie hübsch geworden und nobel! Hetty, der sieht nicht aus wie 'n Jnfantrist in Zivil, eher wie 'n Attachee oder 'n Jardemann!" — Herr Salon. Man hörte die wuchtigen, sich entfernenden Schritte, man hörte aber nicht die wiedernahenden, leisen Sohlen. Und Ully senkte den Kopf ans Schlüsselloch. „Also ich schick Ihnen den Bub vierzehn Tage Vorm Fest zur Jagd. Das weitere machen Sie! Die Hetty und der Harres waren als Kinder so gut Freund! Heilig Abend wollen wir Ihnen Ringe schenken." Händeschüttelnd nahm der schlanke Majoratsherr Abschied von seiner Freundin. „Machen wir, machen wir, der Kuckuck soll mich holen, wenn wir uns am vierundzwanzigsten nicht einen schwiegerelterlichen Kuß geben können!" Frau von Herningen wurde rot und drohte mit dem Finger. — „Reinen Mund halten, lieber Freund. Die beiden müssen ahnungslos von unserer Abmachung sein, sonst haben wir ver lorenes Spiel." Da Ully den Kernpunkt dieser ge ¬ heimen Unterredung erfaßt hat, fand sie es an der Zeit, lautlos auf dem Treppengeländer herunter zu gleiten. — Wer hatte geplaudert, wer hatte etwas verraten? Vater Hartung saß wenige Tage später mit düsterndem Gesicht im Schlitten neben seiner älteren Tochter und deren Gesellschafterin, Fräulein von Baum bach. Hetty zog ein offenkundiges schiefes Maul, hatte hochrote Wangen, Sprühaugen und beliebte zu schweigen. — Na, das machte doch um alles in der Welt keinen harmlosen Eindruck? Dazu der Wutanfall, den sie daheim bekommen hatte, als sie zur Bahn mitfahren sollte. „Woll'n wir nicht noch Ehrenpforten bauen, soll ich mir vielleicht Kränze ins Haar flechten für Deinen dummen Leutnant?" „Dummen Leutnant!" hatte der Vater erbost wiederholt, „dummen Leutnant? Lachen könntest Du, wenn Du —" erschrocken hatte er inne ge- von Hartung hatte Grund, sich auch über seine zweite Tochter aufzuregen, — aber der Leutnant hielt Ully keines wegs beleidigt an den Zöpfen. Die Tage gingen herum Von Verloben war nicht viel zu merken, eher von Verkrachen. Die Stimmung war schwül — die gegenseitigen Parteien standen sich feindselig gegenüber. Hartung saß schlecht gelaunt, ver- gxübelt in seinem Zimmer, als Ully zu ihm herein kam.