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ImlietM Anzeiger und Tageblatt. Amtsblatt des Kgl. Bezirksgerichts zu Freiberg, sowie der Kgl. Gerichtsämter u. der StadtrLHe zu Freiberg u. Brand. 72 IU. küi d«n and. Tag. Insn wndea bl« B. 1 > N für nltftr Nr. angrn. Mittwoch, 31. März. Prat» dtntrljt-U. » M«e Krfaal« w<r»<n dl« grsbaltrni Zatlr o»«r »ran Naum mH 10 Pfg. drrrchnrt. 1875. Lagtsgeschichte. Di« hinter un« liegend« Osternzeit brachte für die Politik einige Tag» Muhe. Di, meisten deutschen Blätter beschäftigten sich mit Betrachtungen über unsern groben Kulturkampf mit Rom, wozu gerade diese Zeit besonder- auffordert. In einem längeren Artikel über „rbmische und deutsche Ostern" sagt die „Nationalzeitung" am Schluß: Dit Hauptsache in dem „Kulturkämpfe" ist entschieden: „Mein Reich ist nicht von dieser Welt" — wir sind die Zeugen de« erhabenen Schauspiel« geworden, daß dieser Spruch, der da- Wesen der echten Kirche wie kein anderer bezeichnet, seit achtzehn- hundert Jahren wieder Wirklichkeit gewonnen Hal Sehr wider den Willen dessen, der sich den Statthalter Christi auf Erden nennt — aber doch von Jahr zu Jahr sich mehr befestigend, tiefere Wurzeln in den Seelen gerade der Frömmsten schlagen) und sich mit den mannigfaltigsten LebenSgewohnhetten verknüpfend. Bet Mentana thaten die ChafsepotS da- letzte Wunder für die ultramontane Kirch«. Stitdrm hat k«in Konstantin für fi« da- Schwert gezückt, kein Volk sich für ihr« Doktrinen erhoben. Wir stehen nicht, wa« nn« da« Centrum beständig glauben machen will, vor einem Religionskriege, «iner Revolution oder ähnlichen rothen und schwarzen Sesvenstern: «ine gewaltig« Macht bricht langsam, nicht ohne Ge räusch und schrickltche« Getös«, unaufhaltsam in sich selbst zusammen. Da« ist'«. Der Lärm ist gröber, als die Aufregung Noch ein paar Windstoß«, noch einige Sturzwellen — und das Meer wird sich beruhigt haben Der Glanz der römischen Osten», mit ihren Feuerwerken und PhantaSmagorten, ist im Verbleichen begriffen, aber immer mehr schwindet die Finsternih de« Aberglaubens, immer höher und leuchtender steigt die Ostersonn« geistiger Freiheit und Aufklärung empor: »»per« auä« — w^e e>> weise zu sein, wage e« zu denken: da« ist der Ruf, den st« an all« «rzehrn lägt Fürst BiSmarck trat sein« R«is« nach Lauenburg erst am Sonnabend vor Ostern an, wiewohl dt«s«lb« früher beabsichtigt war. Bald nach Anwesenheit de« russischen Kaiser« in Berlin, Mitte Mai, wird nach den gegenwärtig getroffenen Dispositionen die Reis« de« Kaiser« Wilhelm nach Italien erfolgen. — Ueber da« Befinden des Abg. LaSker melden Berliner Blätter, daß eine Zunahme der Kräfte deutlich zu erkennen ist, jedoch ein Abschluß der Krankheit noch nicht staltgefunden habe. Die Errichtung eine« Reichs GksundheitSam teS, welche von verschiedenen Seit«n als nahe bevorstehend bezeichnet wird, scheint vorläufig noch für längere Zeit ein frommer Wunsch bleiben zu sollen. Thatsächlich hat sich gegen eine Er weiterung der RetchSämter in dieser Richtung, wie sie allerdings von verschiedenen Setten als wünschenSwerth bezeichnet und vom Reichstage sogar ausdrücklich beantragt worden war, eine Anzahl von Regierungen von vornherein ausgesprochen. Man wünschte die Reichtkompetenz nicht Wetter auSzudehnen und hielt gerade die amtliche Kontroltrung der Gesundheitspflege für eine Sache der Einzelstaaten. ES verdient bemerkt zu werden, daß Preußen in erster Reth» diese Auffassung vertrat. Hierin ist bisher keine Aenderung eingetreten und eS ist nicht anzunehmen, daß die An ordnungen bezüglich der ReichS-Medicinal-Statisttk, d. h. die Be rufung der genannten Kommission und ihrer Berichterstatter die Sache fördern werden. Vielmehr bleibt noch zu erwarten, ob und in wie wett man den Vorschlägen der Kommission Folge geben wird. - Ueber die Beilegung der Differenzen, welche bezüglich der Gustav-Angelegenheit zwischen der Madrider und der deutschen Regierung schweben, verlautet neuerdings, daß Spanien 1l,000 Thaler al« Entschädigung zur Zahlung an die deutsche NeichS- regterung bereits angewiesen habe- Der Kaiser von Oesterreich hat auch in diesem Jahr» d»« Kaiser Wilhelm zu seinem Geburtstage in einem eigenhändig«« Schreiben die wärmsten Glückwünsche auSgesproch»». — D«r tu Prag lebende Kaiser Ferdinand (der im Herbst 1848 zu Gunst»« sein»« Neffen Franz Joseph abdankt«) ist s»!t «inig»r Zeit wtArer leidrnd. Kaiser Ferdinand führt schon lang« nur noch «in» Art Pflanzendasetn. Er erfährt fast nichts mehr von der AußenwÄt. wird künstlich erhalten und ist seit Jahren in so f«rn «nt»r K»rat»l gestellt, al« ein kaiserlicher Hofrath ihm di« Sorg» der freie« Ver fügung über sein ungeheure« Vermöge« abntmmt. Nur «in «inztge« Mal ist e«, vor jetzt etwa sech« Jahren, dem alt«« Kais«r F«rdtna«d gelungen, dem ihn finanziell überwachenden Hofrath« «in Schnippchen zu schlagen. Damal« nämlich drang ein durch unglückliche« Spiel zur Verzweiflung getriebener österreichischer Offizier in d«a Park der kaiserlichen Sommer Residenz zu Reichsstadt in Böhmen zu der Zeit «in, wo «r wußt«, daß d«r Kaiser daselbst lustwandle. Glück lich traf der Verzweifelte mit dem einsam dahin wandelnden frühere« Monarchen zusammen und schildert« ihm s«in« Lag«, di« th« geradetu zwinge, sich das Leben zu nehmen, wenn Sein» Majestät nicht Helf». „Aber Sie wissen doch," entgegnet» der Kaiser, „daß »« mir leider versagt ist, über mein Vermögen zu verfügen!" „Und doch, Majestät, vermöchten Sie mich zu retten." „Wie wäre da« möglich?" Da zog der Offizier «in Wtchselblanguet und «in Tintenfaß sammt Feder aus der Tasche. Schnell begriff Ferdinand diesen Ausweg, stellte einen Wechsel auf 1L000 Gulden aus und unterzeichnete ihn eigenhändig auf einer Sartenbank. Der Wechsel wurd« präsenttrt. Der Hofrath stutzte, aber die Unterschrift de« Kaiser- war richtig. Trotzdem eilte er zu Sr. Majestät, um zu fragen, ob es wirklich die Allerhöchst« Unterschritt s«t. „Jawohl", sagte Kaiser Ferdinand, „und bezahlen müßt Ihr auch, denn Ihr dürft mich nicht im Stiche lass«». Endlich ist es mir doch einmal gelungen, Euch an zuschmieren". In der That wurd» der Wechsel auSgezahlt, der Kaiser Ferdinand aber seitdem noch wett sorgsamer überwacht. Die französisch« Polizei ist g«g«nwärtig von »iner sehr ernsten, die ganze Finanzwelt betreffenden Angelegenheit in An spruch genommen. Sie hat nämlich entdeckt, daß ein» große An zahl falscher Obligationen der Pariser Stadtanleih» von 1850 in Umlauf gesetzt worden find. Drei der Fälscher wurd«n in Part« verhaftet. Der übrigen konnte man nicht habhaft werden, da st« sich noch im Auslande befinden. Wie«- scheint, brachten die Nach- forschungen aus die Spur von anderen ähnlichen Angelegenheiten. ES sollen nämlich ein« große Masse falscher Papiere, und zwar nicht allein in Paris, sondern auch auf den auswärtigen MärkUn zirkulicen. Man sieht mit ängstlicher Spannung de« wetteren Ver laus der anqestellten Nachforschungen entgegen. — Der bekannt« Hlstoriker Edgar Quinet, Mitglied der Nationalversammlung (äußerste Linke), ist gestorben. - Dem Marm««tnistertum ist «in» Depesche de« Gouverneurs von Neu-Caltdonirn vom 25. d. M. zugegangen, durch welche di« Nachricht von der Flucht der deporttrt«« Kommunisten unter der Führung de- Dr. Rastoul bestätigt wird. In England scheinen die Differenzen zwischen Arbeitern und Arbeitsgebern noch weit entfernt von einer allseitig befriedigende« Lösung. Den Grubenarbeitern in Nord-Wale« ist «ta« Herabsetzung der Löhne um 15 pCt angekündtgt worden, di» vom Begtnn» de« nächsten Monat« an in Kraft treten wird. Dem Vernehm«» «ach wollt» di« Arb«tt«r «in« Verringrrung um 10 pCt. annehm,«. — Aus Süd-WaleS wird gemeldet, daß die Besttzer dir Eisenwerk» i« Glamorgantshtre und Monmouthshire aller Wahrscheinlichkeit nach ihre Oefen in diesem Jahre nicht in Thätigleit setzen w»rd»n, w§g«n der fortdauernden und zunehmenden Verschlechterung d»S Liseu- handels. Sie erklären, daß die GeschästSverlMnisse und der Rück- ganz im Preis« von Eisen derartige seien, daß «S sür st» viel vor-