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Freiverger Anzeiger sL- bi« Nachmittag« und gespaltene Zeil» oder' r Ubr für die nächst. deren Raum mit s Ps. Tageblatt. - ' '' .L, ' -- '' ,. 7?»)', Amtsblatt des König!. Bezirksgerichts zu Freiberg, sowie der König!. Gerichtsämter und der Stadträthe zu Freiberg, Sayda und Brand. 159. —— * . Donnerstag, den 11. Juli. 1861. Tagcsgefehichte. Dresden. In einer Beilage zu Nr. 7 des Amtsblattes f. d. l. B. empfieblt sich Herr Detmers, Landwirth und Sccretär des Central-Vorstandes der Oldenburgische» LandwirtbschaflS-Gcsellschaft, zur Besorgung von Oldenburger Zuchtvieh, als Kuben, Kalben, .Bullen und Kälbern. Er bittet die Herren Landmirthe, ihre Be stellungen möglichst bald zu machen, und verspricht die größte Vor sicht in Bezug aus Schonung der Thicrc während deS Transportes, zeigt auch an, daß Maßregeln getroffen seien zum Schutz vor An steckungen und daß Oldenburg frei von Seuchen sei. Wenn nun auch einerseits es wünschenswerth erscheinen muß, durch Einführung fremden edcln Znchtmaterials den einheimischen Vichstand zu ver bessern, so liegt andrerseits doch die Frage nabe: Wann wird Sachsen dahin komme», die fremde Einführung entbehren zu können und seinen Viehbestand selbst .zu züchten? Wenn l)r. Emming- haus in Weimar in der Zeitschrift für Landwirlhe die Erfahrung ausspricht, daß die Allgäuer Rinder ihre Vorzüge im Verfolge mehrerer Generationen verlieren, weil diese Thiere, in ihrem Vater lande den ganzen Sommer über auf den Alpen weidend, bei unsrer StallfütterungSweise ihre ganze Lebensweise ändern müssen, so liegt wohl bei den Oldenburger Thier-n die Befürchtung ebenfalls nahe, wie sie, die anch einen große» Theil deS Jahres auf de» Marschen ihres Vaterlandes znbringen, diese Aeiidcrung nicht ohne Schaken ertragen möchten. Es ist an der Zeil, daß landwirlhschaftliche Versammlungen mit Ernst beralhcn, ob derartige Befürchtungen gegründet sind oder nichts Coburg, 7. Jnli. Heute hatte» wir ei» neues, recht interes santes Schauspiel. Vom Schießplatz ab marschirtc» »nsre Turner in ihrer cigenthümlichen, aber recht netten Uuiformirung und Aus rüstung, welche sic der Munistceuz des Natioualvcrcmcs verdanken, nach dem Bahnhof, um sich zu dem deutschen Schützen- und Turner- fest nach Gotha zu begebe». Sie hatte» ganz das Aiiichcn Garibaldi'scher Truppen. Sie trugen kurze hellblaue Blouscn, die nur bis in den breiten Gürtel reichen, gewöhnliche Turnerbeinkleider, schwarze Mützen mit einem breiten rotbcn Streifen, geziert mit dem deutschen Reichsadler, über die Schulter einen zusammcngerollten Regenmantel von schwarzem Ledertuch und Miniigewehre. Der kleinen stattlichen Truppe, welche mit militärischer Haltung marschirtc, wurde die schwarzrothgoldene Tnrncrfahnc vorgclragcii, hinter der die Trommler folgten. Der Führer soll ein ehemaliger Hauptmann Garibaldi's sein, welcher in den letzten Tagen aus der Schweiz hierher berufen worden. Die kräftigen, gewandten und kecken Jünglinge, die seither die nothwendigsten militärischen Ucbungen unter Leitung eines Unteroffiziers mit große»! Eifer durchgemacht haben, gewährten den Eindruck, daß man sich die Ueberzeugung nicht versagen konnte, mit einer Armee solcher junger Leute möchte wohl etwas Tüchtiges auszurichtcn sein. Thüringen. Das deutsche Schützen- und Turnfest in Gotha wurde durch eine Schöpfung der Kunst in origineller n»d treffender Weise verherrlicht. Auf dem Festplatze nämlich, ohnweit der Schieß stände steht der herzogliche Salon; seinen Giebel füllt ein Gemälde aus, den eingeschlummcrten Barbarossa darstellend, wie er vor dem steinernen Tische sitzt, durch den sein langer Bart hindurchgc- wachsen ist. Von beiden Enden anfangend, rechts und links siebt man verschiedene Gruppen Gnomen, die einen wie sie ein Schwert schleifen und wetzen, die andern wie sie cs auf einem Amboß zurecht hämmern, ein dritter wie er mit vergnüglichem Gesicht den Hahn einer Büchse spannt. Man sieht cs den unterirdischen Arbeitern an, daß sie eine gewisse ungeduldige Hast treibt, die des Erfolges ihrer Arbeit sich zu freuen gedenkt. Um deS Kaisers Haupt kreist noch ein Rabe, aber ganz nahe bei ihm ist noch ein Gnomen mit seiner Arbeit zu Ende gediehen, er reicht dem Alten das Schwert wahr scheinlich mit einigem lustigen Lärm entgegen, oder ev hat ihn gar mit der Spitze ein wenig gekitzelt, denn der Alte erwacht eben. Das Bild rührt uns gar eigcntbümlich an; es erhebt und sammelt die Geister und Herzen. Nun, möge cs an Tausenden seine Wirkung gctbau und den versammelten Männern gesagt haben, warum sie ihre Kraft und Kunst hier erprobt. Aus Erfurt vom 2. Juli berichtet die Thüringische Zeitung: „In diesen Tagen ist hier die Flucht eines Gefangenen unter eben so abenteuerlichen als wohlvcrbürgte» Nebenverhältnissen gelungen. Die Sache verhält sich wie folgt: In der vorigen Sitzung des Schwurgcrichts wurde der Kunstgärtner Hugo Müller von hier wegen mehrfacher Betrügereien zu drei Jahren Gefängniß verur- theilt; er verbüßte diese Strafe in der hiesigen Gefangcnanstalt und zwar in der zweiten Etage nach der Gera hinaus. In der Nacht vom Sonnabend zum Sonntag gelang es ihm, mittels Durcbsägcns des vor seinem Fenster befindlichen eisernen Gitters, eine Ocffnnng zu mache»; er schlüpfte hindurch, sprang die zwei Stockwerke hinab in.die Gera und entkam glücklich. Zunächst wendete er sich auf seiner Flucht nach Gebesee und verübte dort, wie aus sichcrm Munde milgetheilt wird, folgende Schwindeleien: Er ließ sich beim dortigen Bürgermeister Müller melden und stellte sich demselben als ei» Agent der Höbern Polizei unter dem Namen Baron v. Steinau vor, der im Auftrage dcS Ministeriums in der Provinz Sachse» zu wirke» habe, um den Verzweigungen-einer großen Verschwörung, die in Berlin gegen das neue Regime ent deckt worden sei, auf die Spur zu kommen; der Ministerpräsident v. Manteuffel nnd der Fürst Radziwill seien bereits verhaftet und nach Spandau abgcführt, ihm, dem Baron v. Steinau, sei der Auftrag geworden, den Landrath v. Haagk und eine andere Per sönlichkeit, deren Namen uns nicht genau bekannt geworden ist, zu arrcliren. Uni seinen Worten die gehörige Glaubwürdigkeit zu geben, weist er eine mit dem Siegel 'des königlichen Kreisgerichts uud der Unterschrift des Kreisgerichtsraths Küttner versehene Ur kunde, sowie mehrere andere Legitimationspapiere vor, daß er be rechtigt sei, die erforderlichen Mittel aus den Kassen in Empfang zu nehmen, und läßt sich auf Grund dieser Ermächtigung 15 Thlr. auszahlen. In der theilnchmendsten Weise erkundigte er sich- beim Bürgermeister Müller nach dessen Sohn, mit dem er in Bad Lipp« springe sehr vertraut geworden wäre. Mit großem Bedauern vernahm er dann vom Bürgermeister, dem es allerdings bekannt war, daß ein Baron v. Steinau mit seinem Sohne befreundet gewesen sei, daß letzterer bereits verstorben wäre. Darauf empfahl sich Müller uud soll dem Vernehmen nach mit Extrapost sich nach Gotha gewendet haben. Die ganze Art und Weise dieser Schwindeleien erinnert auf das Lebhafteste an seine im März dieses Jahres vor dem Schwurgericht zu Tage gekommenen Betrügereien, die ebenfalls mit großer, Frechheit und Abenteuerlichkeit ausgeführt worden waren. Bis jetzt hat man des Gauners noch nicht Hafthaft werden können und es ist noch immer ein Räthsel, wie er cs möglich gemacht hat, sich in Besitz jener Papiere, Kleider re. setzen zu können." Aus Innsbruck vom 2. Juli melden die Tyrolcr Stimmen: „Am 30. Juni sand eine Besprechung mehrerer Männer (zwischen 50—HO) aus allen Gauen DcutschtyrolS im Gasthause zum gAbnen Stcrn dahier statt. Diese Männer gehören fast allen Berufsklaffen und meistentheils den Gemeindevertretungen an und kamen mit Mandaten einer Gemeinde oder ganzer Bezirke, verscheii. Die Unterhaltung und Besprechung fand bei offenen Thuren und Fenstern statt und Niemand wurde abgewiesen. Man denke hier nicht an Agitation und Aufregung, der Augenblick war zu ernst um eme andere Slimmnng als die einer tiefen Ergriffenheit aufkommen zu lassen verbunden mit bem klaren Bewußtsein und Gefühl, da» Alle durchdrang: man wolle die GlaubcnSeinheit. Am 1. und