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Amtsblatt für die königlichen «ad städtischen Behörden za Freiberg and Brand. Verantwortlicher Redakteur: Julius Braun in Freibergsdorf. jeden Wochentag »»Md« s Uhr für »kN — S9. s>-r,-»,. - - - Inserate wtrdm bi« Vormittag« 11 Uhr für nlchste andern ^^e ^ret« vierte^ihrltch L Mars S5 Pf-, !ltll 2 Nummn angmommm und die gespalten« Zeile oder 1 -K-^^^^^wttmonallich I M. 50 Pf. u^ einmonatl. 75 Pf. ^VUUUVIUU, S. ^>Uttt. deren Raum mit 1S Pf. berechnet. ^O s ß . Vas deutsche Patentgesetz. Der „Reich-anzeiger" publiztrte gestern da- neue Patentgesetz, wie es aus den Verhandlungen der letzten ReichStagSsession hervorgegangen ist. Wurde von uns auch früher bereits auf die Bedeutung dieses Gesetzes für das industrielle Leben htngewiesen, so wollen wir heute noch mal- mit kurzen Worten auf den Inhalt desselben zurück kommen. Man kann da- Gesetz als ein Produkt de- Um schwunges der öffentlichen Meinung bezeichnen — ein Um schwung, der etwa seit fünfzehn Jahren in Deutschland eingetreten ist. Damals — irren wir nicht, so war e- im Jahre 1863 — erklärte z. B. die Mehrheit der preußischen Handelskammern sich für die Aufhebung jedes Patent schutzes. Heute ist die- ander-, obgleich es auch in dieser Frage nicht an Gegensätzen fehlt. Denn ob die Recht fertigung de- Patentschutzes in der Anerkennung des geistigen EigenthumSrechteS an einer neuen Erfindung oder in der allgemeinen wirthschaftlichen Zweckmäßigkeit und in der Rücksicht auf internationale Interessen zu suchen sei, das bildete noch bei den letzten Reichstagsverhandlungen den Streitpunkt der Parteien. Diejenigen, welche starr auf dem Boden des Eigenthumsrechtes stehen, wollten keine andere Beschränkung ihres Rechtes anerkennen, als höchstens durch eine bestimmte Dauer desselben; das Recht sollte erworben werden durch bloße Anmeldung einer Erfindung, etwa wie man eine Firma in die Handelsregister anmeldet. Dagegen wollten Diejenigen, für welche die wirthschaftliche Zweck mäßigkeit für die Allgemeinheit vorwiegend war, das Patent recht so beschränken, daß es sich nach der Meinung der Interessenten gänzlich verflüchtigen müßte. Für die Gesetzgebung lag also die schwierige Aufgabe vor, eine rationelle Vermittlung zu schaffen und das Recht für die Patent-Inhaber so ausgiebig zu machen, daß einentheils der Gedanke des geistigen Eigenthums darin zu entsprechendem Ausdruck gelangte, andererseits es aber auch so zu beschränken, wie höhere Interessen und erworbene Rechte dies erfordern. Den geistigen Maßstab für diese Beschränkung mußte die Rücksicht darauf bilden, daß sie den materiellen Anreiz für neue Erfindungen nicht gänzlich ver nichtete, sondern selbst innerhalb der gezogenen Grenzen noch für den Erfinder persönlich ausgiebig zu machen vermochte. Im Allgemeinen darf man sagen, daß die Regierungsvor lage diesen Standpunkt zum richtigen Ausdruck brachte, weshalb derselben auch in allen wesentlichen Punkten vom Reichstage zugestimmt wurde. Die beschlossenen Modifi kationen fallen fast sämmtlich nach der Seite einer Er weiterung der Rechte des Patent-Inhabers. Wir wollen die hauptsächlichsten derselben hier vorführen. Der Entwurf enthielt zunächst in Bezug auf die Er langung des Patents ein kombinirtes Verfahren — das Anmelde-Verfahren und die Vorprüfung. Für die nothwendigen Erfordernisse einer Anmeldung sind einige selbstverständliche formelle Bestimmungen getroffen; sind dieselben erfüllt, so erfolgt die öffentliche Bekanntmachung der Anmeldung. Mit dem Tage dieser Anmeldung treten einstweilen für den Nachsucher des Patents alle gesetzlichen Wirkungen eines positiven Patentes ein. Dann erst be ginnt die Prüfung des Gesuches durch das Patent-Amt. Eine nicht unerhebliche Bereicherung für die Sicherheit eines fachgemäßen Urtheils hat der Reichstag dem Regie- rungsentwurfe hinzugefügt, indem er nicht nur die Ladung und Anhörung der Betheiligten dem Patent-Amte ge währt, sondern auch die Benutzung von Gutachten durch geeignete, in einem Zweige der Technik sachverständige Personen gestattet. Auch ist es als ein wesentlicher Fort schritt zu betrachten, daß das Patent-Amt gehalten sein soll, im Falle einer Ablehnung des Patentgesuches die Gründe der Ablehnung mitzutheilen. Diese Gründe sind öffentlich bekannt zu machen und erlöschen dadurch die durch das Anmelde-Verfahren erworbenen einstweiligen Rechte. Der Lizenz zwang sowie die fünfzehnjährige Dauer de- Patents sind betbehalten. Dagegen hat der Reichs tag die Bestimmungen darüber in etwas einschränkender Weise modifizirt, indem er tz 11 des Gesetzes folgende Fassung gab: „Das Patent kann nach Ablauf von drei Jahren zurückge nommen werden: 1. wenn der Patentinhaber eS unterläßt, im Inland e die Er findung im angemessenen Umfange zur Ausführung zu bringen, oder doch Alles zu thun, was erforderlich ist, um diese Aus führung zu sichern; 2. wenn im öffentlichen Interesse die Ertheilung der Erlaubniß zur Benutzung der Erfindung an Andere geboten erscheint, der Patentinhaber aber gleichwohl sich weigert, diese Erlaub niß gegen angemessene Vergütung und genügende Sicherstellung zu ertheilcn. Daß die Ertheilung der Erlaubniß im öffentlichen Inte resse geboten sei, ist nammüich dann anzunehmen, wenn ein Patent für eine andere Erfindung eriheilt ist, deren Be nutzung von der Ertheilung der Erlaubniß abhängt. Hoffen wir, daß das neue Gesetz seine guten Früchte tragen und den deutschen Erfinder davor sichern werde, fernerhin mit seinen JdM im »u-lande hausiren zu gehen. Jetzt ist ihm ein reiche- Feld der Thätigkett in der eigenen Heimath erschlossen und die deutsche Industrie wird dadurch an intensiver Kraft und Originalität gewinnen, um mit der englischen und französischen Rivalin in die Schranken treten zu können. Vom Kriegsschauplätze. Wer hat Ardahan? Die Türken behaupten es wieder zurückerobert zu haben, die Russen bestreiten dies. Nach einem Telegramm des Bureau Hirsch soll sich die angebliche Zurückeroberung darauf beschränken, daß türkische Truppen die von den Russen vollständig geräumte, aber zuvor zerstörte Festung wieder besetzt hätten. Auch diese Version scheint wenig glaublich und da ein soeben aus Petersburg eintreffendes Telegramm (vergl. Depeschen), die Wiedereinnahme als augenscheinlich unrichtig bezeichnet, wollen wir weitere Nachrichten abwarten. — Ueber das Vorrücken der Russen auf dem astatischen Krtegstheater gehen uns heute folgende Nachrichten zu: Erzerum, 28. Mai. Die Garnison von Peneck hat sich nach Olti zurück gezogen, als russische Truppen vor Peneck erschienen. Die Russen machten gestern einen Angriff auf die befestigten Positionen vor Karakilissa. Der Kommandant der dortigen türkischen Truppen, Mehemed Pascha, griff den linken Flügel der Russen an, zwang denselben sich zurückzuztehen und verfolgte ihn bis Tashelitchai. — Erzerum, 29. Mai. Die russische Armee hat gegenwärtig folgende Positionen inne. Der rechte Flügel der Avantgarde befindet sich bei Nessi Penek (?,, die Kavallerie des Zentrums patrouillirt schon seit mehreren Tagen bis Vezin Baisan. Der linke Flügel ist nur 6000 Mann stark. Das Gros der Truppen steht bei Ukchukiltsse. Die Avantgarde hatte kleinere Ge fechte mit der türkischen Kavallerie bei Toprach Kale. Eine Kolonne hält Ardiche besetzt. Die Stellungen der Türken sind folgende: Der linke Flügel des Gros befindet sich in Olli, ein Detachement zum Schutze des linken Flügels bei Ardahan. Das Zentrum und das Hauptquartier haben ihre Stellungen bei Soghanlldagh noch nicht verlassen. Die Avantgarde des rechten Flügels steht bei Toprach Kale. Das Gros hat sich staffelförmig von Garprane über Gulientap bis Delebara auSgebreitet. Große Bewegungen haben wegen des anhaltenden Regens in der letzten Zeil nicht ausgeführt werden können. Auf dem turopliischeu Kriegsschauplätze scheint es ganz still und ruhig zu sein, da der Telegraph vollständiges Schweigen beobachtet. Die Ueberschwemmungen der Donau mögen den militärischen Operationen Stillstand gebieten Unsere Leser, die gern immer etwas Neues wissen möchten, entschädigrn wir dafür durch den Bericht eines Kriegs korrespondenten über die letzte Monitor-Explosion. Derselbe schreibt: „In den ersten Morgenstunden des 26. Äai verließ ein kleine- Detachement russischer Soldaten, geführt vom Lieutenant Dubaschoff und begleitet von dem Kommandanten der rumänischen Donau - Flottlle Major MurgeScu, da- rumänische Donau-Ufer bet Braila in einer Anzahl kleiner Boote in der Richtung gegen Petra - feiet, unterhalb Matschtn, wo ein großer türkischer Monitor laa. Die Nacht war sehr dunkel und eS gelang den Theil- nehmem der kühnen Expedition, den Monitor zu erreichen, bevor sie von den türkischen Wachtposten bemerkt wurden. Die Schtldwache an Bord scheint erst spät da- Geräusch der Boote vernommen haben, denn sie ftef dieselben erst an, al- sie schon hart am Monitor waren. Major Mur- gescu erwiderte den Anruf in türkischer Sprache mit „Freunde!" Die Türken, welche aber diesen Freunden nicht trauen mochten, begannen ein lebhaftes Gewehrfeuer in der Richtung gegen Matschin, ohne eine Ahnung zu haben, woher die Boote gekommen waren. Die Kugeln flogen denn auch weit über die Boote hinweg, ohne irgend welchen Schaden anzurichten. Während des Feuerns sprangen mehrere russische Soldaten unter der Leitung des Lieutenants Dubaschoff ins Wasser, schwammen stille an den Monitor heran und placirten den todbringenden Torpedo unmittelbar an den Schiffskörper. Nachdem sie den Torpedo befestigt und an demselben die Drähte einer elektrischen Batterie genau adjustirt hatten, zogen sich die Leute auf das benachbarte Ufer zurück. Um halb 4 Uhr Morgens erfolgte die Explosion; der Monitor ging mit Offizieren und Mannschaft in die Luft. SS scheint, daß Niemand gerettet werden konnte. Der rumänische Major MurgeScu, welcher an der Expedition hervorragenden Antheil nahm, ist ein ausgezeichneter Offizier, der eine gute Erziehung in Frankreich genossen und fast die ganze Welt bereist hat. Die Ursache dieses zweiten furchtbaren Unfalls, von welchem die türkische Donauflotte betroffen wurde, liegt nur in der mangelhaften Wachsamkeit der Türken/' Bezüglich dieser Wachsamkeit schreibt ein anderer Korrespondent aus Rustschuk: „Daß man in einer dunkeln Nacht zwischen zwei türkischen Donauposten Torpedos legen oder unter Umständen ich auch durchschleichen kann, davon habe ich mich selbst iberzeugt. Mein Fenster geht direkt auf die Donau; ich habe von hier aus einen Theil des ziemlich weit ausge dehnten Kordons der türkischen Strandwächter vor Augen. Den Nachtdienst betreibt nun der türkische Soldat auf olgende Art. Er steht mit den Armen auf das Gewehr lestützt ost stundenlang regungslos da und starrt vor sich »in oder hinaus auf die sich allmälig in Dämmerung ver- Mende Donau. Hat sich schließlich überall die Nacht auf die Erde gelagert und kann der eine Mann seines vielleicht achtzig Schritte entfernten Ntbenpostens nicht mehr ansichtig verden, dann beginnt er in langgezogenen und fast unhetm- ich klingenden, aber sehr laut gegebenen Tönen seinen < Nebenmann zur Wachsamkeit aufzufordern. Sämmtltche Wachen antworten in dieser Weise, so daß man mitunter Nachts aus dem Schlafe auffährt und meint, eine Legion von Schakals umlagere das Haus. In diesem Geschrei >esteht aber auch die ganze Wachsamkeit der Posten. Es wird nie einem einfallen, zu seinem Nebenmann zu patrouilliren, um das zwischen ihnen liegende Terrain zu untersuchen. In einer sehr dunkeln Nacht würde es daher gar nicht schwer sein, sich zwischen zwei solchen Wächtern -indurchzuschmuggeln, die Einem durch ihr fortgesetztes lautes Geheul außerdem noch ganz genau ihre Stellungen ver- rathen. Die Türken sehen aber ihre Fehler erst dann ein, wenn Fremde kommen und alle Mängel schonungslos auf decken." Ueber die Männer, welche der Türkei für die Führung ihrer Streitkräfte zur Verfügung stehen, entnehmen wir einem interessanten Artikel im „Dr. Anz." folgende nographische Skizzen. Da ist zunächst der derzeitige Generalissimus in Europa: Serdar Ekrem Abdul Kerim Pascha, Türke; ein hochgewachsener 72jähriger Greis; edler, herzensguter, wohlwollender Mensch und hoch achtbarer Charakter. Er kennt und spricht die deutsche Sprache. Seine militärische Ausbildung hat er in Wien erhalten, wo der Feldzeugmeister von Hauslab sein Lehrer war, der ihn als scharfen Denker und klaren Kopf auf Grund der Leistungen rn der Mathematik bezeichnet hat. Das soll anders geworden sein, die türkischen Verhältnisse hn herabgebracht haben. Noch fehlt es ihm nicht an Wissen, nicht an Eckenntniß und Einsicht, aber eS fehlt chm an der Kraft, Entschlüsse zu fassen und auszuführen. Sein ganzes Wesen ist von einer echt orientalischen Schlaff-