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Tageblatt. Amtsblatt des Kgl. Bezirksgerichts zu Freiberg, sowie der Kgl. Gerichtsämter u. der Stadträthe zu Freiberg, Sayda u. Brand. Erscheint jeden Wochentag ftnh S U. ! , Inserate werden bis Nachm. 3 Uhr SvNNabend, VkN 7. September »Mew» fnr die nächste Nr. angenommen. , ' Preis vierteljährl. SV Ngr. Inserate werden di« gespaltme Zeile oder deren Raum mit S Pf. berechnet. M7. Die Bildung -er Gesetze. „Des Recht ist ein gemeinsam Gut: Es fließt in jedem Erdensohn«, Es quillt in uns, wie Herzensblut;" darum sollten Menschen ebensowenig Gesetze machen, wie Bäume oder Getreidefelder. Beides muß man wachsen lassen, wenn etwa» Rechtes daraus werden soll. Im Volke quillt, blüht und fruchtet das gemeinsame Gut deS Rechts, welches dadurch zu RechtSgewohn- heiten wird. Diese, und nur diese sollte der Gesetzgeber, aber erst wenn sie verwickelter Natur werden, zu gesetzlichen Bestimmungen vereinfachen, und diese einfachen allgemeinen Sätze für jeden Fall wieder Männern überlassen, in denen sich das Gefühl der RechtS- gewohnheiten zum humanen Rechtsbewußtsein ausgebildet hat. Solche Männer wären wirkliche Juristen, die den Geist der Gesetze und auch zugleich der Rechtsgewohnheiten, aus denen sie hervorgehen, verstünden; die nicht bloS blindlings, nach dem Buchstaben der Ge setze sich abquälten, wie unter der Form „von Rechts wegen" in Streitfällen entschieden werden soll. Gesetze, die nicht genau und human die Feststellung des durch alte Rechtsgewohnheiten eines Volkes gebildeten Rechtsbewußtsein Aller vertreten, sind nicht als „heilige" zu betrachten; sie bilden vielmehr ein Joch, welches die herrschsüchtige Minderheit im Staate der Mehrheit auferlegt, die Mittel, unter der Form von Gesetzen Despotie zu treiben. Solche Gesetze sind die Ukase in Rußland, die Fermans in der Türkei. Der Ukqs ist ein Gesetz, welches der Herrscher nach seinem Dafürhalten von der Nützlichkeit desselben macht ; die Ukase, mit denen neuerdings Polen russisch gemacht wird, kann man nicht als Gesetze preisen, die dem Rechtsbewußtsein des polnischen Volkes, dem sie 'auferlegt werden, entsprechen. Die „Verordnungen", mit denen die preußische Regierung theilweise die neuerworbenen Provinzen in dxm Jahre ihrer Diktatur beglückte, und die der König sogar selbst als „Irrungen" bezeichnete, sind nicht viel besser gewesen, als solche Ukase. Ein Gesetz taugt nichts, dessen Befolgung man durch Ge walt und Soldaten durchsetzt, weil es dem allgemeinen Rechtsbe wußtsein widerspricht. Das preußische Landrecht, der Code Napo leon, haben ihr Verdienst darin gefunden, daß sie theilweise das sittliche und rechtliche Bewußtsein des gebildeten Volkes ausspra chen und daß sie auf das Einfachste in der Gesetzgebung hinaus liefen. Viel bedeutender ist dieser sittliche und rechtliche Inhalt in einem großem Theile der anglosächsischen Gesetzgebung; daher die Größe der englischen Freiheit trotz manches uns anstößigen Zopfes. In Deutschland jedoch hat uns das römische Recht die eige nen Rechtsgewohnheiten fast alle verkümmert und viele derselben sogar zu Verbrechen gestempelt. Das römische Recht ist schuld an dem Untergange der deutschen Freiheit; es gefiel den früheren Im peratoren und Königen, weil es für sie das meiste Recht enthielt. Aus dem römischen Recht ging die Gesetzmacherei hervor, die seit Jahrhunderten fast überall den umgekehrten Weg verfolgt und die Menschen als „Unterthanen" von „Staaten" und „herrschenden Mächten" und die Rechtsgewohnheiten der Menschen durch Ukase, durch dicke Bände von Ukasen geradezu bekämpft und bekriegt und durch diese dicken Bände von Ukasen und ganzen Armeen von Aus beutern und Vollstreckern die freigeborenen Menschen au« ihren Rechtsgewohnheiten herauSretßt und in einen ungeheuren Zwinger der Befehlshaberei und der Herrschsucht hineinsteckt. „So erben' sich Gesetz und Recht" — wie Goethe sagt — „gleich einer ewigen Krankheit fort", und vermehren sich mit heuschreckenartiger Frucht barkeit fortwährend durch da« Gefolge von Erklärungen und Er gänzungen, Rescripten, Declarationen und „juristischen" Entschei dungen, Erlassen, Verboten und Verordnungen, welche nicht nur ost das Gesetz im Menschen, sondern auch sogar den ursprünglich ab solutistischen Befehl, das UkaSgesetz, aufheben oder, wenigstens will kürlich im Sinne der gerade herrschenden Macht verletzen. Die wirkliche Freiheit, die sittliche, nach der die Menschheit strebt, wird erst mit einer totalen Umänderung des handwerklichen Jurtstenwe« senS und des damit verbundenen Rechtswesens eine Wahrheit wer den können. Die Forderung der freien Advocatur, der Geschwor- nengerichte, richten sich aus das hohe Ziel, daß die Gesetze wieder bloS Satzungen der allgemeinen RechtSgewohnheiten de« Volles werden, humane Sätze de« echten PechtSbewußtseinS und daß fie ihre Heiligkeit und ihre „Autorität" in der allgemeinen Achtung und im allgemeinen Verständniß finden. Tagesgeschichte. * Berlin, 4. September. Se. k. Hoh. der Kronprinz ist, chie der „StaatS-Anz." meldet, auf allerhöchsten Befehl und in Vertre tung Sr. Maj. des Königs gestern Abend mit dem Courierzuge vom neuen Palais nach Köln abgereist, um daselbst den Festlichkeiten bei Gelegenheit des Dombaujubiläums am 4. d. M. beizuwohnen. Die Rückreise Sr. k. Hoheit wird wahrscheinlich schon am Abend des heutigen Tages erfolgen. (Heute sind es 25 Jahre, seit König Friedrich Wilhelm IV. am Südportale des Kölner Dome« den Grundstein legte zum Fortbau und zur dereinstigen Vollendung dieses größten deutschen Bauwerkes.) — In der heutigen Sitzung des BundesratheS führte den Vorsitz der Bundeskanzler Gras v. Bismarck. Von Preußen wurden in der heutigen Sitzung zwei Gesetzentwürfe eingebracht. Der Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Verpflichtung zum Kriegsdienste, wurde an die vereinigten Aus schüsse für das Landheer und die Marine verwiesen. Der Antrag, einen Entwurf einer Prozeßordnung in bürgerlichen Rechtsstreiten aus bewährten Juristen zu bildende Commission von 8 Mitgliedern ausarbeiten zu lassen, wurde dem Justizausschusse überwiesen. Von Hamburg ging der Antrag ein, den Artikel 26 des Vertrages über die Fortdauer deS Zollvereins vom 8. Juli d. I. (wonach Kauf leute, Fabrikanten u. s. w., welche in einem Staate des Norddeut schen Bundes die gesetzlichen Abgaben für ihr Gewerbe bezahlen, in anderen Staaten, in denen sie persönlich oder durch Reisende Ankäufe machen oder Bestellungen suchen, keine weitern Abgaben hierfür zu entrichten haben) für sämmtliche Bundesstaaten sofort in Kraft treten zu lassen. Dieser Antrag wurde an die vereinigten Ausschüsse an die Zoll- u. Steuerwesen sowie für Handel u. Ver kehr überwiesen. Auf die Empfehlung der eben genannten Ausschüsse beschloß der BundeSrath, sich damit einverstanden zn erklären, daß - das Präsidium nach vorgängiger Verständigung mit den süddeutschen Staaten im Namen des Bundes mit Frankreich über die Entlassung Mecklenburgs aus der von letzterm in Artikel 18 de« Vertrags vom 9. -Juni übernommenen Verpflichtung gegen eine Ermäßigung de» Eingangszolls für Wem auf 2'/, Thaler in Verhandlung irrte- «0^«^^ Oefterresth wegen Revi' f Vertrags vom 11. April 1865 wieder ausgenommen und