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möerger Anzeiger Md Tageblatt. Amtsblatt der Kgl. Bezirksgerichts zu Freiberg, sowie der Kgl. GerichtsLmter u. der Stadträthe zu Freiberg u. Brand. 8. Erscheta« t. Siettee, je». ISoch«»«. Ab. Oll. »ür den md. Tag. Zaser weiden bl« V. II U für nächste Nr. «ngen. Dienstag, 18. Januar. »nU dätrxlläbrt., Mut Zasa-e werde» dl« ,esp.lt«»« gell« -«er de«, N«u» mir 10 Psg. berechnet. 1875. 4- Kreiders, den 11. Januar 1875. Der Reichstag nahm bekanntlich vorigen Donnerstag sein» Tätigkeit wieder auf. Wie angestrengt er auch in dem alte« Iah« gearbeitet, di« Hauptergebnisse der Session treten jetzt erst an ihn heran Denn von dem ReichSttat abgesehen, haben gerade die wichtigsten der ihm vorgrlezten Gesetzentwürfe ihre Er ledigung bisher noch nicht gefunden. St» werden nunmehr erst di» deutschen Volksvertreter beschäftigen, von den Justtzaesetze» erwartet« man dt«s von Anfang an; st« ambt« rtner besonder««, ausnahmSwets« B«Handlung unt«rworf«n w«rd«n und man wird ganz «frieden sei« «üffen, wenn st« in d«r nächst«« Sesfion zur Nmiahm« gelangm. Ab«r auch da« wichtige Bankg,s«tz hartt noch der Erledigung. Bei dem Entgegenkommen de« Bund««rathe« in Betreff der Reichsbank darf man auf «in Zustandekommen diese« Gesetze« rechne«; freilich wird die« nicht ohne neu« heftig« Kämpf« geschihen. D«r n«u« Entwurf ist d«m älteren gegenüber fast um das Doppelte «rwett«rt. Er enthält 62 Paragraphen gegen 32 und zerfällt in vier Hauptabschnitt«. Ein nähtr«« Eingehen auf di« einzeln«» v«stimmungen würd« uns an dieser Stell« den Raum für die wetteren politischen Lreigniff« zu sehr beschränken. Au d«n »r- wähnte« Vorlagen tritt noch da« Gesetz über di« Ratural- leistungen sür da« Heer, über da« Rtchnung»w«s«n im Reich« und üb«r den Landsturm. Luch di«s« Entwürfe find von groß«, Wichtigkeit, denn fit bilden gewissermaßen — namentlich da« Landsturmgesed — den Schlußstein unsrrer deutschen HeereS- organisatio«. Wohl herrscht in Europa gegenwärtig Ruhe, aber wir dürfen nicht vergessen, daß Frankreich sich die unaeheuersten Opf«r a»ferlegt, um ein« He«re«macht zu schaff«», di« d«r unsrig«» wenigst«»« a« Zahl üb«rl«g«n ist. Lang« wird e« fr«tltch di«s« Last«« nicht trag«« könnt« ; um so grüb«r ist ab«r für un« di« Gefahr «in«s baldig«» Rachrkri«gt«. W«nn man f«rn«r «rwäqt, dab der vattka«, d«r noch dazu j«tzt von Spant«« her Oberwasser erhält, «nabläsfig auf »inen Vernichtungskampf gegen Deutschland hinarbeitet, so wär» e« unsertrseit« bodenloser Leichtsinn, wollten wir un« gegen dies« Gefahren nicht rüsten In dieser Situation liegt di» Hoh» Bedeutung d«« Landsturmgesetz««. Erwähn«» wir schließlich noch da« ReichScivtlehe-Gesetz, welches un« auf kirchlich«« Stbiet« «inrn Schritt vorwärt« bring«n soll, so wird Jedermann zug«b«n, dab dem Reichstage «och gewaltige Aufgaben bevorstehen, di« dringend ein« Lösung bedürfen. Die erste« Sitzungen im neuen Jahr« Warrn th«ils Verträgt» mit Rubland, theils Petitionen gtwidmet. Luch da« Gtsetz über di, Raturalltistungen für da« Heer wurd» in zweiter Lesung an- genommen und auf Lntrag Schulze-Delitzsch di» »«Währung von Diäten an die RtichStagsmttglitder zum so und so vielten Male beschlossen. Der am 6. d. M. erfolgte Tod des ehemaligen Kurfürsten von Hessen kam plötzlich und »«erwartet Wie man aus Prag meldet, sab der Kurfürst mit seinen drei Söhnen beim MtttagS- tisch«, al« ,r rin Unwohlsein verspürte und auSrief: „Bringt mich zu Bettel' Lb«r «he man noch dazu kam, seinen Wunsch zu er füllen, wer «r bereit« verschieden. Bon besonderer Wichtigkeit ist der Tod für die »ermögen«rechtltch« AuSeinandersmung der preutzischtn Regierung mit d«r kurfürstlichen Familie. Bekanntlich ist s»tten« der letzteren vor Kunem «in Abkommen mit einem Theil der h«sfisch«n Agnaten getroffen werden, demzufolge dieselben «tt «Kur Ldfindung-summ« all«» Ansprüchen auf da« sogenannte Fid»ikommibvermög«n entsagen. Nur der Protest de« Kurfürsten gegen dies« Abmachung vtrhindrrt« ««, daß die Angelegenheit er- ledigt wurde. Lus Oesterreich wird gem«ld«t, dab der von dem czechlschin Organ«« so hartnäckig abg«l»ugn«tr altcztchisch« Partrttag «un drnnoch statta»fund«n hat. Es wurd» zur Lbw»chsl«g wt«d«r «inmal di» Richtbeschickung d«s ReichSrath beschloss««. Das int«r«flanttstt Er«tgntb aus Italien ist »in» Enzyklika deS Papst«», deren wörtlich«, Wiedergabe wir uns des grob»« Umfangs halb«, «nthalten müsse». Auch oh« das laugathe^gr Schriftstück zu les«, wird Ri«ma«d was verlterm, d««n tu d»r That «nthätt «s »enig Niues. D«r Papst kündigt für 1875 di» F«t»r »ine« Jubeljahr«» au, sagt ab»r glettkeitig, dab mau vo« «in«r prunkhasten Feier in Rom Umgang «ihm», w«il das Jahr 1875 für di« römisch katholisch« Kirch« sich noch schlecht», aulass», wie seiner Zett das Jubeljahr 1850. Doch sollen dm Gläubig« die Wohlthatm d. h. dl» Ablässe «in»s Jubeljahres nicht vormt- ha t«« werd««, und um dt»s« »» erwerb«», soll«» st» mehr und brünstiger beten, als bisher, und zahlreich«,« gut« Werk« thim. I» verständlichtm Deutsch find unter dm „gut« Werken" vor zugsweise Peter-pfennige zu verstehen: di« Gläubigen könne» sich daher gefaßt halte», von ihren Bischöfen »ad Priest«« z» noch stärkere« Kontributtonen in di« bodenlose Kass« des B ttikans ange strengt zu werden. E« ist freilich wahr. Ptu« braucht viel Geld, um di» Tendenzen des Papstthum wieder auf di« Vita» zu Helf»». St« b«ft«hen bekanntlich darin, au« der »nbedtngtm Herrschaft über di» Gewissen der Völker auch dm Lnspruch auf Beherrschung der äußere» Rechtsverhältnisse herzulritm Daß er dabti fich nicht blo» auf Katholiken beschränkt, beweist sei» vrief an Kaiser Wilhelm, worin er vor gar nicht langer Zett mit wund«rltch«r Naivetät erklärte: „vermöge der Tauf» gehör« ihm selbst d«r protestantisch« deutsche Kais«r". Ja noch mehr, zuletzt hat d«r Papst auch mit dem türkischen Sultan, d«r nicht „verntüg« d«r Taufe" ihm gehört, Händel angefaagen »ad daß er dazu »ach Uoatsoooeoli's LuSspruch Geld, viel Geld braucht, ist l«tcht be greiflich. Lu« der groß«» Roth aber, über welch» Pt»S in stin« Enzyklika bitter« Klage erhebt, g«ht für j»d»n unbefangen« Beobachter unwiderleglich hervor, dab «S um dm Fels Petri i« Vatikan doch ziemlich dürftig bestellt sein mub- Di» Groß- sprechereien ultramontaner Blätter von der Macht des Fels« P»tri, an dem da- moderne Staatmthum zerschettern soll, stehen mtt diesen Klagelieder Piu« IX. in grellem Widerspruch. I» Frankreich «Und fich Mitte voriger Woche das längst erwartet» Gewitter über dem Ministerium Eiffev. Die Ursache hierzu gab di» Botschaft Mac Mahons an di« Nattonal-Ver- sammlung. In derselben wird verlangt, daß di» Kammer ua- w»ig»rlich die sofortige Berathung über di» konstttutto»»ll»n vorlag»« beginn», mtt dmrn Mac Mahon s«tn Septeanat zu b»f»ftig»n gedrnkt. Und zwar sollte zunächst di» Errichtung »iner zweit« lrtchtiger ersten) Kammer a»f di« Tagesordnung komm»». Di» Versammlung lehnte aber dies»« von der Regierung befürwortet»» Lntrag ab und infolge dieser Ablehnung reichten sämmtltch« Ri»ist»r ihr» Entlassung »in. Nach zw»ttägig»m Suchen fand Mac Mahon sei«»» alten Brogli« wieder, den Vater der konstitutionellen Vorlage», welcher schon längst hinter den Eouliflen de» Heroornlf« harrt» »»d nun von Neuem an di» Spitz» d»s Kabin»tS berufen, s«in« orleanisttsche» Jntrigurn weiter spinnen wird Ob er diesmal mehr Glück mtt seinen OberhauS-Plänen, dk ihn bekanntlich früher stürzten, hab« wird, scheint sehr zweifelhaft. Wa» aber dann, wenn di» National versammlung abermals der orl»antsttschm Fall» aus de« Weg« geht? Verwickelter als di» Lag» fich dann gestalt»» würd», läßt sie sich in der That kaum denken. Was soll di» Rigi*,«»- »iner Versammlung gegenüber beginnen, di» einerseits de« Zuständ«, di« st« selbst geschaff«, mtt sammt ihre» natürliche» Konsequenz« die Ln»rkenm»»g versagt und andererseits »bmso »tgmfinntg ihr», Auflösung widerstrebt? Hier scheint t» der That nur »in Staats streich den wirr« Knäu«l lös« z« könne«.