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—-"»d-W-—— — - — — 1496 so lauge ausgefallen ist. Auch die Sparkassen befinden sich in blü hendem Zustande, was von den günstigen Verhältnissen der Mittel- clafsen Zeugniß giebt. Saarbrücken, 7. August. In den Erinnerungen an das vor Jahresfrist Erlebte war unsre Stadt in den letzten Wochen in einer erklärlichen Aufregung. Der ganze gestrige Jahrestag der Schlacht war dem Andenken an dieselbe geweiht. Früh Morgens wurde der Grundstein zu einem Denkmal für die Gefallenen des 39. Infanterieregiments gelegt auf der höchsten Stelle des Spicherer Berges. Am Nachmittag wurde ein Denkmal zu Ehren der vielen in den Lazarethen von St. Johann ihren Wunden Erlegenen auf dem Friedhöfe eingeweiht, und am Abend war eine erhebende Feier bei der errichteten schönen Denksäule, auf dem vordersten Hügel deskampfberges, zu Ehren der Todten des tapfern 74. hannöverschen Infanterieregiments, die da in großen Gräbern gebettet liegen. Bon beiden Regimentern waren Deputationen der betreffenden Offizierscorps, welche die Denkmäler aus ihren Mitteln gründeten, erschienen. Reden und Gesänge begleiteten die Feier, und Tausende von Menschen bedeckten und belebten wieder den sonst so stillen, abgelegenen Berg. Straßburg, 7. August. Auf Anordnung des General-Gou verneurs wird übermorgen, Mittwoch, die Begründung der neuen Universitätsbibliothek gefeiert werden. Man hat die Absicht, damit ein Göthefest zu verbinden, da gerade hundert Jahre verflossen sind, seichens Göthe auf unserer Universität den Doctortitel gewann. Zur Vorbereitung der Feier hat sich ein Comite gebildet, welches 10 Mitglieder zählt, worunter vier Deutsche: v. Sybel, vr. Barak, Oberbibliothekar, vr. Euting, Bibliothekar, vr. Löning, Mitglied der Präfectur, und sechs Straßburger Professoren und Fachmänner. Die Feier wird in dem bisherigen Akademie- (UniversitätS-) Ge bäude stattfinden. München, 9. August. Der König reist morgen nach Schwan dorf, um den Kaiser Wilhelm zu begrüßen und nach Regensburg zu begleiten. — 10. August. Dem „Süddeutschen Correspondenzbureau" zufolge soll Graf Hegnenberg-Dux das Ministerium des Aeußern angenommen haben. Die Ernennung desselben stehe unmittelbar bevor. Frankreich. Das „Journal des Debats" äußert über die Freitag und Sonnabend in der Kammer verhandelte Entschädigungs- srage und über die bei der Debatte aufgeworfenen Unterscheidungen zwischen Recht und Pflicht: „Wir glauben, im gegenwärtigen Falle ist nur eine Frage zu diScutiren: Die Verantwortlichkeit. Sind die 30 besetzten und geplünderten, verheerten Departements für den Krieg verantwortlich, oder ist es ganz Frankreich? Wer hat für den Krieg gestimmt, wer hat ihn erklärt? Ist es allein Paris, Straßburg, Nancy, Rouen, AmienS? Haben Lyon, Bordeaux, Mar seille, Montpellier, Pau, Biaritz keinen Antheil genommen und können sie sich jetzt die Hände in Unschuld waschen? Frankreich, Jedermann in Frankreich hat den Krieg erklärt, und alle Fran zosen müssen auch die Kosten desselben tragen. Ein unwür diges SophiSma ist es, den Fehler des Krieges auf einen ein zigen Mann zu werfen. Wenn der Kaiser Krieg gewollt hat, so wollte Frankreich den Kaiser. Ganz Europa lacht uns aus, wenn wir fortwährend wiederholen, her Kaiser habe diesen verhängniß vollen Krieg gewünscht. Wir thäten besser, diese unwürdige Aus flucht dem Manne zu überlassen, welcher seinen Degen zu ven Füßen des Königs von Preußen niederlegte. War dieser Mann nicht durch 8 Millionen Stimmen gedeckt? Als Herr Thiers einen letzten Schrei auSstieß, wer unterdrückte mit knechtischen Zurufen diese vereinzelte Stimme? Waren es nicht die Vertreter derselben Departements, welche heute ihren Antheil an den gemeinschaft lichen Fehlern zu zahlen verweigern? Und als einige unabhängige Stimmen es wagten, gegen den Rausch der Staatsgewalt und deS Lyndes zu protestircn, wurden sie nicht des Verrathes gegen die Nationalität und da« Vaterland angeklagt? Ganz Frankreich ist schuldig, ganz Frankreich muß zahlen." — Der franz. Kriegsminister verlangt für 1871 218,116,155 Francs Supplementcredite, die in folgender Art verthcilt sind: Eta- blifsement und Material der Artillerie 33,120,253 FrcS., Gcneral- stäbe 14,267,484 Frcs., Gendarmerie 5,633,030 FrcS., Solde und Abonnements zahlbar wie Solde 69,270,714 FrcS., Uniform und Läger 33,566,661 FrcS., Personal der Centralverwaltung 238,206 Francs, Material der Centralverwaltung 59,387 Frcs., Militär betten 1,214,051 FrcS., Transport 20,000,000 Frcs., Remonte und Geschirr 13,000,387 Frcs., Militärjustiz 10,820,000 FrcS., Ge. sangenschastssold der französischen Gefangenen 16,000,000 FrcS., Solde der Nichtactivität 625,500 Frcs., Unterstützungen 200,000 Francs, zusammen 218,116,155 FrcS. — Wie gewisse Leute das Wesen der Republik verstehen, er hellt aus der Thatsache, daß sich im Schooße der Nationalversamm lung eine Strömung regt, welche Hrn. ThierS einem dem „Sire" und dem „Ew. Majestät" entsprechenden Schweif anhängen möchte. Man hat „Durchlauchtigste Hoheit" (^liesse Lerenissimv) und „Eure Größe" (Votre Oranäour) in Vorschlag gebracht. Die letzte Version ist wohl nur eine Bosheit, da sie unwillkürlich an die Sta tur des Executiv-Chefs erinnert. Paris, 6. August. Der gestrigen Sitzung der Budgetcom mission wohnten ThierS und der Finanzminister bei. Thiers be kämpfte die von verschiedenen Seiten eingebrachten neuen Steuer vorschläge und empfahl, für die von der Regierung beantragte 20procentige Steuer auf Rohprodukte zu stimmen. Die Budget commission soll morgen hierüber Beschluß fasten. Paris, 10. August. Es heißt, daß der Wortlaut deS An trages auf Verlängerung der Amtsgewalt von ThierS folgender ist: Dieser Antrag ist im Interesse der Consolidirung der Ord nung und der Wiederaufnahme der Geschäfte nöthig, die Amtsge walt Thiers mit dem Titel als Präsidenten der Republik ist auf 3 Jahre zu verlängern, sollte die National - Versammlung vorher sich auflösen, so würde ThierS die Amtsgewalt der neuen National- Versammlung übergeben- Versailles, 9. August. Das Kriegsgericht setzte heute seine Sitzungen fort. Der Angeklagte Asst wurde verhört. Derselbe spricht sehr anmaßend; er behauptet, die Nationalgarde wurde am 18. März angegriffen und hatte ein Recht, sich zu vertheidigen. Assi rechtfertigt die Hinrichtung der Geißeln durch das Vergeltungs- recht. Hierauf wurde die Vernehmung der Zeugen gegen Asst be gonnen. Versailles, 10. August. Viertes Kriegsgericht: Roques, ehe- maliger Maire von Puteaux, wurde zu lebenslänglichen Zwangs arbeiten verurtheilt. Drittes Kriegsgericht: Die Vertheidiger be- schweren sich über die von „Gaulois" und „Figaro" verbreiteten irrigen Ansichten betreffs Assys und des Zeugen SevreS. Der Regierungs-Commissar verlangt, die Vertheidiger möchten gemäßig ter sprechen. Der Zeuge Pelland sagt günstig über das Verhalte» Assy's in Creuzot aus. In Toulon werden die drei Panzerschiffe „Magenta", Mag- nanime" und „Revanche" in Bereitschaft gesetzt, um mit Hinsicht auf mögliche Verwickelungen im Orient sofort in See stechen zu können. England. Die Maßregeln in den englischen Hafenstädten gegen eine Einschleppung der Cholera sind sehr umfassend. Zumal an der Mündung des Tyme haben die Behörden eine bedeutende Regsamkeit entwickelt und neben anderen bereits ausgeführten Maß regeln beschlossen sie ein schwimmendes HoSspital im Flusse einzurich ten, um cholerakranke Matrosen nicht landen und mit der Bevöl kerung in Berührung bringen zu müssen. Diese Anordnungen scheinen um so mehr geboten, als während des nächsten Monats eine ganz ungewöhnlich große Anzahl von Schiffen aus Kronstadt, Riga und den übrigen Ostseehäfen erwartet wird. Noch bleibt eine Verordnung des geheimen Staatsrathes zu erwähnen, daß kein Capitän, auf dessen Schiff Jemand einen Cholera-Anfall gehabt hat, oder daran gestorben ist, in den Hafen einlaufen darf, ohne vorher Bettzeug und Kleidungsstücke des oder der Cholerakranken vernichtet zu haben. Wien, 8. August. Ueber die bevorstehende Monarchenbegeg nung ist nun so viel festgesetzt, daß der Deutsche Kaiser am 11. d. M. über Passau in Ischl eintreffen wird. Der Kaiser von Oester reich wird ihm bis Wels entgegen reisen und ihn von dort nach Ischl begleiten, wo die Mehrzahl der Mitglieder der kaiserlichen Familie versammelt sein wird. Von den Ministern wird Niemand an der Entrevue Theil nehmen. Der Gegenbesuch in Gastein soll in einer der nächsten Wochen stattfinden, um welche Zeit, wie es heißt, noch Fürst Bismarck in Gastein eintreffen wird. Wit«, 9. August. Die Pforte lehnte das JnteroentionSgesuch ab, weil die Berechtigung zur Einmischung in die innere Gesetz gebung und Verwaltung Rumäniens fehlt. Prag, 8. August, Unterrichteterseits wird der „Bohemia" auS Wien gemeldet: Mau glaubt die Stellung Oesterreichs zu den Dingen in Rumänien noch bestimmter als gestern präcisiren zu können. Oesterreich nimmt in erster Reihe das höchste Interesse an dem Verbleiben des Fürsten Karl und wird Alles thun, um dieses Verbleiben zu erleichtern. Sollte aber gleichwohl unter irgend welchem Druck, sei es von Seiten der Pforte, sei es von avdcrSwoher, seine Position unhaltbar werden, jo steht es fest auf dem jede einseitige Intervention anschließenden Art. 27 deS Pariser Vertrags. Es scheint übrigens in der Natur der Verhältnisse zu liegen, daß sich das hiesige Cabinet in diesem Sinne zunächst nach Berlin entweder schon geäußert hat oder doch mit aller Beschleu nigung äußern wird.