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1. Die schriftlichen Quellen In der schriftlichen Überlieferung hebt sich die Mitte des 10. Jh. durch schnelles Anwachsen der Urkun denausstellungen heraus. Für das Arbeitsgebiet be deutet das mit dem Jahre 948 das Einsetzen der ur kundlichen Überlieferung. 1 Damit verbreitert und erhöht sich die Aussagekraft der schriftlichen Quel lengrundlage. Die gegenseitige Ergänzung der chro nikalisch-traditionellen und der urkundlichen Über lieferung führt zu tieferen Einsichten (Santifaller 1967, S. 6 ff.; Brandt 1958, S. 59 ff.). Für das Ar beitsgebiet ergibt sich also eine neue qualitativ hö here Stufe der Arbeitsmöglichkeiten mit schriftlichen Quellen. Auch allgemein im Rahmen der deutschen Geschichte ist die Zeit Ottos I. mit einer Entfaltung des Urkundenwesens verbunden, in der sich die For mierung und Festigung des frühfeudalen deutschen Staates widerspiegelt (Müller-Mertens 1966, S. 9 ff.; 1980). Archäologisch ist der Übergang zur jünger slawischen Zeit sicher nicht als markant, linear ein schneidende Zäsur zu fassen. Er liegt für das Ar beitsgebiet in der Keramik der Leipziger Gruppe, die insgesamt das 10. Jh. beherrscht, und gestaltet sich fließend (Vogt 1987, S. 158 ff.; 1968 a; 1968 b; Brachmann 1978, S. 57 ff.). 1 .1. Die Aussagen der Urkunden und die spezifische Rolle der Königsurkunden Mit dem Auftreten der Burg in der sich verdichten den urkundlichen Überlieferung gewinnt die Bur genforschung zum ersten eine exakte chronologische Basis, die im Durchschnitt die Genauigkeit aller an deren zeitbestimmenden Aussagen der verschiede nen Quellengattungen übertrifft. Wenn sich die Ur kundenaussagen zu einer Reihe zusammenfügen und die gleiche Burg mehrfach in nicht allzu großen Ab ständen in Urkunden erscheint, verbindet sich mit der chronologischen Aussage zugleich eine zur Bur- genentwicklung. Mit der Bezeichnung der Burg ist mehr oder weniger immer auch eine Möglichkeit ver bunden, für Rangordnung und Bedeutung der Wehr anlage wichtige Hinweise zu erhalten. 2 Mit der Aus sageform der Urkunde wird gegenüber der chronika- 1 CDS 1,1,1= DOI 437 (Fälschung des 12. Jh.) = SchR 1. Erste echte Urkunde 961, Juli 29; CDS 1,1,3= DOI 231 — vgl. Posse 1881 = CDS I, 1 Einleitung. 2 Diese sind nach Zeit und Raum differenziert zu betrach ten; vgl. Geppert 1927, S. 172 ff.; Billig 1963, S. 354 ff.; 1962, S. 150; 1985 b, S. 382 f.; Hejna 1969. lischen Überlieferung der Einblick in die historischen Zusammenhänge oftmals verengt, aber dafür ge nauer und objektiver (Santifaller 1967, S. 6 ff.; Brandt 1958, S. 61 ff.). Dabei beleuchtet die Ur kunde nicht nur die Burg und deren Besitzer, son dern zugleich deren Umfeld (Patze 1976, S. 421; Hinz 1972, S. 65). Die Urkundenbezeichnungen für Burgen des 10. und 11. Jh. sind in der Regel civitas, urbs, castellum zuweilen auch castrum, obwohl die ser Begriff zu dieser Zeit viel seltener auftritt als im 12./13. Jh. (Geppert 1927, S. 162 ff.; Grimm 1958 a, S. 132 ff.; Hejna 1969, S. 210 ff.; Ebner 1976, S. 35; Köbler 1973; Blähovä 1978). Daneben er scheint der Burgward als der zu einer regional be deutsamen Burg zugehörige Bezirk. Der Charakter des Burgwards als Burgbezirk wird bereits im Vergleich der beiden Urkunden von 961, die zum ersten Mal Burgwarde überhaupt erwähnen, deutlich. Hier wird der gleiche Sachverhalt in zwei Diplomen formuliert. Im Blick auf die Wehranlagen mit Mittelpunktsfunktion spricht die eine Urkunde (D OI 222 a) von civitates, in Hinsicht auf den mit der Burg verbundenen territorialen Bereich, die andere (D OI 222 b) von burgouuardum (Schlesinger 1937, S. 100). Ebenso klar wird der Charakter des Burgbezirkes aus der Reihe der Überlieferungen zum gleichfalls früh erscheinenden Burgward Hal densleben. 3 So gewinnen wir durch die Urkunden erwähnungen des 10. und 11. Jh. sichere Daten, Ein sichten in Entwicklungszusammenhänge und Auf schlüsse zum Verhältnis Burg und Burgbezirk. Die Urkunde gestattet dabei durch ihren Charakter als politisch-rechtlicher Handlungsvollzug direkte Einsichten in Besitz- und Rechtsverhältnisse, die nicht nur genauer sind als die Nachrichten der Schriftsteller, sondern auch vielschichtiger und komplexer. In dem Verhältnis von Burg und Burg- 3 Ersterwähnung' 968 zusammen mit Wanzleben und Un seburg (UBMa 61); 1012 civitas Haldesleua (UBMa 130). Zu 1167: Zerstörung der Burg Althaldensleben nach der Petersberg-Chronik (MG SS XXIII) und den Gesta ar- chiepisc. Magdeburg. (MG SS XIV); 1192 castrum Hal desleua ... cum burgwardis (UBMa 438). Auch wenn zwischen dem geborgenen Fundmaterial und den über lieferten Daten gewisse Widersprüche bestehen, kann man nur Neuaufbau der Wehranlage an anderer Stelle bei Konstanz des Burgbezirkes annehmen. Für die ent sprechenden mündlichen Auskünfte sei Herrn Dr. J. Schneider (Halle) herzlich gedankt (vgl. Schneider 1982, S. 229 ff.).